Kapitel 5: Padme
Das erste, was Jack O'Neill im Augenblick seines Erwachens verspürte, waren grauenvolle Kopfschmerzen. Er blinzelte. Er fühlte sich fruchtbar lichtempfindlich. Und er stöhnte, als er versuchte sich aufzusetzen.
„Du solltest langsam machen," riet ihm eine sanfte Frauenstimme, in der sich gleichermaßen aufrichtige Sorge und kühle Distanz trafen.
Jack versuchte die Augen offen zu halten und sich an die Helligkeit zu gewöhnen. Ihm war klar, dass man mit einer Zat auf ihn geschossen hatte, aber er konnte sich nicht erinnern, dass ihn eine solche Waffe jemals so sehr mitgenommen hatte. Ob er wohl etwas außer Von-einer-Zat-erwischt-werden-Übung war? Während sich diese und einige anderen Gedanken und Fragen in seinem Kopf ansammelten, versuchte er herauszufinden, wo die Frau war, zu der die Stimme gehörte.
„Hier drüber," erklang die Stimme erneut.
Jack wandte den Kopf nach links und kniff wieder die Augen zusammen. Er konnte nur ihre Umrisse erkennen, denn sie stand direkt vor einem großen Fenster, durch das die Sonne herein schien und ihn blendete.
„Wie heißt du?" wollte die Fremde wissen und trat einen Schritt vom Fenster fort.
Zu Jacks Erleichterung blieb sie genau so stehen, dass sie die blendende Sonne verdeckte. Nun konnte er auch erkennen, mit wem er es zu tun hatte. Es war, wie er schon an ihrer Stimme hatte feststellen können, eine Frau. Ihr Blick war voller Misstrauen gegen ihn, sie hatte die Arme verschränkt und blickte auf eine Antwort wartend auf ihn herab. Jack hätte sowieso nicht vorgehabt, einfach so zu antworten, doch ihr Anblick verschlug ihm noch dazu im ersten Moment die Sprache. Er blinzelte ein weiteres Mal um sicherzugehen, dass es keine Halluzination war. Doch die Frau stand noch da. Sie hatte langes dunkles Haar, das in sanften Locken über ihre Schultern floss. Sie trug ein einfaches hellblaues Kleid, das ihren blauen Augen nicht annähernd das Wasser reichen konnte. Sie war mindestens zehn Jahre jünger als Sam Carter – und sah ihr eigentlich nicht wirklich ähnlich, doch ihre blauen Augen, ihre Gestik und wie sie dastand, erinnerten Jack in diesem Augenblick unglaublich an sie.
„Wie heißt du?" wiederholte sie geduldig, ohne sich zu rühren.
Jack versuchte langsam aufzustehen und sah sie direkt an. „Jack O'Neill," antwortete er schließlich mit brüchiger Stimme und spürte erneut das Dröhnen in seinem Kopf. „Und wer bist du?"
„Mein Name ist Padme."
Jack runzelte die Stirn, als sie den Namen ausgesprochen hatte. Padme – diesen Namen hatte er doch gerade erst gehört... Natürlich! Von Jacob. Jack dachte angestrengt nach, was unter den dröhnenden Kopfschmerzen gar nicht so leicht war. Er erinnerte sich an das Gespräch über Sams Träume und ihm kam wieder in den Sinn, was er erkannt hatte, bevor man ihn betäubt hatte. „Kann man von hier aus das Sternentor sehen?" fragte er.
Padme nickte und deutete auf das Fenster.
Jack ging an ihr vorbei und sah auf den Schlosshof hinab, wo das Stargate zu sehen war. Er betrachtete es eine Weile und ließ seinen Blick über die Ebenen und Hügel schweifen, die sich hinter dem Schlosshof erstreckten. Das gab ihm die endgültige Gewissheit. „Dieser Planet heißt Orenda. Richtig?"
„Ja." Padme trat mit immer noch verschränkten Armen neben ihn und sah ihn neugierig an. „Wer bist du?"
„Na ja, weißt du, das ist etwas schwierig zu erklären."
„Wirklich?" entgegnete Padme. „Du bist durch das Tor gekommen. Also sag mir doch einfach von welcher Welt."
„Kommt drauf an, ob du wissen willst, von wo ich gerade eben gekommen bin oder wo ich aufgewachsen bin."
