Reflex Aggresso Magnific Kap 23
Autor: Sssnitch
Disclaimer: Nix meins, alles Rawlings und Partnern ihres. Geld gibt's auch keins, zum Glück hab ich noch einen anderen Job.
Reviews: Jeder Zeit gerne an sssnitch@gmx.de Ernst gemeinte Kritik bevorzugt.
Zusammenfassung: Jeder, aber wirklich jeder hat es auf Harry abgesehen. Es schließt an den 4. Band an. Obwohl mittlerweile überholt durch das Erscheinen des 5. bin ich nicht Willens alles wieder zu löschen, nachdem mein Herzblut hineingeflossen ist. (Nein wie theatralisch).
Rating: Ich hoffe ich hab nicht voll ins Kloh gegriffen. Aber da es zeitweise ziemlich brutal zugeht ist es nix für die Kleineren unter uns.
Warnung: Siehe auch unter Ratings: Ziemlich viel Gewalt. Wer das arme Harrylein nicht gern leiden sieht, sollte das besser nicht lesen.
***
Leute, ich bin erschüttert. Zu keinem Kapitel kamen so viele Reviews wie zu dem Vorherigen. Und so begeisterte. Von denen, die mir von Anfang an treu waren und immer freundlichst reviewt haben und von jenen, von denen ich gar nicht wussten, dass sie mitlesen. So viele Kommentare... da macht es mich wirklich traurig, diese meine erste - und vielleicht einzige - Story hier enden zu lassen.
Dank an Vroni, die das Harrylein zwar gerne quält, ihm dann aber doch nicht die wohlverdiente letzte Ruhe gönnt.
Dank auch an Angel1344: Wäre das nicht schrecklich langweilig, wenn diese Geschichte so vorhersehbar wäre?
Und natürlich an Icocnito. Was heißt denn T^T?
Dann war da noch Sam. Eigentlich ist der Tod die letzte Konsequenz, das einzig akzeptable Ende, oder?
Weiterhin Dank an Miss Shirley-Blythe. Keine Angst, Du brauchst nicht länger zu warten.
Selbstverständlich danke ich auch Choooo, für ihre vielen vielen Reviews. Auch sie braucht ihre Ungeduld nicht länger zu bezähmen.
Auch Dich vergesse ich nicht, Theresa. Nein, ich schäme mich nicht. Nicht wirklich. Bin ich ein Sadist? Das war mir bisher gar nicht so bewusst geworden (.
***
23. Epilog
Severus Snape apparierte in einem dunklen Raum. Er schwankte und ließ sich auf das neben ihm stehende Bett fallen. Dort verharrte er eine Weile um wieder zu Atem zu kommen. Es war nicht einfach gewesen, in ein Zimmer des mit Apparationsblockaden und Sicherheitszaubern verseuchten Hochsicherheitstraktes des St. Mungos Hospitals für magische Krankheiten zu gelangen. Selbst ein gewiefter, mit allen Wassern gewaschener Magier wie Hogwarts Zaubertränkelehrer hatte ein halbes dutzend Versuche benötigt um gleichzeitig hinein zu apparieren und auf die Sekunde genau den richtigen Gegenzauber zu sprechen um die Barrieren außer Funktion zu setzen.
Aber Severus Snape wäre nicht Severus Snape, wenn er sich von ein paar lächerlichen, nichts desto trotz lebensgefährlichen Rückschlägen hätte entmutigen lassen.
Während er da saß und seinem langsam ruhiger werdenden Herzschlag lauschte, eilten seine Gedanken zurück zu dem Augenblick, als das trostlose Häufchen Mensch zu Füßen der entsetzten Zauberer aus dem Nichts erschien.
***
"Er ist tot! Harry Potter ist tot!"
Noch immer konnte er sich des Grauens nicht erwehren, das damals als heftiger Schauder seinen Rücken hinauf und hinunter gelaufen war, dafür sorgte, dass sich jedes Härchen auf seinem Körper aufgerichtet hatte. Auch an die eisige Faust, die sich um sein Herz gekrallt hatte, konnte er sich noch zu gut erinnern. Wie sie alle in sprachlosem Entsetzten auf den Körper starrten, der mal die Hoffnung der Zaubererwelt gewesen war.
Sprachlos und reglos verharrten sie. Ja...... bis auf einen. Mr. Weasley Junior war mit hochrotem Gesicht zu seinem Freund gestürzt und hatte mit beiden Fäusten, begleitet von verzweifelten Schreien, auf den Oberkörper des Potterjungen eingeschlagen. Remus Lupin, der sich als erster aus seiner Starre hatte lösen können, hatte den rothaarigen Gryffindor von dem leblosen Körper weggezogen und versucht ihn zu beruhigen.
"Lass ihn, Ron! Du kannst nichts mehr für ihn tun!"
Grade in diesem Moment, ging ein heftiges Zucken und Zittern begleitet von einem tiefen röchelnden Atemzug durch Potter.
Snape konnte im Nachhinein nicht mehr sicher sagen, ob die Nachricht vom Tode Potters, oder die nun folgende Reaktion des Geretteten den größeren Schrecken bei den Anwesenden ausgelöst hatte.
Sobald er die Augen aufgeschlagen hatte, hatte er um sich schlagend, alle Hände die ihn halten wollten, zur Seite gestoßen und war geflüchtet. Panisch Rückwärtskriechend hatte er sich ausgerechnet die Seite ausgesucht, an der der große schwere Tisch stand, um darunter zu krabbeln und bis zur Wand zurück zu weichen. Dort hatte er sich zu einem Ball zusammengerollt und war erstarrt, sah man von dem andauernden Zittern und Beben ab, dass seinen Körper schüttelte.
Alle Versuche, ihn zum Herauskommen zu bewegen waren umsonst, so dass Sirius schließlich auch unter den Tisch gekrochen war, nur um festzustellen, dass Harry ihn gar nicht wahrnahm. Er hatte mit der Hand vor dem Gesicht seines Patensohnes herumgewedelt, was dem aber keine Rektion entlockt hatte.
"Er ist blind." hatte Mr. Weasley erschüttert ausgesprochen, was auch alle anderen gedacht hatten.
Und das war nicht die letzte erschreckende Erkenntnis gewesen, die im Laufe dieses Tages über Harrys Zustand herausgefunden wurde.
