34. Wir können hier nichts ausrichten?

"Es reicht. Es reicht für heute Nacht. Geht nun alle. Der Abend war schwer genug für uns. Severus, ich überlasse den jungen Malfoy ihrer Obhut, bis entschieden ist, was mit ihm passiert. Und halten Sie ihn um Merlins Willen von Ihren Giften fern, bis er sich beruhigt hat. Ich denke nicht, dass er nach Askaban geschickt wird. Meiner Ansicht nach hat er jetzt schon die schlimmste Strafe erhalten, die man sich vorstellen kann."

Er sah den keuchenden Draco, der vollkommen teilnahmslos vor Snapes Giftschrank kauerte, durchdringend an.

"Für Lucius Malfoy allerdings sehe ich eine schwarze Zukunft voraus. Ich werde das Ministerium über alles ins Bild setzen. Und dieses Mal windet er sich nicht wieder heraus."

Dracos Blick blieb gleichgültig.

Prfoessor McGonagall öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Dumbledore schnitt ihr ungewohnt kühl das Wort ab.

"Minerva, bringen Sie Harry und Ron zurück in den Gryffindor-Turm und lassen Sie ihnen alle Fürsorge zukommen, die sie nun brauchen. Lupin, entfernen Sie diese Utensilien für schwarze Magie und machen Sie sie unschädlich. Morgen werde ich eine Konferenz aller Lehrer und Auroren einberufen und versuchen, auch einen Vertreter des Ministeriums zu bekommen. Das alles liegt nicht mehr in unserer Hand."

Er nahm die Brille ab und begann, sich die Nasenwurzel zu reiben. Er sah nicht sehr wie der größte Magier seiner Zeit aus. Gebrechlich und schwach, das eher. Sein Gesicht wirkte fahl. Bei seinen letzten Sätzen wirkte er nahezu geistesabwesend.

"Es ist nun erst einmal das Wichtigste, dass wir morgen die Grangers in angemessener Weise empfangen. Sie brauchen jetzt jede Unterstützung. Darum sollten wir uns alle noch genügend ausruhen. Ich werde mich ebenfalls zurückziehen."

Er erhob sich und nickte allen Anwesenden zum Abschied zu, knapp und, wie Harry fand, fast ein bisschen - kalt.

Harry wurde das Gefühl nicht los, dass Dumbledore daran gelegen war, so schnell es ging von ihnen allen wegzukommen.

Aber er wollte nicht ins Bett. Der Gedanke bereitete ihm Grauen. Ins Bett gehen, schlafen, und am nächsten morgen Frühstücken gehen, als sei nichts, aber auch gar nichts geschehen....

Dabei WAR etwas geschehen. Die Normalität war ausradiert. Da konnte Dumbledore noch so viel über Ruhe sprechen....

Andererseits verführte ihn der Gedanke, zu schlafen....in ein tiefes schwarzes traumloses Loch zu fallen....der entsetzlichen Realität für einige Zeit zu entfliehen...

Ron schien das selbe zu denken, denn er stand widerstrebend auf und streckte seinem besten Freund die Hand hin.

"Komm", murmelte er. "Wir können hier nichts ausrichten."

Auch Lupin erhob sich, klaubte die Utensilien von Dracos Zauberexperiment - ein ziemlich abgegriffener Rattenschädel, drei platte tote Kröten, ein Alraunen-Rest und etwas Glibschiges, das nach Milz aussah - zusammen, reichte Dumbledore zum Abschied die Hand - höflicherweise natürlich die Hand, die nicht Milz- und Krötenverschmiert war - und wollte zur Tür.

Aber etwas hielt sie davon ab, den Raum zu verlassen.

Sie wandten sich um.

Eine seltsame Stille war eingetreten.

Snape und McGonagall machten keine Anstalten, zu gehen. Im Gegenteil. Sie standen da wie versteinert und starrten den Schulleiter an in einer Mischung aus Ungläubigkeit und, wie Harry erstaunt feststellte - blankem Zorn.

Snape war der Erste, der sprach.

"Das hätte ich nicht von Ihnen erwartet, Direktor," fauchte er, wobei Direktor diesmal einen unerhört unfreundlichen Unterton hatte.

McGonagall hatte die vornehmen Hände zu Fäusten geballt und starrte Dumbledore aus zornfunkelnden Augen an.

"Ich kann es nicht fassen, Albus," keuchte sie, "dass du es fertig bringst, diesen verzweifelten Jungen so ins Gesicht zu lügen!"