*** Juhuuu, fanfiction.net funktioniert wieder!! Endlich können wir wieder lesen und updaten! *freu*

Amleth, Lil, Falka, Kat und Arwen: Ich hoffe, ihr seid noch mit von der Partie!

Avenahar: Willkommen in unserem bescheidenen Kreise! ;-) Und danke für dein Lob.

Reviews sind wie immer erwünscht! ***

Ungefähr zur selben Zeit, zu der Aerilyn bei Faramir saß und den Geschichten aus der Kindheit der Brüder lauschte, machte sich die kleine Truppe für den Aufbruch bereit. Die Nacht war für alle ziemlich erschöpfend gewesen und sie waren immer noch müde, als sie die Rücken ihrer Pferde bepackten. Legolas war als erstes fertig, da Aragorn noch die Wunden von Ghorid, der mit jedem Tag träger wurde, reinigte, und Inunyen sich nicht nur um ihre eigenen Sachen kümmerte, sondern auch um die von Atalar. Währenddessen saß der junge Lord auf dem Boden und starrte geradeaus, sein Blick nicht direkt auf irgendwas gerichtet, sondern durch die Bäume zu denen sein Gesicht gewendet war hindurchgehend. Anscheinend war er tief in seinen Gedanken versunken. Die Decke, in die Legolas ihn letzten Nacht gewickelt hatte, war immer noch um seine Schultern gelegt und sein Gesicht war immer noch sehr blaß, aber sein Fieber war wieder etwas zurückgegangen. Während Aragorn, Ghorid und Inunyen alle abgelenkt waren, nahm Legolas etwas von den Wasservorräten, die sich langsam dem Ende zuneigten, und ging zu Atalar.

"Wie fühlt Ihr Euch?" fragte er ruhig und hockte sich neben den Mann. Er reagierte überhaupt nicht, er zuckte noch nicht einmal mit einem Augenlid. Legolas seufzte beinahe unhörbar und öffnete den Wasserbehälter.

"Hier, Ihr müßt etwas trinken," sagte er und reichte Atalar das Wasser.

"Ich bin nicht durstig," erwiderte der junge Mann mit einer belegten Stimme.

"Atalar, ich bitte Euch. Ihr werdet zusammenbrechen, wenn Ihr nicht..."

"Ich sagte ich bin nicht durstig!" zischte Atalar und schlug Legolas' ausgestreckte Hand so heftig fort, daß das Gefäß aus dem Griff des Elben flog und zu Boden fiel, wo das Wasser in die dunkle Erde sickerte. Obwohl Legolas schnell reagierte war ein großer Anteil des wertvollen Wassers verloren. Nachdem er den Behälter eilig wieder geschlossen hatte, starrte der Elb Atalar für einen langen Moment an, ohne ein Wort zu sagen, aber ihn mit einem intensiven Blick durchbohrend.

"Es tut mir leid," sagte Atalar schließlich mit einer Stimme, die sein Unbehagen zum Ausdruck brachte, und lenkte seinen Blick zu Boden da er Legolas' durchdringendem Blick nicht mehr standhalten konnte. "Vergebt mir, ich wollte Euch gegenüber nicht gewalttätig werden. Es ist nur, weil... Ich..."

"Atalar, seht mich an," befahl Legolas, seine Stimme ruhig aber mit einem scharfen Unterton. Der jüngere Mann gehorchte zögernd. Als seine Augen die von Legolas trafen, fuhr dieser in einer sanfteren Tonlage fort.

"Ich weiß, daß das alles sehr hart für Euch ist. Und auch, wenn Ihr es nicht wahrhaben wollt, Aragorn und Ghorid wissen das auch. Wir sehen, daß Ihr wegen dieser furchtbaren Tragödie leidet und Ihr habt unser aufrichtiges Mitgefühl. Ich kann gut verstehen, daß Ihr Zorn, Verzweiflung und Schmerz über den Verlust Eurer Schwester empfindet, und ich sehe, daß es sehr schwer für Euch ist, diese Emotionen zu kontrollieren. Aber Ihr müßt Euch mehr zusammenreißen. Versucht es wenigstens, oder diese Reise wird früher oder später scheitern weil wir uns gegenseitig bekämpfen anstatt die Attentäter, die das Leben Eurer Schwester genommen haben."

"Aber ich versuche es doch," erwiderte Atalar verzweifelt.

"Dann müßt Ihr es noch stärker versuchen," sagte Legolas. Seine Worte waren sanft, aber trotzdem war es ein Befehl. Atalar nickte langsam und schlug seine Augenlider nieder, seinen Blick wieder zu Boden richtend.

"Ich weiß, daß meine Wut die Falschen trifft," gab er leise zu. "Natürlich weiß ich, daß Aragorn und Ihr nicht diejenigen sind, die am Tod meiner Schwester Schuld sind. Aber ich fühle mich, als würde ich explodieren wenn ich es nicht irgendwie herauslasse. Meine Gefühle bringen mich noch um."

"Dann hört auf, ganz alleine mit ihnen fertig werden zu wollen. Laßt uns Euch helfen."

"Ich glaube kaum, daß Ihr mir helfen könnt."

"Woher wollt Ihr das wissen? Ihr habt es noch nicht einmal ausprobiert," gab Legolas zu bedenken. "Alles, was Ihr tut, stößt uns vor den Kopf. Wir alle würden Euch unterstützen, aber Ihr müßt es auch zulassen."

