Gebrochenes Herz

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Disclaimer: Alle bekannten Personen und Orte gehören J.R.R. Tolkien. Mir gehört nur die Idee zu dieser Story, mit der ich auch kein Geld verdiene!!!

Rating: PG 13 - später eventuell mal zwischendurch R

Zeit: Drittes Zeitalter, einige Jahre vor der Geburt Aragorns

Pairing: noch keines

Warnung: In den späteren Kapiteln könnte es zu Slash kommen! Wer so etwas nicht mag, sollte diese Story besser nicht lesen!

Summary: Haldir leidet. Was ist geschehen und wird es noch jemandem gelingen ihm zu helfen, bevor er in Mandos Hallen eingeht?

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@all: Vielen lieben Dank für Eure Reviews! Hab mich riesig gefreut!

@Shelley: Knusprig? Nun ja, ich würde sagen, auf Haldir trifft knusprig momentan vielleicht nicht so ganz zu! *gg* Willig? Wart's ab!

@Lady-of-Gondor: Danke für Dein Lob! Ob Elladan helfen kann? *Nach unten auf Kapitel zeig* ;)

@Sparrow-666: Danke für Dein Lob! Ich und gemein? Aber nicht doch! *zwinker* Das neue Kapitel ist ja nun da! Hoffe, es ging Dir schnell genug!

@heitzi: Ja, sich an einen Galadhrim anschleichen ist niemals so ungefährlich! Das weiß Elladan jetzt sicher auch! ;) Wie Haldir seine verheulten Augen erklärt? *nach unten deute*

@Joshua Nenya: Danke für Dein Lob! Viel Spaß beim weiteren 'spionieren'! *zwinker*

Und nun wünsche ich Euch ganz viel Spaß beim Lesen!

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Kapitel 3 - Tränen

Haldir war sich sicher, dass ihm hierher so schnell niemand folgen würde. Er fühlte sich hier ein wenig geborgen, so dass er schließlich seinen Gefühlen freien Lauf gelassen hatte. Er hatte alles um sich herum vergessen. Er wollte an nichts denken, nur allein sein und endlich dem Drang zu Weinen nachgeben, der ihn die ganze Reise vom Goldenen Wald bis nach Bruchtal gequält hatte. Er war sich so sicher gewesen, dass ihn hier niemand stören würde. Er hatte so dringend ein einsames Fleckchen gebraucht, um seinem Schmerz nachzugeben. Niemand sollte ihn so sehen. Für die anderen war er der starke, mächtige und unerschütterliche Hauptmann. Und das wollte er auch bleiben, deshalb vermied er es um jeden Preis vor anderen auch nur den Hauch von Schwäche zu zeigen. Doch er war doch auch nur ein Elb. Auch er hatte ein Herz und Gefühle. Er hatte zwar gelernt seine Gefühle zu kontrollieren und das auf eine Art und Weise, für die er in ganz Lothlorien bewundert wurde. Aber sie waren doch da. Er konnte sie zwar in den Hintergrund drängen, aber irgendwann wurde es auch für jemanden wie ihn zuviel.

Doch selbst jetzt, wo er weinend am Ufer saß und auf den Fluss schaute, versuchte er noch sich zu kontrollieren. Das einzige was er sich ab und an erlaubte war ein leises Schluchzen. Ihm war nicht bewusst wie lange er hier schon saß. Seine Gedanken weilten weit entfernt von diesem idyllischen kleinen Plätzchen.

Wie sehr er in seine Gedanken versunken war, merkte er erst, als plötzlich und unerwartet ein Schatten auf seinen Schoß fiel. Panik ergriff ihn. Wie hatte er nur so leichtsinnig sein und sich so gehen lassen können? 'So was kann tödlich enden, du Narr! Für dich selber, oder schlimmer noch für deinen Herrn', schoss es ihm durch den Kopf, als er bereits sein mächtiges Schwert gezogen hatte und es mit einer raschen Bewegung seinem Gegenüber an die Kehle drückte. Nicht so, dass derjenige verletzt wurde, aber immerhin auf eine Art, dass der andere sich nicht mehr wegbewegen würde, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, danach einen Kopf kürzer zu sein.

