Gebrochenes Herz
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Disclaimer: Alle bekannten Personen und Orte gehören J.R.R. Tolkien. Mir gehört nur die Idee zu dieser Story, mit der ich auch kein Geld verdiene!!!
Rating: PG 13 - später eventuell mal zwischendurch R
Zeit: Drittes Zeitalter, einige Jahre vor der Geburt Aragorns
Pairing: noch keines
Warnung: In den späteren Kapiteln könnte es zu Slash kommen! Wer so etwas nicht mag, sollte diese Story besser nicht lesen!
Summary: Haldir leidet. Was ist geschehen und wird es noch jemandem gelingen ihm zu helfen, bevor er in Mandos Hallen eingeht?
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@Shelley: Vielen Dank für Dein nettes Review! Ja, aufgeweicht trifft's im Moment eher! *zwinker* Schauen wir doch mal, ob und wie Elladan trösten kann!
@Sparrow-666: Vielen Dank für Dein nettes Review und Dein Lob! Ja, ich versuche mal, den Haldir von einer etwas anderen Seite zu zeigen! Ich hoffe, es gelingt mir einigermaßen! Ich hoffe, es gefällt Dir auch weiterhin!
@Lady-of-Gondor: Vielen Dank für Dein Review! Ich freu mich, dass Du meine Geschichte so bewegend findest! Ich gebe mir Mühe weiterhin viel Gefühl in die Story einfließen zu lassen! Ich hoffe, Du hast weiterhin viel Freude beim Lesen, auch wenn mal die eine oder andere Träne kommt!
@heitzi: Vielen Dank für Dein liebes Review! Ich finde auch, dass der Haldir so eine Frau gar nicht verdient hat! Elladan und Haldir würden Dir also gefallen? Tja, dann werde ich mal versuchen einen weiteren Grundstein dafür zu legen! Weiterhin viel Spaß!
@Loria: Vielen Dank für Dein Review! Ich freu mich sehr, dass noch mehr Leute zu meiner kleinen Geschichte finden! Weiterhin viel Spaß beim Lesen!
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Kapitel 4 - Trost
Elladan schäumte innerlich vor Wut. Oh, wenn er diese Elbin zu Gesicht bekommen würde. Dann könnte er vermutlich für nichts garantieren, musste er sich eingestehen. Wenn sie nur sehen könnte, was sie angerichtet hatte. Der Elb, der hier neben ihm saß, hatte nichts mehr gemein mit dem stolzen, tapferen und unnahbaren Haldir, Hauptmann der nördlichen Grenzwachen Lothloriens, von der Rüstung mal abgesehen. Dieser Elb war ein zitterndes Häufchen Elend am Ende seiner Kräfte. Doch Elladan war sich in einem sicher, er wollte es nicht zum Äußersten kommen lassen. Er wollte nicht, dass Haldir an dem Erlebten zugrunde ging. Dieser Hauptmann hatte tatsächlich zwei grundverschiedene Seiten, wie er überrascht hatte feststellen müssen.
Er kannte Haldir nicht näher, doch bisher hatte er sich mit seinem Bruder immer über ihn mokiert. Sie hatten Haldir bisher nur wenige Mal getroffen und sie hatten ihn nie näher kennengelernt, nur mitbekommen, wie er mit seinen Untergebenen umging und sich anderen gegenüber verhielt. Nach jenen wenigen Begebenheiten hatten sie sich jedes Mal gefragt, ob er überhaupt lebe und so was wie ein Herz habe. Klar, das waren Albernheiten gewesen, doch Elladan wusste in seinem eigenen Herzen, dass er sich nicht nur einmal gefragt hatte, ob dieser Krieger so etwas wie Gefühle besaß. Erst jetzt eben war ihm klar geworden, dass Haldirs übliche Haltung nur aus seinem Beruf resultierte. Er hatte nur nie darüber nachgedacht und schämte sich jetzt dafür. Natürlich war auch Haldir nur ein Elb wie jeder andere. Vielleicht war es sogar schlimm für ihn, wenn niemand in ihm etwas anderes sah, als einen gefühlskalten, perfekten Krieger, der bei all seinen kämpferischen Talenten unfähig war etwas wie Liebe oder Freude zu empfinden.