Dumbledore hatte sich der schlotternden Gestalt erbarmt und ihn mit Hilfe eines Zaubers in Tiefschlaf versetzt. Der Tisch wurde zur Seite gestellt und Harry vorsichtig hochgehoben und in den Krankenflügel gebracht.
Im Laufe der nächsten Tage tat Madam Pomfrey alles, um Harrys Zustand zu stabilisieren. Sie hatte viele Verletzungen sofort heilen können aber es würden trotz aller Bemühungen einige lange, jetzt noch blutrote Narben an vielen Stellen seines Körpers zurückbleiben. Auch die Fluchmale wurden nach dem Einsatz dutzender Tränke langsam weniger.
Es waren jedoch nicht die Wunden, die der Krankenschwester Sorgen bereiteten oder das extreme Untergewicht. Harry war nach einiger Zeit wieder wach geworden, nahm aber seine Umgebung nicht mehr wahr. Selbst nachdem Poppy die Meisterleistung vollbracht hatte, Harrys Augenlicht wieder herzustellen, reagierte er weder auf Worte noch auf Berührungen. Er lag einfach nur da mit einem völlig unbeteiligten Gesichtsausdruck und ließ alles über sich ergehen. Er erkannte niemanden und reagierte auf keine Sinnesreizung. Schließlich musste Poppy zugeben, dass sie mit ihrem Wissen am Ende war und ihr Patient im St. Mungos besser aufgehoben war.
In einer der zahllosen Konferenzen, die abgehalten wurden um über Harrys Zustand zu beraten wurde nach langem Zögern und Hadern beschlossen, dass er in den nächsten Tagen in den Hochsicherheitstrakt der psychiatrischen Abteilung des Zaubererkrankenhauses verlegt werden würde. Die Weasleys wären zwar zu gerne bereit gewesen, den kleinen Potter aufzunehmen, aber die richtige Pflege hätten sie ihm nicht angedeihen lassen können, da niemand in der Familie ein ausgebildeter Heiler war. So erklärte sich schließlich auch Molly unter Tränen einverstanden, Harry einzuweisen.
***
Doch zunächst blieb noch eines zu tun. Albus Dumbledore hatte beschlossen, einen Exorzismus durchzuführen, da der verhängnisvolle Reflexkombinationszauber immer noch aktiv war. Ein einfacher Finite Incantatem hatte leider nicht den gewünschten Erfolg.
Also wurde die verschworenen Gemeinschaft zum dritten Mal zusammengerufen. Sie bildeten einen weiten Kreis in dessen Mitte Harry, Ron und Hermine standen. Ron und Hermine hatten erst Harry und schließlich sich selbst entkleidet. Die Nacktheit war unbedingt nötig, da nichts den nötigen Energie- und Magiefluss behindern durfte.
Es war nicht im eigentlichen Sinne ein Zauber oder Fluch, der Harry von der Wirkung des Reflex Aggresso Magnific befreien sollte, es war vielmehr eine Art ritueller magischer Waschung. Alle Anwesenden waren aufgefordert, eine möglichst große Menge weißer Magie durch Harrys Körper zu schicken, während Ron und Hermine die Aufgabe hatten, ihn aufrecht zu halten und eventuelle Verletzungen zu verhindern.
Wieder stand die Gruppe im mittlerweile schon üblichen Kreis um die drei Teenager herum, die linke Hand auf der Schulter des Nächsten ruhend. Kollektiv wurde unter der Anleitung des Direktors eine meditative Übung abgehalten, in der die Anwesenden so weit wie möglich versuchten, alle negativen Gedanken zu verdrängen. Nichts Dunkles sollte die Atmosphäre beeinträchtigen. Grade bei den Anwesenden, die in der Vergangenheit viel erleiden mussten, wie Remus Lupin, Sirius Black oder auch Mad Eye Moody und Severus Snape, keine leichte Übung.
Dann gab Albus Dumbledore das Startzeichen. In der schon geübten synchronen Bewegung hoben sich die Zauberstäbe und deuteten auf Harrys Mitte. Mit einsetzender Konzentration gab es eine regelrechte Explosion gleißender Farben, die aus den Zauberstäben hervorbrachen und Harrys Körper in allen Spektralfarben aufleuchten ließen. Der Junge zuckte und zitterte, wurde hin und hergerissen, als die positive Energie auf die gespeicherten dunklen Mächte trafen, die in seinem mageren Körper gespeichert waren. Wilde Farbspiralen wirbelten über Harrys blasse Haut, versuchten die Herrschaft über die jetzt ebenfalls deutlich sichtbaren schmutziggrauen und tiefschwarzen Zeichen zu erringen, die immer wieder versuchten, über das Licht zu triumphieren. Letztlich jedoch schien die geballte positive Macht über die Dunkelheit zu triumphieren. Der Sturm der leuchtenden Farben schwoll noch einmal mit aller Macht an, alles Dunkle verschlingend, um sich dann zu einem reinen gleißend weißen Licht zu vereinigen und langsam zu erlöschen.
Sobald das Licht völlig verschwunden war, schien auch alle Energie aus Harrys Köper abgezogen worden zu sein. Ron und Hermine schafften es grade noch, ihn sanft zu Boden gleiten zu lassen, bevor sie selbst neben ihm zusammenbrachen, erschöpft durch den Versuch, ihn zu stützen. Harrys Gesicht hatte nun einen friedlichen Ausdruck angenommen wie schon seit Jahren nicht mehr.
Auch alle anderen Hexer und Hexen hatten sich dort, wo sie vorher noch standen, ausgelaugt zu Boden fallen lassen und kamen nun nach und nach wieder zu Atem.
Madam Pomfrey war nach einer kurzen Untersuchung Harrys mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden. Der Zauber war gebrochen, auch wenn die Behandlung es nicht geschafft hatte, Harrys Seele zurück zu bringen. Diese verborgene Hoffnung, die sie alle gehegt hatten, war leider nicht in Erfüllung gegangen. Da auch die größte denkbare Menge positiver Energie und weißer Magie das nicht zu Wege gebracht hatte, gab es zum St. Mungos keine Alternative mehr.
***
Professor Snape blickte sich im Zimmer um. Weiße, schmucklose Wände, ein Stuhl, ein Tisch, ein Bett, ebenfalls alles weiß. Das St. Mungos war wirklich nicht für seine Gemütlichkeit bekannt.
'Kaum die richtige Umgebung um ein Kind wieder ins Leben zurückzuholen.' dachte Snape.