"Ich will keine Hilfe von Euch allen," sagte Atalar. Gerade, als Legolas resigniert seufzen wollte, hob Atalar seinen Kopf um Legolas ins Gesicht sehen zu können und fügte leise hinzu: "Ich denke, nur Eure Unterstützung müßte im Moment ausreichen."

Legolas nickte langsam und drückte sanft Atalars Schulter. Eine Geste, die Zuversicht und Optimismus ausdrückte.

"Es ist ein Anfang," sagte Legolas mit einem schwachen Lächeln. "Und vielleicht werdet Ihr auch bald mit Aragorn und Ghorid Frieden schließen können."

Atalar zuckte sachte mit den Schultern.

"Vielleicht. Nicht so bald, aber vielleicht eines Tages."

"Kommt jetzt, wir müssen weiter," sagte Legolas, ergriff Atalars kalte Hand und half ihm auf die Füße.

Boromir lag wieder auf dem kalten Boden seines Gefängnisses. Sie hatten ihn nicht getötet, obwohl er ihnen nicht ein einziges Wort gesagt hatte. Er war immer noch am Leben, aber er fühlte sich nicht so. Er bemühte sich, absolut still zu liegen, da ihm jede einzelne Bewegung, wie winzig sie auch sein mochte, unerträgliche Schmerzen bereitete. Sie hatten ihn stundenlang gefoltert und gedemütigt, und sie hatten sich viel Mühe dabei gegeben, ihn diesmal am Bewußtsein zu halten. Aber sie waren nicht fähig gewesen, auch nur einen Fetzen an Informationen aus ihm herauszuquetschen, und dafür war Boromir dankbar. Er war dankbar, daß er es geschafft hatte stark und schweigsam zu bleiben, obwohl sein ganzer Körper ihn anschrie, er solle endlich alles ausspucken damit sie aufhörten. Was sie ihm angetan hatten war schwer zu ertragen, doch Gondor zu verraten und seinem Volk in den Rücken zu fallen wäre weitaus schlimmer gewesen.

Die Fragen, die sie ihm wieder und wieder gestellt hatten, hallten immer noch in seinen Ohren. Wieviele Soldaten stehen zur Verfügung, um Gondor zu verteidigen? Wieviele von ihnen sind in Minas Tirith stationiert? An welcher Stelle der Grenzen ist es am leichtesten, eine Invasion zu starten? Welche Schwächen gibt es in den Taktiken? Wieviele Wächter gibt es am Tag, wieviele in der Nacht? Wann genau ist Wachablösung? Wo werden die Waffen und die Rüstungen gelagert? Sie machten so weiter für Stunden, versuchten jedes Detail über Gondors militärische Macht aus Boromir herauszukriegen, aber sein Mund war versiegelt. Er hatte erwartet getötet zu werden, und er wäre in Frieden und Einklang mit sich gestorben, da er wußte, daß er alles in seiner Macht liegende getan hatte, sein Volk zu verteidigen, aber seine Zeit war noch nicht gekommen. Sie ließen ihn am Leben, mehr oder weniger, und warfen ihn zurück in seine Zelle.

Er wußte nicht wie lange er jetzt schon so dalag, sich überhaupt nicht rührend. Er wünschte, er könne einfach nur einschlafen, er war so müde und erschöpft, aber die schrecklichen Schmerzen hielten ihn wach. Er lag für eine Ewigkeit einfach nur da, den langsamen, raspelnden Geräuschen seiner flachen Atemzüge lauschend, die sich mit viel Mühe einen Weg aus und in seine schmerzenden Lungen bahnten. Irgendwann überkam ihn der Schlaf doch noch, aber er wachte schon bald wieder auf, als er von einer Stimme, die seinen Namen rief, zurück in die Realität gerissen wurde. Anfangs war er ein wenig desorientiert, konnte aber wieder klarer denken als die Stimme erneut zu ihm sprach. Boromir bemühte sich, auf die Beine zu kommen und humpelte zu den Gitterstäben, wo er wieder zurück zu Boden sank. Er sah das Gesicht des jungen Mannes an, der ihm gegenüber auf der anderen Seite der Gitter saß. Es war derjenige, der ihm während ihrer Reise Wasser gegeben hatte und dafür von dem Anführer der Gruppe bestraft worden war.

"Wie geht es dir?" fragte der Junge. Boromir konnte nicht anders als schwach zu lachen, obwohl es sich anfühlte als würden davon seine Lungen explodieren und seine Rippen brechen.

"Wonach sieht es denn aus?" fragte er zurück, seine Stimme nicht mehr als ein Flüstern.

"Ich fühle mich wundervoll. Einfach wundervoll," fügte er sarkastisch hinzu.

"Ich habe dir Wasser gebracht," sagte der junge Mann, Boromirs Bemerkung ignorierend. "Ich habe versucht, etwas zu Essen aufzutreiben, aber es war einfach unmöglich, ohne daß die anderen es merken. Vielleicht morgen."

Boromir bemerkte, daß der Jugendliche ihn nicht ansah, noch nicht einmal als er das Wasser durch die Gitterstäbe reichte.