Doch heute, hier am Fluss hatte er das andere Gesicht Haldirs gesehen. Und er war sogar irgendwie erleichtert und erfreut darüber. Es weckte Neugierde in ihm und das Verlangen diesen anderen Haldir kennen zu lernen. Er blinzelte zu ihm hinüber und sah, wie er krampfhaft versuchte sich zu beruhigen und es ihm nicht gelingen wollte. Vorsicht, ja schüchtern gar, nahm er die Hand von Haldirs Schulter und legte seinen ganzen Arm um ihn.
Haldir erzitterte kurz unter der Berührung. Endlich hatte er ausgesprochen, was ihm das Herz abschnürte. Doch die Erkenntnis und die Endgültigkeit und Unumstößlichkeit der Tatsachen, die aus seinen Worten geklungen war hatte ihn nochmals getroffen. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Er fühlte sich unendlich allein. Da Elronds Sohn auch eine Weile nichts gesagt hatte, dachte er zunächst, dass dieser ihn nun auch noch verhöhnen würde, wie dumm er gewesen sei oder irgendetwas in der Richtung sagen würde.
Es dauerte eine Weile bis er merkte, dass der andere Elb seinen Arm um ihn gelegt und seine andere Hand sachte auf seinem Unterarm platziert hatte. Als er kurz aus seinen tränenverschleierten Augen blickte, sah er dass dem dunkelhaarigen Elb eine weitere Träne, nur eine einzige über die Wange lief. Diese Gesten bedeuteten Haldir mehr als jedes gesprochene Wort. Sie signalisiertem ihm das Verstehen und er fühlte sich ein wenig erleichtert. Dankbar stellte er fest, dass der andere Elb nicht zurückwich, als er sich vorsichtig ein wenig an ihn lehnte.
Elladan hielt den zitternden Elbenkrieger lange Zeit ganz ruhig in seinem Arm, bemüht ihm ein Gefühl der Geborgenheit zu geben. Irgendwann fing er an Haldir sanft beruhigende Worte zuzuflüstern. Worte, die trösten und ihm Anteilnahme und Verständnis vermitteln sollten. Die Träne die diesmal ihren Ursprung in der übermächtigen Wut auf jene Elbin hatte, hatte er wieder nicht fortgewischt.
Während Haldir diesen Worten lauschte, entspannte er sich mehr und mehr. Er vermochte nicht zu sagen, woran es lag, doch auf einmal schämte er sich nicht mehr, vor dem Sohn Elronds zu weinen. Im Gegenteil, es verschaffte ihm ein wenig Erleichterung. Es war so anders gewesen, als er allein geweint hatte. Da war nicht mal der Anflug eines erleichternden Gefühls aufgetreten. Doch obwohl er ein Krieger war hatten die Weinkrämpfe ihn erschöpft. Mehr als er sich selbst zugestehen wollte, daher er war dankbar für den Halt, den er durch die tröstenden Berührungen des anderen Elben erfuhr.
Elladan spürte diese Erschöpfung ebenfalls. Haldir schien sich auf eine ihm bisher unbekannte Weise ziemlich stark verausgabt zu haben. Daher legte Elladan nun mehr Gewicht in seine Bemühungen den Hauptmann nicht nur zu stützen, sondern ihn zu beruhigen. "Es ist nicht Eure Schuld, was geschehen ist. Es lag auch gewiss nicht an Euch", flüsterte er leise. "Es war ein unfaires, hinterhältiges und äußerst gemeines Spiel, das Merilin mit Euch trieb. Ihr habt nichts getan was so eine Behandlung rechtfertigt und Ihr habt sie auch nicht verdient."
"Es ist..... gewiss mein Fehler... gewesen", flüsterte Haldir mit tränenerstickter Stimme schwach zurück.
