Am Portal angekommen verabschiedete sich Hagrid und verschwand im Großen Saal, wo es gerade Abendessen gab. Hermine machte sich mit Snape durch die verwaisten Gänge auf den Weg in ihre Wohnung.

Kaum hatte sie ihren Mantel abgelegt und Snape seinen ausgezogen, als es auch schon an der Tür klopfte. Davor stand Prof. McGonagall, die hinter sich zwei große Truhen schweben hatte. „Albus war so freundlich und hat mir einen Teil seiner Sachen geliehen, da wir ja in Severus´ Räume nicht hineinkommen.. Und dann habe ich in den Lagerräumen der Bibliothek sogar ein paar Kinderbücher gefunden. Vielleicht gefallen sie ihm ja." McGonagall dirigierte die beiden Truhen ins Wohnzimmer hinein.

„Ohhh! Wo hast Du denn den Drachen her?" fragte sie freundlich, als Snape neugierig den Deckel der einen Truhe anhob. „Onkel Hagrid." meinte er schüchtern und quietschte laut auf, als ihm der Deckel, der unbemerkt wieder zurückgefallen war, die Finger einklemmte.

Die nächsten fünf Minuten hatten Minerva und Hermine alle Hände voll zu tun, den lautstark wehklagenden Severus Snape wieder zu beruhigen, der tränenreich um Trost bat. Erst nachdem Hermine ihm auf die Finger gepustet und darüber gestreichelt hatte, wurde er ruhiger. Schniefend drückte er seinen Drachen an sich und schob Hermine Richtung Truhen.

Sie öffnete diese und entdeckte in der ersten ein paar bunte Kinderbücher und Märchen, einen Kasten mit Bauklötzen, eine Kuscheltiereule, einen Stapel Papier und Buntstifte. Die andere Kiste war voller Kleider: Zwei weiße Nachthemden, frische Unterwäsche und zwei Roben, die offenbar schon mal bessere Tage gesehen hatten. Aber so, wie Severus gerade über den Boden robbte und dabei mit den Drachen spielte, war das gar keine so schlechte Idee.

„Was wollen sie jetzt machen, Miss Granger?" riss McGonagall sie aus ihren Gedanken. „Na ja. Fang hat ihn völlig vollgesabbert, also könnte ihm ein Bad nicht schaden, außerdem war es draußen ziemlich kalt, ich weiß nicht, ob er gefroren hat. Aber ich . . . ähm, na ja . . . ich weiß nicht so recht, ob ich das alleine schaffe. . ."

Hilflos blickte Hermine McGonagall an und diese konnte dem nach Beistand heischenden Blick nicht widerstehen. „Na, das ist doch kein Problem. Ich helfe ihnen natürlich! Oder hätten sie etwas dagegen?" Hermine schüttelte schon fast panisch den Kopf, worauf Minerva sich das belustigte Grinsen nicht mehr ganz verkneifen konnte. „Na dann los!"

McGonagall lief ins Bad, wo sie begann, heißes Wasser in die Wanne zu lassen. Hermine räumte inzwischen die Truhen leer, also die Sachen in den Kleiderschrank (bis auf eines der Nachthemden) und die Spielsachen in eine Kommode gegenüber von Severus´ Bett.

Doch dann mussten sie einem Problem entgegentreten, mit den sie überhaupt nicht (oder eigentlich doch, wenn man den „normalen" Snape betrachtet) gerechnet hatten:

Severus weigerte sich, in die Wann zu steigen. Schon ein wenig skeptisch war er Hermine ins Bad gefolgt, als McGonagall gerufen hatte, doch nun stand er da, hatte die Arme verschränkt und schüttelte trotzig den Kopf, als ihm gesagt wurde, er solle sich doch mal seiner Kleidung entledigen.

Sprachlos starrten sie ihn an. „Wie . . . nein?" fragte Hermine verwirrt. Immer noch trotzig schob Severus nun auch noch die Unterlippe hervor. „Aber . . . willst Du denn so ins Bett gehen?!" Snape nickte entschieden.

Nun mischte sich auch Minerva ein. „Also nein, Severus! So geht das nicht! So kannst Du nicht ins Bett gehen. Komm jetzt, dein Bockig – Sein wird dir nicht helfen. Also alber jetzt hier nicht rum und zieh dich aus." sagte sie streng.

Severus sah sie schmollend an, hatte aber an ihrem Ton erkannt, dass er es besser nicht zu weit treiben sollte. Er setzte sich auf die Fließen, die von der Fußbodenheizung ganz warm waren und begann aufreizend langsam, sich die Socken auszuziehen.