Elladan hob sehr langsam die Hände, um seinem Gegenüber zu zeigen, dass er nichts böses vor hatte. Sein Blick war voller Überraschung. Er hatte nicht mit einer so irrsinnig schnellen Reaktion gerechnet. Er ärgerte sich im Stillen, dass er den Elb nicht angesprochen hatte, denn er hatte ihn ganz offensichtlich erschreckt. Und das war nicht seine Absicht gewesen. Ebenso hoffte er, dass er den Galadhrim nicht verärgert hatte, denn auch das war nicht seine Absicht gewesen.

Ein Blick in das Gesicht des Elben verwirrte ihn. Der Gesichtsausdruck des Kriegers war zwar hart und zu allem bereit. Seine Augen blickten auch wachsam und berechnend, doch sie waren rotgeweint, die Wangen nass von Tränen. Fragend musterte Elladan den Galadhrim.

Haldir registrierte - für ihn ungewöhnlich langsam -, dass sein Gegenüber ihn nicht angreifen wollte. Erst jetzt machte er sich die Mühe den Elben der ihm gegenüber stand zu mustern. Die Sonne blendete ihn dabei ein wenig, da sie genau hinter dem Elb stand und er musste kurz blinzeln. Dennoch erkannte er sofort, dass es sich um einen dunkelhaarigen Noldorelben handelte. Langsam senkte sich sein Schwert. Sie hatten zwar noch kein Wort gewechselt, aber der Blick, mit dem der Elb ihn ansah, verunsicherte ihn.

Elladan trat einen kleinen Schritt zur Seite, da er das Blinzeln Haldirs bemerkt hatte und er wollte sich so stellen, dass dieser ihn besser sehen konnte, ohne die störenden Sonnenstrahlen. "Ich wollte Euch nicht erschrecken", sagte Elladan ruhig. In diesem Augenblick erkannte Haldir wer da vor ihm stand und ihm wurde augenblicklich beinahe schlecht. Er hatte die Impertinenz besessen, einen der Enkelsöhne seines Lords mit dem Schwert zu bedrohen. Es war zwar keine Absicht gewesen, doch hätte er sich nicht so gehen lassen, wäre es nicht so weit gekommen. Was wenn er noch weiter gegangen wäre...? Dieser Gedanke machte ihm Angst und die Konsequenzen, die daraus resultieren konnten... resultieren würden, ließen leichte Übelkeit in ihm aufsteigen. "Bitte verzeiht..... ich... ich habe unkontrolliert und unvorsichtig gehandelt, Lord", sagte Haldir sofort, während er die Augen niederschlug. Gleichzeitig war er erschrocken, dass man das lange Weinen seiner Stimme so deutlich anzuhören schien. Außerdem schämte er sich, dass er den Lord vor ihm nicht mal angemessen ansprechen konnte, da er nicht wusste, welchen der Zwillinge er vor sich hatte.

Elladan spürte, dass Haldir sich für das was er gerade getan hatte schämte und offenbar in seinem Kopf bereits Zurechtweisungen durch Celeborn oder Elrond stattfanden. Nun, dass Haldir sich jetzt noch schlechter fühlte, war auch nicht Elladans Absicht gewesen. Er hatte auch nicht vor, diesen Vorfall seinem Vater oder Großvater zu erzählen. Er lächelte Haldir freundlich an. "Nein, ich muss mich bei Euch entschuldigen. Ich wollte Euch wirklich nicht erschrecken. Ich sah Euch dort sitzen und...." Elladan brach ab. Aus einem ihm nicht ersichtlichen Grund fehlten ihm plötzlich die richtigen Worte. "Ich sah, wie Ihr dort saßt und.... wollte Euch fragen, ob Ihr etwas benötigt... Hilfe vielleicht?" brachte er schließlich hervor.

Haldir hatte inzwischen das Schwert wieder in die Scheide gesteckt und den Worten Elladans gelauscht. Zu seiner Überraschung schien Elronds Sohn sich nicht über seine 'Attacke' zu ärgern. Als der dunkelhaarige Elb nun aber endete, begann Haldir sich zu schämen. Was für ein Bild gab er hier eigentlich ab? Er sah sicher vollkommen verheult aus, attackierte grundlos einen anderen Elben und stotterte sich dann lahme Ausreden zurecht? Das war doch nicht er selbst. Damit war genau das geschehen, was er um jeden Preis hatte vermeiden wollen. Deshalb war er nicht in den Gärten Bruchtals geblieben, sondern fortgeritten. Er hatte nicht gewollt, dass jemand ihn so sah und ihn dann auch noch fragte, ob er ihm helfen könne. "Nein, danke. Das ist sehr freundlich von Euch, aber ich komme schon zurecht", hörte er sich leise antworten während sich ein schmerzlicher Gedanke in den Vordergrund seines Denkens schob: was würde nur geschehen, wenn sich diese Begebenheit hier herumsprechen würde und seine Untergebenen oder gar sein Lord davon erfuhren?

