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Die Nacht war einsam gewesen, für beide Elben. Sie wälzten sich unruhig in ihren Betten und fanden keinen Frieden. Als sich Legolas kurz nach Sonnenaufgang auf den Weg zu seinem Vater machte, beschlich ihn ein ungutes Gefühl. Was sollte nur werden? Wenig später war er an Thranduils gemächern angekommen. Narion trat dem Prinzen entgegen und lächelte ihn aufmunternd an. Der Diener ließ den Elb ein und zog sich daraufhin zurück.

Der König hatte seinen Sohn bereits erwartet und bedeutete ihm, sich zu setzen. Er wollte zunächst einen ausführlichen Bericht über die Reisen seines Sohnes hören. Thranduil war dabei äußerst aufmerksam und fragte immer wieder nach. Beunruhigt vernahm er, dass sein Sohn und sein Begleiter zwei Tage zuvor an den Grenzen seines Reiches von Orks angegriffen wurden. "Sauron mag besiegt sein, aber das Waldlandreich liegt noch immer unter dem Schatten des Feindes.", meinte Thranduil düster. "Wir haben die Wachen verstärkt. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein Angriff auf unsere Niederlassungen kurz bevor steht. Anscheinend haben diese Kreaturen noch nicht mitbekommen, dass ihr Anführer tot ist."

Legolas nickte geistesabwesend. Die Gefahr für das Land seines Vaters war ihm im Moment egal, seine Gedanken waren bei Haldir, und nur bei ihm. Mittlerweile war es Mittag geworden und der König hatte einen Rat einberufen, der entscheiden sollte, wie die Elben des Düsterwaldes mit der Gefahr umgehen wollen. Legolas wandte sich schon zum Gehen, als Thranduil ihn noch einmal zurückhielt. Legolas Herz machte einen Sprung. Was sollte ihm sein Vater denn noch zu sagen haben.

"Jetzt, wo du wieder zu Hause bist, solltest du dich um deine Verpflichtungen kümmern.", sagte der König verheißungsvoll. "Du bist der Erbe des Throns." Legolas wollte protestieren. Ihm lag nichts daran, die Herrschaft über das Reich zu übernehmen, aber sein Vater ließ ihn nicht zu Wort kommen.

"Um die Zukunft meines Hauses zu sichern, habe ich eine Entscheidung für dich getroffen.", fuhr er fort. "Ich habe ein Heiratsangebot aus Ered Mithrin bekommen. Die Prinzessin dieses Reiches ist gewillt, die Thronfolgerin hier im Düsterwald zu werden. Ich habe dieses Angebot angenommen. Sie und ihr Gefolge werden zur Sonnenwende hier eintreffen. Legolas blieb die Luft weg, er dachte, er höre nicht richtig. Wie konnte sein Vater nur solch eine Entscheidung fällen, ohne ihn dabei zumindest mal zu Fragen, wie konnte er das seinem Sohn nur antun?

"Aber..", begann der Prinz, wurde aber harsch unterbrochen. "Ich wünsche darüber keinerlei Diskussion!", schnaubte der König. "Lange genug hast du deiner Freiheiten genießen können. Über Einzelheiten sprechen wir später." Thranduil verließ seinen Sohn, der wir gelähmt war. Aber schnell wandelte sich diese Lähmung in eine Mischung aus Verzweiflung und Zorn. Er rannte aus den Gemächern Thranduils. Sein einziger Gedanke war 'Haldir', ohne seinen Geliebten würde er jetzt verrückt werden. Wütend stürmte Legolas in Haldirs Zimmer. Verblüfft blickte dieser ihn an, wartete aber schweigend ab. "Er ist durchgedreht", zischte der Prinz und lies sich in einen Sessel fallen. Verwirrt schaute der Elb aus Lorien ihn an. Wie meinte er das? "Wer ist durchgedreht, nin bain?", fragte er unsicher. "Mein Vater" kam die gepresste Antwort. "Er hat mir eine Braut gesucht, ich soll heiraten." Haldir glaubte sich verhört zu haben und brauchte eine Weile, bis er realisierte, was Legolas da gerade gesagt hatte. Heiraten? Eine Elbin? Aber. Geschockt starrte er seinen Liebsten an, der vor Wut zu kochen schien. Der Prinz sah deutlich die Verzweiflung in den Augen seines Geliebten. Schnell zog er ihn in seine Arme und hielt den Elben aus Lorien einfach nur fest. Nein, er wird ihn nicht hergeben, er wird nicht heiraten. Legolas küsste Haldir liebevoll, sah ihm verliebt in die Augen und verließ dann das Zimmer, um mit seinem Vater zu reden. Da dieser nicht bereit war, mit seinem Sohn zu sprechen, verschaffte sich der Elbenprinz gewaltsam Einlass. Sekunden später wurden die Mauern des Palastes erschüttert von einem Streit, der seinesgleichen suchte. Legolas wehrte sich heftig gegen die Pläne des Königs, sagte aber nichts von seiner Liebe zu Haldir. Sein Vater hätte ihn wohl unter diesen Umständen umgebracht. Thranduil befahl daraufhin seinem Sohn kurzerhand, sich seinem Willen zu beugen und ließ den Prinzen daraufhin erneut einfach stehen.

