Reflex Aggresso Magnific Kap 9

Autor: Sssnitch

Disclaimer: Nix meins, alles Rawlings und Partnern ihres. Geld gibt's auch keins, zum Glück hab ich noch einen anderen Job.

Reviews: Jeder Zeit gerne an sssnitch@gmx.de Ernst gemeinte Kritik bevorzugt.

Zusammenfassung: Jeder, aber wirklich jeder hat es auf Harry abgesehen. Es schließt an den 4. Band an. Obwohl mittlerweile überholt durch das Erscheinen des 5. bin ich nicht Willens alles wieder zu löschen, nachdem mein Herzblut hineingeflossen ist (Nein wie theatralisch).

Rating: Ich hoffe ich hab nicht voll ins Kloh gegriffen. Aber da es zeitweise ziemlich brutal zugeht ist es nix für die Kleineren unter uns.

Warnung: Siehe auch unter Ratings: Ziemlich viel Gewalt. Wer das arme Harrylein nicht gern leiden sieht, sollte das besser nicht lesen.

***

Dank an Choooo, Angel1344, Vroni und Shenen für die wie aufbauenden Worte. Was würde ich nur ohne euch machen?

Danke auch an Dich, Zwerg. Auch wenn Du eine etwas seltsame Art hast, Deine Zustimmung zum Geschriebenen kund zu tun. Gleich mit einer Drohung?!?

***

9. Sonderbehandlung

Nach weiteren zehn Tagen hatte Harry sich fast völlig in sein Schneckenhaus zurückgezogen und ließ alles, was um und mit ihm geschah nur noch apathisch über sich ergehen.

Professor McGonagall und auch der Schulleiter Albus Dumbledore hatten wiederholt versucht, mit ihm zu reden, ihn aus seiner Lethargie zu reißen. Alles was sie von ihm zu Hören bekamen, war:

"Ich möchte hier raus!"

Ein Wunsch, den sie ihm aber, wie sie meinten, nicht erfüllen konnten. Sie hielten es für viel zu gefährlich.

Selbst Ron und Hermine brachten kaum noch ein Wort aus ihm heraus.

***

Nicht nur seine Freunde waren über diese Entwicklung äußerst besorgt. Selbst Professor Snape machte sich langsam Sorgen. Nicht mal mit den ausgefeiltesten Gemeinheiten konnte er während der letzten Tage zu dem Jungen durchkommen. Eine sichere Sache Potter auf die Palme zu bringen war immer gewesen, wenn Snape über dessen Vater herzog, doch selbst das schien von ihm wie von einer Wand abzuprallen. Potter starrte ihn nur völlig blicklos an.

Dann kam dem Meister der Zaubertränke schließlich eine Idee. Malfoy! Schon immer waren Malfoy und Potter hart aufeinander gestoßen, schon immer lag eine extreme Feindschaft zwischen ihnen. Er musste nur Malfoy einen kleinen Fingerzeig geben, und der Slytherin würde nur allzu gerne jede Gelegenheit beim Schopf ergreifen um Potter eins reinzuwürgen. Wenn das Potter nicht aufwecken würde...

Natürlich durfte er das als Lehrer Hogwarts nicht offensichtlich tun, aber er konnte es sicher so einrichten, dass Malfoy ein zufälliges Gespräch zwischen ihm und irgendjemand anderem mitbekam und daraus seine Schlüsse zog. Sollte sich daraus dann ein Punkteabzug für Slytherin ergeben, würde es noch genügend Gelegenheit geben, den Punktestand durch Punktabzug bei den anderen Häusern wieder auszugleichen.

Eigentlich ging es Snape gar nicht um Potter, er konnte ihn auf den Tod nicht ausstehen. Aber er wusste um die Wichtigkeit des Jungen für die Zaubererwelt in Bezug auf den Dunklen Lord. Welch ein Chaos würde ausbrechen, wenn die Öffentlichkeit von dem momentanen Zustand ihres Hoffnungsträgers erfuhr. Und wie sollte Potter in diesem Zustand eine weitere Konfrontation mit Voldemort überstehen, wo er noch nicht mal den Zauberstab grade halten konnte?

Professor Snape richtete es so ein, dass er mit dem Blutigen Baron, dem Hausgeist Slytherins vor dem Eingang des Gemeinschaftsraumes seines Hauses ein Gespräch führte, als die Schüler vom Abendessen kamen um sich in ihre Räume zurückzuziehen. Als einer der Letzten kam Draco. Grade als er an ihnen vorbei kam, ließ Snape etwas lauter vernehmen:

"Und wenn nichts anderes hilft, ein paar Ohrfeigen hat schon Manchen wieder zur Besinnung gebracht. Wenn Potter anders nicht zu kurieren ist, würde ich es auf diese Weise versuchen...!"

