3. The Ball
„Was hältst du von Maximillano?", fragte sie ihre Zofe.
Sie legte den Kopf schief und sagte. „Er ist ein sehr anständiger Kerl und scheint sehr klug zu sein. Und er sieht nicht schlecht aus!"
Liz lächelte versonnen. „Du hast Recht! Er ist so......außergewöhnlich!"
Sie waren an der Suite angelangt. Liz hielt Leandra fest, bevor diese die Tür öffnen konnte.
„Wie sieht es aus?"
Leandra antwortete: „Nachdem Sie verschwunden waren, haben Kevin, Ihre Eltern und wir alles abgesucht. Ihre Mutter hat Sie beide in der Gesellschaft von Maximillano und Miguel gesehen, sich aber nicht getraut, irgendetwas zu machen!"
Liz zog eine Schnute.
„Ist Mutter jetzt da drin? Und wo ist María?"
„Vorhin war sie noch nicht da, und María wird gerade von Emilia geholt."
Sie öffnete die Tür, und beide gingen in das Ankleidezimmer. Kurz darauf schneite María aufgeregt herein.
„Hallo! Oh, Miguel ist ja so was von süß! Wir haben uns stundenlang unterhalten und er ist immer so was von aufmerksam und höflich und überhaupt!", schwärmte sie.
Liz musste grinsen. „Wo wart ihr denn? Auf einmal wart ihr weg!"
María schmunzelte. „Du und Maximillano, ihr wart so in euer Gespräch vertieft, dass wir es für besser hielten, euch nicht zu stören! Also haben wir uns kurzerhand auf eine der Bänke gesetzt, während ihr immer weiter gegangen seid!"
Liz dementierte: „So vertieft waren wir doch gar nicht..."
María nickte ironisch grinsend: „Jajaja, ihr habt nur alles um euch rum vergessen! Maximillano scheint ja ganz schön auf dich zu stehen!"
„W..wieso meinst du das denn?!", stotterte Liz.
„Na hör mal, das sieht doch ein Blinder, dass er total in dich verliebt ist, und zwar mit jeder Sekunde mehr!", lachte María und fuhr fort.
„Er sieht dich doch permanent an, wenn ihr irgendwo zusammen seid, auch wenn tausende Menschen um euch rum sind! Und das sind keine typischen Lustmolch-Blicke, er sieht dich an als wolle er dich vor so ziemlich allem beschützten, was dir drohen könnte."
Liz wurde rot. „Denkst du das wirklich?"
„Natürlich, würde ich es dir sonst erzählen?", kam es prompt von María zurück.
Liz wurde neugierig. „Und was ist mit dir und Miguel? Er redet ohnehin ausschließlich mit dir, auch wenn er so tut, als fragte er uns beide oder jemand anderen. Was ist bei euch los?"
María lachte verlegen. „Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm zu dem Ball gehen möchte!"
Liz riss begeistert ihre Augen auf. „Und, was hast du gesagt?", wollte sie wissen. „Hast du zugesagt?"
„Natürlich! Was denkst du denn?", triumphierte María. Dann hielt sie inne. „Hat Maximillano dich auch gefragt?"
Liz schüttelte bekümmert den Kopf.
„Nein, leider nicht!", sagte sie bedrückt.
„Kopf hoch!", sagte María aufmunternd.
„Er wird dich sicher heute Nachmittag oder beim Mittagessen fragen!", meinte sie.
Liz wiegte mit dem Kopf. Leandra kam herein.
„Entschuldigen Sie, Myladies, aber Ihre Mutter, Ihr Vater und Ihre Cousins sind da, um Sie abzuholen."
Als María und Liz auf den Gang traten, sah ihre Mutter sie finster an.
„Nach dem Essen werden wir uns mal unterhalten!", sagte sie und rauschte ohne ein weiteres Wort an ihnen vorbei und hakte sich bei ihrem Mann ein.
María zog eine Grimasse in Richtung ihre Mutter, als sie den von Alex gebotenen Arm nahm. Liz hakte sich bei Kyle unter, der ihr zuflüsterte: „Nach dieser Reise wird eure Mutter völlig mit den Nerven am Boden sein!"