Apropos Kind. Kinder sollten um diese Zeit längst im Bett sein. Das Bett war unberührt. Auf dem Tisch ein Tablett mit Essen, ebenfalls unberührt. Wo war der Junge?
Snape horchte. Was war das? Ein leichtes kaum hörbares Geräusch drang an sein Ohr. Er erhob sich und sah sich genauer um. Das helle Mondlicht erhellte den Raum genug, so dass Snape kein Licht benötigte. Hinter dem Bett in der Ecke des Raumes gewahrte er eine kleine Gestalt. Zusammengekauert lag sie auf dem Boden und schlief.
Potter.
Das weiße Nachthemd ließ nur die Füße frei. Der Kopf im Schatten des Bettes war kaum zu erkennen. Snape trat näher und kniet sich hin. Das schwarze unordentliche Haar fiel dem Jungen ins Gesicht und ließ nur Nase, Wangen und Kinn erahnen.
Ein Geruch ging von ihm aus, als hätte er sich schon länger nicht mehr gewaschen. Vermutlich kam das der Wahrheit sehr nahe. In diesen harten Zeiten hatten die Pfleger mehr als genug zu tun, ohne sich auch noch um die Reinlichkeit und die Ernährung jedes einzelnen Patienten zu kümmern, sei er auch noch so wichtig. Seit bekannt geworden war, dass 'der Junge der lebt' beinahe zu Tode gefoltert und seit der gerade noch geglückten Rettung in der Psychiatrischen Abteilung des St. Mungos behandelt wurde, hatte sich das Chaos, das über die magische Welt hereingebrochen war, noch verstärkt. Nicht nur, dass es dauernd zu Übergriffen der Todesser kam, viele Zauberer und Hexen versuchten immer wieder sich mit den schwierigsten und gefährlichsten Bannflüchen selbst zu schützen, was sehr oft nach hinten losging oder harmlose Passanten verletzte. Daher war das Krankenhauspersonal hoffnungslos überlastet. Und da Harry gar nicht in der Lage war, sich selbst zu waschen und zu ernähren, war der verwahrloste Eindruck kein Wunder.
Zuerst hatten sich seine Gryffindor-Freunde und die Weasley Familie gerne bereit erklärt, sich um den geistig immer noch völlig abwesenden und hilflosen Jungen zu kümmern, aber die Gefahr eines durch Vielsafttrank veränderten Todessers war einfach zu groß gewesen, weshalb das Ministerium alle Besuche strikt unterbunden hatte. Die extra zur Bewachung abgestellten Auroren waren schon damit überlastet, die Pfleger jedes Mal zu überprüfen, wenn sie Harrys Privatkorridor betreten wollten. Um andere Patienten nicht in Gefahr zu bringen, hatte man darauf verzichtet, die restlichen Zimmer zu belegen. So glaubte man auch, der Sicherheit mit nur zwei Wachen am Flureingang genüge getan zu haben.
Snape lächelte verächtlich. Typisch Ministerium. Maximales Denken mit minimalem Ergebnis. Nun, ihm konnte es Recht sein, war es ihm so immerhin möglich gewesen, unbemerkt einzudringen. Erstaunlich war nur, dass ihm Voldemort nicht zuvor gekommen war. Oder vielleicht war der einfach damit zufrieden, Potter in anderen Sphären zu wissen. Da hatten andere Dinge bestimmt höhere Priorität, als ein geistig behindertes oder zumindest abwesendes Kind umzubringen, das ohnehin keine Gefahr mehr darstellte.
***
Snape berührte Harry an der Schulter und schüttelte ihn erst sanft, dann immer stärker, bis der Junge sich regte und aufsetzte. Ohne Snape wahrzunehmen zog er die Knie an, schlang seine Arme darum und begann vor und zurück zu wippen. Genauso hatte Professor Snape ihn das letzte Mal vor einigen Wochen in Hogwarts gesehen, kurz bevor er von den Pflegern des St. Mungos abgeholt worden war.
'Die Hoffnung der Zaubererwelt!' dachte Snape sarkastisch.
Ein kleiner Junge, ausgebüchst in eine ferne Welt, weit ab des grausamen Lebens. Wie naiv konnten Zauberer doch sein, wenn sie dachten, ein Kind könne sie auf Dauer vor der Dunklen Magie beschützen. Und diese Naivität hatte jetzt fast zum Tod des Hoffnungsträgers geführt.
Severus Snape nahm Harrys Kinn, drehte sein Gesicht zu ihm und zwang ihn so, zu ihm aufzusehen. Die grünen Augen starrten ihn blicklos an.
'Eindeutig niemand zu Hause.' dachte Snape mit einem Anflug von Galgenhumor.
Er nahm einen kleinen Gegenstand aus der Tasche, den er als Portschlüssel vorbereitet hatte. Er konnte es nicht wagen mit Potter gemeinsam zu apparieren. Es war schon schwer genug gewesen, allein die Blockaden zu überwinden. Aber zu zweit, das konnte nur schief gehen. Er nahm den Jungen auf die Arme und erhob sich. Das übliche Zerren und Ziehen, und nach kurzem turbulentem Flug landeten sie in einem dunklen von Fackeln erhellten Gewölbe.
Er setzte seine Last ab und Harry nahm gleich wieder mit untergeschlagenen Beinen das Wippen auf.
Snape ging zu einem mit Flaschen, Tiegeln und Phiolen überfüllten Tisch und griff nach einem Kelch mit trübem, brodelnden Inhalt. Stirnrunzelnd betrachtete er die grün-braune Flüssigkeit und ging im Geiste noch mal alle Ingredienzien durch, die er dafür gebraucht hatte.
Severus Snape hatte die Zeit seit dem Ende des Schuljahres nicht ungenutzt verstreichen lassen. Wie viele verbotene Bücher hatte er auf der Suche nach diesem Mittel durchforstet. Bücher, die allesamt auf der Schwarzen Liste des Ministeriums standen. Der Besitz jedes Einzelnen würde ausreichen, um ihn bis an sein Lebensende nach Askaban zu bringen. So wie das Zubereiten dieses Elixiers. Es würde Potter entweder zurückholen oder ihn umbringen. Ein Risiko, das Snape einzugehen bereit war. Draußen ging eine Welt unter. Da war alles Andere nebensächlich.