Padme sah ihn verwirrt an. „Du willst es mir nicht sagen," stellte sie dann enttäuscht, aber auch etwas gereizt fest. Sie presste die Lippen aufeinander, ließ die verschränkten Arme sinken und machte sich langsam auf den Weg zur Tür. „Du wirst diesen Raum nicht verlassen. Vor der Tür stehen Wachen. Ich werde den Hohen Rat kontaktieren und er wird im Laufe des Tages über dein Schicksal entscheiden. Es ist wirklich schade, dass du nicht mit mir reden willst."
„Hey, hey – Moment mal!" rief Jack und hatte sie mit ein paar schnellen Schritten eingeholt und am Handgelenk festgehalten. Er ließ sie jedoch sofort los, als ihn ihr aufgebrachter Blick traf. „Ich mach dir einen Vorschlag – du beantwortest mir eine Frage und ich beantworte dir dafür eine Frage. Okay?"
Padme senkte für einen Augenblick ihren Blick und dachte darüber nach. „In Ordnung," nickte sie schließlich und lehnte sich gegen die Fensterbank.
Jack erwiderte erleichtert ihr Nicken und musterte die junge Frau. „Du bist so was wie ne Wissenschaftlerin, hm?" Er deutete mit einem Blick auf ein Emblem, das an ihrem rechten Oberarm angebracht war.
„Ja, ich bin die wissenschaftliche Leiterin hier."
„Bist du dafür nicht etwas jung?"
„Hey!" brauste sie auf, schien es aber nicht wirklich ernst zu meinen. „Ich darf die nächste Frage stellen."
Jack grinste. Er fühlte sich von ihrer Art wirklich an Sam erinnert.
„Nun, Jack O'Neill – du bist ein Mensch, das steht zweifellos fest. Kein Goa'uld. Woher kommst du also?"
„Meine Heimatwelt heißt Erde," gab er schließlich zu.
„Noch nie gehört."
Jack zuckte mit den Schultern. Den Namen Ta'uri erwähnte er absichtlich nicht, denn er wusste, dass er keinesfalls zu viel über sich und seien Herkunft sagen um die Zukunft nicht noch mehr zu verändern, als er es vermutlich schon getan hatte. „Du bist eine Tok'ra, nicht wahr?"
„Das ist richtig. Woher weißt du das?"
„Das würdest du mir eh nicht glauben," schüttelte er den Kopf.
Sie lächelte. „Ich bin Wissenschaftlerin und ich habe sehr viel Phantasie."
„Hast du schon mal einen Zeitreisenden getroffen?"
„Wie bitte?"
„Also nicht," folgerte Jack. „Obwohl – hier steht einer vor dir." Er breitete kurz die Arme aus.
„Wenn das ein Scherz sein soll, ist er nicht besonders gut."
„Ich sage die Wahrheit, Padme. Und ich denke, ich darf die nächste Frage stellen."
Padme sah ihn unschlüssig an, nickte dann aber.
Jack atmete tief durch und versuchte sich besser an das Gespräch mit Jacob und Yosuuf. Sie hatten etwas von Orendas erster Tok'ra-Besiedlung erzählt und dass… Nun, er konnte sie ja fragen. „Dein Symbiont heißt nicht zufällig Jolinar von Malkshur?"
Padme riss schockiert die Augen auf.
„Ouh, ins Schwarze getroffen," murmelte Jack. „Ich glaub, jetzt hab ich echt ein Problem."
„Woher kennst du meinen Namen?!" wollte plötzlich die tiefe Stimme einer Tok'ra wissen.
„Ah, du hast mitgehört. Schön, dann muss ich nicht noch mal alles wiederholen," antwortete Jack in seiner typisch lockeren Art.
Jolinar funkelte ihn wütend an.
„Wie ich bereits sagte – ich bin durch die Zeit gereist. Unfreiwillig, möchte ich betonen. So ungefähr hundert Jahre, schätze ich…"
„Und das soll ich dir glauben?" entgegnete Jolinar skeptisch.
„Na ja, ich hab leider keine Zeugen, aber ich selbst bin eigentlich der beste Beweis. Und das ist auch wirklich echt blöd gelaufen. Das ist jetzt schon meine zweite unfreiwillige Zeitreise…" versuchte er sich an einer Erklärung. „Ach, äh, ihr könnt nicht zufällig Sonneneruptionen vorherberechnen?"
„Nein," erklärte die feste Stimme der Tok'ra.
„Hab ich mir gedacht," murmelte er vor sich hin und holte tief Luft. „Oh ja, ein echt großes Problem…"
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