Er grinste unterdrückt. Liz zuckte die Schultern.
„Selber Schuld!", murmelte sie. Kyle hob
überrascht die Augenbrauen, sagte aber nichts.
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Max sah Liz versonnen nach, als sie mit ihrer Zofe zu den Kabinen verschwand.
Sie war wirklich umwerfend! Langsam machte er sich auf den Weg in Richtung
seiner Suite. Dort traf er auf Miguel.
„Wo wart ihr den auf einmal?", fragte Miguel ihn scheinheilig.
Max runzelte die Stirn. „Wieso? IHR wart doch plötzlich verschwunden!"
Er musste lachen, als er das breite, ironische Grinsen auf Miguels Gesicht entdeckte. Also hatten die beiden ihn und Elizabeth absichtlich verloren. Miguel mochte María anscheinend, wenn nicht sogar sehr. Es würde schwierig werden, herauszufinden, was Miguel für María empfand. Miguel hasste es nämlich, Gefühle zu zeigen, was zur Folge hatte, dass er oft für arrogant gehalten wurde und es schwer war, an ihn heran zu kommen.
Miguels Stimme war voll Zuversicht, als er Max verkündete: „ Ich habe María gefragt, ob sie mit mir zum Ball gehen möchte, und sie hat zugesagt!"
Max schlug sich mit der flachen hand gegen seine Stirn.
„Der Ball!", rief er. „Oh mann, daran habe ich ja gar nicht mehr gedacht!"
Miguel beruhigte ihn. „Keine Panik, sie wird in den fünf Minuten, in der du von ihr bis zum Mittagessen getrennt bist, sicher nicht von jemand anderem gefragt werden!"
Max nickte gedankenverloren. Im Speisesaal trafen Miguel und Max wieder auf María und Liz. Liz lächelte Max zu, woraufhin es in seinem gesamten Körper anfing zu kribbeln. Während der Mahlzeit flogen immer wieder verliebte Blicke und versteckte Lächeln hin und her quer über den Tisch. María und Liz hatten den Olsden dieselbe Erklärung gegeben wie vorher Miguel und Max. Marías und Liz´ Mutter starrte die ganze Zeit über verdrossen auf ihren Teller, da ihre Stieftöchter es geschafft hatten, sie hereinzulegen. Mr. Olsden und Lord Socksley waren demnach die einzigen am Tisch, die sich unterhielten. Nach dem Mittagessen begaben sich wieder alle in ihre Suiten, um Mittagsruhe zu halten. Max hatte noch seine Schwester in ihre Suite und einen Abstecher zu seiner Mutter gemacht. Auf dem Weg zu seiner und Miguels Suite kam er an dem Gang vorbei, in dem sich die Suite von María und Elizabeth befand. Er blieb stehen und starrte auf die Tür, hinter der sich Elizabeth jetzt aufhalten musste. Plötzlich ging die Tür auf, und eine ihrer Zofen kam heraus. Sie lief geradewegs auf ihn zu und wollte an ihm vorbei laufen, als sie von Max aufgehalten wurde.
„Entschuldigung!", sprach er sie an. „Sie sind
doch die Zofe von Lady Elizabeth und Lady María, oder?"
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Liz las gerade ein Buch und María döste auf dem Sofa vor sich hin, als Leandra
grinsend eintrat.
„Entschuldigen Sie, dass ich störe, Myladies, aber ich habe eine Nachricht für Lady Elizabeth, die allem Anschein nach sehr bedeutend ist!"
Liz ließ das Buch sinken und María richtete sich neugierig auf. Leandra holte tief Luft.
„Mister Maximillano Evanez lässt fragen, ob sie mit ihm heute Nachmittag spazieren gehen wollen! Wenn sie zusagen, holt er sie um 15.00 Uhr ab."
María ließ sich enttäuscht wieder auf ihre Kissen sinken. Die Nachricht war offensichtlich nicht das, was sie erwartet hatte. Liz sprang begeistert auf.