"Nein, das war nicht Euer Fehler. Diese Elbin verdient jemanden wie Euch überhaupt nicht", antwortete Elladan. Er wusste, dass diese Worte oft gebraucht wurden, doch im Augenblick empfand er sie wirklich so. Was für ein Monster musste diese Elbin sein, sich so zu benehmen und sich dann nicht einmal Gedanken darum zu machen, was aus ihrem 'Opfer' wurde.
Auf Haldir schienen die Worte positiv zu wirken. Er schluchzte zwar noch einmal leise auf, doch dann brachte er es fertig unter seinen Tränen ganz kurz ein wenig zu lächeln, als er Elladan wieder anblickte. "Meint Ihr das ernst?" fragte er leise.
Elladan nickte. "Natürlich, sonst hätte ich es doch nicht gesagt, nicht wahr? Ich bin nicht wie jene gemeine Elbin, die es gewagt hat Euch ins Gesicht zu lügen und dabei auch noch anzulächeln", entgegnete er. Als er sah, dass seine Worte nur kurzfristig Wirkung zu zeigen schienen fügte er hinzu: "Ich weiß, dass es schwer ist, doch Ihr könnt darüber hinwegkommen. Ihr seid stark, das spüre ich." Zur Unterstreichung seiner Worte klopfte er Haldir leicht auf die Schulter, auf der seine linke Hand momentan ruhte. Die rechte befand sich noch immer auf Haldirs rechtem Unterarm.
Haldir sah den ihn tröstenden Elb mit einem Blick an, der Hilflosigkeit, Schmerz und Zweifel, aber auch leise Hoffnung widerspiegelte. Er wollte den Worten des Noldor so gern Glauben schenken, doch sein Selbstwertgefühl, seine Selbstachtung hatte einen schweren Schlag erlitten. "Jeder glaubt, dass ich stark sei.... nur ich selbst sehe das im Moment nicht", gab er schüchtern zurück.
Die Wunde in Haldirs Seele war da und sie war tief, das wusste Elladan nun. Doch sie konnte vielleicht noch geheilt werden, wenn er jetzt keinen Fehler beging. Er wusste nicht genau, was seine Beweggründe waren, doch er wollte Haldir helfen und ihm beistehen, den Schmerz zu verwinden und wieder in sein alltägliches Leben zurückzukehren ohne sich stets selbst zu quälen. "Ihr seid es.....und solange Ihr in Bruchtal seid....werde ich Euch gern helfen, wann immer Ihr Hilfe ....oder eine Schulter zum Ausweinen braucht", bot Elladan an. Die letzten Worte sagte er mit einem schelmischen Lächeln.
Haldir sah rasch auf, als er an der Stimme hörte, dass der Elb offenbar lächelte. Und wieder erreichte jenes Lächeln die Augen und zauberte diese neckischen Grübchen in seine Wangen. Ein seltsames Gefühl, das Haldir nicht zu deuten vermochte, durchströmte ihn. Das Angebot des anderen Elben klang angenehm. Er fühlte, dass er es allein nicht schaffen konnte seinem Schmerz zu entfliehen. Und die einzigen Elben, die ihm hätten helfen können, waren viele Tagesritte entfernt. Denn seine Brüder waren die einzigen, denen er sich hätte anvertrauen können. Doch dieser Elb hier hatte ihm gezeigt, dass er ihn ernst nahm, dass er seine Sorgen teilte, dass er verstand und er hatte eine wunderbare, einfühlsame Art zu trösten. Haldir kam sich nicht lächerlich vor, wenn er sich ihm anvertraute. Es tat gut zu wissen, dass er jemanden in Bruchtal hatte, zu dem er gehen könnte, wenn seine Gefühle ihn erneut zu überwältigen drohten. Dies gab den Ausschlag für eine Wandlung in seiner Seele. Offenbar war die Zeit für ihn noch nicht gekommen, dieses Leben aufzugeben. Mandos Hallen waren noch nicht sein Ziel. Jetzt erschien es ihm auf einmal doch erstrebenswert, noch einmal zu kämpfen. Einen anderen Kampf als mit Pfeil und Bogen oder Schwert, aber für ihn nicht minder schwer. "Danke", hauchte er und wischte sich wieder mit einem Zipfel seine Umhangs über das Gesicht. Langsam aber sicher waren die Tränen nun versiegt.
