Ungefähr eine Woche war seit der Hochzeitsfeier vergangen und der Commodore
hatte nun schon ganz erfolgreich versucht, diesen schrecklichen Tag zu
vergessen, was ihm aber dadurch schwergefallen war, dass dieses Ereignis
DAS Gesprächsthema Nummer eins in Port Royal war und er ständig von Leuten,
die er nicht kannte, angesprochen wurde, warum denn Miss Swann nun diesen
Hufschmied geheiratet hätte und ob nicht eigentlich er mit Miss Swann
verlobt gewesen wäre. Diese Leute plapperten meistens munter darauf los und
konnten sich nicht vorstellen, was sie ihm damit antaten.
Nun saß er eines Nachmittags in seinem Arbeitszimmer, als es leise an der
Tür klopfte. " Herein...", kam es etwas genervt von innen. James Augen
weiteten sich vor Erstaunen, als er von seiner Arbeit aufblickte und in
Elizabeths hübsches Gesicht blickte. Mit zitternden Fingern legte er die
Feder, mit der er gerade Pergamente unterzeichnet hatte, zur Seite. Zögernd
sah er Elizabeth an :"Setz dich doch bitte. Möchtest du etwas trinken?" Sie
lehnte entschieden ab und holte tief Luft. Das empfand er nun als nicht
sehr gutes Zeichen, aber er zwang sich, nichts zu sagen und einfach
abzuwarten.
" James, ich fand es wirklich sehr nett und löblich von dir, dass du auf
unserer Hochzeit warst. Dein Geschenk gefällt mir ebenfalls sehr, wie du
siehts." Sie deutete auf den Seidenschal, den sie sich um den Hals
geschlungen hatte. Nachdem sich ihre Blicke eine Weile stumm gekreuzt
hatten, senkte sie den ihren und seufzte. Leise meinte sie dann :" James,
ich weiß auch, dass es für dich im Moment sehr schwer ist, das Gerede der
Leute anzuhören, ich dachte, nachdem unsere Verlobung gelöst war, würden
sie auch aufhören, sich die Mäuler über uns zu zerreißen, aber ich habe
mich wohl getäuscht. Für dich muss es doch leichter sein als für mich oder
für Will! Sie hätten es alle besser gefunden, wenn ich dich geheiratet
hätte und nun machen sie Will dafür verantwortlich, dass ich nicht die Frau
von Commodore Norrington bin, sondern Elizabeth Turner!"
Die letzten Worte hatte sie beinahe geschrien und nun sah sie sich
schuldbewusst um, bevor sie Norrington besänftigend die Hand auf den Arm
legte und meinte :" Ich bin nicht hergekommen, um dir die Schuld für
irgendetwas zu geben, wofür du gar nichts kannst! Im Gegenteil, ich wollte
dir mitteilen, dass ich deinetwegen immernoch ein schlechtes Gewissen habe
und mir jeden Tag ausmale, wie du ganz alleine in deinem Arbeitszimmer
sitzt. Du warst immer für mich da und ich kenne dich schon eine Ewigkeit,
so scheint es mir jedenfalls, aber verstehst du es denn nicht, dass man
sich nicht zwingen kann, jemanden zu lieben, für den man eben nur
Freundschaft empfindet? Ich..."
In diesem Moment unterbrach James sie. "Elizabeth. Du musst dir keinesfalls
Schuldgefühle machen, es hat mich zwar schwer getroffen, aber weshalb
sollte ich darauf bestehen, eine Frau zu heiraten, die mich nicht liebt?
Damit würde ich uns beiden keinen Gefallen tun und eine Ehe sollte doch
möglichst glücklich sein, oder? Natürlich fällt es mir schwer, dich so
einfach aufzugeben, aber das wichtigste ist mir nun, dass unsere
Freundschaft weiterhin bestehen bleibt. Außerdem möchte ich klarstellen,
dass ich nun nichts mehr unternehmen werde, euch beide
auseinanderzubringen, falls Will das befürchtet. Ich hoffe aber, dass du
weißt, dass ich ein Ehrenmann bin und so etwas nie tun würde."
Elizabeth sah ihn weiterhin ernst an und meinte :" Ich wusste, dass du
Verständnis haben würdest, James. Eigentlich wollte ich dir auch noch
mitteilen, dass wir ab morgen auf Hochzeitsreise sind, wir fahren nach
Frankreich, sind also für ein paar Wochen nicht da." Nun stand sie auf,
ging zu ihm und umarmte ihn kurz. Danach machte sie sich hastig wieder los,
murmelte etwas, was er nicht verstand und war schon wieder aus dem Zimmer
verschwunden.
James stand eine Weile verwirrt hinter seinem Schreibtisch und brachte es
erst nach einigen Augenblicken fertig, ihr hinterherzulaufen, was dann
natürlich sinnlos war, sie hatte das Haus schon wieder verlassen. Er
vernahm noch ihren Geruch, der wie eine tröstliche Wolke im Zimmer
schwebte. Wenigstens etwas von sich hatte sie zurückgelassen.
----------------------------------------------------------------------------
-----