Elladan wollte sich damit aber nicht zufrieden geben. Er sah, dass es Haldir unangenehm war, dass er entdeckt worden war. "Ich zweifele nicht daran, dass ein Hauptmann der Galadhrim allein zurecht kommt. Doch Ihr seid zur Zeit unser Gast hier in Bruchtal. Gäste sollen sich wohl fühlen. Und Ihr seht mir im Augenblick nicht so aus", begann er etwas zögerlich. Er erhaschte einen kurzen Blick des Hauptmannes. Daher ging er auf das ein, was diesen ganz offensichtlich momentan am meisten bewegte. "Es muss Euch nicht unangenehm sein, dass ich Euch so gesehen habe. Wenn es Euer Wunsch ist, so wird keine Seele je davon erfahren." Er beendete diesen Satz mit einem aufmunternden Grinsen. "Nicht mal mein Bruder!" fügte er dann spitzbübisch hinzu.

Haldir sah den jüngeren Noldor an. 'Er sieht seinem Vater wirklich ähnlich', dachte er, 'die gleichen sanften Augen, das selbe lange schwarze Haar.' Ein kleines, schmales Lächeln huschte kurz über sein Gesicht, als er das Mienenspiel des Sohnes Elronds beobachtete. Für den kurzen Moment fühlte er sich an seine jüngeren Brüder erinnert, die manchmal ganz ähnlich grinsten. Er konnte nicht sagen, was es war, doch für einen Moment verspürte er den Wunsch sich diesem Elben anzuvertrauen. Aber seine Disziplin ließ ihn zögern. Es stand ihm gewiss nicht zu, den Enkel seines Lords mit seinen Problemen zu belästigen, auch wenn dieser es ihm anbot. Gewiss war dies nur eine Höflichkeitsfloskel. Er hatte die Hände an die Seiten seines Körpers gelegt und wieder eine gewisse militärische Haltung angenommen, die er als geboten empfand. Am liebsten wäre er nun einfach zu seinem Pferd gegangen und hätte sich mit ihm noch tiefer in den Wald zurückgezogen. Doch er war ein Hauptmann und deshalb wusste er, dass es ihm nicht erlaubt war sich zu entfernen, ohne dazu aufgefordert worden zu sein oder eine Genehmigung erhalten zu haben. "Dafür wäre ich Euch sehr dankbar", brachte er leise hervor. Dann schluckte er und fuhr zögerlich fort: "Ich denke, es wäre nicht angemessen, Euch zu behelligen." Nervös wartete er, wie der jüngere Elb nun reagieren würde.

Dieser überraschte ihn. "Ihr habt Euch einen wunderschönes Flecken Erde ausgesucht", sagte Elladan sanft, wandte den Blick von Haldir ab und ließ ihn über die Umgebung schweifen. "Ihr wolltet gewiss allein sein, um über etwas nachzudenken, das euch beschäftigt....oder vielmehr quält", fuhr er ebenso sanft fort. "Und dann wurdet Ihr durch mich gestört und habt etwas getan vor dessen Konsequenzen Ihr euch nun fürchtet."

Haldir nickte innerlich. Dieser Zwilling verstand es in ihm zu lesen wie in einem offenen Buch. Eine Tatsache, die Haldir beunruhigte, denn für gewöhnlich war er nicht so leicht durchschaubar. Es war eher ganz das Gegenteil die Regel. Doch heute war sowieso alles anders.

