Kapitel 8: Allein mit dir
Nachdem Vegeta das Tor durchschritten hatte, fand er sich in unerwarteter Umgebung wieder. Keine Wolken, keine Engel (was er auch nicht ernsthaft erwartet hatte), aber tatsächlich bestand fast kein Unterschied zu dem Ort, von dem er gerade gekommen war. Er stand auf einem vielleicht einen Meter breiten Kiesweg, umgeben von – würg – riesigen Blumenfeldern. Ah, dieses Unkraut war ja wohl hoffentlich nicht der einzige Unterschied zur Hölle.
Das fängt ja toll an, dachte er bei sich und drehte sich um. Das Tor war verschwunden. Seltsam. Naja, andererseits hatte er ja auch keine Ambitionen, zu Enma oder gar in die Hölle zurückzukehren. Hier gab es wenigstens einen normalen Himmel, der sich gerade mit dunklen Wolken zuzog.
Vegeta schaute sich genauer um, versuchte, in der menschenleeren Umgebung irgendwo Auren zu orten. Nichts! Und was nun? Sollte er diesen schweren Dummkopf auf seinem Rücken vielleicht wer-weiß-wohin schleppen? Der sollte selber zusehen, was er jetzt machte! „Hey, Kakarott!", blaffte er und versuchte, den Bewusstlosen auf seinem Rücken zu schütteln, ohne ihn gleich runterzuschubsen. „Wach auf, du bist mir zu schwer!"
Keine Regung. „Was denn, Faulpelz? Erwartest du, dass ich dich zu deiner Frau schleppe oder wie?", zischte er, trottete aber trotzdem los. Dieser blöde Kakarott! Ich wünschte ich wär noch in der Hölle! Überall dieses bunte Unkraut! Und an allem ist nur dieser Schwachkopf schuld! Ich dachte das hier wär der Himmel! Warum also muss ich einen toten Fettsack schleppen?!
Als Vegeta noch mit seinem Schicksal haderte, gab der schwere Saiyajin auf seinem Rücken plötzlich ein leises Stöhnen von sich. Heißer Atem streifte Vegeta's Nacken und dann murmelte Kakarott: „Mmmmhh... wo bin ich?"
„In Disneyworld!", blaffte Vegeta sarkastisch und blieb stehen. „Im Himmel, wo sonst, baka?"
Starke Arme schlossen sich um den Körper des Prinzen und er hörte den anderen an seinem Ohr sagen: „Ist das auch kein Traum, Vejita?"
„Nein! Und jetzt geh endlich runter von mir!" Erleichtert spürte Vegeta, wie Goku ihn losließ und von seinem Rücken rutschte.
Beleidigt verschränkte der Prinz die Arme vor der Brust, während Goku offenbar erst mal begreifen musste, wo er war. Dann, nachdem er sich gesammelt hatte, fragte er: „Was denn, ist das wahr? Wir sind im Himmel??"
„Jaaa.", antwortete Vegeta gedehnt. Sein Geduldsfaden war im Begriff, zu reißen. Dabei fühlte er sich in Wahrheit sogar etwas unsicher. Nach allem was passiert war, hatte er Kakarott nicht mehr unbedingt entgegentreten wollen.
Der ließ ihm aber kaum eine andere Wahl, fragte ziemlich dämlich: „Aber warum bist du hier? Ich meine... ich fasse es nicht... du...", endlich beruhigte er sich ein wenig, zumindest genug um einen klaren Satz rauszubringen: „Du darfst im Himmel bleiben???"
„So ist es.", nickte Vegeta und im nächsten Moment hing Kakarott an seinem Hals und presste ihn an sich. „Ich erkläre dir das alles ein anderes mal, ja?"