McGonagall seufzte entnervt, hockte sich vor Severus, so dass ihre Kniegelenke protestierend knackten und begann mit geschickten Fingern, die Robe von ihm aufzuknöpfen, was er ohne auch nur einen Mucks von sich zu geben über sich ergehen ließ. Allerdings machte er auch keine Anstallten ihr zu helfen, nachdem er sich seiner Socken entledigt hatte.

Mit einem drohenden Blick brachte Minerva Severus dazu, aufzustehen. Als sie sich daran machte, ihm seine Hose auszuziehen, schnappte sich Hermine die Oberteile, wandte sich mit hochrotem Kopf ab und begann nervös die Sachen zusammenzulegen.

„Ach, Miss Granger! Nun stellen sie sich nicht so an. Sie werden doch wohl wissen, wie ein Mann aussieht! Lassen sie die Sachen sein, die müssen doch eh gewaschen werden."

Hermine ließ fast widerstrebend die Sachen wieder fallen, drehte sich um und wurde, wenn überhaupt möglich, noch röter. Krampfhaft darum bemüht, dass ihr Blick nicht ständig unter die Linie seines Bauchnabels rutschte, ging sie zögernd auf die beiden zu und half McGonagall, den immer noch leicht widerstrebenden Snape in die Wanne zu bugsieren.

„Ähm . . . Professor . . . glauben sie . . . glauben sie nicht, dass er sich danach daran . . . erinnern wird? Ich meine nur, falls er sich erinnert . . . er, ähm, wird bestimmt nicht gerade, nun ja, erfreut sein."

Hermine sah ihre Hauslehrerin verunsichert an, während Snape, der nun in der Wanne saß, sich suchend umschaute. „Ach, machen sie sich doch darüber jetzt keine Sorgen. Darüber können wir diskutieren, wenn es dafür Zeit ist. Und wir beide sind bestimmt nicht die ersten, die ihn in seinem *natürlichen* Zustand sehen." meinte sie mit einem belustigtem Glitzern in den Augen.

„Obwohl ich zugeben mag, dass sie wahrscheinlich die erste Schülerin sind . . . Severus, was suchst du eigentlich?" Er sah sie an, zuckte mit den Schultern und schnappte sich die Seifenschale, um sie auf dem Wasser schwimmen zu lassen, die jedoch prompt unterging, da sie aus Porzellan war.

Als Snape es ein zweites Mal versuchen wollte, nahm ihm Minerva die Schale aus der Hand, machte eine Geste mit dem Zauberstab und sagte klar und deutlich: „Verraverto."

Sofort verwandelte sich die Seifenschale in eine kleine gelbe Gummiente mit rotem Schnabel und schwarzen Augen, die ihr Snape verwundert aus der Hand nahm.

Kurz darauf war das Bad ausgefüllt vom enervierenden Quietschen der Ente, was Severus einen Heidespaß zu machen schien. Hermine hörte McGonagall leise fluchen, während sie mit einem Lappen bewaffnet bemüht war, ihn vom Schmutz des Tages zu befreien.

Severus schien das nicht weiter zu stören. Eher entwickelte er einen gewissen Eifer, McGonagall, die darum bemüht war, so trocken wie möglich zu bleiben, genau in den entgegengesetzten Zustand zu versetzten. Jedes mal, wenn er einen besonderen Spritzer produziert hatte und Minerva ihn tadelnd ansah, machte er ein reuiges Gesicht, doch sah Hermine ihm den Schalk aus den Augen lachen.

Schließlich gab es McGonagall auf, nahm eine Schüssel, die neben der Wanne stand, schöpfte sie voller Wasser und goss sie Severus Snape über den Kopf. Dieser saß vielleicht eine Sekunde wie von Donner gerührt still da, bevor er anfing, laut, ausdauernd und durchdringend zu brüllen.

Minerva verdrehte entnervt die Augen, machte mit einem Wink ihres Stabes das Bad schalldicht und begann mit frohem Mute Severus die Haare zu waschen, was dieser mir noch lauterem Wehklagen quittierte. Hermine versuchte verzweifelt, ihn irgendwie wieder aufzuheitern, aber nichts schien zu helfen.

Severus brüllte weiterhin seine Empörung hinaus, während Minerva nun die zweite Schüssel mit Wasser über ihm entleerte und Hermine, die ihre Beruhigungsversuche inzwischen aufgegeben hatte, den letzten Schaum aus seinen Haaren wusch.