Elladan sah den blonden Hauptmann wieder direkt an. "Schaut mich an", bat er fast schüchtern. Haldir hob sofort den Blick, wobei er sich wieder seines sicherlich immer noch vom Weinen gezeichneten Gesichts schämte. Er fürchtete fast ein wenig, was er sehen würde, wenn er in das Gesicht des anderen Elben blickte. Angenehm überrascht stellte er fest, dass die dunklen Augen ihn noch immer freundlich anblickten. Der andere Elb lächelte leicht. Das Lächeln erreichte auch seine Augen und ließ sie noch mehr strahlen. Außerdem erschien auf jeder Wange ein kleines Grübchen, was das Lächeln zu etwas ganz besonderem machte. "Fürchtet Euch nicht vor irgendwelchen Konsequenzen. Es wird keine geben. Das versichere ich Euch! Der kleine Vorfall ist schon vergessen. Ich hoffe, dass Euch das ein wenig beruhigt", sagte Elladan während er so freundlich lächelte.

Eine Welle der Erleichterung flutete durch Haldir. "Danke, das ist sehr großzügig", antwortete er. Und dann wurde er sich gewahr, dass er sich fast in den dunklen Augen des Elben ihm gegenüber verloren hatte. In seinem Lächeln. Das war wohl nicht sein Tag heute, denn es geziemte sich auch nicht, einen anderen Elben und schon gar nicht einen höhergestellten Elben so anzustarren. Außerdem ärgerte er sich auf einmal, dass ihm partout keine angemessenen Worte einfallen wollten. Allerdings musste er feststellen, dass der Sohn Elronds ihn ebenso ansah und sich wohl auch erst jetzt bewusst wurde, was er gerade tat. Obwohl es Haldir dennoch unangenehm war, dass ihm heute andauernd solche Ausrutscher passierten.

"Ihr braucht nicht vor mir stramm zu stehen. Ihr seid doch gewiss in Eurer Freizeit hier. Und es liegt mir fern Euch irgendetwas zu befehlen", begann Elladan erneut. Daraufhin lockerte sich die Haltung des Kriegers wieder und die Anspannung schien etwas von ihm abzufallen.

Haldir empfand große Dankbarkeit für den Elb. Und nach all diesen Worten fühlte er sich in seiner Nähe auf einmal nicht mehr so unwohl. Vielleicht sollte er das Angebot des Zwillings doch annehmen? Tat es vielleicht doch gut mit jemandem darüber zu reden? Celeborn und seine Eskorte würden noch länger in Bruchtal bleiben, was bedeutete, dass er niemanden hier hatte, mit dem er sich über das was ihn im Augenblick bewegte würde sprechen können. Seine untergebenen Soldaten ging das alles nichts an und er konnte schlecht mit Lord Celeborn selber über den Grund seiner Traurigkeit sprechen. Ebenso wenig wie mit Lord Elrond. Doch dessen Sohn hier war irgendwie anders. Aus irgendeinem Grund empfand er bei ihm nicht diese große Hemmschwelle. Er fasste sich ein Herz und bat: "Würdet Ihr mir ein wenig Gesellschaft leisten?"

Elladan lächelte: "Aber natürlich, gern!" Und er machte eine einladende Geste Richtung Ufer.

Haldir folgte ihr und so gingen sie zunächst ein wenig am Ufer entlang, ehe sie sich auf einem anderen Platz niederließen. Ihre Pferde hatten sie gut im Blick. Elladan hatte diesen Ort angesteuert, weil man von hier aus den Wasserfall noch schöner sehen konnte. Eine Weile saßen sie nur schweigen da, lauschten dem Singen der Vögel, dem Rauschen des Waldes und dem Plätschern des Wassers und freuten sich still an dem schönen Ausblick. Keiner der beiden schien das Schweigen jedoch als unangenehm oder drückend zu empfinden. Elladan wollte Haldir auch nicht zu einem Gespräch drängen.

Auf einmal brach Haldir das Schweigen: "Hat Euch schon einmal das Verhalten eines anderen Schmerz zugefügt? Ich meine nicht körperlichen Schmerz, nicht ausgelöst durch ein Schwert oder eine Pfeilwunde?"