"Bin ich denn wirklich so schlimm zugerichtet?" fragte Boromir und ein kleines Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, wovon seine trockene Unterlippe aufriß. Er machte sich nicht die Mühe, das Blut wegzulecken und ließ es einfach sein Kinn entlang laufen. Es war bereits so viel Blut auf seinem Körper, da kümmerte ihn ein zusätzlicher kleiner Tropfen auch nicht mehr.

"Was?" fragte der Jüngere und hob schließlich den Kopf um Boromir in die Augen zu sehen.

"Nichts," flüsterte dieser und trank langsam. Jeder einzelne Schluck sandte eine Welle von Schmerzen durch seine Kehle runter bis zu seiner Brust, aber der Durst war stärker.

"Also, wirst du mir jetzt endlich deinen Namen verraten?" fragte Boromir als er fertig mit Trinken war und etwas Energie in seinen Körper zurückkehren spürte. Der junge Mann zögerte, sagte ihm aber dann, daß sein Name Ralvan sei.

"Freut mich dich kennenzulernen, Ralvan," sagte Boromir. "Ich wünschte nur, ich hätte unter anderen Umständen deine Bekanntschaft gemacht."

"Ich auch," erwiderte der Junge. Boromir sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an und versuchte zu erkennen, was in seinem Kopf vor sich ging. Für ein paar Sekunden überlegte er, ob es zu früh war um ernsthaft zu versuchen, den Jungen auf seine Seite zu ziehen, aber andererseits wußte Boromir nicht, ob er in den nächsten Tagen noch einmal eine derartige Chance bekommen würde. Vielleicht würden sie ihn töten bevor er noch einmal die Möglichkeit hatte, mit dem jungen Mann zu reden. Mit diesem bedrohlichen Gedanken im Kopf kam er sofort auf das Thema zu sprechen und konfrontierte Ralvan abrupt mit seiner extrem unverblümten Frage.

"Warum hilfst du mir nicht, hier herauszukommen?" fragte Boromir und lehnte seinen Kopf gegen die Gitterstäbe, so daß sein Gesicht näher bei dem des anderen war. "Ich sehe doch, daß du das hier für falsch hältst. Du bist ein anständiger Junge, nicht so wie die anderen."

"Bitte laß das," sagte Ralvan leise.

"Warum? Weil die anderen dich wieder bestrafen werden wenn du mit mir redest?" Es war nicht wirklich eine Frage, mehr eine Aussage.

"Ich weiß, daß du Angst hast," fuhr Boromir fort. "Ich habe auch Angst. Wir haben gute Gründe dafür, Angst zu haben, und deswegen müssen wir hier herauskommen. Sie werden uns töten."

"Sie werden mich nicht töten."

"Vielleicht nicht im Moment, aber wenn sie erst einmal herausgefunden haben, daß du mir Wasser und Essen gebracht hast, werden sie es tun," flüsterte Boromir und legte eine Hand um einen der Stäbe. Ralvan schüttelte langsam den Kopf, aber seine Augen offenbarten, daß er sich überhaupt nicht sicher war.

"Ich sage es dir, sie werden dich umbringen. Wahrscheinlich werden sie dich auch foltern, genauso wie mich. Willst du das? Sieh mich an. Willst du genauso aussehen? Du wirst es nicht schaffen zu entkommen wenn es erst zu spät ist," versuchte Boromir, Ralvan dazu zu bringen, ihm zu helfen.

"Ich sollte dir nicht zuhören. Ich darf dich ja eigentlich noch nicht einmal sehen," flüsterte der Jugendliche zurück und wollte sich abwenden, aber Boromir packte durch die Gitterstäbe seinen Arm und hielt ihn fest.

"Du darfst mir auch kein Wasser bringen, tust es aber trotzdem."

"Es ist ein großer Unterschied, ob man einen Gefangenen mit Wasser versorgt oder ihm zur Flucht verhilft. Wenn sie herausfinden, daß ich es war der dir geholfen hat zu entkommen, dann werden sie..." Seine Stimme verstummte und er schluckte heftig als er realisierte, daß Boromir wahrscheinlich recht hatte mit seinen düsteren Prophezeiungen.

"Wir können zusammen fliehen. Ich werde dich beschützen," versprach Boromir.

"Du hast doch noch nicht einmal eine Waffe," sagte Ralvan.

"Du wirst mir eine besorgen."

"Nein, und jetzt laß mich los..."

"Ich verspreche dir, ich werde dich mit mir nehmen, nach Gondor. Ich werde dafür sorgen, daß du..."

"Nein!" unterbrach der jüngere Mann und riß seinen Arm so heftig aus Boromirs Griff, daß er beinahe auf seinen Rücken gefallen wäre als er freikam.

"Ich kann nicht," fügte er etwas leiser hinzu.

"Natürlich kannst du!" sagte Boromir barsch. Langsam wurde er wütend.

"Nein, ich kann nicht... Es tut mir leid."

Boromir schnaubte enttäuscht und durchbohrte den Jungen mit einem intensiven Blick. Offensichtlich konnte er Ralvan nicht dazu bringen seine Meinung zu ändern, indem er ihn mit schönen Versprechungen lockte. Es war Zeit, die Taktik zu ändern.

"Wenn du nicht so ein Feigling wärst, dann würdest du dich zusammenreißen und mich hier herausholen!" zischte Boromir.

