Kapitel 1: Mein erster egoistischer Wunsch.
Einsam saß Kakarott auf dem Felsen, sah zu, wie der Himmel im Osten langsam heller wurde. Bald würde sie Sonne aufgehen. Er saß hier schon seit Stunden, so wie unzählige Male zuvor, seitdem Vegeta gestorben war. Früher hatten sie gekämpft an diesem Ort, verbissene Zweikämpfe ausgetragen, nur um einander danach die Hand zu reichen und sich über den guten Kampf zu freuen. Alles was ihm jetzt noch blieb, war hier zu sitzen und in den Erinnerungen zu schwelgen, die dieser Ort in ihm wachrief.
Er hasste diese steinerne Wüste. Vegeta war hier gestorben. Keine Erinnerung konnte schmerzvoller sein. Gleichzeitig kam er nicht von ihr los. Nachdem Vegeta gestorben war, war ihm erst bewusst geworden, dass es keine Fotos gab. Nicht einmal Erinnerungsstücke. Vegeta hatte nie viel besessen, es gab nichts persönliches, das er zurückgelassen hätte.
Son Goku konnte sich an nichts klammern, außer an diesen Ort.
Erst seit diesen wenigen Wochen, seit Vegeta's Tod, war ihm bewusst, was es hieß, einsam zu sein. Früher, nach dem Tod seines Großvaters hatte er allein gelebt, aber damals war es etwas anderes gewesen. Jetzt, obwohl ihn seine Söhne noch manchmal besuchten, spürte er die Leere und die Einsamkeit wie niemals zuvor. Es war ein schreckliches Gefühl.
Erst jetzt hatte er begriffen, wie wichtig die Gesellschaft des letzten Saiyajin ihm gewesen war. Wie sehr Vegeta die Leere in seinem Herzen nach dem Tod von Chichi ausgefüllt hatte. Und er hatte erkennen müssen, wie viel mehr ihn der Tod des anderen Saiyajin getroffen hatte als damals der seiner Frau. Aber zu spät hatte er erkannt, was Vegeta ihm bedeutete. Und er hatte es ihm nie sagen können.
Zeit seines Lebens hatte Son Goku niemals an sich gedacht. Er hatte immer für andere gekämpft, und er war damit glücklich gewesen. Doch zum ersten mal hatte er einen Wunsch, der nicht selbstlos war. Und der war, Vegeta wiedersehen zu können. Was für eine Ironie, dass Shenlong ihm diesen Wunsch nicht hatte erfüllen können. Son Goku hatte es vorher gewusst, trotzdem hatte er die Dragonballs gesammelt und den Drachen gerufen. Es hatte nichts genützt. Shenlong konnte nur Tote erwecken, die keines natürlichen Todes gestorben waren.
Er hatte eingesehen, dass Vegeta niemals mehr zu ihm zurückkommen würde. Und deswegen hatte er entschieden, den anderen Weg zu wählen. Wenn Vegeta nicht zurückkehren konnte, würde er eben zu ihm kommen!
In der erdrückenden Einsamkeit des felsigen Grabes stand Son Goku auf und warf noch einen letzten Blick auf die Umgebung. Er stand auf dem selben Felsen, auf dem Vegeta gestorben war. Dann schloss er die Augen und murmelte: „Vegeta, ich komme." Er ballte die Hände zu Fäusten und verwandelte sich in einen dreifachen Super-Saiyajin. Aber anstatt jetzt aufzuhören, sammelte er immer mehr Kraft, so lange, bis nichts mehr an Ressourcen übrig war. Und er richtete diese Kraft gegen sich. Mit einem Schrei hob er vom Boden ab, als sich seine eigene, unbändige Energie gegen ihn wandte, und dann hüllte ihn die Dunkelheit ein, wie schon zweimal zuvor.
Als sein Sohn, angelockt durch den Energieanstieg, einige Minuten später in der Wüste auftauchte, fand er nur noch den leblosen Körper seines Vaters.
Übergangslos fand sich Son Goku vor Enma Daio, dem König der Unterwelt wieder. Nun, er kannte das ja. Enma sah vorwurfsvoll auf ihn herab. „Goku, was tust du hier? Deine Zeit war noch nicht abgelaufen! Langsam wirst du hier unten Stammgast, was?"
Son Goku konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Der Herr der Unterwelt schüttelte missbilligend seinen Kopf. „Du machst auch wirklich nur Schwierigkeiten. Aber na ja, du kennst ja den Weg. Deine Frau wird sich freuen, dich zu sehen."