„Ja, natürlich! Leandra, antworte ihm, dass ich mit Freude zustimme, und um 15.00 Uhr auf ihn warte!"
Sie ließ sich auf ihren Stuhl fallen. Leandra nickte und verließ den Raum. Liz` Blick fiel auf das Gesicht ihrer Schwester.
„Was ist denn los?", wollte sie wissen.
María verdrehte genervt die Augen.
„Ich dachte, er würde dich fragen lassen, ob du mit ihm auf den Ball gehen möchtest!"
Liz legte den Kopf schief und zog eine Augenbraue hoch.
„Ach so! Er wird mich sicher heute beim
Spaziergang fragen!" Sie schüttelte den Kopf und wandte sich wieder ihrem Buch
zu.
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Max lief ungeduldig im Empfangsraum seiner Suite aus und ab. Jedes Mal, wenn
vor der Tür Schritte ertönten und sie an der Tür vorbeigingen, bekam er fast
die Krise. Was, wenn Elizabeth ihn für zu aufdringlich hielt? Oder wenn sie ihn
nicht leiden konnte und genervt von ihm war? Oder, was war, wenn...?
„Ach, hör auf, ihre Zofe wird schon kommen!", ermahnte er sich selber.
Wieder hörte er Schritte auf dem Gang vor der Tür. Diesmal blieben sie vor der Tür stehen. Er stürmte hin und riss die Tür auf. Leandra, die eine Hand zum Klopfen erhoben, schrak zurück und zog belustigt die Augenbrauen hoch. Schnell setzte sie wieder ihren ernsten Gesichtsausdruck auf.
„Guten Mittag, Sire!", sagte sie. „Meine Herrin, Lady Elizabeth lässt ihnen ausrichten, dass sie ihrem Vorschlag mit Freuden zustimmt und sie euch um 15.00 Uhr erwartet!"
Max bedankte sich schnell und sie verschwand
mit einem kurzen Kopfnicken. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte,
hatte Max Mühe, sich zu beherrschen und nicht laut zu jubeln und in die Luft zu
springen.
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Ungeduldig saß Liz in einem Sessel und hörte Marías Schilderungen über Miguels
Charakter zu. Immer wieder sah sie ungeduldig zu der Standuhr neben dem Kamin.
Sie seufzte. 14.30 Uhr. Wieso verging die Zeit so langsam? Sie saß jetzt schon
mindestens eine halbe Stunde fertig angezogen, frisiert und geschminkt da und
wartete darauf, dass es endlich 15.00 Uhr würde und ein gewisser junger Mann
sie abholte. Unbewusst begann sie, nervös mit ihren Fingern auf die Tischplatte
zu trommeln. María hielt in ihrer lebhaften Schilderung inne und lehnte sich
lächelnd auf ihrem Stuhl zurück.
„Du bist doof!", machte sie den Test.
Liz nickte gedankenverloren. María biss sich auf die Lippen, um nicht laut loszulachen.
„Grummeldiprummeldilummeldilum!", sagte sie schmunzelnd.
Liz nickte wieder. María räusperte sich. Liz fuhr auf.
„W..wie, hast du was gesagt?"
María winkte ab.„Eigentlich schon, aber egal! Hör´ bitte mal auf, ständig mit den Fingern zu trommeln!"
Liz legte ihre Hand in den Schoß. „Es dauert noch so lange!!!", klagte sie. „Ist meine Schminke verschmiert?"
María ging zu ihr hin und tat so, als betrachte sie Liz´ Gesicht ganz genau.
„Nein, alles in Ordnung!", sagte sie und lächelte liebenswürdig. „Aber ich kann ja mal die Lupe holen und nachschauen!"
Liz verdrehte die Augen. „Ha, ha, nein danke!", konterte sie trocken.