"Ich bin kein Feigling, ich..."

"Dann beweise es!" unterbrach Boromir ihn. Ralvan starrte ihn sprachlos an.

"Warum gibst du nicht zu, daß du auch hier weg willst? Ich kann es in deinen Augen sehen, Ralvan. Tief in deinem Herzen weißt du, daß du auch vor diesen abartigen Menschen fliehen willst. Aber du kannst nicht, weil deine Furcht dich lähmt. Du hast Angst, daß du es nicht schaffen würdest, und selbst wenn du es schaffen würdest, wüßtest du nicht wohin du gehen könntest. Ist es nicht so?"

Als keine Reaktion kam, wiederholte Boromir mit einer beinahe bedrohlichen Stimme: "Ralvan, ist es nicht so?!"

"Ja," flüsterte der Junge, seine Stimme leicht zitternd. Boromir seufzte schwach und fuhr in einer sanfteren Tonlage fort, seine Stimme ruhig aber bestimmend.

"Hör jetzt zu. Wir werden zusammen fliehen. Ich verspreche, daß ich nicht ohne dich gehen werde. Wir werden uns gegenseitig helfen. Du wirst mir helfen, aus dieser Zelle zu kommen, ich werde dafür sorgen, daß du unversehrt von diesem Ort wegkommst und ein neues Leben in Gondor anfangen kannst. Ich werde ihnen nicht erlauben, dir irgend etwas anzutun. Aber als erstes mußt du die Schlüssel für das Schloß holen, und wenn es möglich ist ein paar Waffen. Oder wenigstens eine Waffe. Und beeile dich."

"Es wäre nicht sehr klug zu versuchen, während dieser Tageszeit zu entkommen. Wir sollten warten, bis die meisten der Männer schlafen und nur wenige Wachen postiert sind, die überwältigt werden müssen."

Boromir nickte.

"Na schön. Ich vertraue dir in dieser Sache," sagte er leise. Normalerweise dauerte es ziemlich lange, bis er sein Vertrauen in jemanden steckte, aber dieses mal hatte er keine Wahl. Es schien, daß dieser Junge seine einzige Hoffnung und einzige Chance war, jemals wieder das Tageslicht zu sehen.

"Für wie lange dient Ihr schon unter Truchseß Ribensis?" fragte Legolas mit der Absicht, eine Unterhaltung mit Inunyen in Gange zu bekommen. Er hatte vor, ein paar Details über sie herauszufinden, um hinter ihre eher kühle, emotionslose Fassade blicken zu können, die sie die meiste Zeit über zeigte. Er war überzeugt, daß es nur eine Maske war. Sie trieb ein Spiel mit ihnen, und wahrscheinlich kein faires.

"Hat Aragorn Euch geschickt um mich zu verhören?" fragte Inunyen schroff zurück.

"Nein, natürlich nicht. Ich bin nur neugierig. Es tut mir leid, wenn ich Euch zu nahe getreten bin, indem ich Fragen über Euer persönliches Leben gestellt habe," sagte Legolas. "Außerdem gibt Aragorn mir keine Befehle. Niemand kommandiert mich herum."

"Ihr könnt Euch glücklich schätzen. Ich hoffe, Ihr wißt was für eine große Kostbarkeit es ist, so frei zu sein wie Ihr es seid," sagte Inunyen. Legolas konnte nicht den Ausdruck auf ihrem Gesicht sehen, da er wieder hinter ihr auf ihrem Pferd saß, aber er hörte klar und deutlich, daß der Ton in ihrer Stimme etwas niedergeschlagen war. Er versuchte, sich eine Antwort zu überlegen, die er erwidern konnte ohne dabei arrogant zu klingen. Er wollte nicht, daß sie glaubte, er würde sie bemitleiden oder auf sie herabsehen weil sie eine Bedienstete war, während er der Sohn eines Königs war. Bevor er sich aber etwas Angemessenes ausdenken konnte, sprach Inunyen wieder.

"Ich wurde zur Waisen als ich ungefähr dreizehn war," fing sie plötzlich an ihm zu erzählen. "Meine Eltern und ich waren immer auf Reisen, ich kann mich nicht an eine einzige Stadt oder ein Dorf erinnern, in dem wir länger als vielleicht zwei Wochen gelebt haben. Eines Tages, als wir gerade durch die Wälder reisten, wurden wir von Dieben angegriffen. Sie haben meine Mutter und meinen Vater umgebracht, aber mich ließen sie leben. Ich nehme an, ihre Moral war nicht tief genug um ein Kind zu ermorden. Dabei zuzusehen, wie sie die Kehlen meiner Eltern aufgeschlitzt haben war das Schlimmste, was ich jemals erleben mußte."

"Es tut mir leid, das zu hören," sagte Legolas sanft als Inunyen für einen Moment inne hielt. Er fragte sich, ob sie mit den Tränen kämpfte.