Zum Glück wusste niemand außer Professor Dumbledore von diesem Geheimlabor tief unter Hogwarts. Doch nicht einmal der Schulleiter wusste, dass Snape hier und jetzt dabei war, dieses Mittel dem Einzigen zu verabreichen, der in der Lage war, die Situation zu entschärfen. Und das einfach nur dadurch, dass er wieder ins Leben zurück fand. Allerdings.... wenn Snape so darüber nachdachte, war er sich gar nicht so sicher, dass Dumbledore davon keine Kenntnis hatte. Gewöhnlich entging dem alten Herren nichts, was in Hogwarts passierte. Der Professor fühlte sich plötzlich beobachtet und schob die lästigen Gedanken schnell beiseite.
Noch einmal suchte Snape nach einem Anzeichen des Lebens in den Augen des Jungen, dann hielt er ihm entschlossen den Kelch an die Lippen. Der kleine Gryffindor schluckte mechanisch alles. Snape setzte sich neben ihn, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und harrte der Dinge die da kommen würden.
Zunächst geschah nichts. Doch dann versteifte sich die schmale Gestalt plötzlich. Die Arme krampften sich um den Leib und ein Stöhnen kam über die Lippen. Das erste Geräusch seit Wochen, das er, von einem gelegentlichen Summen abgesehen, von sich gab. Als Harry zur Seite kippte, fing Snape ihn auf und nahm seinen Kopf in den Schoß.
Heftige Krämpfe schüttelten den schmächtigen Körper, das Nachthemd klebte am schweißnassen Körper. Grüner Schaum trat auf die Lippen. Lange Zeit kamen und gingen immer wieder krampfartige Zuckungen, dann lag er plötzlich still und wurde schlaff. Jegliche Kraft schien aus dem Körper zu weichen. Als Snape schon dachte, er habe einen Fehler gemacht und der Rettungsversuch sei Fehlgeschlagen, holte der Junge tief Luft und ein Stöhnen entrang sich ihm, das alles Leid der Welt zu enthalten schien. Snape ließ ihn von seinem Schoß gleiten und er kringelte sich zu einem Ball zusammen. Snape setzte sich in einen Stuhl und beobachtete wachsam das Verhalten der bedauernswerten Gestalt.
Die Augen waren hypnotisch weit geöffnet und starrten unfokussiert in den Raum. Dann kam auf einmal Leben in sie. Potter richtete sich auf in sitzende Position und rutschte nach hinten, bis er mit dem Rücken an der Wand lehnte. Wieder zog er die Knie an, hob die Arme und sie schützend über den auf die Knie gebetteten Kopf zu legen.
"Potter, hörst du mich?"
Ungeheuer laut schienen Snapes erste Worte im Raum zu stehen.
"Potter! Sieh mich an!"
Harry ließ die Arme sinken und hob den Kopf. In seinen Augen spiegelte sich der ganze Schmerz der nun auf ihn einstürmenden Erinnerungen, die so lange unterdrückt worden waren. Tränen liefen ihm über die Wangen.
"Potter! Weißt du wer ich bin? Kannst du mich erkennen?"
"Warum?"
Krächzend und heiser vom fehlenden Gebrauch kam seine Stimme, kaum mehr als ein Wispern.
"Warum haben Sie das getan?"
Verzweiflung schwang unverkennbar in den wenigen Worten mit.
"Warum habe ich was getan?" kam die überraschte Gegenfrage des Professors.
"Warum haben Sie mich nicht dort gelassen, wo ich war? Dort war Frieden. Dort ging es mir gut. Dort war es ruhig.... in mir. Dort wusste ich nichts."
Immer leiser wurden die Worte, bis sie schließlich erstarben. Der Junge legte den Kopf schräg auf die Knie und starrte, ohne tatsächlich etwas zu sehen die Wand an. Schließlich schlossen sich seine Augen.
'Den Gefallen konnte ich dir leider nicht tun, Junge.' antwortete der Professor in Gedanken. 'Die Welt braucht dich, auch wenn ich mir sicher bin, dass du dort wo du gewesen bist, besser aufgehoben warst. Wo immer das auch gewesen sein mag.'
Nach einiger Zeit war Professor Snape überzeugt, dass der Junge eingeschlafen war. Seufzend stand er auf, hob ihn hoch und legt ihn auf die Pritsche, die in einer dunklen Nische stand. Er zog ihm das schmutzige Nachthemd aus und wusch Harrys verschwitzten Körper mit warmem Wasser ab, ohne dass er davon wach wurde. Die Erschöpfung war wohl zu groß. Auch die Spuren, die die Wirkung des Trankes in seinem Gesicht hinterlassen hatte, ließ er verschwinden. Dann zog er ihm einen frischen Pyjama an und deckte ihn gut zu.
Morgen würde er das Resultat seiner Arbeit Professor Dumbledore vorstellen. Dann würden sie einer staunenden magischen Welt die wunderbare Rückkehr ihres Helden präsentieren, resümierte Snape, die hoffentlich bald zu geübter Routine aus naivem Optimismus und Ignoranz gegenüber der immer noch drohenden Gefahr zurückfinden würde.
Und Potter? Nun, Potter war wiedereinmal der Dumme. Oder würde es wieder sein, wenn Voldemort seinen nächsten Zug machen würde, und der kleine Gryffindor sich ihm einmal mehr in den Weg stellen würde, stellen musste.
Die nächsten zehn Tage würde Potter bestimmt hier in Hogwarts unterkommen. Dann würde das nächste Schuljahr beginnen mit dem Held als Schüler und seinem in der Öffentlichkeit unerkannten Retter als Lehrer. Eigentlich freute sich Snape schon auf den Zaubertränkeunterricht mit Gryffindor und Slytherin. Da konnte er bestimmt wieder über Potter herziehen und nach Herzenslust Punkte abziehen und Strafarbeiten verteilen.
'Die Rückkehr zur Normalität wird uns bestimmt allen gut tun', dachte Snape mit einem Grinsen, während er den gleichmäßigen Atemzügen seines Schülers lauschte und an einem Glas irischen Malt Whiskey nippte. Und wenn die Normalität ihm dann auch noch soviel Spaß machte.....
Und dann? Wie würde es dann mit Harry Potter weiter gehen? Nun, zunächst musste er lernen wieder zu leben. Alles weitere würde die Zukunft zeigen.
-Fin-
Es ist soweit. Nie hätte ich gedacht, dass ich es tatsächlich bis hierher schaffen würde. Jetzt bleibt mir nur noch ein letzter Dank an meine RevierInnen.