María baute sich vor ihr auf. „Hör mal! Du hast mich in der letzten Stunde ungefähr 30-mal gefragt, ob deine Frisur verrutscht ist, dein Kleid richtig sitzt und ob deine Schminke verschmiert ist. Bitte, versuch doch mal einfach, so nüchtern und kritisch wie vorher zu sein, du bist mir nämlich irgendwie unheimlich geworden! Früher hast du dich nicht sonderlich für Kleider und Frisuren interessiert, und jetzt schminkst du dich sogar! Hör auf, dich verrückt zu machen, er mag dich nämlich so oder so! Sonst hätte er sich ja wohl nicht so lange mit dir unterhalten, oder? Und er hätte dich ja auch sonst nicht zu einem Spaziergang eingeladen! Also, entspann´ dich und bleib ruhig, so, als hättest du gleich wieder eine von den Bioprüfungen von dem strengen Mister Hardy, in denen du sowieso null Fehler hast!"
Liz musste Lachen. María nickte befriedigt. Da klopfte es plötzlich an der Tür, und Leandra trat herein, gefolgt von Marías und Liz´ Stiefmutter. Ohne große Einführungen kam diese sofort zur Sache.
„Da ihr euch so unmöglich in letzte Zeit verhalten habt, sind euer Vater und ich zu dem Schluss gekommen, dass ihr heute Abend nicht auf den Ball gehen dürft!", sagte sie ganz ruhig.
María zuckte mit den Schultern. „Tja, es gibt da leider ein Problem: Miguel Evanez hat mich schon gefragt, ob ich nicht mit ihm zum Ball gehen möchte. Und ich habe zugestimmt!", erklärte sie freundlich.
Ihre Augen blieben jedoch kalt. „Und bei Liz ist es genauso, sie geht mit Maximillano zum Ball!"
Liz sah ihre Schwester erstaunt an und nickte dann jedoch eifrig. Ihre Stiefmutter schien um Fassung zu ringen . Sie knetete aufgebracht ihre Finger.
„Dann werdet ihr eben absagen!"
María zog ihre Augenbrauen hoch. „Und was sollen wir bitteschön als Entschuldigung sagen? Das mit der Krankheit ist ja wohl ein bisschen abgenutzt, meinst du nicht auch?"
Ihre Stiefmutter musste einlenken.
„Nun, gut!", sagte sie, während sie ihre Hände zu Fäusten ballte und tief durchatmete.
Sie musste sich allem Anschein nach beherrschen, um nicht wie wild zu toben, dafür sprachen das zornige Zittern ihres Körpers und das wütende Malmen ihrer Kiefer.
„Nun gut!", wiederholte sie. „Heute Abend geht ihr also mit diesen...Typen zum Ball! Aber dann will ich nicht, dass ihr sie wieder trefft oder mit ihnen redet! Habt ihr verstanden?"
Bevor María oder Liz antworten konnten, erschien Leandra in der Tür und gab Liz ein Zeichen. Liz richtete sich auf und fuhr sich durch die Haare. Sie zwinkerte María zu und lächelte ihre Mutter an.
„Entschuldigt, dass ich nicht weiter mit dir und María diskutieren kann, aber ich werde erwartet!"
Sie schritt aus dem Zimmer, bevor ihre Mutter sie aufhalten konnte. María ging zu ihrem Stuhl und schlang sich ein Tuch um die Schultern.
„Was, von wem wird Elizabeth denn bitte erwartet?", fragte ihre Stiefmutter entgeistert.
„Na, von Maximillano natürlich!", antwortete María als sei dies die natürlichste Sache der Welt.
„Und wenn du mich jetzt bitte entschuldigst, ich werde ebenfalls erwartet! Von Alex und Kyle!", setzte sie hinzu, als sie das Gesicht ihrer Mutter sah.
Dann verließ auch sie rasch den Raum.
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Liz konnte nicht anders, als über das ganze Gesicht zu strahlen, als sie Max im
Empfangszimmer stehen sah. Nachdem er sie mit einem Handkuss begrüßt hatte,
begaben Liz und Max sich auf das oberste Deck und setzten sich nebeneinander
auf eine Bank. Die Sonne strahlte vom Himmel und es wehte eine leichte Brise.
Max hatte Liz gerade erzählt, dass er sich sehr für Biologie interessierte.
Noch während er davon sprach, hätte er sich ohrfeigen können. Wieso erzählte er
ihr solch einen Mist? Sie musste sich doch wahnsinnig langweilen! Liz sah ihn
jedoch neugierig an.
