Dieser Tag wurde ein sehr langer Tag für Commodore James Norrington, aber auch ein noch so langer Tag neigte sich einmal seinem Ende zu. Die Dämmerung war über Port Royal hereingebrochen und in den Häusern flammten nach und nach die Lichter auf, sodass man, wenn man vom Meer aus auf die Ansiedlung geblickt hätte, ein überwältigend schönes Lichtermeer gesehen hätte. Am Nachmittag hatte sich James dazu überwunden, zu den Docks hinauszugehen und die Abfahrt des Schiffes, auf dem Will und Elizabeth in ihre Hochzeitsreise starteten, mitzuerleben. Er wusste nicht genau, warum er sich das nun wieder antat, aber er hatte das Bedürfnis gehabt, sie noch ein letztes mal für eine - so wie es ihm schien- lange Zeit zu sehen. Will und Elizabeth standen noch lange Zeit an Deck und Norrington blieb am Hafen stehen, bis das Schiff schließlich hinter dem Horizont verschwunden war.Nachdenklich schlenderte er danach wieder nach hause zurück, aber seine Gedanken waren immernoch bei dem so glücklich aussehenden Paar. Will hatte nie zuvor so stolz ausgesehen und Norrington war sich zu diesem Zeitpunkt fast sicher gewesen, dass Elizabeth doch die richtige Wahl getroffen hatte. Will passte auch optisch besser zu ihr... Nun, als allmählich die ersten Schatten in sein Aerbeitszimmer drangen, in dem allerdings ein behagliches Kaminfeuer prasselte, musste er über seine eigenen Gedanken lächeln. Elizabeth und Will hattem ihm mit ihrer Liebe zueinander wehgetan, wie ihm noch nie zuvor ein Mensch wehgetan hatte und er verteidigte die beiden auch noch, das sah ihm ähnlich... James klappte nun mit einem Knall, der in der Stille der späten Stunde seltsam wiederhallte, das Buch zu, in dem er gerade gelesen hatte und stand auf. Er, James Edward Norrington, konnte sich doch nicht so gehen lassen, er musste sich dringend auf irgendeine Art und Weise aufmuntern. Er wusste auch schon wie... Eine halbe Stunde später war in den Hafenkneipen und Spelunken in einem eher berüchtigten Viertel Port Royals gerade Hochbetrieb. Aus den mehr oder weniger erleuchteten Fenstern drangen der Lärm und das Stimmengewirr vieler Kehlen hinaus auf die Straße. Aus den Schatten dieses Viertels, in dem man auch mit den Gaslampen der Straßenbeleuchtung sehr gespart hatte, trat nun ein Mann Mitte dreißig in das schummerige Licht, das aus dem Eingang einer dieser Kneipen hervordrang. Nur bei genauerem Hinsehen konnte man in ihm den Commodore erkennen, den man nun wahrlich nicht an solchen Orten vermutete. Norrington gab sich einen Ruck und betrat den Raum. Innen schlug ihm eine Wolke Schweiss- und Alkoholgeruch entgegen, sodass er unwillkürlich etwas zurücktaumelte, aber er hatte sich vorgenommen, sich zu amüsieren und das wollte er nun auch tun. Um nicht hilflos im Raum zu stehen, was aber im Zweifel sowieso niemandem der Anwesenden aufgefallen wäre, begab er sich an einen Tisch, an dem noch niemand saß und von dem er einen großen Teil des Raumes überblicken konnte. Nach einigen Minuten kam eine junge Frau auf ihn zu, um seine Bestellung aufzunehmen. Daran hatte er nicht gedacht- er wusste ja überhaupt nicht, was man in so einer Spelunke trank! Auf gut Glück bestellte er sich einen Becher Rum und wurde so nicht komisch angesehen. James fragte sich nur, wie er diesen dann auch herunterbekommen sollte, aber er war fest entschlossen sich zu amüsieren, komme, was wolle! Nachdem er dann sein Getränk erhalten hatte, klammerte er sich etwas hilflos an seinem Becher fest und beobachtete die üblichen Wirtshausraufereien aus sicherem Abstand. Plötzlich zischte ihm jemand von hinten ins Ohr :" Parlez...?" Der Commodore fuhr so heftig herum, dass er beinahe seinen Rum verschüttet hätte. " Sparrow!", entfuhr es ihm überrascht, aber der Pirat hatte sich schon neben ihn gesetzt und grinste ihn süffisant an. " Es ist doch immer wieder nett, alte Bekannte wiederzusehen, finden Sie nicht auch, Commodore? Was tun Sie eigentlich hier? Ich dachte nun ehrlich nicht, dass sie sich zu so etwas...", der Pirat lies seinen Blick durch den Raum schweifen, " herablassen...". " Was genau ich hier tue, geht Sie überhaupt nichts an, Sparrow!", entgegnete Norrington sehr herablassend. " Aber, aber, Commodore! Jetzt seien Sie doch nicht so! Wir sind schließlich alle hier, um Spass zu haben, oder?" Jack klopfte James etwas derb auf den Rücken, was zur Folge hatte, dass dieser sich verschluckte und nun eine Weile gar nichts mehr erwiedern konnte. Als er sich dann aber wieder gefangen hatte, grinste er den Piraten an. Schließlich war dieser Tag sowieso schon traurig genug, warum sollte man ihn dann nicht mit einer beendeten Feindschaft abschließen? " Na also!", meinte Jack nun zufrieden." Du kannst mich übrigens Jack nennen und was für einen hübschen Vornamen hast du?"

Viel, viel später in dieser Nacht, es dämmerte bereits wieder, verließen zwei torkelnde Personen als letzte die Schenke. " Assoo...das war der schönste Abend, dennich je hadde, Jack, wirglich...", lallte der Commodore vor sich hin. Von Captain Jack Sparrow war hingegen nur noch albernes Gekichere zu vernehmen, außerdem war er vollauf damit beschäftigt, nicht gegen irgend eine Hauswand zu prallen und umzufallen. Norrington konnte seine eigenen Reflexe auch nicht mehr wirklich unter Kontrolle halten, deshalb wären sie beide fast in eine Gestalt hineingetorkelt, die jetzt in ziemlich energischer Haltung vor ihnen stehenblieb. " Jack Sparrow! Du bist zwar unser Captain, aber das gibt dir nicht das Recht, dich heimlich fortzuschleichen und alleine alle Schenken in Port Royal abzuklappern! Wen hast du denn jetzt wieder aufgegabelt?" Der Blick der Frau traf Norrington und er war schlagartig wieder bei Sinnen. James konnte sich gerade noch davon abhalten, die Hand auszustrecken und diese wunderschöne, starke und energische Frau vor ihm zu berühren. In dem Moment brach Jacks Stimme den Bann, der zumindest für Norrington über diesem besonderen Augenblick gelegen hatte :" Jetzt reg dich doch nich gleich so auf, Anamaria! Du muss immer nur rummeckern, wenndu nich rummeckerst, dann geh s dir nich gut..."