Und mit einer Verbeugung verabschiedet sich Sssnitch
Autor: Sssnitch
Disclaimer: Nix meins, alles Rawlings und Partnern ihres. Geld gibt's auch keins, zum Glück hab ich noch einen anderen Job.
Reviews: Jeder Zeit gerne an sssnitch@gmx.de Ernst gemeinte Kritik bevorzugt.
Zusammenfassung: Jeder, aber wirklich jeder hat es auf Harry abgesehen. Es schließt an den 4. Band an. Obwohl mittlerweile überholt durch das Erscheinen des 5. bin ich nicht Willens alles wieder zu löschen, nachdem mein Herzblut hineingeflossen ist. (Nein wie theatralisch).
Rating: Ich hoffe ich hab nicht voll ins Kloh gegriffen. Aber da es zeitweise ziemlich brutal zugeht ist es nix für die Kleineren unter uns.
Warnung: Siehe auch unter Ratings: Ziemlich viel Gewalt. Wer das arme Harrylein nicht gern leiden sieht, sollte das besser nicht lesen.
***
Leute, ich bin erschüttert. Zu keinem Kapitel kamen so viele Reviews wie zu dem Vorherigen. Und so begeisterte. Von denen, die mir von Anfang an treu waren und immer freundlichst reviewt haben und von jenen, von denen ich gar nicht wussten, dass sie mitlesen. So viele Kommentare... da macht es mich wirklich traurig, diese meine erste - und vielleicht einzige - Story hier enden zu lassen.
Dank an Vroni, die das Harrylein zwar gerne quält, ihm dann aber doch nicht die wohlverdiente letzte Ruhe gönnt.
Dank auch an Angel1344: Wäre das nicht schrecklich langweilig, wenn diese Geschichte so vorhersehbar wäre?
Und natürlich an Icocnito. Was heißt denn T^T?
Dann war da noch Sam. Eigentlich ist der Tod die letzte Konsequenz, das einzig akzeptable Ende, oder?
Weiterhin Dank an Miss Shirley-Blythe. Keine Angst, Du brauchst nicht länger zu warten.
Selbstverständlich danke ich auch Choooo, für ihre vielen vielen Reviews. Auch sie braucht ihre Ungeduld nicht länger zu bezähmen.
Auch Dich vergesse ich nicht, Theresa. Nein, ich schäme mich nicht. Nicht wirklich. Bin ich ein Sadist? Das war mir bisher gar nicht so bewusst geworden (.
***
23. Epilog
Severus Snape apparierte in einem dunklen Raum. Er schwankte und ließ sich auf das neben ihm stehende Bett fallen. Dort verharrte er eine Weile um wieder zu Atem zu kommen. Es war nicht einfach gewesen, in ein Zimmer des mit Apparationsblockaden und Sicherheitszaubern verseuchten Hochsicherheitstraktes des St. Mungos Hospitals für magische Krankheiten zu gelangen. Selbst ein gewiefter, mit allen Wassern gewaschener Magier wie Hogwarts Zaubertränkelehrer hatte ein halbes dutzend Versuche benötigt um gleichzeitig hinein zu apparieren und auf die Sekunde genau den richtigen Gegenzauber zu sprechen um die Barrieren außer Funktion zu setzen.
Aber Severus Snape wäre nicht Severus Snape, wenn er sich von ein paar lächerlichen, nichts desto trotz lebensgefährlichen Rückschlägen hätte entmutigen lassen.
Während er da saß und seinem langsam ruhiger werdenden Herzschlag lauschte, eilten seine Gedanken zurück zu dem Augenblick, als das trostlose Häufchen Mensch zu Füßen der entsetzten Zauberer aus dem Nichts erschien.
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"Er ist tot! Harry Potter ist tot!"
Noch immer konnte er sich des Grauens nicht erwehren, das damals als heftiger Schauder seinen Rücken hinauf und hinunter gelaufen war, dafür sorgte, dass sich jedes Härchen auf seinem Körper aufgerichtet hatte. Auch an die eisige Faust, die sich um sein Herz gekrallt hatte, konnte er sich noch zu gut erinnern. Wie sie alle in sprachlosem Entsetzten auf den Körper starrten, der mal die Hoffnung der Zaubererwelt gewesen war.
Sprachlos und reglos verharrten sie. Ja...... bis auf einen. Mr. Weasley Junior war mit hochrotem Gesicht zu seinem Freund gestürzt und hatte mit beiden Fäusten, begleitet von verzweifelten Schreien, auf den Oberkörper des Potterjungen eingeschlagen. Remus Lupin, der sich als erster aus seiner Starre hatte lösen können, hatte den rothaarigen Gryffindor von dem leblosen Körper weggezogen und versucht ihn zu beruhigen.
"Lass ihn, Ron! Du kannst nichts mehr für ihn tun!"
Grade in diesem Moment, ging ein heftiges Zucken und Zittern begleitet von einem tiefen röchelnden Atemzug durch Potter.
Snape konnte im Nachhinein nicht mehr sicher sagen, ob die Nachricht vom Tode Potters, oder die nun folgende Reaktion des Geretteten den größeren Schrecken bei den Anwesenden ausgelöst hatte.
Sobald er die Augen aufgeschlagen hatte, hatte er um sich schlagend, alle Hände die ihn halten wollten, zur Seite gestoßen und war geflüchtet. Panisch Rückwärtskriechend hatte er sich ausgerechnet die Seite ausgesucht, an der der große schwere Tisch stand, um darunter zu krabbeln und bis zur Wand zurück zu weichen. Dort hatte er sich zu einem Ball zusammengerollt und war erstarrt, sah man von dem andauernden Zittern und Beben ab, dass seinen Körper schüttelte.
Alle Versuche, ihn zum Herauskommen zu bewegen waren umsonst, so dass Sirius schließlich auch unter den Tisch gekrochen war, nur um festzustellen, dass Harry ihn gar nicht wahrnahm. Er hatte mit der Hand vor dem Gesicht seines Patensohnes herumgewedelt, was dem aber keine Rektion entlockt hatte.
"Er ist blind." hatte Mr. Weasley erschüttert ausgesprochen, was auch alle anderen gedacht hatten.
Und das war nicht die letzte erschreckende Erkenntnis gewesen, die im Laufe dieses Tages über Harrys Zustand herausgefunden wurde.
Dumbledore hatte sich der schlotternden Gestalt erbarmt und ihn mit Hilfe eines Zaubers in Tiefschlaf versetzt. Der Tisch wurde zur Seite gestellt und Harry vorsichtig hochgehoben und in den Krankenflügel gebracht.