„Sie interessieren sich auch für Biologie?", fragte sie verwundert. „Dann haben wir ja etwas gemeinsam!"
Sie lächelte fröhlich. „Es ist wirklich schwer, jemanden zu finden, der sich auch für Biologie und nicht nur für Kunst oder Musik interessiert, egal ob Männer oder Frauen!"
Max sah sie unverwandt an. Elizabeth gefiel ihm immer besser. Da fiel ihm der Ball ein. Er holte tief Luft.
„Möchten Sie, äh, wollen Sie mit mir zum Ball gehen?"
„Aber natürlich, gerne!", sagte Liz begeistert zu.
Sie riss sich zusammen, damit ihre Stimme sich nicht überschlug.
„Sehr gerne sogar!", setzte sie mit einem
scheuen Augenaufschlag hinzu.
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María schlenderte mit Alex und Kyle an der Reeling entlang, als ihnen Miguel
und Isabelle entgegenkamen. Kyle verdrehte genervt die Augen und verschwand mit
den Worten „Ich hab noch etwas zu erledigen!" in Richtung Brücke.
„Oh mann, er muss sich ja wie das fünfte Rad am Wagen vorkommen, wenn wir uns jetzt mit Miguel und Isabelle unterhalten!", meinte Alex.
María sah ihn verblüfft an, als er an ihr vorbei ging, Miguel kurz grüßte und dann seine gesamte Aufmerksamkeit Isabelle zuwandte. Die beiden schienen alles um sich herum vergessen zuhaben. Miguel stand nun lächelnd vor ihr.
„Guten Tag, Mylady! Wie geht es Ihnen?",
fragte er sie mit einem ironischen Grinsen.
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Die Sonne näherte sich bereits dem Horizont, und María und Miguel standen immer
noch an der Reeling. Plötzlich erschien hinter Miguel Leandra und gab María
aufgeregt durch Handzeichen zu verstehen, dass sie mit ihr zu sprechen
wünschte. María verabschiedete sich hastig von Miguel und folgte Leandra. Als
sie in ihrer Kabine angekommen waren, sah María, dass ihre Zofe total
durcheinander war.
„Was ist denn los?", fragte sie verblüfft. „Und wo ist Liz?"
„Sie ist noch bei Maximillano!", sagte Leandra mit zitternder Stimme. „Es...ich muss sie etwas fragen, Mylady! Bitte, seien Sie nicht böse oder halten Sie mich nicht für unverschämt, es ist mir nämlich sehr peinlich aber ich...."
María unterbrach sie. „Leandra, du kennst mich doch! Was könnte so unverschämt sein, dass ich böse wäre? Was ist denn los?"
Leandra faltete nervös ein Taschentuch zusammen und schüttelte es wieder aus. „Na ja, also, es ist so, dass ihr Bruder Kyle, er.. er hat mich zum Ball eingeladen und, ich weiß nicht ob ich überhaupt gehen darf, dafür bräuchte ich ihre Erlaubnis und ich habe auch nichts zum Anziehen!"
Den letzten Satz sagte sie so leise, dass es schwer war, sie zu verstehen.
„Aber natürlich darfst du hingehen, und du bekommst natürlich auch ein Kleid von mir oder María!", ertönte es von der Tür her.
Liz kam gut gelaunt herein. „Du bist für mich und sicher auch für María eine gute Freundin, deshalb helfen wir dir natürlich gerne, stimmt´s?", fragte sie María.
Die nicke eifrig. „Das wird toll!", jubelte Liz.
Sie war total aufgedreht, so hatte María sie selten erlebt. „Wir machen uns alle zusammen fertig!"
