35. Unter Dumbledores Teppich

Dumbledore wandte sich zu den beiden erzürnten Lehrern um. Harry hätte nicht geglaubt, dass er zu einem so abweisenden Blick überhaupt fähig wäre.

"Ich weiss nicht, wovon ihr beide sprecht," sagte er kühl.

McGonagall wischte seine Worte mit einer wütenden Handbewegung fort. Ihre Miene hätte jeden Schüler auf den nächsten Baum getrieben.

"Und ob du das weißt, Albus! Wir alle hier respektieren und bewundern dich, aber du kannst doch nicht so tun, als seiest du blind, wenn es um so entscheidende Dinge geht! Es geht um Hermione Granger, verstehst du, es geht hier um das Leben eines Mädchens, das vollkommen schuldlos zu Tode gekommen ist, weil sie eine Katastrophe verhindern wollte!"

"Und es geht um die Existenz dieses Jungen hier," schnauzte Snape und wies auf Draco, "der gegen seinen Willen in einen Mord hineingezogen worden ist!"

Dumbledore richtete sich zu voller Größe auf. Es war ein imposanter und einschüchternder Anblick.

"Ich will kein Wort mehr von euch hören! Wir haben es bei Cedric nicht getan, und wir haben es bei Sirius nicht getan, wir haben es damals bei...bei den Potters nicht getan und auch sonst nie!"

Als die Namen von Sirius und seinen Eltern fielen, sah Harry auf und blickte Dumbledore forschend an. Was nicht getan? Konnte es tatsächlich sein, daß gegen den Tod etwas GETAN werden konnte - und Dumbledore erlaubte es nicht?!

"Das ist was vollkommen anderes, Albus, und das weißt d-" begann McGonagall.

"Ich lasse solche Dinge nicht zu in Hogwarts!" fuhr Dumbledore zornbebend vor, in einem herrischen Ton, den er sonst nie auflegte, "Und als Allerletztes würde ich zulassen, daß sie...." er brach ab.

"Sprich es aus, Albus," flüsterte McGonagall mit blitzenden Augen. "Hier geht es nicht um die Ehre der Schule, oder um die Gesetze der Zauberei, nicht wahr, es geht hier nur um SIE. Es geht um...."

"ICH WILL DIESEN NAMEN NIE MEHR HÖREN!" donnerte Dumbledore.

Gebannt lauschte Harry dem Gespräch. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was hier eigentlich vor sich ging.

Schuldbewusst fuhr er zusammen, als Dumbledore sich umwandte und ihn und Ron mit durchdringendem Blick ansah.

"Ihr beide" schnappte er, "Ich denke, ihr geht besser. Das hier ist kein Gespräch für euch. Nehmt Mister Malfoy mit und wartet in der Bibliothek...."

"Wir sollen DEN DA mitnehmen?!" spie Ron und deutete auf Draco.

"Ich gehe nirgendwo mehr hin!" liess sich Draco düster aus seiner Ecke vernehmen. "Ich will einfach nur noch sterben!"

"Wenn sie dich mit uns allein lassen," brummte Ron, "seh ich da kein Problem."

"Sie werden alle drei hier bleiben," rief Severus Snape mit schneidender Stimme.

"Was Professor Dumbledore uns hier zu verheimlichen versucht, betrifft auch Sie!"

Er taxierte den Schulleiter mit kalten schwarzen Augen.

"Albus Dumbledore hat Ihnen nicht die Wahrheit erzählt," begann er. "Es GIBT eine Möglichkeit, Miss Granger dem Tod zu entreißen...."

Draco japste.

"SEVERUS!" brüllte Dumbledore, "Wagen Sie es nicht!"

Mit einem vernichtenden Blick auf Dumbledore fuhr Snape fort. "Es GIBT eine Person, die das kann. Und Professor Dumbledore weiß SEHR GUT, von wem ich rede....!"

"ICH WARNE SIE, WAGEN SIE ES NICHT DIESEN NAMEN IN MEINER GEGENWART ZU SAGEN! Das wird Konsequenzen haben, Severus, das schwöre ich Ihnen..."

Schulleiter und Lehrer standen sich nun direkt gegenüber, ihre Gesichter nicht weit voneinander entfernt, und sahen sich direkt in die Augen. Dumbledore bot den ehrfurchtseinflößendsten Anblick, den Harry sich hätte vorstellen können.

Aber Snape dachte überhaupt nicht daran, zu weichen.

"Besondere Situationen," stellte er überraschend nüchtern fest, "erfordern besondere Maßnahmen. Das hier ist so eine, das wissen Sie. Tun sie es," forderte er dann.

"Tun Sie es, Albus. Rufen Sie Aura Dumbledore zurück."