Im Laufe der nächsten Tage tat Madam Pomfrey alles, um Harrys Zustand zu stabilisieren. Sie hatte viele Verletzungen sofort heilen können aber es würden trotz aller Bemühungen einige lange, jetzt noch blutrote Narben an vielen Stellen seines Körpers zurückbleiben. Auch die Fluchmale wurden nach dem Einsatz dutzender Tränke langsam weniger.
Es waren jedoch nicht die Wunden, die der Krankenschwester Sorgen bereiteten oder das extreme Untergewicht. Harry war nach einiger Zeit wieder wach geworden, nahm aber seine Umgebung nicht mehr wahr. Selbst nachdem Poppy die Meisterleistung vollbracht hatte, Harrys Augenlicht wieder herzustellen, reagierte er weder auf Worte noch auf Berührungen. Er lag einfach nur da mit einem völlig unbeteiligten Gesichtsausdruck und ließ alles über sich ergehen. Er erkannte niemanden und reagierte auf keine Sinnesreizung. Schließlich musste Poppy zugeben, dass sie mit ihrem Wissen am Ende war und ihr Patient im St. Mungos besser aufgehoben war.
In einer der zahllosen Konferenzen, die abgehalten wurden um über Harrys Zustand zu beraten wurde nach langem Zögern und Hadern beschlossen, dass er in den nächsten Tagen in den Hochsicherheitstrakt der psychiatrischen Abteilung des Zaubererkrankenhauses verlegt werden würde. Die Weasleys wären zwar zu gerne bereit gewesen, den kleinen Potter aufzunehmen, aber die richtige Pflege hätten sie ihm nicht angedeihen lassen können, da niemand in der Familie ein ausgebildeter Heiler war. So erklärte sich schließlich auch Molly unter Tränen einverstanden, Harry einzuweisen.
***
Doch zunächst blieb noch eines zu tun. Albus Dumbledore hatte beschlossen, einen Exorzismus durchzuführen, da der verhängnisvolle Reflexkombinationszauber immer noch aktiv war. Ein einfacher Finite Incantatem hatte leider nicht den gewünschten Erfolg.
Also wurde die verschworenen Gemeinschaft zum dritten Mal zusammengerufen. Sie bildeten einen weiten Kreis in dessen Mitte Harry, Ron und Hermine standen. Ron und Hermine hatten erst Harry und schließlich sich selbst entkleidet. Die Nacktheit war unbedingt nötig, da nichts den nötigen Energie- und Magiefluss behindern durfte.
Es war nicht im eigentlichen Sinne ein Zauber oder Fluch, der Harry von der Wirkung des Reflex Aggresso Magnific befreien sollte, es war vielmehr eine Art ritueller magischer Waschung. Alle Anwesenden waren aufgefordert, eine möglichst große Menge weißer Magie durch Harrys Körper zu schicken, während Ron und Hermine die Aufgabe hatten, ihn aufrecht zu halten und eventuelle Verletzungen zu verhindern.
Wieder stand die Gruppe im mittlerweile schon üblichen Kreis um die drei Teenager herum, die linke Hand auf der Schulter des Nächsten ruhend. Kollektiv wurde unter der Anleitung des Direktors eine meditative Übung abgehalten, in der die Anwesenden so weit wie möglich versuchten, alle negativen Gedanken zu verdrängen. Nichts Dunkles sollte die Atmosphäre beeinträchtigen. Grade bei den Anwesenden, die in der Vergangenheit viel erleiden mussten, wie Remus Lupin, Sirius Black oder auch Mad Eye Moody und Severus Snape, keine leichte Übung.
Dann gab Albus Dumbledore das Startzeichen. In der schon geübten synchronen Bewegung hoben sich die Zauberstäbe und deuteten auf Harrys Mitte. Mit einsetzender Konzentration gab es eine regelrechte Explosion gleißender Farben, die aus den Zauberstäben hervorbrachen und Harrys Körper in allen Spektralfarben aufleuchten ließen. Der Junge zuckte und zitterte, wurde hin und hergerissen, als die positive Energie auf die gespeicherten dunklen Mächte trafen, die in seinem mageren Körper gespeichert waren. Wilde Farbspiralen wirbelten über Harrys blasse Haut, versuchten die Herrschaft über die jetzt ebenfalls deutlich sichtbaren schmutziggrauen und tiefschwarzen Zeichen zu erringen, die immer wieder versuchten, über das Licht zu triumphieren. Letztlich jedoch schien die geballte positive Macht über die Dunkelheit zu triumphieren. Der Sturm der leuchtenden Farben schwoll noch einmal mit aller Macht an, alles Dunkle verschlingend, um sich dann zu einem reinen gleißend weißen Licht zu vereinigen und langsam zu erlöschen.
Sobald das Licht völlig verschwunden war, schien auch alle Energie aus Harrys Köper abgezogen worden zu sein. Ron und Hermine schafften es grade noch, ihn sanft zu Boden gleiten zu lassen, bevor sie selbst neben ihm zusammenbrachen, erschöpft durch den Versuch, ihn zu stützen. Harrys Gesicht hatte nun einen friedlichen Ausdruck angenommen wie schon seit Jahren nicht mehr.
Auch alle anderen Hexer und Hexen hatten sich dort, wo sie vorher noch standen, ausgelaugt zu Boden fallen lassen und kamen nun nach und nach wieder zu Atem.
Madam Pomfrey war nach einer kurzen Untersuchung Harrys mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden. Der Zauber war gebrochen, auch wenn die Behandlung es nicht geschafft hatte, Harrys Seele zurück zu bringen. Diese verborgene Hoffnung, die sie alle gehegt hatten, war leider nicht in Erfüllung gegangen. Da auch die größte denkbare Menge positiver Energie und weißer Magie das nicht zu Wege gebracht hatte, gab es zum St. Mungos keine Alternative mehr.
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Professor Snape blickte sich im Zimmer um. Weiße, schmucklose Wände, ein Stuhl, ein Tisch, ein Bett, ebenfalls alles weiß. Das St. Mungos war wirklich nicht für seine Gemütlichkeit bekannt.
'Kaum die richtige Umgebung um ein Kind wieder ins Leben zurückzuholen.' dachte Snape.