Er ließ sich noch weiter über McGonagall und Pomfrey aus, die einer solchen Behandlung natürlich niemals zustimmen würden. Dann müsse das eben jemand anderes übernehmen.

***

Zwei Tage später kamen Ron und Hermine wie jeden Morgen wieder zum Krankenflügel um Harry abzuholen. Als sie den Saal betraten, war Harry grade in einen Kampf mit seinem T-Shirt verstrickt, dass er sich schon über den Kopf gezogen hatte, bei dem er nun von innen den Ausgang zu suchen schien. Hermines Blick wanderte von Harrys nacktem Oberkörper zum unberührten Frühstück und wieder zurück.

'Noch dünner' dachte sie. 'Ich hätte nicht gedacht, dass das noch möglich ist.'

"Harry," sagte sie laut. "Du musst etwas essen."

Der zuckte beim Klang ihrer Stimme merklich zusammen und nuschelte tonlos mit vom T-shirt gedämpfter Stimme:

"...hab keinen Hunger...!"

Ron trat rasch zu ihm und half ihm, sich richtig anzuziehen. Harry drehte sich zu Hermine um und wieder erschrak sie, als sie seine tief in den Höhlen liegenden dunkel umrandeten völlig glanzlosen Augen sah.

Ron konnte nicht an sich halten und meinte platt:

"Junge, du siehst echt Scheiße aus."

Harry blickte zu ihm auf und grummelte in gleichbleibender Tonlage:

"Ich hab nicht gut geschlafen."

"Nicht gut?" ertönte von der Bürotür Poppys erregte Stimme. "Ich würde eher sagen überhaupt nicht." Sie wandte sich an Ron und Hermine. "Er hatte gestern wieder einen Alptraum und ist davon wach geworden. Und statt dass er mir Bescheid sagt, liegt er von elf Uhr bis heute morgen wach. Sonst hätte ich ihm einen Schlaftrunk gegeben."

Mit vorwurfsvollem Blick zu Harry, der nichts dazu sagte, sondern sich hinkniete um sich die Schuhe zuzubinden, verschwand sie wieder in ihrem Büro. Harry wollte sich wieder aufrichten, aber ihm wurde plötzlich schwarz vor Augen und er wäre sicher gestürzt, wenn Ron ihn nicht aufgefangen hätte. Rasch erholte Harry sich wieder und sagte, als er Hermines sorgenvollen Blick bemerkte:

"Nur ne kleine Kreislaufschwäche."

Bevor Hermine ihre Zweifel äußern konnte, hatte Harry schon seine Schultasche ergriffen und sie verließen den Raum.

***

In der ersten Stunde hatten sie Zaubertränke mit den Slytherins zusammen bei Professor Snape. Sie kamen durch die Eingangshalle und stiegen langsam die Treppen in die Kellergewölbe Hogwarts hinunter. Dann folgten sie dem langen feuchten Gang bis sie fast den Kerker erreicht hatten, in dem das Klassenzimmer untergebracht war. Sie passierten einen nicht benutzten Kerker dessen Tür nur angelehnt war und kamen nun zu einer Stelle, an der eine tiefe dunkle Nische in die Wand eingelassen war, als daraus plötzlich drei dunkle Gestalten traten und ihnen den Weg versperrten. Abrupt blieben die drei Freunde stehen.

"Och, Potter, du lebst ja immer noch! Mann, siehst du Scheiße aus!" sagte der Mittlere und trat ins Licht der an der Wand befestigten Fackel.

"Halts Maul, Malfoy!" fauchte Ron, auch wenn er dem Slytherin insgeheim recht geben musste. Dann konnten die anderen beiden ja nur Crabbe und Goyle sein.

"Wer hat Dich denn gefragt, Wiesel? Kann der große Potter nicht für sich selbst sprechen?"

Draco sah Harry herausfordernd ins Gesicht. Er hatte schon wiederholt versucht, Harry aus der Reserve zu locken, aber was immer er auch versucht hatte, er war einfach ignoriert worden. Völlig gleichgültig hatte der einen halben Kopf kleinere Gryffindor die Schimpfkanonaden über sich ergehen lassen, um dann ohne erkennbare Reaktion an Draco vorbeizugehen. Wenn dieser etwas noch mehr hasste als diesen Potter, dann war es, wenn ihn jemand ignorierte. Er war ein Malfoy. Niemand ignoriert einen Malfoy. Schon gar kein Potter. Heute würde es dem nicht gelingen, ihn zu ignorieren. Dafür würde Draco schon sorgen.