„Oh Vejita ich freue mich, ich freu mich für dich!", er drückte seinen Kopf an die Schulter des Prinzen und murmelte in dessen Hemd: „Und für mich erst!" Vegeta war das ganze ziemlich unangenehm, aber es kam noch schlimmer! Goku riss plötzlich den Kopf zurück und starrte ihm in die Augen. „Vejita... ich..." Vegeta erstarrte, als die Lippen des anderen den seinen immer näher kamen. Kakarott wollte ihn doch nicht... Aber er schaffte es nicht, sich zu rühren oder auch nur ein Wort zu sagen. Warum nur? Noch drei Zentimeter... noch zwei...
„Goku-chaaaan!!!"
Die beiden Saiyajin fuhren auseinander wie von der Tarantel gestochen. Vegeta seufzte, teils erleichtert und teils – auch wenn es ihm schwer fiel, das zuzugeben – enttäuscht. Vor ihnen auf dem Weg tauchten Leute auf, und die kamen dem Prinzen ziemlich bekannt vor. Er erkannte Bulma, den Versager Yamchu, den dreiäugigen Schwächling dessen Namen er vergessen hatte, und noch so einige andere, unter anderem auch die zänkische Frau seines verwirrten Begleiters.
Im Nu waren sie beide, na ja eigentlich mehr Goku, von den unerwarteten Besuchern umringt. Chichi warf sich ihm sofort an den Hals, rief: „Goku, ich dachte schon, ich seh dich nie wieder! Wie konntest du so was Dummes nur tun, ich versteh gar nicht..." Vegeta hatte keine Lust, weiter zuzuhören. Das war jetzt seine Chance, der eigentlich unvermeidlichen Konfrontation zu entgehen, also wandte er sich von der Szene ab und marschierte los. Bloß weg hier.
„Vejita!", rief die helle Stimme hinter ihm, ging fast im Stimmengewirr unter. Vegeta hörte nicht hin.
Dann plötzlich vernahm er Schritte hinter sich, fuhr überrascht herum, wurde am Handgelenk gepackt und sah noch, wie Kakarott zwei Finger an die Stirn legte. Er wollte etwas sagen, protestieren, doch im nächsten Moment verschwamm die Umgebung vor seinen Augen und er hörte noch wie Chichi schrie: „Aber Goku-chan was machst du denn???"
„Wo zum Teufel hast du uns hingebracht?", fragte Vegeta und klang wütend (was für eine Überraschung!).
Son Goku wusste es im ersten Moment selbst nicht so genau und sah sich um. Ah, jetzt erkannte er die Umgebung wieder. Einer der vielen, wunderschönen Orte des Jenseits, und, wie er gehofft hatte, einsam und verlassen. [*räusper* Angeblich kann Goku sich ja nur zu Auren und nicht an Orte teleportieren... pah, das glaub ich nicht. Sagen wir einfach, er hat seine Technik weiterentwickelt und nennen das ganze künstlerische Freiheit, ja?]
Der Ort bestand eigentlich nur aus einer weiten, hügeligen Graslandschaft, und einem kleinen, dunklen See inmitten der Hügel, an welchem ein einziger, riesiger Baum stand, dessen bläuliche Blüten bis tief ins Wasser ragten. Goku liebte diesen Ort, hier hatte er in den 10 Jahren im Jenseits oft Zuflucht gesucht wenn er seine Ruhe hatte haben wollen.
Vegeta machte ihm die Idylle dieses Ortes mit nur einem Satz mies: „Gott, was ist denn das für ein trostloses Wasserloch?"
Goku warf ihm einen düsteren Blick zu, ließ sich davon aber die Stimmung nicht verderben. „Ist doch egal, Vejita. Das hier ist das Jenseits, jeder Ort ist so, wie du es dir wünscht." Um seine Worte zu beweisen, dachte er kurz an etwas, und im nächsten Moment zog sich der fast wolkenlose Himmel zu, und es begann zu schneien.
Vegeta nickte beeindruckt und sagte: „Das wusste ich nicht. Den Luxus hatten wir in der Hölle jedenfalls nicht, da war immer das gleiche eklig sonnige Wetter. Kann ich das auch?"