Ca. zwei Stunden später standen alle drei vor dem Spiegel und verpassten sich und den anderen noch den letzten Schliff. Leandra hatte ihnen während des Badens erzählt, dass Kyle sie in den letzten Tagen schon des öfteren angesprochen hatte. Heute Nachmittag hatte er sie an der Kommandobrücke abgefangen, als sie frische Wäsche geholt hatte und sie gefragt, ob sie nicht mit ihm zum Ball gehen wolle. Sie hatte zugestimmt, ohne weiter nachzudenken und als er weg war, wurde ihr klar, was sie da eigentlich gerade gemacht hatte. Aber Dank Liz und María steckte sie jetzt in einem weinroten Kleid, dass ihre schlanke Taille betonte. Ihre schwarzen Haare waren kunstvoll hochgesteckt und mit ebenfalls roten Blumen verziert. Um den Hals hatte sie eine schlichte goldene Kette. Ihre fast schwarzen Augen leuchteten vor Freude. María und Liz hatten ihr auch einen Crashkurs in Sachen Etiketten gegeben, der jedoch kaum nötig war, da Leandra ja die erste Zofe der beiden war. Liz trug ein bernsteinfarbenes Kleid und weiße Perlen im Haar, das ihr offen über die Schultern fiel. Um den Hals trug sie eine einfache , ebenfalls weiße Perlenkette, die eng am Hals anlag. María schlüpfte gerade in ihr königsblaues Kleid. Auch sie trug ihre Haare offen. Allerdings wurden sie von blauen Bändern geschmückt, die sich durch die honiggelben Haare kräuselten. Anstatt einer Kette hatte sie ein Band aus Strasssteinen um den Hals gebunden. Es klopfte und Emilia, welche die Vertretung für Leandra machte, meldete, dass Maximillano, Miguel und Kyle da seien, um sie abzuholen. Marías und Liz´ Mutter traf fast der Schlag, als sie sah, wie María, Liz und Leandra bei Miguel, Max und Kyle den Saal betraten. Vor allem Leandras Anblick schockierte sie. Eine Zofe und der Neffe ihres Mannes! Ihr Ehemann sah ebenfalls entrüstet aus.
Wenigstens benimmt sich Alexander noch Standes gemäß!", raunte er seiner Frau zu.
„Guten Abend, lieber Onkel und liebe Tante!", ertönte es hinter den beiden.
Sie drehten sich um. Alex stand da, und neben ihm, in einem violetten Kleid, Lady Isabelle.
Gu...guten Abend!", stammelte Lady Anelia.
Alexander also auch! Was war nur aus ihrer Familie und ihrem Ruf geworden? Diese Isabelle und ihre Brüder fuhren zwar in der ersten Klasse, aber niemand wusste, wer oder was sie waren, oder aus welcher Familie sie stammten. Sie stöhnte innerlich auf. Auf Fragen über ihre Herkunft antworteten sie stets ausweichend. Nicht auszudenken, wenn sich herausstellen würde, dass diejenigen, mit denen ihre Töchter auf dem Ball waren, aus einer schlechten Familie stammten!
Max konnte es nicht fassen. Er war mit einem der mit Abstand schönsten Mädchen auf dem Schiff auf dem Ball! Die beiden hatten sehr viel Spaß und tanzten bis zum Umfallen. Auch Kyle und Leandra und María und Michael amüsierten sich prächtig. Es wurde immer später und somit auch immer wärmer im Ballsaal. Max schlug Liz vor, ein wenig an die frische Luft zu gehen. Liz stimmte zu, und so gingen sie hinaus auf das terrassenartige Deck. Terrassenartig, weil überall Pflanzenkübel aufgestellt waren und sich künstlicher Efeu am Geländer entlang rankte. Der Vollmond warf eine silberne Bahn auf das spiegelglatte Wasser. Vom Saal her hörte man die Klänge des Orchesters. Plötzlich hörten sie dumpfes Fußgetrappel. Sie drehten sich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen, wie Miguel zusammen mit María um die Ecke in Richtung Oberdeck verschwanden. Liz und Max mussten lachen. Liz drehte sich wieder um und stütze sich an die Reeling und sah auf die glatte Meeresoberfläche herab. Max stellte sich dicht neben sie.
„Meine Mutter hat uns verboten, uns noch mal mit euch zu treffen!", sagte Liz leise. „Und diesmal ist es wirklich ernst! Sie hätte uns auch nicht erlaubt, auf den Ball zu gehen, wenn wir nicht mit euch verabredet gewesen wären! Sie hat uns verboten, euch nach diesem Abend zu treffen oder mit euch zu reden."