Mit einem schnellen Schritt trat Draco auf Harry zu und schlug ihm heftig ins Gesicht. Ron wollte sich sofort auf Malfoy stürzen und Hermine griff in ihren Umhang nach dem Zauberstab, als beide von hinten gepackt wurden. Unbemerkt hatten sich vier weitere Slytherins herangeschlichen, die sich in dem leeren Kerker versteckt hatten, an dem die Freunde gerade vorbei gekommen waren. Sie hielten nun Ron und Hermine fest und drückten sie in die Nische, die Draco und seine beiden Gorillas grade verlassen hatten.

"Ok, Draco, er gehört dir. Die zwei halten wir dir eine Weile vom Hals." sagte die näselnde Stimme Marcus Flints, des Kapitäns der Slytherin Quidditch-Mannschaft.

Draco grinste ihn an, packte Harry grob am Umhang und presste ihn an die gegenüberliegende Wand. Hermine und Ron konnten genau mitverfolgen was geschah, aber nicht eingreifen, da sie immer noch von ihren Bewachern festgehalten wurden.

"So, Potter, wollen wir doch mal sehen, ob du gleich immer noch so zurückhaltend bist."

Damit begann Draco, Harry wiederholt ins Gesicht zu schlagen. Der hob nicht mal die Arme um sich zu verteidigen sondern ließ es einfach über sich ergehen. Immer fester schlug Malfoy zu, so dass die Schläge durch den ganzen Gang hallten.

"Draco", sagte schließlich Crabbe. "das ist zu laut. Nachher hört uns noch jemand. Das gibt Ärger."

Draco ließ von Harry ab, atmete einmal tief durch und sagte:

"Gut, da rein mit ihm!" Er deutete auf den Kerker, in dem sich Flint und seine Genossen versteckt hatten. "Wir machen drinnen weiter."

Damit schupste er Harry in die Richtung. Der stolperte und fiel auf die Knie.

"Harry!" rief Hermine panisch "Wehr dich doch!"

Harry machte jedoch keine Anstalten dazu und wurde von Crabbe und Goyle gepackt und hochgezerrt. Dann drehten sie ihm die Arme auf den Rücken und schoben ihn vor sich her zum Kerker. Draco stolzierte langsam hinterher, mit immer breiterem Grinsen auf den Lippen, das Hermine, die es gesehen hatte, einen Schauder über den Rücken jagte.

Draco schloss die Tür hinter sich. Ein Kerker! Jetzt hatte er Potter genau da, wo er ihn schon immer haben wollte. Potter hilflos. Mit ihm im Kerker. Gedanklich rieb sich Draco die Hände.

Und das beste daran: Er tat sogar seinem Lehrer einen Gefallen.

Anscheinend hatten Crabbe und Goyle ihr Opfer in den Raum gestoßen und dann losgelassen, so dass er hingefallen war. Harry lag wieder auf den Knien und sah ihm entgegen. Draco trat auf ihn zu und trat ihm heftig in die Seite. Harry krümmte sich ohne einen Laut, richtete sich dann wieder auf und blickte zu Draco hoch. Unzufrieden mit dem völlig reglosen Gesichtsausdruck des Anderen wandte sich Draco ab und ließ seinen Blick durch den Kerker schweifen.

"Schafft ihn dorthin und macht ihn fest!" kommandierte er seine beiden Gefährten und deutete auf die alten verrosteten Ketten, die er oben an der hinteren Wand entdeckt hatte.

Die beiden gehorchten natürlich sofort und zerrten Harry zu der angegebenen Stelle. Dort richteten sie ihn auf und hoben sein Arme, so dass Draco bequem die Handschellen, die an den Ketten hingen, um Harrys Handgelenke schließen konnte. Harry leistete keine Gegenwehr, was Draco noch mehr auf die Palme brachte.

"Ich verspreche dir, gleich wirst du redseliger sein, Potter! Du wirst mich nie wieder ignorieren! Crabbe, Goyle, ihr seid dran. Jeder darf mal."

Crabbe trat vor und schlug Harry heftig in den Magen, der nach Luft schnappte und sich lautlos krümmte. Die Ketten verhinderten jedoch, dass er zu Boden ging. Dann wiederholte Goyle die Aktion mit dem gleichen Ergebnis. Schließlich trat Malfoy wieder vor ihn mit vor Wut bebenden Gesicht.

Harry blickte ihn stumm an. Obwohl ihm alles wehtat, kam er sich vor, als wäre er in einem Schauspiel, dass ihn gar nichts anging. Mit einem Mal fielen ihm Malfoys Augen auf. Sie waren.... blass, milchig....trüb.... Als ob er sie nur durch eine beschlagene Brille sehen konnte. Tief in seinem Inneren regte sich etwas. Irgendwo hatte er das schon einmal erlebt. Dieser seltsame Ausdruck in den Augen. Aber er konnte beim besten Willen nicht sagen, wo. Oder bildete er sich das nur ein? Lag es gar nicht an Malfoys, sondern an seinen eigenen Augen? Harry drehte den Kopf und sah zu Goyle. Nein, die Umgebung konnte er klar erkennen.