"Wie auch immer," fuhr Inunyen fort, ihre Stimme wieder fester. "Ich bin davongelaufen und habe mich schnell im Wald verirrt. Tage und Nächte vergingen und letztendlich brach ich zusammen. Ich denke, ich wäre gestorben, wenn ich nicht im letzten Moment von Reitern aus Katalla gefunden worden wäre. Sie waren Kundschafter von Truchseß Ribensis und sie lasen mich auf, um mich zu seinem Imperium zu bringen. Truchseß Ribensis entschied, mich in Katalla leben zu lassen. Schließlich hatte ich kein zu Hause und keine Verwandten, zu denen er mich hätte bringen lassen können. Ribensis war sehr großzügig. Ich hatte stets saubere Kleidung, genug zu essen, ein warmes Bett... Ich hatte großes Glück, daß seine Kundschafter mich gefunden haben."

"Da ist noch etwas, was ich mich gefragt habe. Darf ich fragen?"

"Ihr dürft, aber ich kann nicht versprechen, daß ich Eure Frage auch beantworten werde."

"Wie kommt es, daß Ihr sein Bote seid?" fragte Legolas. "Ich meine, es ist äußerst ungewöhnlich einen weiblichen Boten zu haben. Es hätte dem Truchseß eher ähnlich gesehen, Euch zu einer Kammerzofe oder etwas ähnlichem zu machen."

"Ihr müßt bedenken, daß ich in seiner Festung gelebt habe und zusammen mit seinen eigenen Kindern aufgezogen wurde, da sie ungefähr im gleichen Alter sind wie ich. Natürlich habe ich nicht all die Privilegien genossen, die Lady Aerilyn und Lord Atalar hatten, aber ich habe eine bessere Behandlung und Erziehung erhalten als die Kinder, die später einmal in den Ställen arbeiten oder Mägde und Zofen werden sollten. Als Ribensis herausfand, daß ich recht talentiert mit Pferden war, bekam ich Reitstunden. Und als ich älter war, lehrte Atalar mich heimlich das Kämpfen mit dem Schwert. Ich habe hart trainiert und als ich neunzehn war, bat ich Truchseß Ribensis einfach, den nächsten Botengang für ihn laufen zu dürfen. Er wußte von meinen Fähigkeiten und er vertraut mir, also sagte er ja. Ich enttäuschte ihn nicht ein einziges Mal, und so wurde ich sein vorrangiger Bote."

"Ich bin sicher, daß Ihr diese Position auch verdient," sagte Legolas. Von dem, was er bis jetzt gesehen hatte, konnte er schließen, daß sie tatsächlich eine exzellente Reiterin, fähige Kämpferin, und auch sehr scharfsinnig war.

"Ihr seid dran," sagte Inunyen, der letzten Bemerkung des Elben keine Beachtung schenkend.

"Ich bin dran?" fragte Legolas, nicht verstehend was sie meinte.

"Meint Ihr nicht, es wäre nur gerecht wenn Ihr mir etwas über Eure Vergangenheit erzählt, jetzt da ich Euch von der meinigen berichtet habe?" fragte sie. Legolas mußte lächeln.

"Wahrscheinlich habt Ihr recht, aber Euch alles über meine Vergangenheit zu erzählen würde eine Ewigkeit dauern."

"Ich habe nie gesagt, daß ich alles über Euch erfahren möchte."

"Also gut, was genau wollt Ihr denn wissen?"

"Ich weiß nicht... Seid Ihr verheiratet?"

Legolas hatte jede Frage erwartet, nur nicht diese. Für eine Sekunde war er sprachlos und dann mußte er beinahe über sein eigenes Erstaunen lachen.

"Nein, bin ich nicht," erzählte er ihr.

"Wie kommt es? Ich meine, wie alt seid Ihr? Ein paar tausend Jahre wahrscheinlich. Wie kommt es, daß Ihr in all diesen Jahren nicht die richtige Frau getroffen habt?"

"Das ist wahrlich eine gute Frage. Ich weiß es nicht. Es ist einfach noch nicht passiert."

"Das ist sonderbar. Menschen finden, in den meisten Fällen, in nur wenigen Jahrzehnten einen passenden Partner, und Ihr schafft es nicht in Jahrtausenden."

"Das liegt vielleicht daran, daß Menschen noch nicht einmal für ein Jahrhundert leben, in den meisten Fällen, und Elben unsterblich sind und sich deswegen mit nichts beeilen müssen, auch nicht damit, einen Lebenspartner auszuwählen."

"Vielleicht liegt es auch daran, daß Ihr zu anspruchsvoll seid was Frauen angeht," gab Inunyen mit einem Lächeln zu bedenken. "Ist Euch diese Möglichkeit schon einmal in den Sinn gekommen?"

"Ihr seid ganz schön dreist. Ist Euch das schon einmal in den Sinn gekommen?" fragte Legolas zurück.

Für eine Weile neckten sie sich und fielen in eine unbeschwerte Konversation während sie weiter ritten. Atalar war gleich neben ihnen, aber er schenkte ihren Worten keinerlei Beachtung. Er war, wieder einmal, völlig in seine Gedanken versunken. Aragorn und Ghorid waren ganz vorne, beide ebenfalls vollkommen still. Ghorid hatte aufgehört zu reden um zu verbergen wie schlecht es ihm ging. Er schaffte es, das Gesicht nicht zu verziehen und aufrecht im Sattel zu sitzen, aber seine schwache und zitternde Stimme hätte verraten, wie groß die Schmerzen tatsächlich waren, die ihn plagten. Aragorn hatte aufgehört zu bitten und zu betteln. Er wußte, daß Ghorids Verfassung mit jeder Stunde schlimmer wurde, aber er wußte auch, daß er niemals erfolgreich damit sein würde, Boromirs Cousin dazu zu überreden nach Gondor zurückzukehren. Er wollte nicht seine ganze Energie darauf verschwenden, sinnlose Diskussionen mit einem dickschädeligen Krieger zu führen, also kümmerte er sich schweigend um die Fleischwunden und verlor kein einziges Wort mehr darüber, daß Ghorid besser die Reise abbrechen und die Gemeinschaft verlassen sollte.