Auch wenn seine Augen noch immer stark gerötet sein mussten, traute er sich, dem anderen Elb wieder ins Gesicht zu sehen. "Ich bin Euch wirklich sehr dankbar, für das was Ihr mir heute Nachmittag gegeben habt und ebenso für das was Ihr mir anbietet, aber verzeiht....ich weiß nicht einmal Euren Namen", sagte Haldir nun und schaute daraufhin wieder betreten zu Boden. 'Was mir überaus peinlich und unangenehm ist', ergänzte er in Gedanken.
Elladans Gesichts Ausdruck wurde nun ebenfalls etwas beschämt. "Oh, wie unhöflich von mir. Ich habe mich nicht mal vorgestellt. Ich sollte inzwischen wissen, dass man meinen Bruder und mich nur schwer auseinanderhalten kann", antwortete er rasch. "Mein Name ist Elladan." Während er sprach hatte ein leichter Hauch von Schamesröte seine Wangen überzogen.
Haldir bemerkte es und sein Blick blieb überraschend lange an diesen hübschen Gesicht haften, als er sagte: "Danke für alles, Lord Elladan!"
Wieder schenkte Elladan Haldir ein grübchenreiches Lächeln. Jetzt, wo der Galadhrim nicht mehr weinte, sah man erst was für ein schönes Gesicht er hatte. Dies fiel auch Elladan auf, als er die zarten, geschwungen Augenbrauen und die feinen Linien der Gesichtszüge betrachtete, während er Haldir antwortete: "Elladan genügt. Wir sind hier nicht auf einem offiziellen Anlass. Ihr braucht mich nicht mit meinem Titel anreden, wenn wir allein sind." Daraufhin wollte Haldir offenbar protestieren, dass es dennoch unangemessen sei. Doch Elladan erstickte dieses schwache Aufbegehren im Keim: "Es ist mein Wunsch. Ich lege sowieso nicht soviel Wert darauf mit dem Titel angesprochen zu werden. Oder muss ich Euch befehlen mich nicht mit meinem Titel anzusprechen?"
Haldir schüttelte daraufhin den Kopf. Aber zum ersten Mal an diesem Nachmittag sah Elladan nun ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht, das nicht sofort wieder verschwand, weil Tränen es verdrängten. Im Gegenteil, es blieb. Und trotz der noch stark geröteten Augen ließ es den Hauptmann noch schöner wirken. Elladan genoss den Anblick geradezu. "Nein, Ihr braucht es mir nicht zu befehlen, Elladan", erwiderte er, wobei er den Namen ein klein wenig stärker betonte, fast wie eine kleine Neckerei. Es tat ihm gut, mit Elladan so sprechen zu können. Es erinnerte ihn wiederum an seine eigenen Brüder und das beruhigte und entspannte ihn. Zumindest nahm Haldir an, dass es wohl an jenen Ähnlichkeiten mit seinen Brüdern liegen musste.
Die Sonne war inzwischen ein erhebliches Stück tiefer gesunken und blickte nur noch zwischen zwei Gipfeln des nahen Nebelgebirges hindurch. Die Schatten waren bereits lang geworden. "Wir sollten langsam zurückkehren", schlug Elladan vor. "Fühlt Ihr Euch bereit dazu?" fragte er dann ein wenig besorgt.
Haldir nickte. Dann wurde er allerdings unsicher. "Kann ich mich bereits wieder sehen lassen? Oder...." Er brachte es einfach nicht über seine Lippen zu fragen, wie verheult er denn noch immer aussehe.
Elladan verstand ihn jedoch auch so. "Eure Augen sind noch sehr rot und man sieht noch Spuren der Tränen auf Euren Wangen. Aber ein paar Hände voll Wasser sollten da Abhilfe schaffen können", sagte er lächelnd und entließ Haldir aus seinem Arm.