Ein heftiger Schlag ins Gesicht riss ihn aus seinen Gedanken.

"Verdammt, Potter! Ich rede mit Dir!" schrie Draco ihn an.

Harry hatte gar nicht mitbekommen, dass Malfoy etwas gesagt hatte. Er spürte, wie Draco in sein Haar griff, und seinen Kopf heftig nach hinten stieß. Sein Kopf dröhnte, als er mit dem Hinterkopf gegen die Wand knallte. Er konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken und sackte in die Knie. Wieder hielten ihn die Ketten aufrecht.

"Schon besser, Potter, gleich noch mal." kommentierte Draco das erste Geräusch, dass Harry die ganze Zeit über von sich gegeben hatte.

Währenddessen hatten Crabbe und Goyle Harry erneut hoch gezogen. Wieder der Griff in Harrys Haar. Er machte sich schon auf den nächsten Aufprall gefasst, als plötzlich ein ölige Stille durch den Raum klang.

"Mr. Malfoy! Was geht hier vor?"

Bevor die Stimme Wirkung zeigen konnte, krachte Harrys Kopf wieder gegen die Wand. Abgelenkt durch die Unterbrechung hatte Draco aber diesmal wesentlich weniger Kraft angewendet. Das Dröhnen in Harrys Kopf hatte sich zwar verstärkt, aber er konnte sich auf den Beinen halten.

"Mr. Malfoy! Ich erwarte eine Antwort."

Wie in Zeitlupe drehten sich die drei Slytherins zu ihm um. Harry hob ebenso langsam den Kopf und stierte benommen in die Richtung, aus der die Stimme kam. Dann ließ er erschöpft den Kopf hängen. Wie lange Professor Snape dort wohl schon gestanden hatte?

***

Snape war wie gewohnt zu seinem Unterricht gegangen. Dabei überlegte er noch, wie lange er wohl würde warten müssen, bis Malfoy einen Plan ausgeheckt hätte, der seinem hingeworfenen Kommentar entsprach. Kurz bevor er seinen Klassenraum erreicht hatte, gewahrte er eine Gruppe Leute, die sich in einer dunklen Nische aufhielten. Erstaunt stellte er sie zur Rede. Eine weibliche Stimme sprudelte sofort los und übergoss ihn mit Wortfetzen.

"Harry... mit Malfoy.... im Kerker..... geschlagen.....Crabbe und Goyle...!"

Natürlich. Besserwisserin Granger!

"Ruhe!" schnauzte er, als alle anderen gleichzeitig anfingen, ebenfalls ihre Kommentare abzugeben. "Noch mal in Ruhe, bitte, Miss Granger!"

Hermine hatte sichtlich Mühe sich zusammenzureißen. Sie holte tief Atem und sagte dann:

"Malfoy hat uns mit einigen anderen aufgelauert und dann angefangen Harry zu schlagen. Jetzt sind sie da vorne im Kerker. Bitte Professor, Sie müssen helfen!"

'Aha' dachte Snape 'Da hat aber jemand schnell reagiert.'

Laut sagte er:

"Sie warten hier! Alle!"

Für das, was jetzt kam, konnte er keine überflüssigen Zeugen gebrauchen.

Hermine starrte ihn ungläubig an und wollte, sobald Flint sie losgelassen hatte, zum Kerker stürmen, in dem sich immer noch Harry in der Gewalt dreier Slytherins befand. Snape fing sie jedoch ab und herrschte sie an.

"Ich sagte alle, Miss Granger! Oder legen Sie Wert auf Punktabzug?"

So blieb ihr nichts anderes übrig, als sich in Geduld zu fassen und mit den anderen zu warten. Snape ging in aller Seelenruhe zur Tür. Leise öffnete er und trat ein. Ebenso leise schloss er wieder die Tür hinter sich und ließ die Szene auf sich wirken.

Potter hing, gehalten durch eiserne Ketten an der Wand. Malfoy stand vor ihm wie das personifizierte Verhängnis. Crabbe und Goyle flankierten Malfoy. Ihre Blicke gingen zwischen den beiden hin und her. Ihre Gesichter, die Snape im Profil sah, zeigten wie üblich keinen Funken Verstand. Das hatte er allerdings auch nicht erwartet. Die beiden konnte er ruhig außer Acht lassen. Also wandte sich Snape wieder den beiden Protagonisten zu.