„Enma Daio-sama, ich bin nicht hier, um in den Himmel zu kommen. Ich habe eine Bitte an euch!", sagte Son Goku, plötzlich ziemlich nervös. Diese Sache war so unglaublich wichtig für ihn.
Enma runzelte die Stirn. „Eine Bitte? Schieß los, Junge!"
Son Goku holte tief Luft und sagte dann einfach: „Ich möchte, dass ihr Vegeta in den Himmel lasst!"
Der Herr der Unterwelt war erst mal baff, während seine beiden Angestellten ziemlich entsetzt dreinschauten. Vermutlich veranlasste allein die Tatsache, dass Son Goku diese Bitte gestellt hatte, Enma dazu, in seinem Buch zu blättern. „Vegeta, Vegeta... ist das nicht dieser Saiyajin, der damals... ah ja, da haben wir ihn! Hmm." Er runzelte die Stirn, während er über Vegetas Taten las. „Der hat aber eine Menge angestellt. Ich weiß ja, dass er sich zum Schluss gebessert hat, aber..." Er schüttelte schließlich seinen Kopf. „Tut mir leid, da kann ich nichts machen. Er hat zu viele Lebewesen getötet."
Obwohl er diese Antwort erwartet hatte, funkelte Son Goku den Herrn der Unterwelt an. „Er hat es nicht verdient, in der Hölle zu schmoren! Er hat geholfen, die Erde zu retten, ohne seine Idee hätte Boo das ganze Universum zerstört! Er hatte sich geändert, er sollte jetzt bei seiner Frau sein, und..." Und bei mir. Son Goku verstummte, als er den unerweichlichen Blick Enma's sah. „Das ist nicht fair.", murmelte er verzweifelt.
Enma seufzte. „Du weißt nicht, was er alles getan hat, Goku. So einfach lassen sich solche Taten nicht aus der Welt schaffen."
Gepackt von plötzlicher Wut schrie Goku: „Dann tut es für mich! Ich habe die Erde, sogar das Universum unzählige Male gerettet! Und ich habe niemals etwas dafür verlangt, das wisst ihr! Jetzt habe ich nur diesen einen Wunsch und ihr wollt meine Bitte abschlagen?" Er mäßigte seinen Ton und fügte traurig hinzu: „Das ist mein erster und einziger egoistischer Wunsch, Enma Daio-sama. Gebt mir Vegeta zurück, ich bitte euch!"
Der Herr der Unterwelt seufzte schwer. „Es tut mir leid, Goku. Aber das kann ich nicht. Die Hölle ist nicht das, was du vielleicht denkst. Er muss nicht leiden. Er durfte sogar seinen Körper behalten. Aber du kannst ihm nicht helfen, Goku. Geh zu deiner Familie." Enma schaute rüber zum Tor das in den Himmel führte, und als Goku seinem Blick folgte, sah er dort Chichi, seinen Großvater, Bulma und viele andere alte Freunde stehen. Sie warteten auf ihn.
Son Goku machte einen Schritt auf sie zu. Chichi lächelte. Aber dann hielt er inne. Er konnte das nicht tun. Er konnte Vegeta nicht einfach so vergessen und da unten verrotten lassen bis in alle Ewigkeit. Er war ein Saiyajin und er gab niemals auf. Vegeta durfte also nicht in den Himmel. Aber niemand hatte gesagt, dass er nicht in die Hölle durfte. Oder? „Enma Daio-sama!", rief er. „Ich kann nicht in den Himmel! Wenn du mir Vegeta nicht zurückbringst, dann suche ich ihn eben selbst. Schick mich in die Hölle!"
„WAAAAS?" kreischte Chichi von drüben. „Goku, was sagst du denn da?"
Son Goku ignorierte sie und schaute den Herrn der Unterwelt fragend an. Der nickte langsam und antwortete: „Es steht dir frei, zu gehen wohin du willst. Aber ich würde mir das an deiner Stelle gut überlegen. Du kannst natürlich jederzeit in den Himmel, aber ich denke nicht dass du zurückkommst, wenn du erst mal dort unten warst."
Goku grinste zuversichtlich. „Ich war schon einmal da, nämlich als ich vom Schlangenpfad gefallen bin. Ich gehe da runter und finde Vegeta. Und wenn ich eine Möglichkeit finde, dann bringe ich ihn mit." Er schaute rüber zu Chichi und verbeugte sich. „Gomen, Chichi. Ich muss das tun. Ich hoffe, du verstehst das."
Nachdem er seinen Freunden einen letzten Blick zugeworfen hatte, wandte er sich um und schritt geradewegs auf das Portal zu, das auch Vegeta nach seinem Tod durchschritten hatte. Den Weg in die Hölle.
Nächstes Kapitel: „Auf der Suche"
