Jack überhörte den ironischen Tonfall des Commodores geflissentlich und zog sich einen zweiten Stuhl heran. Als er sich Norrington gegenüber gesetzt hatte, kam er ihm so nahe wie möglich, da er wusste, dass sein Gegenüber das überhaupt nicht lustig finden würde und meinte dann in einem geheimnisvollen und verschwörerischen Ton:" Du möchtest bestimmt wissen, was ich hier in Tortuga herausgefunden habe, oder? Schließlich entscheidet es auch über dein und Felicitys weiteres Schicksal!"

Norrington blieb stumm auf seinem Stuhl sitzen und sah dem Piraten in die Augen. Er wollte ihm nicht den Triumph gönnen, ihn fragen zu hören, was denn vorgefallen war, von ihm aus konnte ein gewisser Jack Sparrow hier sitzen bleiben, bis er festgewachsen war.

Doch Jack schien es eilig zu haben, James von dem zu berichten, was er erfahren hatte, deshalb zögerte er nicht mehr lange, sondern fing an zu sprechen:" Erst einmal dauerte es ziemlich lange, bis ich endlich jemanden gefunden hatte, der - natürlich nur gegen ein gewisses Entgeld - bereit war, mir Informationen über diese Kate zu geben. Ihre Herkunft ist anscheinend genauso rätselhaft wie sie selbst, sie tauchte vor einem halben Jahr das erste mal hier in Tortuga auf und ab diesem Zeitpunkt tut sie das immer wieder, mindestens einmal im Monat. Sie bleibt manchmal eine Woche, manchmal aber auch nur ein paar Tage und verschwindet dann samt ihrem Schiff und ihrer Mannschaft genauso schnell wieder, wie sie gekommen ist."

Jack sah wohl, dass Norrington ungläubig eine Augenbraue hob, aber er wedelte beschwichtigend in der Luft herum und sprach weiter:" Wir scheinen allerdings verdammtes Glück zu haben, denn gerade ist sie in Tortuga, auch wenn ich sie noch nicht persönlich gesehen habe, aber es müsste uns ein leichtes sein, sie ausfindig zu machen und ihr dann, wenn sie Tortuga wieder verlässt, zu verfolgen, klar soweit?"

James hatte Jack bis hierhin zugehört, ohne ihn zu unterbrechen, aber nun konnte er sich nicht mehr zurückhalten.

"Das ist ja alles schön und gut, jetzt hatte ich eine kleine Einführung in Piratenkunde und du konntest mir beweisen, was für ein überragendes Organisationstalent du bist, aber ich habe immer noch das Gefühl, dass du mir bisher irgend etwas verschwiegen hast. Was ist faul an der Sache und was habe ich damit zu tun?"

Nun bekam Jacks Blick einen seltsamen Glanz, als er noch näher an den Commodore heranrückte, was wegen der sowieso schon beengten Verhältnisse nicht so ganz klappte und ihm halb flüsternd, aber dennoch laut genug, dass James es hören konnte, verschwörerisch ins Ohr raunte:

"Schließt Euch uns an, Commodore!"

Das war nun wirklich zuviel für James arme Nerven. Er sprang abrupt von seinem Stuhl auf und brüllte, so dass sich seine Stimme fast überschlug:"Niemals, Jack Sparrow! Hörst du? Niemals! Was glaubst du eigentlich, wer hier vor dir steht? Zuerst kidnappst du den Commodore der Royal Navy und seine kleine Nichte, dann setzt du meine gesamte Mannschaft in irgendeinem Gefängnis aus und nun besitzt du auch noch die Frechheit, von mir zu verlangen, mit gewöhnlichen Piraten gemeinsame Sache zu machen?! Auf welchen harten Gegenstand ist denn dein Kopf in letzter Zeit gefallen?"

Jack hatte geduldig gewartet, bis sich Norrington wieder ein wenig beruhigt hatte und fuhr nun fast etwas hämisch grinsend fort:" Nun, diese Reaktion hatte ich fast erwartet, du musst dich auch nicht sofort entscheiden. Nur könnte es sein, dass dir irgendwann keine Zeit mehr bleibt, dich zu entscheiden, aber ich überlasse es dir, noch ein wenig darüber nachzudenken."

Norrington lies sich von Jack widerstandslos wieder in die Kabine führen, in der Felicity immer noch selig schlief. Nachdem der Pirat die Tür hinter ihm geschlossen hatte, sank James erschöpft auf den Boden vor seinem Bett und begann zu überlegen.

Einerseits war es moralisch vollkommen undenkbar, mit Verbrechern gemeinsame Sache zu machen, das hatte er selbst so vielen Seefahrern aus Port Royal klarzumachen versucht, deshalb konnte er diese Regel jetzt nichts selbst brechen.

Aber andererseits hatte Sparrow Recht, wenn das Schiff von anderen Piraten angegriffen werden würde, würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als auf der Seite von Sparrows Mannschaft zu kämpfen, wenn ihm sein Leben lieb war - und natürlich auch das von Felicity!

Felicity! Das kleine Mädchen lag immer noch in seinem Bett und hatte sich im Schlaf den Daumen in den Mund gesteckt. Dieses friedliche Bild veranlasste Norrington, darauf zu hoffen, dass sein Pflichtgefühl und sein Verstand, die ihm sagten, dass das Schlimmste, was ihm passieren könnte, sich mit den Piraten zu verbünden wäre, nicht auf eine harte Probe gestellt werden würden.