Letztendlich waren die Haare unter viel Protest gewaschen worden und Minerva, die nun wirklich klatschnass war, ließ das Wasser verschwinden, und legte Severus, der sie nun anklagend ansah, ein großes Badehandtuch um die Schultern. Hermine nahm ein zweites, kleineres zur Hand und begann, Severus die Haare trocken zu rubbeln. „War doch gar nicht so schlimm, oder? Du musst mich jetzt nicht so böse angucken, es hat doch nicht weh getan, hm?"

Sie nahm einen Kamm und kämmte das noch immer recht nasse Haar durch. McGonagall beschwör einen Fön, setzte sich auf den Badewannenrand und trocknete mit zufriedenem Gesichtsausdruck Snapes Haare. „Wie lange habe ich von so einem Moment geträumt . . . Severus mit frisch gewaschenen Haaren. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie das aussieht. Selbst in seiner Schulzeit sah er so aus wie jetzt. Geben sie mir doch mal das Nachthemd, Miss Granger."

Hermine sprang auf und griff sich das weiße Gewand, während McGonagall Snape aus der Wanne half und ihn nun endgültig abtrocknete. Dann half sie ihr, Severus das Nachthemd anzuziehen, was ihm aber eindeutig zu groß war: Die Ärmel hingen ihm weit über die Hände und der Saum schleifte über den Boden. Es sah einfach zu komisch aus, wie Severus reichlich hilflos versuchte, seiner misslichen Lage Herr zu werden, dass sich McGonagall und Hermine ihr Lache nicht verkneifen konnten oder wollten.

Verwundert schaute Severus auf und versuchte vergeblich, mit seinen in den Hemdsärmeln verhedderten Händen, seine, nun, da sie frisch gewaschen waren, wie Rabenfedern glänzenden Haare, die ihm weich und glatt bis auf die Schultern fielen, hinter seine Ohren zu klemmen, damit sie ihm nicht ständig ins Gesicht rutschten. Doch schien das Lachen seine schlechte Laune zu vertreiben und bald lachte er mit.

Immer noch grinsend krempelte ihm Hermine die Ärmel hoch, so dass seine Hände wieder zum Vorschein kamen und band ihm mit einem Haargummi den etwa kinnlangen Pony zusammen, damit er überhaupt etwas sehen konnte.

Dann gingen sie in die Küche, wo inzwischen Dobby, der Hauself, mit Feuereifer dabei war, Abendessen zu machen. Da es wohl noch einige Minuten dauern würde, verließ Severus das Zimmer wieder, um seinen Drachen zu holen. Dabei trat er mit fast jedem Schritt auf den Rand des Nachthemdes, so dass er öfters stolperte. „Heb` den Rand hoch, sonst . . ." Aus dem Wohnzimmer erscholl ein überraschter Ausruf, gefolgt von einem dumpfen Knall und den nun schon (fast) vertrautem Wimmern von Severus. „ . . . fällst du noch hin . . . „ beendete Hermine resigniert ihren eben erst begonnenen Satz.

Mit einem tiefen Seufzen erhob sie sich und lief ins Wohnzimmer, um nachzuschauen, ob er sich ernsthaft wehgetan hatte. Zum Glück war nichts passiert und Severus schnell beruhigt. Als er sich wieder aufrappelte, achtete er tunlichst darauf, den Saum hochzuhalten, so dass er wie ein Burgfräulein tippelnd in seinem Zimmer verschwand, woraus er bald mit dem Drachen in der linken Hand wieder auftauchte.

Dobby war inzwischen mit Essenmache fertig und so bot sich den dreien ein reich gedeckter Tisch: frisches Brot, Obst und Gemüse, Wurst, Käse und aus irgendwelchen, nicht ersichtlichen, Gründen Pfefferminzbonbons.

Snape fiel wie ein ausgehungerter Wolf über das Essen her, so, dass Hermine und Minerva ihn in seinem Enthusiasmus etwas bremsen mussten, da der Tisch sonst schon bald an ein Schlachtfeld erinnert hätte.

Außerdem schien er den Umgang mit Messer und Gabel ver – oder noch nicht gelernt zu haben, so dass sie ihm abwechselnd die Brotscheiben schmierten. Auf diese Weiser vernichtete er vier Scheiben und Minerva hob überrascht die Brauen und meinte, dass er sonst nie so viel essen würde, aber, und das musste sie zugeben, er sich in den letzten Jahren noch nie so viel an der frischen Luft bewegt hatte und dieses ja bekanntlicherweise Hunger verursacht.

 Nach einer halben Stunde konzentrierten Kauens lehnte sich Severus zufrieden zurück, gähnte herzhaft und streichelte sich versonnen über den Bauch.