Apropos Kind. Kinder sollten um diese Zeit längst im Bett sein. Das Bett war unberührt. Auf dem Tisch ein Tablett mit Essen, ebenfalls unberührt. Wo war der Junge?
Snape horchte. Was war das? Ein leichtes kaum hörbares Geräusch drang an sein Ohr. Er erhob sich und sah sich genauer um. Das helle Mondlicht erhellte den Raum genug, so dass Snape kein Licht benötigte. Hinter dem Bett in der Ecke des Raumes gewahrte er eine kleine Gestalt. Zusammengekauert lag sie auf dem Boden und schlief.
Potter.
Das weiße Nachthemd ließ nur die Füße frei. Der Kopf im Schatten des Bettes war kaum zu erkennen. Snape trat näher und kniet sich hin. Das schwarze unordentliche Haar fiel dem Jungen ins Gesicht und ließ nur Nase, Wangen und Kinn erahnen.
Ein Geruch ging von ihm aus, als hätte er sich schon länger nicht mehr gewaschen. Vermutlich kam das der Wahrheit sehr nahe. In diesen harten Zeiten hatten die Pfleger mehr als genug zu tun, ohne sich auch noch um die Reinlichkeit und die Ernährung jedes einzelnen Patienten zu kümmern, sei er auch noch so wichtig. Seit bekannt geworden war, dass 'der Junge der lebt' beinahe zu Tode gefoltert und seit der gerade noch geglückten Rettung in der Psychiatrischen Abteilung des St. Mungos behandelt wurde, hatte sich das Chaos, das über die magische Welt hereingebrochen war, noch verstärkt. Nicht nur, dass es dauernd zu Übergriffen der Todesser kam, viele Zauberer und Hexen versuchten immer wieder sich mit den schwierigsten und gefährlichsten Bannflüchen selbst zu schützen, was sehr oft nach hinten losging oder harmlose Passanten verletzte. Daher war das Krankenhauspersonal hoffnungslos überlastet. Und da Harry gar nicht in der Lage war, sich selbst zu waschen und zu ernähren, war der verwahrloste Eindruck kein Wunder.
Zuerst hatten sich seine Gryffindor-Freunde und die Weasley Familie gerne bereit erklärt, sich um den geistig immer noch völlig abwesenden und hilflosen Jungen zu kümmern, aber die Gefahr eines durch Vielsafttrank veränderten Todessers war einfach zu groß gewesen, weshalb das Ministerium alle Besuche strikt unterbunden hatte. Die extra zur Bewachung abgestellten Auroren waren schon damit überlastet, die Pfleger jedes Mal zu überprüfen, wenn sie Harrys Privatkorridor betreten wollten. Um andere Patienten nicht in Gefahr zu bringen, hatte man darauf verzichtet, die restlichen Zimmer zu belegen. So glaubte man auch, der Sicherheit mit nur zwei Wachen am Flureingang genüge getan zu haben.
Snape lächelte verächtlich. Typisch Ministerium. Maximales Denken mit minimalem Ergebnis. Nun, ihm konnte es Recht sein, war es ihm so immerhin möglich gewesen, unbemerkt einzudringen. Erstaunlich war nur, dass ihm Voldemort nicht zuvor gekommen war. Oder vielleicht war der einfach damit zufrieden, Potter in anderen Sphären zu wissen. Da hatten andere Dinge bestimmt höhere Priorität, als ein geistig behindertes oder zumindest abwesendes Kind umzubringen, das ohnehin keine Gefahr mehr darstellte.
***
Snape berührte Harry an der Schulter und schüttelte ihn erst sanft, dann immer stärker, bis der Junge sich regte und aufsetzte. Ohne Snape wahrzunehmen zog er die Knie an, schlang seine Arme darum und begann vor und zurück zu wippen. Genauso hatte Professor Snape ihn das letzte Mal vor einigen Wochen in Hogwarts gesehen, kurz bevor er von den Pflegern des St. Mungos abgeholt worden war.
'Die Hoffnung der Zaubererwelt!' dachte Snape sarkastisch.
Ein kleiner Junge, ausgebüchst in eine ferne Welt, weit ab des grausamen Lebens. Wie naiv konnten Zauberer doch sein, wenn sie dachten, ein Kind könne sie auf Dauer vor der Dunklen Magie beschützen. Und diese Naivität hatte jetzt fast zum Tod des Hoffnungsträgers geführt.
Severus Snape nahm Harrys Kinn, drehte sein Gesicht zu ihm und zwang ihn so, zu ihm aufzusehen. Die grünen Augen starrten ihn blicklos an.
'Eindeutig niemand zu Hause.' dachte Snape mit einem Anflug von Galgenhumor.
Er nahm einen kleinen Gegenstand aus der Tasche, den er als Portschlüssel vorbereitet hatte. Er konnte es nicht wagen mit Potter gemeinsam zu apparieren. Es war schon schwer genug gewesen, allein die Blockaden zu überwinden. Aber zu zweit, das konnte nur schief gehen. Er nahm den Jungen auf die Arme und erhob sich. Das übliche Zerren und Ziehen, und nach kurzem turbulentem Flug landeten sie in einem dunklen von Fackeln erhellten Gewölbe.
Er setzte seine Last ab und Harry nahm gleich wieder mit untergeschlagenen Beinen das Wippen auf.
Snape ging zu einem mit Flaschen, Tiegeln und Phiolen überfüllten Tisch und griff nach einem Kelch mit trübem, brodelnden Inhalt. Stirnrunzelnd betrachtete er die grün-braune Flüssigkeit und ging im Geiste noch mal alle Ingredienzien durch, die er dafür gebraucht hatte.
Severus Snape hatte die Zeit seit dem Ende des Schuljahres nicht ungenutzt verstreichen lassen. Wie viele verbotene Bücher hatte er auf der Suche nach diesem Mittel durchforstet. Bücher, die allesamt auf der Schwarzen Liste des Ministeriums standen. Der Besitz jedes Einzelnen würde ausreichen, um ihn bis an sein Lebensende nach Askaban zu bringen. So wie das Zubereiten dieses Elixiers. Es würde Potter entweder zurückholen oder ihn umbringen. Ein Risiko, das Snape einzugehen bereit war. Draußen ging eine Welt unter. Da war alles Andere nebensächlich.