Als Elladan nun wieder Haldir ansah, entdeckte er frische Tränenspuren auf seinen Wangen und während Haldir sprach, kamen immer wieder neue nach. Er verstand was Haldir meinte. "Ja", antwortete er leise und dachte an die Tage zurück, in denen seine Mutter von Orks überfallen worden und dann nach Valinor gereist war. Er hatte so an seiner Mutter gehangen und sie fehlte ihm noch heute. Elrond hatte damals viel zu tun gehabt, seinen Kindern die Mutter zu ersetzen, aber bei Elladan war es am schwersten gewesen. In wenigen leisen Worten umschrieb er Haldir was sich damals zugetragen hatte. Wie schwer der Verlust für ihn war, auch wenn er gewusst hatte, dass es so für seine Mutter besser war. Er hatte sich damals beinahe von ihr verraten gefühlt, ungeliebt, als sei er ihr nicht wichtig genug gewesen. Von ihm zunächst unbemerkt, hatte sich auch in seine Augen nun eine Träne geschlichen, als er von jenen Tagen sprach und die Erinnerung durchlebte. Er wischte sie jedoch nicht weg.

Haldir hingegen hatte sich mit einem Zipfel seines Umhangs bereits mehrmals über das Gesicht gewischt, um ihm wieder ein anständigeres Aussehen zu geben. Er hatte aber auch äußerst aufmerksam den Worten des dunkelhaarigen Elben gelauscht. Sie hatten etwas in ihm bewegt. Dieser Elb hatte ebenfalls einen Verlust hinnehmen müssen. Anders als er selbst, doch er war sich nun sicher, dass der Elb ihn würde verstehen können. Er hoffte, in ihm zu finden was er gesucht hatte. Einen Gesprächspartner, dem er sich anvertrauen konnte, ohne Angst haben zu müssen nicht ernst genommen zu werden.

Über Elladans Wange war nur jene einzelne Träne geflossen und er sah nun den Hauptmann an. Wäre der nun bereit, ihm zu erzählen, was ihn bedrückte? Er wollte gerade den Mund öffnen und diese Frage vorsichtig stellen, als Haldir von selbst anfing zu sprechen.

"Es war schon immer mein Wunsch, eine Militärlaufbahn einzuschlagen", begann der Galadhrim zögerlich. "Ich habe stets hart an mir gearbeitet und mir alles was ich erreicht habe selbst aufgebaut."

Elladan nickte und lauschte aufmerksam. Noch war ihm nicht ganz klar worauf dieses Gespräch hinauslief. Hatte Haldir etwas getan, das ihn seiner Verdienste berauben könnte? "Ihr könnt mit Recht stolz sein auf Eure Leistungen", sagte er daher aufmunternd.

"Bisher war ich das auch immer. Auch wenn ich für andere oft unbewegt wirke, so freute ich mich doch stets sehr an jedem noch so kleinen Fortschritt. Und als ich Hauptmann der Grenztruppen wurde und dann selber viele Soldaten mir unterstellt waren, da war ich sehr stolz auf mich. Stolz, dass ich nun selbst eine jener Uniformen tragen durfte, die ich früher immer bewundernd betrachtet habe", fuhr er fort.

"Das kann ich mir gut vorstellen", antwortete Elladan und mit einem schelmischen Lächeln warf er ein: "Sie steht Euch ausgezeichnet. Das ist sicher auch den Mädels in Lorien aufgefallen, nicht wahr?"

Diese unbedachte Äußerung hatte erstaunliche Folgen. Die Augen des blonden Elb wurden wieder leicht feucht und sein Blick richtete sich aufs Wasser. "Ja, das ist es", brachte er mühsam beherrscht hervor. Er schwieg einen Moment um wieder bessere Kontrolle über sich und seine Stimme zu bekommen, die eben leicht heiser geklungen hatte. Erst dann sprach er leise weiter. "Es fiel nicht nur einem Mädchen auf. Und... verzeiht wenn ich das so offen sage, aber ich bin auch nur ein Mann....und ich sehnte mich eines Tages nach einer Gefährtin..... es war nicht schwer, viele Elbinnen schienen an mir interessiert zu sein... Ich lernte eines Tages eine Elbin kennen, die mir mehr bedeutete als alle anderen. Wir verbrachten eine wundervolle Zeit zusammen, bis ich an die Grenzen musste. Ich war ihr zu oft und zu lange von Caras Galadhon weg. Sie verlor das Interesse an mir und wollte mich nach kurzer Zeit schon nicht mehr treffen...." Haldirs Atmung vertiefte sich merklich und er machte wieder eine Pause.