Das Pech, das sie zu verfolgen schien, wog schwer auf Aragorns Herz und er spürte, daß er langsam anfing ernsthaft zu bezweifeln, daß sie jemals Erfolg mit dieser Suche haben würden. Er befürchtete auch, daß die anderen an Hoffnung verlieren würden wenn sie seine Zweifel sahen und gab deshalb sein Bestes, sie nicht offen zu zeigen. Er war dankbar und erleichtert, als sie endlich die dunklen Wälder verließen und bald schon auf einen breiten aber flachen Fluß zuritten, an dem sie ihre schwindenden Wasservorräte auffüllen konnten. Zu guter letzt waren sie nun doch einmal mit einem Ereignis konfrontiert, das sie nicht näher zu einer Niederlage trieb, sondern ihnen auf der Reise half. Ein Ereignis, das keine Tränen zum Fließen und keine Temperamente zum Überkochen brachte, sondern ein Lächeln auf erschöpfte und verzweifelte Gesichter zauberte.

Alle saßen ab und gingen näher zu dem Fluß. Während Aragorn, Ghorid und Atalar sofort direkt in das Wasser stapften und anfingen, ihre Vorräte aufzufüllen, führte Inunyen ihre Pferde zum Fluß um sie trinken zu lassen. Legolas sah ihr mit lächelnden Augen zu, sein eigenes Pferd hinter ihr her führend. Als die Tiere erst einmal tranken, legte sie ihren Umhang ab, faltete ihn sorgfältig und packte ihn auf den Boden. Es war das erste Mal, daß sie ihn abgenommen hatte seit sie sich der Gemeinschaft angeschlossen hatte und Legolas bemerkte, daß jeder sie ansah. Es gab jedoch nicht viel zu sehen, sie trug dicke Kleidung und schwere Rüstung, was ihre weiblichen Formen äußerst gut verdeckte, aber trotzdem starrten die anderen sie an. Letztendlich waren sie ja auch nur Männer.

"Kommt Ihr mit zum Wasser?" fragte Inunyen und Legolas schwenkte seinen Blick von seinen drei Kammeraden zurück zu ihr.

"Ja," sagte er bloß während sie fortfuhr, Kleidung abzulegen. Sie zog die meisten Teile ihrer Rüstung aus und eine weitere Schicht gewöhnlicher Kleidung, so daß ihre Arme entblößt waren. Sie war ziemlich muskulös für eine Frau und Legolas ertappte sich selbst dabei, wie er sich fragte, wie oft sie wohl schon gezwungen gewesen war von ihrer Kraft Gebrauch zu machen. Er lächelte schwach als er realisierte, daß auch er selber einen Platz in der Liste ihrer Gegner hielt. Zusammen gingen sie zu den anderen, langsam in das kalte Wasser watend. Inunyen beugte sich nieder und spritzte etwas kühles Wasser in ihr Gesicht und legte dann mit einem zufriedenen Seufzen ihre nassen Hände um ihren Nacken. Nach ein paar Sekunden fing sie an, ihre Hosenbeine hochzurollen und lange, geschmeidige Waden von einem blassen, milchigen Weiß zu entblößen.

"Inunyen!" entfuhr es Atalar auf einmal, so als hätte er schon viel früher protestieren wollen aber es bis jetzt zurückgehalten. "Muß das denn sein?!"

Sie richtete sich schnell auf und stemmte die Hände in die Seiten. Atalar, Aragorn und Ghorid starrten sie mit einer Mischung aus Erstaunen, Entzücken und Befangenheit an.

"Vergebt mir meine Unverfrorenheit, aber ich sehne mich nicht gerade danach, so schlecht zu riechen wie Ihr," sagte sie zu den drei Männern und hob eine Augenbraue.

"Schlecht riechen?" wiederholte Aragorn langsam, als hätte er nicht verstanden was sie meinte, drehte dann seinen Kopf um Ghorid anzusehen, der nur mit den Schultern zuckte.

"Ja, Ihr habt richtig gehört. Es würde Euch gut tun, wenn Eure Haut auch einmal in näheren Kontakt mit Wasser treten würde. Aber wenn ich mir so Eure erstaunten Gesichter anschaue, sehe ich, daß Ihr offensichtlich nicht wißt, wovon ich überhaupt rede. Würdet Ihr mich also entschuldigen?" fragte sie fordernd.

"Du willst, daß wir vorgehen?" fragte Atalar und gestikulierte in die Richtung, in die sie nach ihrer kurzen Pause am Fluß weiterziehen wollten.

"Genau," sagte Inunyen und nickte. "Ich nehme an, Ihr seid fertig damit die Wasservorräte aufzufüllen. Warum seid Ihr also nicht so zuvorkommend und laßt mir eine Minute?"