In dem Augenblick fühlte sich Haldir plötzlich kurz wieder allein. Erst jetzt nahm er wahr, wie wohl er sich in Elladans Arm gefühlt hatte. Jetzt, wo die tröstliche Berührung weg war, schien ihm irgendwas zu fehlen. Dieses Gefühl verwirrte ihn, als er sich etwas wackelig erhob und zum Fluss gehen wollte, um sich das Gesicht zu waschen.
"Wartet", hielt Elladan ihn zurück. Fragend drehte sich Haldir um. "Eure goldenen Armschienen könnten nass werden!"
Haldir hielt inne und lächelte verlegen. "Danke, dass Ihr mich darauf aufmerksam gemacht habt." Er begann rasch und mit geschickten Fingern die beiden Sachen abzulegen. Bittend sah er Elladan an: "Würdet Ihr sie kurz halten?" Mit einem freundlichen "Natürlich", nahm er sie dem Hauptmann ab und sah zu, wie dieser nun die Ärmel seiner Tunika hochkrempelte, direkt ans Wasser herantrat, sich niederkniete und sein Gesicht benetzte. Das kühle Wasser tat seinem erhitzten Gesicht tatsächlich sehr gut. Langsam kehrte er zu Elladan zurück und krempelte seine Tunika wieder herunter. Während Elladan ihm die Rüstungsteile nach und nach zurückgab fragte er: "Tragt Ihr eigentlich immer Eure Rüstung? Selbst in Eurer Freizeit?"
Haldir schüttelte verlegen den Kopf, während er die linke Armschiene schloss. "Nein, normalerweise nicht. Aber heute....wir kamen am Vormittag an. Ich kümmerte mich um die Verteilung der Quartiere und das Gepäck meines Lords. Ich hatte ja die Oberaufsicht über den ganzen Trupp gehabt. Anschließend wollte ich eigentlich nur noch mein Pferd versorgen, aber..... ich hatte mich eben die ganze Reise zusammenreißen müssen und ich fühlte, dass ich das nicht mehr konnte. Ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt meine Kleidung zu wechseln und es war mir nun auch egal", antwortete Haldir und ein verlegenes Lächeln huschte über sein Gesicht. Dann stieß er einen leisen Pfiff aus.
"Ich war nur neugierig", antwortete Elladan und schaute in dieselbe Richtung wie Haldir. Von dort kam nun der hübsche Fliegenschimmel angetrabt, den Kopf hoch aufgerichtet, die kleinen Ohren nach vorn gestellt. Haldir streckte eine Hand aus und tätschelte lobend den Hals der Stute. "Hallo meine Kleine", begrüßte er sie leise.
Elladan hatte inzwischen ebenfalls nach Celeb gepfiffen und nun tauchte auch der Hengst vor ihnen auf. Beide Elben stiegen geschmeidig in ihre Sättel und wendeten ihre Tiere, um durch den Wald zurückzureiten.
"Wie habt Ihr mich eigentlich gefunden?" wollte Haldir nun wissen.
"Ach, ich hab eigentlich meinen Bruder gesucht", begann Elladan, dem in diesem Moment erst wieder einfiel, weshalb er überhaupt in den Wald geritten war. "HIMMEL, mein Bruder! Den hab ich ja vollkommen vergessen!" rief er aus.
Haldir sah ihn daraufhin erschrocken an. "Ihr habt Euren Bruder gesucht? Vermutet Ihr, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte?" fragte er bestürzt.
"Nein, das nicht", beruhigte Elladan den blonden Elben lachend. Und dann erzählte er ihm alles über jenes Versteckspiel und dass er offenbar die Spuren verwechselt habe und statt Elrohir nun Haldir gefunden hatte.
Dies rang Haldir zum ersten Mal an diesem Tag und zum ersten Mal seit Wochen ein kleines herzliches Lachen ab. Aber er stimmte zu, dass es eine tolle Idee sei, um Fähigkeiten wie Spurenlesen zu trainieren. Schließlich kamen sie zu der Stelle, wo die Hufspur sich teilte. Haldir verhielt seine Stute und betrachtete den Boden. "Hätte ich gewollt, hätte ich auch keine Spuren hinterlassen. Ich wusste ja nicht, dass das hier nötig ist, um nicht von spielenden jungen Elben gefunden zu werden", neckte er Elladan ein wenig. Er wunderte sich über sich selbst, dass er sich das auf einmal traute.