„Aber wieso? Sie kann euch das doch nicht einfach verbieten! Welchen Grund hat sie denn dafür?", fragte May entgeistert.
'Ich weiß es auch nicht, aber ich kann es mir denken!' dachte Liz. 'Sie weiß nicht, wer ihr seid oder ob ihr unter unserem Stand seid, deshalb verbietet sie es uns!'
Aber das konnte sie Maximillano ja wohl schlecht sagen, das wäre zu peinlich!
„Na, äh, sie will uns ja in ein Kloster schicken, und sie hat wahrscheinlich Angst, dass uns etwas passiert, was den Ordensschwestern missfallen könnte....", gab sie zur Antwort und biss sich auf die Zunge.
'Super, Liz! Das war jetzt aber viel peinlicher als der vorherige Grund! Klasse!'
Sie drehte sich zu Max hin und sah in sein verdattertes Gesicht. „Versteh` mich bitte nicht falsch, ich habe das falsch formuliert. Es ist so, dass....."
„Oh, eine Erklärung ist nicht nötig, danke! Ich habe schon verstanden! Sie sollten sich wirklich nicht in meiner Nähe aufhalten, wenn dass so gefährlich für Sie ist Mylady!", sagte er erbittert.
„Max, hör´ mir bitte zu...!"
Liz wurde von anderen Ballgästen unterbrochen, die ebenfalls die Idee gehabt hatten, ein wenig frische Luft schnappen zu gehen. Liz ließ ihre Schultern hängen.
„Wir sollten reingehen, es ist kalt!", sagte Max kühl.
Liz folgte ihm durch die immer größer werdende Gruppe von Ballgästen. Kyle und Leandra kamen ihnen entgegen. Leandra sah komplett glücklich aus. Liz zwang sich zu einem Lächeln.
„Hallo, da seid ihr ja! Wollt ihr euch auch das Feuerwerk ansehen?", fragte Kyle aufgekratzt.
Liz wartete darauf, dass Max antwortete, aber er blieb stumm.
„Nein, ich bin müde und möchte jetzt ins Bett gehen!", sagte sie.
Kyle nickte. „Schade, dann: Gute Nacht!"
„Gute Nacht!", sagte Liz.
Sie lief schnell an den beiden vorbei und stürzte zu ihrer Kabine, ohne sich von Max zu verabschieden. Sie musste jetzt alleine sein. Seiner finsteren Miene nach zu urteilen war er nicht mehr umzustimmen. Wütend knallte sie ihre Suitetür zu, was ihr einen erstaunten Blick der Zofen einbrachte.
„Ihr seid für heute Abend fertig! Kommt morgen wieder!", sagte sie und fuchtelte ungeduldig mit der Hand herum.
Sie schmiss sich auf das Bett und vergrub den Kopf in den Kissen. Was hatte sie da bloß gemacht? Erst jetzt wurde ihr klar, was sie da alles kaputt gemacht hatte: Nicht nur die Freundschaft zwischen ihr und Max stand auf dem Spiel, sondern auch die von María und Miguel und Alex und Isabelle.
„Verdammt!", fluchte sie und schlug mit der Faust auf die Bettdecke. „Ich muss etwas unternehmen, sonst habe ich ein riesiges Problem!"
Da kam ihr eine Idee. Schnell stand sie auf und zupfte sich vor dem Spiegel ihr Kleid zurecht. Dann machte sie sich auf zu Max´ Suite.
Ihr Herz raste, als sie die Hand hob, um zu klopfen. In dem langen Flur hörte sich das Pochen hohl und doppelt so laut an.
'Bitte, lass ihn da, sein!' betete sie stumm, und sie wurde anscheinend erhört.
Sie hörte dumpfe Schritte vor der Tür und schob die Schultern zurück. Sie würde nicht eher gehen, als dass sie ihm alles erzählt hatte! Da erschien auch schon Max in der Tür. Sein ohnehin bedrückter Gesichtsausdruck wurde noch dunkler, als er sah, wer vor seiner Tür stand.