"Selbstverständlich," sagte Aragorn, immer noch ein bißchen verstört über die Dreistigkeit dieser Frau, und folgte Ghorid und Atalar zu den Pferden. Als sie alle wieder in den Sätteln saßen und den Fluß überquert hatten, brachte Aragorn sein Pferd zum Stehen und drehte sich wieder zu Inunyen um.

"Was ist mit Legolas?" fragte er und hob eine Hand über die Augen um sie vor der brennenden Sonne zu schützen.

"Er kann bleiben," sagte der weibliche Bote in einem Ton der zum Ausdruck brachte, daß Aragorns Frage wirklich dumm war.

"Und warum?" wollte Aragorn wissen.

"Er starrt nicht so wie Ihr, so einfach ist das."

Aragorn erwiderte nichts sondern sah zu seinem Freund, der offensichtlich versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken. Aragorn schüttelte bloß ungläubig den Kopf und ritt dann voraus, schnell mit den anderen aufschließend.

"Glaubt Ihr, ich war zu grob?" fragte Inunyen als die anderen außer Hörweite waren.

"Nein, sie haben tatsächlich gestarrt," erwiderte Legolas.

"Und sie riechen tatsächlich schlecht, oder nicht?"

"Ich werde nicht hinter den Rücken meiner Freunde schlecht über sie reden," sagte er, konnte aber das Grinsen nicht länger zurückhalten.

"Naja, das ist auch eine Antwort!" erwiderte sie mit einem Kichern. Dann füllten sie schweigend und nebeneinander etwas Wasser ab, bis etwas Inunyens Aufmerksamkeit erregte. Sie runzelte die Stirn und richtete sich ein wenig auf.

"Was ist das?" fragte sie und deutete zu der anderen Seite des Flusses. Legolas folgte ihrem ausgestreckten Arm und schließlich sah auch er es. Dort lag etwas im Gras, anscheinend war es an das Ufer geschwemmt worden, und es glitzerte stark, da es die Sonne reflektierte.

"Hier, bitte fülle das auf, ich werde hinüber gehen und einen Blick darauf werfen," sagte Legolas, reichte ihr seinen Wasserbehälter und fing dann an, durch den Fluß zu waten. Der Gegenstand ihres Interesses war nicht nur auf dem gegenüberliegenden Ufer, sondern auch ein ziemliches Stück weiter den Fluß hinunter, und so brauchte es seine Zeit bis Legolas es endlich erreichte. Er beugte sich nieder und hob es auf, es in seiner Hand wendend und es sich genau anschauend. Es war eine goldene Schnalle, wunderschön dekoriert mit feinen Linien aus Silber, die den Baum von Gondor formten. Legolas fragte sich, ob dies ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Vielleicht hatte Boromir sie absichtlich zurückgelassen, um ihnen dabei zu helfen seine Spur zu verfolgen, aber es war ebenso möglich, daß sie während eines Kampfes von seiner Kleidung gerissen worden war. Legolas schloß seine Finger um die Schnalle und hoffte, daß Boromir noch am Leben war.

"Legolas!" riß ihn Inunyens Stimme aus seinen Gedanken und brachte ihn zurück zur Realität. Er hörte das Geräusch von sich mit hoher Geschwindigkeit nähernder Pferde und wirbelte herum, die Umgebung mit angehaltenem Atem absuchend. Er legte die Stirn in leichte Falten als er fünf Reiter erblickte, die schnell auf sie zukamen. Man brauchte keine elbischen Sinne um ihre Feindseligkeit zu spüren, es war offensichtlich, daß sie nicht mit freundlichen Absichten kamen.

"Inunyen!" rief Legolas zurück. "Beeilt Euch und warnt die anderen!"

"Nein!" schrie sie zurück. "Ich werde Euch nicht hier zurücklassen!"

"Geht jetzt, schnell! Ich werde Euch folgen!" erwiderte er und kämpfte sich so schnell er konnte zurück durch das Wasser, während Inunyen aus dem Fluß eilte und ihr Schwert packte. Ihre übrigen Sachen ließ sie zurück, da nicht genügend Zeit war, alles wieder anzuziehen. Sie erklomm eilig ihr Pferd und preschte davon, einen letzten besorgten Blick dem Elb zuwerfend. Das Wasser spritzte heftig zu allen Seiten als sie ihr Pferd durch den Fluß trieb, und dann verlor Legolas sie aus den Augen nachdem sie das steile Ufer hinaufgeeilt war.

Er biß die Zähne zusammen und begann zu rennen sobald er aus dem Wasser gekommen war. Sein Pferd schien so weit weg, und die Fremden kamen schnell näher. Er fragte sich, wer sie waren und was sie wollten, aber er würde froh sein wenn er es nicht tatsächlich herausfinden müßte. Als er endlich sein Pferd erreichte, sprach er ihm entschuldigende Worte zu und saß das erste mal auf, seit es von den Wölfen verletzt worden war. Legolas spürte, daß er ihm große Schmerzen bereitete. Es begann nervös auf der Stelle zu tänzeln, machte protestierende Geräusche und warf verängstigt den Kopf hoch. Aber er hatte keine Wahl, es gab keine andere Möglichkeit, diesen Männern zu entkommen, die ihn offensichtlich angreifen wollten. Und so trieb er sein verwundetes und schwaches Pferd durch den Fluß, Inunyen und den anderen hinterher, obwohl sein Herz daran zerbrach, es so quälen zu müssen.