Malfoys ganze Körperhaltung strahlte Macht aus, aber auch mühsam unterdrückte Wut. Grade schlug er dem hilflosen Jungen hart ins Gesicht, so dass dessen Kopf zur Seite gerissen wurde und schrie ihn dann unkontrolliert an:

"Verdammt, Potter! Ich rede mit Dir!"

Und Potter? Der schien gar nicht mitzubekommen was Malfoy mit ihm anstellte. Völlig ausdruckslos ließ er alles über sich ergehen. Während Malfoy mit der Misshandlung fortfuhr, sah Potter ihm nur trüb ins Gesicht, als würde er dort etwas suchen. Das wiederum schien Malfoys Wut nur noch zu steigern.

Verflixt. So hatte sich Snape die Sache nicht vorgestellt. Wenn selbst diese Situation, in der Potter seinem ärgsten Feind hilflos ausgeliefert war, keine Emotionen in ihm wach rief, ihn nicht ins Leben zurück brachte, was konnte man denn dann noch versuchen?

Zuerst hatte Snape vor, sich die Sache noch eine Weile mit anzusehen, aber nachdem Harrys Kopf unsanft Bekanntschaft der Wand gemacht hatte und selbst das nur einen unterdrückten Schmerzenslaut hervorrief, was meilenweit von dem erhofften Wutausbruch oder einer anderen situationsentsprechenden Reaktion entfernt war, sah Snape ein, dass er die Sache beenden musste. Er wollte schließlich nicht, dass Potter bleibende Schäden davontrug. Enttäuscht, dass seine Idee nicht das erhoffte Ergebnis gebracht hatte, machte sich der Professor schließlich bemerkbar.

Zuerst schien Malfoy ihn nicht gehört zu haben. Als Potters Kopf wieder gegen die Wand schlug, machte Snape erneut auf sich aufmerksam. Unendlich langsam drehten sich die drei Slytherins zu ihm herum. Auch diese Reaktion war nicht das, was er erwartet hatte. Wären die drei erschreckt zu ihm herumgewirbelt, zusammengezuckt oder hätten betreten zu ihm hingeschaut, das wären annehmbare Reaktionen gewesen. Aber dieses dumpfe Starren? Bei Crabbe und Goyle mochte das ja noch normal sein. Aber doch nicht bei Malfoy! Er trat näher und fixierte der Reihe nach die Gesichter der drei. Täuschte er sich, oder hatten sie alle einen verschleierten Blick. Erneut blickte er Malfoy in die Augen, die ihn nun aber völlig klar anblickten. Hatte er sich den milchigen Schimmer nur eingebildet?

"Ihr zwei." knurrte Snape Crabbe und Goyle an. "Hinaus!"

Die beiden gehorchten mit einer für sie völlig untypischen Geschwindigkeit. Nachdem sie den Kerker verlassen hatten, wandte er sich Malfoy zu.

"Nun, Mr. Malfoy?"

"Ich... ich wollte ihm nur Manieren beibringen." grinste der seinen Lehrer unsicher an. "Ist doch kein gutes Benehmen, wenn man seine Mitmenschen ignoriert, und da dachte ich...."

"Das reicht, Mr. Malfoy."

Snape nahm Malfoy beiseite und ging mit ihm in die andere Ecke um aus Harrys Hörweite zu kommen, obwohl er sehr bezweifelte, dass der überhaupt etwas mitbekam.

"Und? Haben Ihre Erziehungsmethoden Erfolg gehabt?" erkundigte er sich leise.

Malfoy schüttelte nur erbost den Kopf.

"Leider nicht, Professor! Nicht die geringste Reaktion. Sowas von verstockt. Aber wenn ich weitermachen dürfte...." antwortete er hoffnungsvoll.

"Mr. Malfoy! Strapazieren Sie nicht meine Geduld! Diesmal werde ich über Ihre Ausschreitungen noch mal hinweg sehen." fuhr ihm Snape ins Wort.

Schließlich hatte er als Lehrer die Pflicht seine Schüler zur Raison zu bringen. Auch, wenn er die Idee eigentlich gar nicht so schlecht fand, wie er es sich eingestehen musste.

Mit offensichtlichem Bedauern senkte Draco den Blick.

Snape trat nun zu Harry, der immer noch mit hängendem Kopf in den Ketten hing. Vorsichtig fuhr er mit der Hand über dessen Kopf und fühlte deutlich eine Schwellung am Hinterkopf.

'Na, wenigstens keine offene Wunde.' dachte Snape.

Das fehlte noch, dass jemand von der Sache hier Wind bekam, nur weil Blut geflossen war.