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Die Tage vergingen, und wann immer der Prinz und der König aufeinander trafen, gab es heftigen Streit. Noch immer hatte Legolas nicht den Mut, über ihn und den Elben aus Lothlorien zu sprechen, denn sein Vater kochte schon, wenn ihm Haldir auch nur über den Weg lief. In all der Zeit hatte der Wachmann Loriens den Prinzen nicht zu Gesicht bekommen. Allein der Gedanke an ihre Tage im Goldenen Wald versetzte seinem Herzen ein Stich. Haldir wurde bald verrückt vor Sehnsucht. Nachdenklich ging er über die leeren oberen Gänge des Palastes, denn dort war es am unwahrscheinlichsten, dem König über den Weg zu laufen. Plötzlich schloss sich eine Hand um seine. Legolas, der in einer Ecke auf der Fensterbank saß, zog seinen Geliebten an sich und ihre Lippen trafen sich in einem sehnsuchtsvollen Kuss. Doch bevor sie etwas sagen konnten, näherten sich Schritte. Die Palastwachen begannen ihre Runden. Legolas wandte sich aus Haldirs Armen.

"Komm in meine Gemächer, in ein paar Minuten.", flüsterte der Prinz. "Ich werde meine Leibwache irgendwie los bekommen." Haldir nickte lächelnd, und sah seinem Geliebten sehnsüchtig hinterher, als dieser auf die Palastwachen zuging und mit ihnen sprach.

Der Elb aus Lorien wartete ein paar Minuten und lief dann so schnell es ging, ohne aufzufallen, zu den Privatgemächern des Prinzen. Es standen tatsächlich keine Wachen mehr vor der Tür und Haldir lächelte, als er anklopfte. Sofort wurde ihm geöffnet. In Legolas Augen standen verzweiflung und Sehnsucht. Sofort verschmolzen ihre Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss, den sie nur unterbrachen, um Atem zu schöpfen. Haldirs Hände wanderten über den Rücken seines Geliebten, während Legolas Finger geschickt unter das Obergewand des Elben in seinen Armen glitten und die zarte Haut darunter streichelten. Haldir entwich ein leises Stöhnen. Zielgerichtet schob er den Prinzen zum Bett, ohne dass ihre Lippen sich voneinander trennten.

"Du hast mir so gefehlt..", seufzte Legolas, während Haldirs Zunge über seinen Hals glitt. "Ich dich auch....".

Gerade war der Elbenprinz dabei, seinen Geliebten von seiner Kleidung zu befreien, als es sehr energisch an der Tür klopfte. Erschrocken schauten sich die zwei Elben an. Hastig richteten sie ihre Kleidung und verwischten alle anderen Spuren, die auf ihre Zärtlichkeiten hinweisen könnten. Legolas ging zur Tür und blickte unvermittelt in die Augen einer Palastwache. Dieser verbeugte sich tief und sagte formell: "Der König wünscht sie zu sehen, mein Prinz." Der Thronerbe seufzte und nickte. Als er sich nach draußen wandte, bemerkte er Haldir neben sich. Fragend schaute der Elbenprinz seinen Geliebten an. "ich werde dich begleiten, mein Freund.", sagte dieser förmlich, da die Wache noch immer anwesend war. Legolas nickte und lächelte dankbar. So würde er auch dieses Aufeinandertreffen mit seinem Vater überstehen. Er atmete tief durch und trat dem König gegenüber.