"Etwas stimmt nicht," sagte Ghorid, als er Inunyen sich ihnen mit extrem hoher Geschwindigkeit nähern sah. Sie konnten nicht ihren Gesichtsausdruck erkennen, aber was ihnen merkwürdig vorkam war, daß sie nicht ihre Rüstung und ihren Umhang wieder angelegt hatte. Aragorn runzelte die Stirn während sie ihre Pferde zügelten.

"Wo ist Legolas?" fragte er, mehr sich selbst als die anderen.

"Wir sind unter Attacke!" rief Inunyen als sie nahe genug war, von den anderen verstanden zu werden.

"Unter Attacke?" echote Atalar und legte die Stirn in Falten. "Wer sollte uns angreifen? Und wieso?"

"Ich weiß es nicht, Lord Atalar," sagte Aragorn und zog sein Schwert. Noch bevor sie anfangen konnten zurück zum Fluß zu reiten, brach eine weitere Gruppe von Reitern aus den Wäldern, die zu ihrer Linken waren, und näherten sich schnell und mit gezogenen Waffen. Aragorn verfluchte einmal mehr diese Reise während er seinen Körper in eine bessere Kampfposition verlagerte, die Zügel seines Pferdes mit einer Hand haltend während er die andere fester um den Griff seiner Waffe legte. Inunyen würde sie nicht vor den Angreifern erreichen, Ghorid hatte bereits Probleme die Balance im Sattel zu halten ohne ein Schwert in der Hand zu haben, Atalar war völlig übermüdet und Legolas war überhaupt nicht da. Sie würden riesiges Glück benötigen, um die Angreifer unter diesen Umständen zu besiegen. Aragorn wollte gerade sein Schwert erheben und auf die näher kommende Gruppe zustürmen, bereit die Schlacht zu beginnen, als er Legolas erblickte, dessen Pferd offensichtlich damit zu kämpfen hatte, das steile Ufer hinaufzukommen. Aragorn erfror in seiner Bewegung, zügelte sein Pferd und hielt den Atem an als er sah, wie Legolas sein verletztes Pferd dazu antrieb, so schnell zu galoppieren wie es nur konnte, während plötzlich fünf weitere Reiter hinter ihm erschienen und versuchten ihn einzuholen. Irgendwie erwartete Aragorn bereits, daß etwas Schreckliches passieren würde, aber als er schließlich mit ansehen mußte, wie das weiße Pferd seines Freundes ins Stolpern kam, konnte er nicht anders als Legolas' Namen auszurufen.

"NEIN!" fügte er mit einem weiteren Schrei hinzu als das Pferd des männlichen Elb zu Boden stürzte, Legolas mit sich reißend, während die fünf Angreifer mit hoher Geschwindigkeit näher kamen. Aragorn wollte zu Hilfe eilen und trieb sein Pferd auf Legolas zu, aber bevor sein Hengst auch nur die Gelegenheit hatte, sein Tempo zu beschleunigen, schnitten drei der Fremden ihnen den Weg ab und griffen an, Aragorn dazu zwingend sein eigenes Leben zu verteidigen anstatt Legolas zu retten. Für eine Sekunde hörte Aragorn, daß Ghorid und Atalar bereits kämpften, und dann waren die einzigen Geräusche, die seine Ohren erreichten, die seines eigenen Schwertes, wie es mit den Klingen seiner Angreifer zusammenkrachte.

Legolas verletzte sich nicht ernsthaft als er fiel und war sofort wieder auf den Füßen. Im Bruchteil einer Sekunde hatte er die Situation analysiert und seine Optionen erwägt, und zog dann einen Pfeil aus seinem Köcher um ihn mit tödlicher Genauigkeit auf einen der fünf Männer zu schießen, die ihn verfolgten. Der Pfeil traf ihn direkt in den Kopf und sein erschlaffter Körper fiel von dem galoppierenden Pferd. Sie waren schneller als Legolas gedacht hatte und kamen mit jeder Sekunde näher, fest dazu entschlossen den Elb zu töten sobald sie ihn erreichten. Legolas hielt den Atem an als er noch einen Pfeil verschoß um einem weiteren Reiter den Tod zu Tod zu bringen, drehte sich dann um und rannte. Der Wald war nicht weit entfernt und wenn er sich beeilte würde er vielleicht, mit viel Glück, dazu in der Lage sein die Bäume zu erreichen, bevor die übrigen Angreifer ihn einholten. Er sah nicht zurück sondern rannte, so schnell seine Beine ihn tragen konnten, sein Blick auf die Bäume die vor ihm lagen konzentriert. Er hörte Hufe, die mit jeder Sekunde näher kamen, und die angsteinflössenden Geräusche von Schwertern, die aus ihren Scheiden gezogen wurden. Der Boden unter seinen Füßen begann zu beben als die massigen, starken Pferde direkt hinter ihm waren. Sie waren so nah, daß er bereits die Körperwärme der großen Tiere spüren konnte.

Legolas schloß seine Augen, immer noch laufend obwohl er wußte, daß er es nicht schaffen würde, und wartete darauf, daß eine Klinge in seine sensible Haut drang und sich tief in sein Fleisch bohrte.