Durch die Berührung aufgeschreckt, hob Harry den Kopf und sah Snape an. Bevor er den Kopf wieder sinken lassen konnte, hatte Snape seine Hände gehoben und hielt ihn an den Schläfen fest, um seinen Blick forschend über Harrys Gesicht wandern zu lassen. Das schwarze Haar hing ihm schweißnass in die Stirn. Beide Wangen waren gerötet und leicht geschwollen. Das kam sicher nicht nur von dem einen Schlag, den Snape gesehen hatte. Einige Kratzer liefen quer über die rechte Wange, vermutlich von Malfoys Fingernägeln. Die Unterlippe war aufgeplatzt und ein schmaler inzwischen angetrockneter Blutstreifen hatte sich den Weg das Kinn hinunter zum Hals gesucht.

"Mr. Potter, alles in Ordnung mit Ihnen?"

"Nur 'n bisschen Kopfschmerzen." kam die genuschelte Antwort

Harry sah auf und Snape blickte direkt in die stumpfen Augen des Gryffindors. Fast augenblicklich ergriff ihn eine derart heftige Welle der Aggression, wie er sie selten verspürt hatte. Nur mit äußerster Selbstbeherrschung konnte sich der Professor zurückhalten, auf den Jungen mit all seiner Kraft einzuschlagen.

Heftig riss er sich von dem Blick los und trat überrascht und schweratmend einen Schritt zurück. Dabei ließ er Harrys Kopf los, der sofort wieder kraftlos nach vorne fiel.

Was war das? Eine solch elementare Wut hatte er selten empfunden. Nicht einmal damals, Sirius Black oder James Potter gegenüber hatte es sich so angefühlt. Darüber würde er wohl später noch einmal genauer nachdenken müssen.

Jetzt musste er erst einmal diese Sache bereinigen, ohne dass sein Haus Schaden nahm. Er zog seinen Zauberstab und befreite Harry von den Ketten, der sofort in sich zusammensackte, als hätte man ihm plötzlich auch den letzten Rest Energie entzogen. Snape fing ihn auf und ließ ihn zu Boden gleiten. Mit einem weiteren Wink des Zauberstabes machte er die Ketten unbrauchbar um zu verhindern, dass irgendjemand - Malfoy - diese Übung später noch einmal wiederholte.

Harry ließ er erst mal am Boden liegen. Malfoy nahm er mit hinaus und schob ihn zu der wartenden Gruppe. Die fragenden Blicke der anderen ignorierend, betrat Snape sein Büro und holte aus seinem Vorratsschrank eine Phiole mit einem konzentrierten Stärkungs- und Heiltrank. Eigentlich war dieser Trank dafür da, einer gesunden Person zusätzliche Kraft und Immunität vor geringfügigen Verletzungen und Schmerzen zu geben. Bei jemandem in Potters Zustand würde er bewirken, dass die Blessuren verschwanden und ihm soviel Kraft geben, dass selbst Madam Pomfrey, wenn sie ihn heute Abend untersuchte, keinen Verdacht schöpfen würde.

Zurück im Kerker sah er, dass sich Harry wieder auf die Knie aufgerichtet hatte, sich aber an die Wand lehnen musste, um nicht umzufallen. Rasch flößte er ihm den Trank ein.

"Trink das, Potter, dann geht es dir gleich besser."

Harry war viel zu erschöpft um zu widersprechen und spürte sofort die belebende Wirkung des Trankes. So dauerte es nicht lange, bis er aus eigener Kraft aufstehen konnte. Nur noch ein bisschen wackelig auf den Beinen folgte er Snape aus dem Kerker und stellte sich zu Hermine und Ron, die immer noch etwas abgesondert von den sieben Slytherins auf dem Gang bei der Nische standen und warteten. Beide sahen ihm erleichtert und erwartungsvoll entgegen, aber er sagte nichts. Brauchte er eigentlich auch nicht, denn sein geschwollenes, gerötetes und zerkratztes Gesicht sprach Bände.

Einen Moment lang blieb Snape vor ihnen stehen und ließ seine Blicke über die Versammlung schweifen.

Dann fiel ihm etwas ein. Vielleicht konnte er ja Potter doch noch aus der Reserve locken.

"Potter! Fünfzig Punkte Abzug von Gryffindor wegen ungebührlichem Verhaltens gegenüber Mitgliedern eines anderen Hauses!"

Augenblicklich spürte Snape die ungläubigen Blicke der Gruppe auf sich. Alle, sogar die Slytherins starrten ihn sprachlos an. Alle, bis auf Potter. Bei dem hatte er den Eindruck, als hätte er ihm gar nicht zugehört.

"Mr. Potter. Haben Sie mich verstanden?"

Der blickte zu ihm auf und nickte kaum merklich.

"Ja, Professor."

Kein wütendes Schwanken in der Stimme, kein aufmüpfiger Gesichtsausdruck.

