Kapitel 4: Der unmögliche Kuss

Son Goku wusste nicht, wie er reagieren sollte. Was sollte er Vegeta antworten, wie sollte er es ihm erklären? Er konnte ja schlecht einfach sagen: Ich bin hier weil ich dich liebe und lieber mit dir in der Hölle schmore als die Ewigkeit im Himmel zu sein.

Andererseits war er ja auch gekommen, um endlich diese drei Worte, die ihm irgendwie nie über die Lippen kommen wollten, auszusprechen.

Entschlossen sah er Vegeta an, schaute direkt in dessen Augen. Der Prinz blinzelte überrascht, er war auf die plötzliche Entschlossenheit sichtlich nicht vorbereitet gewesen. „Weil ich dich vermisst habe!", erklärte Son Goku. Weil ich nicht ohne dich leben konnte.

Der ältere runzelte die Stirn. „Weil du mich vermisst hast?", wiederholte er verwirrt. „Heißt das, du bist freiwillig hier, in der Hölle?" Goku nickte wortlos und Vegeta schaute ihn aus großen Augen an. „Aber warum? Ich meine... wieso????"

Son Goku wusste darauf keine Antwort. Außer: „Ich wollte bei dir sein."

Vegeta schien das alles gar nicht so recht zu begreifen. Natürlich nicht. Jemand wie er konnte sich nicht vorstellen, für einen anderen so ein Opfer zu bringen. Schließlich fragte er: „Und wie bist du gestorben?"

„Ich hab mich in die Luft gesprengt, so wie du damals.", antwortete Goku.

„Ein neuer Feind? Hast du ihn besiegt und bist jetzt zum Märtyrer geworden?", erkundigte er sich spöttisch.

Goku schüttelte den Kopf. „Ich wollte nicht mehr. Ich konnte ohne dich nicht leben."

Vegeta riss die Augen auf und wurde kreidebleich. „Wie bitte?? Ich hör wohl nicht recht! Kakarott, was hat das zu bedeuten?"

„Vegeta, ich..." Goku machte einen Schritt auf Vegeta zu, der wich aber sofort zurück. Das verunsicherte den jüngeren, er suchte unentschlossen nach den richtigen Worten. Vegeta, ich liebe dich! Du hast mir gefehlt! Ich will nie mehr ohne dich sein! Er schüttelte unmerklich seinen Kopf und strich sich nervös eine Haarsträhne aus der Stirn. Er war nie ein Mann der vielen Worte gewesen, für ihn zählten mehr Taten. Und für Vegeta auch.

Dieser Gedanke war es schließlich, der ihn dazu veranlasste, nicht weiter nach Worten zu ringen sondern Vegeta wortlos zu beweisen, was er für ihn fühlte. Goku machte einen Schritt auf Vegeta zu und wieder wich der zurück. Diesmal blieb der jüngere Saiyajin aber nicht stehen. Vegeta wich zurück, solange, bis er mit dem Rücken gegen den Felsen stieß. Er sagte nichts, aber in seinen Augen stand Verwirrung, ein Aufflackern von Unsicherheit.

Son Goku ließ sich selbst keine Zeit zum Nachdenken. Er stützte seine Hände an dem Felsen ab, schloss die Augen und presste seine Lippen auf die des anderen. Die Zeit blieb stehen.

Son Goku küsste Vegeta.

Und auf einmal waren sie einander so nah. Nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Saiyajin waren Telepathen, das wusste Son Goku inzwischen, aber er hatte nicht gewusst, dass ein Kuss so etwas bewirken konnte. Er spürte Gefühle; Verwirrung, Ablehnung, Wärme, und irgendwo darunter Angst. Aber Vegeta wehrte sich nicht.

Irgendwann öffnete Son Goku widerwillig seine Augen, sah dass Vegeta sie fest zusammengekniffen hatte, und dann lösten sie sich voneinander. Die emotionale Verbindung wurde schwächer, aber sie erlosch nicht mehr und Goku erkannte, dass sie schon immer da gewesen war. Son Goku konnte nicht anders, er musste lächeln.

Vegeta aber lächelte nicht.

„Warum hast du das getan?", fragte er und versuchte sichtlich, wütend zu klingen. Er erholte sich schnell von dem Schrecken und wischte sich betont über die Lippen, um den anderen zu verletzen.

Goku holte tief Luft, schaute dem anderen tief in die Augen und sagte: „Ich liebe dich."

Vegeta verlor den letzten Rest an Fassung, seine Gesichtszüge entgleisten ihm. „Du tust WAS?", fragte er entgeistert. Sein Kopf ruckte zur Seite, er starrte gedankenverloren ins Nichts. Aber er schien zu keinem Ergebnis zu kommen, denn er schüttelte schließlich seinen Kopf und fauchte Goku an: „Warum sagst du so was?? Willst du dich über mich lustig machen?"

„Nein, ich sage die Wahrheit.", murmelte Goku. Er war nicht annähernd so gelassen wie es den Anschein haben mochte, aber er hatte sich vorgenommen, Vegeta's unvermeidlichem Ausbruch mit Ruhe entgegenzutreten.

Denn inzwischen wusste er, warum Vegeta so extrem reagierte. Er hatte ja genug Zeit mit ihm verbracht, um ihn und seine Beweggründe verstehen zu lernen. Vegeta hatte nie gelernt, dass man ihn auch einfach nur um seiner selbst willen lieben könnte. Er hatte nie gelernt, die Liebe eines anderen zu akzeptieren und einfach anzunehmen, weder in seiner Kindheit als Saiyajinprinz noch auf dem Schiff von Freezer. Er hatte nur gelernt seine Gefühle abzuschirmen.

Im Grunde seines Herzens hatte Vegeta Angst vor Nähe, vor der Zuneigung anderer. Und Vegeta reagierte, wie Goku es erwartet hatte. „Du spinnst ja, Kakarott! Ich verzieh mich, du kannst von mir aus hier versauern, du Schwachkopf!"

Son Goku war darauf vorbereitet gewesen und bevor Vegeta in die Luft abheben konnte, preschte er vor und stieß den anderen gegen den Felsen. Er packte dessen Handgelenke und drückte sie gegen die steinerne Wand. „Oh nein, diesmal wirst du nicht davonlaufen!!"

Nächstes Kapitel: "So, wie du bist."