Zum Glück wusste niemand außer Professor Dumbledore von diesem Geheimlabor tief unter Hogwarts. Doch nicht einmal der Schulleiter wusste, dass Snape hier und jetzt dabei war, dieses Mittel dem Einzigen zu verabreichen, der in der Lage war, die Situation zu entschärfen. Und das einfach nur dadurch, dass er wieder ins Leben zurück fand. Allerdings.... wenn Snape so darüber nachdachte, war er sich gar nicht so sicher, dass Dumbledore davon keine Kenntnis hatte. Gewöhnlich entging dem alten Herren nichts, was in Hogwarts passierte. Der Professor fühlte sich plötzlich beobachtet und schob die lästigen Gedanken schnell beiseite.
Noch einmal suchte Snape nach einem Anzeichen des Lebens in den Augen des Jungen, dann hielt er ihm entschlossen den Kelch an die Lippen. Der kleine Gryffindor schluckte mechanisch alles. Snape setzte sich neben ihn, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und harrte der Dinge die da kommen würden.
Zunächst geschah nichts. Doch dann versteifte sich die schmale Gestalt plötzlich. Die Arme krampften sich um den Leib und ein Stöhnen kam über die Lippen. Das erste Geräusch seit Wochen, das er, von einem gelegentlichen Summen abgesehen, von sich gab. Als Harry zur Seite kippte, fing Snape ihn auf und nahm seinen Kopf in den Schoß.
Heftige Krämpfe schüttelten den schmächtigen Körper, das Nachthemd klebte am schweißnassen Körper. Grüner Schaum trat auf die Lippen. Lange Zeit kamen und gingen immer wieder krampfartige Zuckungen, dann lag er plötzlich still und wurde schlaff. Jegliche Kraft schien aus dem Körper zu weichen. Als Snape schon dachte, er habe einen Fehler gemacht und der Rettungsversuch sei Fehlgeschlagen, holte der Junge tief Luft und ein Stöhnen entrang sich ihm, das alles Leid der Welt zu enthalten schien. Snape ließ ihn von seinem Schoß gleiten und er kringelte sich zu einem Ball zusammen. Snape setzte sich in einen Stuhl und beobachtete wachsam das Verhalten der bedauernswerten Gestalt.
Die Augen waren hypnotisch weit geöffnet und starrten unfokussiert in den Raum. Dann kam auf einmal Leben in sie. Potter richtete sich auf in sitzende Position und rutschte nach hinten, bis er mit dem Rücken an der Wand lehnte. Wieder zog er die Knie an, hob die Arme und sie schützend über den auf die Knie gebetteten Kopf zu legen.
"Potter, hörst du mich?"
Ungeheuer laut schienen Snapes erste Worte im Raum zu stehen.
"Potter! Sieh mich an!"
Harry ließ die Arme sinken und hob den Kopf. In seinen Augen spiegelte sich der ganze Schmerz der nun auf ihn einstürmenden Erinnerungen, die so lange unterdrückt worden waren. Tränen liefen ihm über die Wangen.
"Potter! Weißt du wer ich bin? Kannst du mich erkennen?"
"Warum?"
Krächzend und heiser vom fehlenden Gebrauch kam seine Stimme, kaum mehr als ein Wispern.
"Warum haben Sie das getan?"
Verzweiflung schwang unverkennbar in den wenigen Worten mit.
"Warum habe ich was getan?" kam die überraschte Gegenfrage des Professors.
"Warum haben Sie mich nicht dort gelassen, wo ich war? Dort war Frieden. Dort ging es mir gut. Dort war es ruhig.... in mir. Dort wusste ich nichts."
Immer leiser wurden die Worte, bis sie schließlich erstarben. Der Junge legte den Kopf schräg auf die Knie und starrte, ohne tatsächlich etwas zu sehen die Wand an. Schließlich schlossen sich seine Augen.
'Den Gefallen konnte ich dir leider nicht tun, Junge.' antwortete der Professor in Gedanken. 'Die Welt braucht dich, auch wenn ich mir sicher bin, dass du dort wo du gewesen bist, besser aufgehoben warst. Wo immer das auch gewesen sein mag.'
Nach einiger Zeit war Professor Snape überzeugt, dass der Junge eingeschlafen war. Seufzend stand er auf, hob ihn hoch und legt ihn auf die Pritsche, die in einer dunklen Nische stand. Er zog ihm das schmutzige Nachthemd aus und wusch Harrys verschwitzten Körper mit warmem Wasser ab, ohne dass er davon wach wurde. Die Erschöpfung war wohl zu groß. Auch die Spuren, die die Wirkung des Trankes in seinem Gesicht hinterlassen hatte, ließ er verschwinden. Dann zog er ihm einen frischen Pyjama an und deckte ihn gut zu.
Morgen würde er das Resultat seiner Arbeit Professor Dumbledore vorstellen. Dann würden sie einer staunenden magischen Welt die wunderbare Rückkehr ihres Helden präsentieren, resümierte Snape, die hoffentlich bald zu geübter Routine aus naivem Optimismus und Ignoranz gegenüber der immer noch drohenden Gefahr zurückfinden würde.
Und Potter? Nun, Potter war wiedereinmal der Dumme. Oder würde es wieder sein, wenn Voldemort seinen nächsten Zug machen würde, und der kleine Gryffindor sich ihm einmal mehr in den Weg stellen würde, stellen musste.
Die nächsten zehn Tage würde Potter bestimmt hier in Hogwarts unterkommen. Dann würde das nächste Schuljahr beginnen mit dem Held als Schüler und seinem in der Öffentlichkeit unerkannten Retter als Lehrer. Eigentlich freute sich Snape schon auf den Zaubertränkeunterricht mit Gryffindor und Slytherin. Da konnte er bestimmt wieder über Potter herziehen und nach Herzenslust Punkte abziehen und Strafarbeiten verteilen.
'Die Rückkehr zur Normalität wird uns bestimmt allen gut tun', dachte Snape mit einem Grinsen, während er den gleichmäßigen Atemzügen seines Schülers lauschte und an einem Glas irischen Malt Whiskey nippte. Und wenn die Normalität ihm dann auch noch soviel Spaß machte.....
Und dann? Wie würde es dann mit Harry Potter weiter gehen? Nun, zunächst musste er lernen wieder zu leben. Alles weitere würde die Zukunft zeigen.
-Fin-
Es ist soweit. Nie hätte ich gedacht, dass ich es tatsächlich bis hierher schaffen würde. Jetzt bleibt mir nur noch ein letzter Dank an meine RevierInnen.
Und mit einer Verbeugung verabschiedet sich Sssnitch