Goku nickte und im nächsten Moment hörte es auf zu schneien, und ein heftiger Windstoß fegte über das Gras hinweg. Der Himmel war dunkel, so wie kurz vor einem Gewitter, und Vegeta sagte: „Ich denke, das passt eher als dein Sonnenschein, Kakarott. Und jetzt sag mir, warum du mich hergebracht hast!"
„Als ob das so schwer zu erraten wäre! Um mit dir zu reden natürlich!", antwortete Goku.
„Und worüber?"
„Über das was passiert ist!"
Erst sah es aus, als wollte Vegeta auch darauf irgendwas boshaftes sagen, dann besann er sich doch eines besseren und nickte. „Na schön, Kakarott, rede."
„Naja ich will doch nur... wissen, was jetzt wird? Aus uns, aus... ich meine..." Goku suchte verzweifelt nach den richtigen Worten und der erwartungsvoll-verächtliche Blick des Prinzen machte es ihm nicht eben gerade leichter. Er seufzte einmal und sprach dann einfach aus, was ihm auf dem Herzen lag: „Ich hätte für dich den Himmel aufgegeben, Vejita. Warum hast du es nicht angenommen?"
Vegeta setzte einen ich-wusste-dass-das-kommt-Blick auf. „Ich lass mich doch von dir nicht retten, Kakarott."
„Und das war alles?", fragte Goku enttäuscht.
„Was dachtest du denn, du Spinner?", blaffte Vegeta ungehalten. „Oder denkst du vielleicht, ich hätte umgekehrt das gleiche für dich getan? Pah!! Außerdem ist doch alles gut, ich bin im Himmel, du bist im Himmel, Happy End! Warum sich darüber den Mund fusslig reden?"
Es tat weh. „Na schön, Vejita. Es tut mir leid, dass ich deine Zeit in Anspruch genommen habe! Ich bring dich zurück zu Bulma und dann brauchst du mich nie wiedersehen! Entschuldige, dass ich mir Sorgen um dich gemacht habe. Entschuldige, dass ich für dich gestorben und in die Hölle gegangen bin! Entschuldige, dass ich es wagen konnte, Gefühle für dich zu entwickeln und dich gern zu haben!"
Dieser Ausbruch überraschte Vegeta sichtlich. „Kakarott, ich..." Etwas veränderte sich in seinem Gesicht, und er machte einen Schritt vor, sodass ihre Körper nur noch Millimeter trennten. „Gomen ne, Kakarott.", sagte Vegeta, und Goku konnte nur ahnen, wie viel Überwindung ihn diese Entschuldigung wohl gekostet haben mochte. „Ich will nicht, dass du gehst. Ich werde dir nie vergessen, dass du an mich geglaubt hast."
Son Goku lächelte. Alles war vergessen, diese Worte, die, da sie von Vegeta kamen, so viel bedeuteten, reichten ihm völlig aus. Er war in diesem Moment zu naiv, um zu merken, dass Vegeta vielleicht aus anderen Gründen als er glaubte so plötzlich eingelenkt hatte. „Ist schon gut, Vejita. Ich..."
Weiter kam er nicht, denn Vegeta küsste ihn, ganz überraschend, und nachdem Son Goku den Schock überwunden hatte, öffnete er den Mund und der anfangs harmlose Kuss verwandelte sich in ein pulsierendes, erregendes Erlebnis, das Goku den Verstand und den Atem raubte.
Als sie sich voneinander lösten, hörte Goku den Prinzen sagen: „Ich schulde dir eine Menge, Kakarott." Son Goku war viel zu überwältigt, zu gefangen in diesem Augenblick, um wirklich zuzuhören, oder zu begreifen was das hieß, als Vegeta hinzufügte: „Und ich werde mich revanchieren. Hier und jetzt."
Nächstes Kapitel: „Verlass mich nicht"
