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Wie in einem Rausch schlug sich Haldir zu seinem Geliebten durch, der umringt war von den Kriegern seines Volkes. Erst das Erscheinen des Lorien- Elben erinnerte sie daran, dass sie sich in einem Gefecht befanden. Vorsichtig hob Haldir den Prinzen hoch und suchte Schutz hinter einer nahegelegenen Baumgruppe. In seinem Gesicht stand die pure Panik, als der Elb auf Legolas blickte. Wie in Trance drückte Haldir den leblosen Körper fest an sich und redete immer wieder auf seinen Geliebten ein. Aber nichts geschah.

Vorsichtig zog der Wachmann Loriens den Dolch aus der Brust des Prinzen und riss ein Stück Stoff aus seinem Umhang, um die Blutung zu stillen. Dabei spürte er, wie dessen Herz leicht gegen seine Hand schlug. Haldir schrie auf. Noch war nicht alles verloren. In seinem Kopf begann es zu arbeiten. Ihm war klar, dass Legolas schnellstens Hilfe brauchte. Bis in den goldenen Wald würde es der Prinz nie schaffen. Der Lorienelb wusste, dass es nur eine Chance gab - das Haus des Königs von Düsterwald.

'Thranduil würde seinen Sohn nicht einfach sterben lassen', schoss es Haldir durch den Kopf. 'Das konnte er nicht tun.' Der Lorienelb hob Legolas vorsichtig hoch, bedacht, ihm nicht noch mehr Schmerzen zuzufügen. Haldir stieg auf das nächstbeste Pferd, bettete Legolas sicher in seinen Armen und galoppierte dem Palast entgegen. Auf dem Weg dahin, nahm er besorgt zur Kenntnis, wie nah der Feind dem Königshaus schon war, aber Haldir verdrängte es. Notfalls würde er es mit seinem Leben verteidigen, nur damit der Thronfolger eine Chance hatte, zu überleben. Am Palast versperrten die Wachen zunächst Haldirs weiterkommen, aber als sie den Elben erkannen, der leblos in dessen Armen lag, wichen sie zurück und gaben den Weg frei. Im Thronsaal wurden letzte Vorbereitungen getroffen, dem Ansturm der Orks standzuhalten. Als der Elb Loriens eintrat verstummten alle Anwesenden und Thranduils Augen starrten ihm wütend entgegen.

"Wie können Sie es wagen...", zischte der König, aber als Haldir ihm den leblosen Körper seines Sohnes vor die Füße legte, wich die Wut größter Angst. "Legolas..", flüsterte er kaum hörbar, als er neben dem Prinzen auf die Knie sank. Die zitternden Hände des Königs strichen sanft über Legolas Haare und fast in Panik schrie er nach den Heilern seines Hauses. Haldir vernahm hoffnungsvoll die Wandlung des unnahbaren Königs zum besorgten Vater.

In diesem Moment knallte es dumpf an der Palasttür. Der Feind war gekommen. "Retten Sie ihren Sohn!!!", sagte der Lorienelb, bevor er die Waffen zog und dem Gegner entgegen ging. Thranduil hob Legolas vorsichtig hoch und eilte in dessen Privatgemächer, die sich auf der anderen Seite des Hauses befanden. Mit einem väterlichen Blick überließ er den Prinzen den Heilern , zog sein Schwert und folgte seinen Wachen in den Kampf. Dort wurde Haldir langsam klar, dass die Verteidiger ein Wunder brauchten. Etwas traf den Elben hart am Kopf, so dass er gegen die Palastmauern taumelte. Im letzten Moment fand sein Schwert den richtigen Weg. Benommen lehnte der Wachmann für einen Augenblick an der Wand. Nur verschwommen nahm er daher mit, wie ein relativ großer Elbentrupp dem Feind in den Rücken fiel. Bestärkt von neuer Hoffnung nutzte Haldir die kurze Verwirrung der Orks und schnell fielen einige der Klinge Loriens zum Opfer. Das Blatt wendete sich und die wenigen noch lebenden Angreifer flohen in die Dunkelheit des Waldes.

Thranduil konnte den Sieg nicht genießen. Er ließ sein Schwert fallen und eilte in die Räume des Thronfolgers. Legolas Wunden waren versorgt, aber sein Zustand hatte sich nicht geändert. "Mehr können wir für ihn nicht tun, mein König.", sagte einer der Heiler leise. Der Herrscher nickte und setzte sich schweigend auf das Bett seines Sohnes. Er wollte schreien, aber Angst schnürte ihm die Kehle zu. Voller Schmerz schaute er auf seinen Sohn. Bilder formten sich in seinem Kopf, Bilder seiner Frau, als sie ihm genommen wurde. Leise verließ der König das Zimmer.

Als er den Thronsaal erreichte, hatten sich dort bereits die Palastwachen eingefunden, in ihrer Mitte stand Haldir. Eine Blutspur zeichnete sein Gesicht. Unsicher trat der Herrscher vor sein Gefolge. Jeder erwartete, dass er nun zu seinem Wort stand und Haldir hinrichten ließ. Thranduil wusste aber auch genau, dass er in gleichen Moment auch das Todesurteil für seinen Sohn unterschreiben musste. Der König brauchte Zeit, um seine Gedanken zu ordnen. "Haldir von Lorien ist unter Arrest zu stellen. Führt ihn in eines der Gästezimmer." Das Herz des Wachmanns setzte einen Moment aus.

"Wie...wie geht es Legolas?", fragte er. "Ist er am Leben???" Haldirs Stimme überschlug sich beinahe, aber der König gab ihm keine Antwort. Dessen Wachen ergriffen den Lorienelben und führten den Befehl ihres Königs aus.