"Und nach dem Unterricht kommen Sie zu mir und holen sich Ihre Strafarbeit ab." setzte Snape noch eins oben drauf.

Wieder dieses gleichgültige Nicken

"Ja, Professor."

Übellaunig und frustriert wies Snape zur Tür seines Klassenzimmers und sagte barsch:

"Da rein. Alle! Diese Angelegenheit ist hiermit beendet. Höre ich zukünftig nur ein Wort darüber, hagelt es weiteren Punktabzug und Strafarbeit. Ich hoffe, Sie haben mich alle verstanden. Und Sie, Potter, werden sich zuerst das Gesicht waschen!"

Mit stummem Nicken betraten die Schüler die Klasse und gingen sofort zu ihren Plätzen mit Ausnahme von Harry, der erst zum Waschbecken ging um Snapes Befehl zu folgen. Sofort wurden sie von ihren dort wartenden Klassenkameraden flüsternd mit Fragen bestürmt, was denn los sei, aber niemand sagte ein Wort. Zu groß war die Angst vor Snape.

Der Professor setzte sich auf seinen Platz und beobachtete, wie die Schüler begannen, die von ihm am Vortag an die Tafel geschriebenen Zutaten zuzubereiten um einen Trank gegen Nierenversagen zu brauen. Er ließ seinen Blick über die an den vergangenen Geschehnissen beteiligten Schülern gleiten. Flint und seine Leute versuchten tuschelnd von Malfoy, Crabbe und Goyle einen Hinweis zu erhalten, was sie denn mit Potter angestellt hatten, aber die drei trauten sich nicht, etwas zu sagen. Snapes Blick wanderte weiter zu den Gryffindor-Tischen. Granger und Weasley sahen immer wieder zu Potter und warfen dabei ab und zu hasserfüllte Blicke zum Lehrertisch. Und Potter? Der saß da, wie in einer anderen, einer eigenen Welt und beschäftigte sich scheinbar intensiv mit seinem Trank.

Bei seinem Anblick sank Snapes Laune auf den Nullpunkt. Wie schön wäre es gewesen, hätte er vor McGonagall damit angeben können, dass seine Methode gewirkt hätte. Dafür hätte er sogar seine geistige Urheberschaft am Geschehen zugegeben. Wieder hatte dieser Potter ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Snape spürte, wie in ihm ungeahnter Ehrgeiz aufflackerte. So leicht würde er sich nicht geschlagen geben.

Er stand auf und schritt, wie er es immer tat, die Gänge zwischen den Bankreihen entlang. Dabei achtete er aber kaum darauf, wie die Tränke zubereitet wurden, sondern beobachtete intensiv das Objekt seines Hasses. Dem war jetzt nichts mehr anzusehen. Der Trank hatte hervorragend gewirkt. Sämtliche Anzeichen der erlittenen Misshandlung waren aus seinem Gesicht verschwunden. Als Snape lautlos näher trat, sah er aber, dass Harrys Hände so sehr zitterten, dass er das Messer, mit dem er die Niere eines Lungenfisches zerkleinerte, kaum richtig halten konnte. Der schwarzhaarige Gryffindor konzentrierte sich so darauf, das Messer ruhig zu halten, dass er Snape nicht bemerkt hatte, der jetzt genau vor ihm stand und auf ihn herab sah.

"Reißen Sie sich zusammen, Potter!" fuhr Snape ihn an.

Harry zuckte so heftig zusammen, dass er sich die rasiermesserscharfe Klinge in die Hand rammte, wo sie stecken blieb. Hermine am Nebentisch war mit einem entsetzten Kreischen aufgesprungen um Harry beizustehen und auch Ron wollte hinüber eilen, jedoch wurden sie von Snapes grober Stimme davon abgehalten.

"Granger, Weasley, hinsetzen!" schnauzte er die beiden heftig an, so dass sie widerstrebend gehorchten.

Harry hatte bei Hermines Schrei mit überraschtem Gesichtsausdruck zu ihr aufgeblickt. Nun sah er langsam zu Snape auf, ohne sich um das aus der Wunde sprudelnde Blut zu kümmern. Dann blickte er wieder auf seine Hand. Er spürte nichts. Das musste wohl an dem Trank liegen, den Snape ihm eingeflößt hatte. Er griff nach dem Messer und zog es, wie es für seine sprachlosen Klassenkameraden schien, quälend langsam aus der Hand. Dann nahm er ein Tuch, mit dem er eigentlich die Zutaten für den Trank trocknen wollte, und wickelte es um die Hand. Sofort sog es sich mit Blut voll.

Der Professor, der sich durch Harrys Reaktion wieder enttäuscht sah, sagte nur kalt:

"Zehn Punkte Abzug von Gryffindor für die Schweinerei, die Sie hier veranstaltet haben, Mr. Potter!"