Elladan dämmerte so langsam, was los war. "Das war nicht gerecht, Ihr habt nur Eure Pflicht getan", startete er einen Versuch, als Haldir jedoch den Kopf schüttelte und weitersprach.

"Ich war damals sehr geschockt.... ich habe sie wirklich geliebt... und gedacht, ich bedeute ihr ebensoviel wie sie mir.... doch es war wohl nicht so. So ging es bestimmt mehrere Jahre....immer wenn ich glaubte eine Gefährtin gefunden zu haben, dann störte es sie, dass ich an der Grenze arbeitete und nicht immer in ihrer Nähe sein konnte....und nun vor einigen Monaten trat wieder eine Elbin in mein Leben...ihr Name war Merilin[1]. Sie war selbst für eine Elbin außergewöhnlich schön. Es gab kaum einen Soldaten in meiner Gruppe, der nicht gerne mit ihr zusammengewesen wäre. Daher konnte ich mein Glück kaum fassen, als ich merkte, dass ihr Interesse mir galt. Wir fanden tatsächlich zueinander und ich war so unsagbar glücklich, denn es schien sie nicht im Mindesten zu stören, dass mein Arbeitsplatz die Grenze war." Wehmütig blickte Haldir in die Ferne. Als er fortfuhr, konnte er nicht verhindern, dass wieder Tränen in seine Augen traten.

"Und vor einigen Wochen kam die Nachricht, dass ich die Eskorte Lord Celeborns nach Bruchtal führen sollte. Ich wurde zur Besprechung in seinen Palast gerufen. Anschließend ging ich zu Merilin. Ich wollte sie überraschen und dachte, dass sie sich freuen würde, dass ich außer der Reihe bei ihr sein könnte. Doch vor ihrem Talan wurde ich von Raw[2] begrüßt, nicht von ihr. Raw ist der Hauptmann der südlichen Grenzwachen...er ist sehr bekannt und beliebt in Lorien...er war immer mein Vorbild......." Haldir wischte sich hastig wieder Tränen vom Gesicht.

Elladan vermied die Frage nach dem genaueren Aufbau, der Befehlsstrukturen in Lorien. Sie war hier fehl am Platz. Ein Verdacht war nun in ihm aufgekeimt. In einer Geste des Tröstens berührte er kurz Haldirs Schulter.

Haldir verstand die stumme Aufforderung, doch es fiel ihm so schwer diese Worte zum ersten Mal überhaupt auszusprechen. Sie zu wissen und in sich zu tragen war eine Sache, aber sie über die Lippen zu bringen, eine andere.

"Sie kam herunter....bat Raw oben zu warten....sie wollte kurz mit mir reden....ich verstand erst nicht...wollte nicht verstehen...und dann....dann sagte sie mir, dass sie mich nicht mehr sehen wolle....ich war vollkommen verwirrt und dann erklärte sie mir, dass.....dass Raw nun ihr Gefährte sei.....es täte ihr leid,.....ich sei ja ganz nett.....aber sie habe niemals etwas für mich empfunden.....nur für ihn......aber an ihn heranzukommen sei eben.....schwer gewesen und.....sie habe mich gebraucht, um....um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. ......Es tat so verdammt weh." Nun entrang sich wieder ein Schluchzen Haldirs Kehle und erneut liefen Tränen über seine Wangen.

Elladan legte erneut seine Hand auf die Schulter des Hauptmannes. Er wollte ihn durch die Berührung etwas beruhigen, ihm einen Halt geben, das Gefühl nicht allein zu sein. Er war sprachlos vor Entsetzen und Wut darüber, was diese Elbin getan hatte. Wie konnte sie einen anderen Elben so verletzen, seine Gefühle so mit Füßen treten. Sie wusste doch genau, was das zur Folge haben konnte. Elladan machte sich nun ernsthafte Sorgen um den Hauptmann. Dieser Verlust hatte ihn aus der Bahn geworfen, schmerzte ihn so sehr. Immer wieder wiederholte Haldir leise: "Es tut so weh.....es tut so weh..."

******************** So, ich hoffe, auch dieses Kapitel hat Euch wieder gefallen! Ich wäre jedenfalls dankbar für ein paar kleine Reviews! Dann erfahrt Ihr auch bald, wie es weitergeht!

----------------------- [1] Nachtigall [2] Löwe