Elladan schien das jedoch nicht zu stören, sondern es eher als angenehm zu empfinden. "Klar, die jungen Elben suchen hier nämlich bevorzugt große Hauptmänner aus Lothlorien, die sich verstecken wollen, um nicht als Tagesgespräch in Imladris enden." Dabei zwinkerte er jedoch Haldir fröhlich zu, der die Retourkutsche grinsend zur Kenntnis nahm. Mit diesem Elb zusammen zu sein war einfach schön, ungezwungen, so wie er sich schon lange nicht gefühlt hatte. Er hatte inzwischen jedoch etwas entdeckt. "Wisst Ihr was, Elladan? Euch ist bei dem Spurenlesen etwas ganz wesentliches entgangen. Die Spur meines Pferdes ist nicht nur zu deutlich, weil niemand versuchte sie zu verdecken. Mein Pferd hat auch keine Hufeisen, weil diese in den Wäldern meiner Heimat nicht nötig sind. Das Pferd Eures Bruder ist ganz offensichtlich aber voll beschlagen."
Elladan fiel fast vom Pferd als er sich verrenkte um nachzuprüfen, was Haldir eben so leicht und locker festgestellt hatte. Es stimmte tatsächlich. Daran hatte Elladan gar nicht gedacht, denn eigentlich wusste er das ja. Eine dunkle Röte fuhr ihm in die Wangen. Haldir lächelte leicht in sich hinein.
Sie ritten zügig nebeneinander her, während Haldir immer wieder mal auf Elrohirs Fährte aufmerksam machte und die Art und Weise wie sie verwischt worden war. Als sie eine ganze Weile über grasbewachsenen Boden geritten waren, klärte er Elladan dann darüber auf, dass Elrohir ganz offensichtlich einen langen Ast mit einer großen Menge langen Grases umwickelt hatte und diesen ab und an hinter sich hergezogen hatte, so dass das Gras die Hufspur unkenntlich machte, da Elrohirs Methode dafür gesorgt hatte, dass das Gras sich wieder aufrichtete, nachdem die Pferdehufe es zerdrückt hatten.
Elladan lauschte den Worten Haldirs und staunte darüber, was er alles wusste. 'Er kann es sicher locker mit Glorfindel aufnehmen und das obwohl er einige tausend Jahre jünger ist als er!' dachte Elladan beeindruckt, als sie am Stall ankamen. Schwungvoll sprang Haldir vom Pferd. Nun sah man ihm definitiv nicht mehr an, wie fertig er noch vor einer Weile ausgesehen hatte. "Gras kann eben gut beim Täuschen helfen", sagte er.
Elladan erinnerte sich sehr gut daran, dass er diesen Satz heute schon einmal gehört aber im Gegensatz zu jetzt nicht verstanden hatte. "Ich werd's mir merken", antworte er und saß ebenfalls ab. In diesem Moment kam Elrohir aus dem Stall geschlendert. "Hallo kleiner Bruder! Auch schon da?" Dann fiel sein Blick auf Haldir. "Oh, wolltest du dir gerade die lorische Garde zu Hilfe holen um mich zu finden?" neckte er ihn und grüßte dann Haldir angemessen.
Haldir grüßte angemessen zurück und lockerte dann den Sattelgurt während Elladan zurückfeixte: "Warum sollte ich die lorische Garde damit behelligen, dass mein Bruder offenbar verschwunden ist. So bleibt beim Abendessen mehr für mich!" Und er zwinkerte Elrohir zu. "Gut, dass du das Essen gerade ansprichst. Du hast sicher nicht vergessen, dass wir in einer halben Stunde im Speisezimmer sein sollen, da Vater heute ein festliches Abendessen zu Ehren von Großvaters Ankunft gibt!" sagte Elrohir. Elladan schluckte. Celeb musste noch versorgt werden und er selber sich waschen und umziehen. Er wollte gerade überlegen, wie er das alles noch bewerkstelligen sollte, als Haldir ihm die Zügel seines Hengstes abnahm. "Lord Elladan, ich werde mich um Euer Pferd kümmern. Ihr habt nun gewiss andere Verpflichtungen."