Wieder kam keine Reaktion. Dafür aber von Hermine:

"Bitte Professor. Lassen Sie ihn zum Krankenflügel gehen. Ich werde ihn hinbringen."

"Miss Granger! Ich denke, ich kann sehr wohl selbst entscheiden, ob er weiterhin meinem Unterricht folgen kann oder nicht. Fünf Punkte Abzug von Gryffindor."

Hermine zuckte zusammen, sagte aber nichts mehr. Snape wandte sich wieder Harry zu.

"Mr. Potter. Das wird mit Ihnen heute sowieso nichts mehr. Setzen Sie sich zu jemand anderem, damit Sie nicht noch mehr Unheil anrichten. Am besten zu... Mr. Malfoy. Und fassen Sie nichts an!"

Harry stand auf und ging, ohne Snape anzusehen, zu Draco hinüber und setzte sich neben ihn. Der starrte ihn herausfordernd an, wurde jedoch völlig ignoriert.

Für den Rest der Stunde saß Snape äußerst übellaunig an seinen Schreibtisch und beschimpfte den schwarzhaarigen Gryffindor, der jetzt so teilnahmslos neben seinem Feind saß, gedanklich mit allem, was ihm einfiel. Nichts hatte so funktioniert, wie er es sich vorgestellt hatte.

Und... was war das vorhin im Kerker gewesen? Zuerst die seltsamen Blicke der drei Folterknechte, dann sein eigener Aggressionsschub... Ob das irgendwie zusammen hing?

Die Stunde endete ohne weitere Ausschreitungen, abgesehen davon, dass Malfoy Harry einen Becher des heißen Trankes - selbstverständlich unbeabsichtigt - über die Hose kippte. Während Hermine und Ron an der Tür warteten, ging Harry zu dem grübelnden Professor nach Vorne um sich die Strafarbeit abzuholen. Snape sah nur kurz zu ihm auf und knurrte:

"Verschwinden Sie, Potter! Ich kann Sie heute nicht mehr sehen."

Harry drehte sich um und verließ den Kerker. Die Verletzung an seiner Hand war durch den Trank fast völlig verheilt. Nur ein schmaler roter Schnitt war noch zu sehen, der sich aber zusehends schloss.

Auf dem Weg zum nächsten Unterricht musste Harry seinen Freunden ausführlich berichten, was genau vorgefallen war, was er auch widerwillig tat. Anschließend diskutierten Ron und Hermine lautstark und heftig die Geschehnisse.

"Das ist doch nicht möglich. Erst wird Harry verprügelt, dann bekommen wir dafür auch noch Punktabzug." ereiferte sich Ron

"Was sollen wir denn dagegen tun? Snape sitzt nun mal am längeren Hebel. Er wird uns nur wieder Punkte abziehen." entgegnete Hermine niedergeschlagen.

"Und dass er Harry nicht erlaubt hat zum Krankenflügel zu gehen, ist unverantwortlich." schimpfte Ron weiter. "Das Messer war fast ganz durch die Hand durch. Das Blut hat gesprudelt wie aus einem Brunnen."

Ron schüttelte sich.

"Harry, du solltest dich bei Professor McGonagall beschweren. So etwas ist doch total ungerecht." meinte Hermine.

"Jetzt hört mal." griff nun Harry in die Diskussion ein. "Ich werde nichts dergleichen tun. Und ihr bitte auch nicht. Snape hat mich sowieso auf dem Kieker. Vorhin im Kerker hatte ich wirklich nicht den Eindruck, dass er etwas gegen Malfoys Aktion einzuwenden hatte. Ganz im Gegenteil. Als ich in den Ketten an der Wand hing und Snape vor mir stand, dachte ich zuerst, er würde da weitermachen, wo Malfoy aufgehört hatte. Was glaubt ihr, macht er mit mir, wenn McGonagall ihn darauf anspricht. Also bitte macht es nicht noch schlimmer, als es ohnehin schon ist." sagte er entschieden und fuhr dann fort. "Und was meine Hand angeht, Snape wusste genau, was er tat. Schließlich hatte er mir vorher schon diesen Trank gegeben, da war es klar, dass der Schnitt schnell verheilen würde. Und jetzt lasst uns bitte von etwas anderem reden."

Damit beendete er die Diskussion und verfiel wieder in das übliche Brüten. Das war mit Abstand die längst Rede, die er gehalten hatte, seit sie wieder in Hogwarts waren. Dies eingedenk, gingen Ron und Hermine davon aus, dass es ihm wirklich Ernst war, und beschlossen - zumindest in seiner Gegenwart - kein Wort mehr darüber zu verlieren.