„Max, ich muss es dir erklären!", sagte Liz fest, aber innerlich zitterte sie vor Angespanntheit.
Max sah sie abweisend an. „Ich wüsste, nicht, was es da noch zu erklären gibt!", sagte er verbittert und wollte die Tür zu machen, aber Liz stellte ihren Fuß in die Tür.
„Es gibt etwas zu erklären!", sagte sie bestimmt. „Darf ich also reinkommen?"
Max zögerte kurz und trat dann zurück und hielt die Tür auf.
„Komm rein!", sagte er mit einem Seufzer.
Liz marschierte zielstrebig an ihm vorbei in den Empfangsraum. Er glich dem von Liz und Marías Suite im großen und ganzen, nur, dass er etwas luxuriöser war und es anscheinend zwei Schlafzimmer gab. Max stellte sich ihr gegenüber auf.
„Also, fang an!", sagte er steif.
Liz holte tief Luft. „Okay! Erst mal möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich dich so beleidigt habe, und dass ich dich damit auch gleich angelogen habe!",
Sie wartete seine Erwiderung erst gar nicht ab sondern fuhr gleich fort: „Das ist nämlich nicht der wahre Grund gewesen! Der wahre Grund ist, ich kann es auch nur vermuten, dass meine Mutter nicht weiß, wer ihr seid oder aus welcher Familie ihr kommt oder ob ihr adelig seid. Sie ist nämlich sehr erpicht darauf, ihren guten Ruf zu wahren, und hat uns deshalb wahrscheinlich verboten, uns mit euch zu treffen. Ich finde das ganze ziemlich peinlich, und deshalb habe ich nach einem anderen Grund gesucht, und einfach darauf los geplappert und da ist es zu dieser blöden Ausrede gekommen. Entschuldige bitte!"
Unwillkürlich hatte sie ins Spanische gewechselt, weil sie sich da auch besser ausdrücken konnte. Jetzt versuchte sie, gefasst zu wirken, aber innerlich waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt. Max sah sie nur an. Das mit der Beleidigung hatte er schon wieder fast vergessen. Ihn interessierte eher eine andere Frage.
„Aber du und María und Alexander, ihr wisst doch auch nicht wer wir sind!", sagte er verwundert. „Hat euch das nicht gestört?"
Liz zuckte mit den Achseln. „Nein, also, mich stört es nicht! Ich weiß nicht, wie die anderen darüber denken, aber es stört sie ja anscheinend auch nicht. Außerdem," setzte sie hinzu, „außerdem habe ich es irgendwie im Gefühl, dass du jemand 'Gutes' bist."
Max schluckte. „Dann muss ich mich ja eigentlich entschuldigen! Miguel, Isabelle und ich hatten eigentlich vor, niemandem zu sagen, wer wir sind, weil es nervt, wenn dann alle um uns herumschlawenzeln."
Liz hob die Hände und erklärte: „Max, du musst es nicht sagen!"
Max schüttelte leicht lächelnd den Kopf. „Ich will es dir aber sagen, Liz! Und so besonders ist unsere Herkunft auch nicht!"
Er machte eine kurze Pause.
„Miguel, Isabelle und ich sind die Kinder von Carlos Evanez, Príncipe de Cataluña."
Liz blinzelte ungläubig. „Du meinst, dem größten Fürsten von Spanien? Wow!"
Max zuckte leicht mit den Schultern und ging auf Liz zu.
„Wenn es hilft, kann ich jederzeit gerne zu deinen Eltern gehen und ihnen sagen, wer wir sind, wenn wir uns dann weiterhin treffen können...."
Liz sah ihm tief in die Augen.
„Schauen wir mal, ob es nötig ist!", hauchte sie.
Sein Gesicht kam immer näher, bis seine Lippen
die ihren berührten. Seine Hände glitten zu ihrer Taille und zogen sie näher zu
sich heran. Sie erwiderte nur zu gerne seinen Kuss und schlang ihre Arme um
seinen Nacken.