Elladan war ganz überrascht. Er hatte irgendeinen Stallburschen suchen wollen, der sich um Celeb kümmern könnte. Aber dass Haldir es tun wollte gefiel ihm eigentlich besser. Er hatte Haldir auf dem Ritt beobachtet und ein wenig mit ihm über Pferde geplaudert. Haldir hing sehr an seinem Tier und Elladan war sich sicher, dass dies hier eine Geste des Dankes von Haldir war. Ebenso war er sich sicher, dass Celeb bei ihm in den besten Händen war. "Danke Hauptmann, ich nehme dies Angebot gern an! Ich werde mich dafür gern erkenntlich zeigen", erwiderte er daher. Es war wie eine stumme Übereinkunft zwischen den beiden Elben. Jeder hatte den anderen genau verstanden ohne ein einziges Mal die Hintergedanken erneut in Worte fassen zu müssen.
Der einzige, der völlig verwirrt aus der Wäsche schaute und gar nichts kapierte, war Elrohir. Der wurde aber nun von seinem Bruder bereits Richtung Haupthaus gezogen. "Komm beeil dich, die Zeit läuft!" Dann drehte sich Elladan noch einmal um: "Gute Nacht Hauptmann!" Auch Haldir wünschte dem Lord eine gute Nacht.
"Hey, was ist denn in den gefahren? Kannst du mich vielleicht mal aufklären?" waren die letzten Wortfetzen, die Haldir noch verstehen konnte.
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Ich hoffe, das Kapitel hat Euch wieder gefallen! Seid Ihr gespannt wie's weitergeht? Ob und wann Haldir und Elladan sich wieder treffen? Ich freue mich jedenfalls auf ein paar Reviews!
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Disclaimer: Alle bekannten Personen und Orte gehören J.R.R. Tolkien. Mir gehört nur die Idee zu dieser Story, mit der ich auch kein Geld verdiene!!!
Rating: PG 13 - später eventuell mal zwischendurch R
Zeit: Drittes Zeitalter, einige Jahre vor der Geburt Aragorns
Pairing: noch keines
Warnung: In den späteren Kapiteln könnte es zu Slash kommen! Wer so etwas nicht mag, sollte diese Story besser nicht lesen!
Summary: Haldir leidet. Was ist geschehen und wird es noch jemandem gelingen ihm zu helfen, bevor er in Mandos Hallen eingeht?
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@Shelley: Vielen Dank für Dein nettes Review! Ja, aufgeweicht trifft's im Moment eher! *zwinker* Schauen wir doch mal, ob und wie Elladan trösten kann!
@Sparrow-666: Vielen Dank für Dein nettes Review und Dein Lob! Ja, ich versuche mal, den Haldir von einer etwas anderen Seite zu zeigen! Ich hoffe, es gelingt mir einigermaßen! Ich hoffe, es gefällt Dir auch weiterhin!
@Lady-of-Gondor: Vielen Dank für Dein Review! Ich freu mich, dass Du meine Geschichte so bewegend findest! Ich gebe mir Mühe weiterhin viel Gefühl in die Story einfließen zu lassen! Ich hoffe, Du hast weiterhin viel Freude beim Lesen, auch wenn mal die eine oder andere Träne kommt!
@heitzi: Vielen Dank für Dein liebes Review! Ich finde auch, dass der Haldir so eine Frau gar nicht verdient hat! Elladan und Haldir würden Dir also gefallen? Tja, dann werde ich mal versuchen einen weiteren Grundstein dafür zu legen! Weiterhin viel Spaß!
@Loria: Vielen Dank für Dein Review! Ich freu mich sehr, dass noch mehr Leute zu meiner kleinen Geschichte finden! Weiterhin viel Spaß beim Lesen!
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Kapitel 4 - Trost
Elladan schäumte innerlich vor Wut. Oh, wenn er diese Elbin zu Gesicht bekommen würde. Dann könnte er vermutlich für nichts garantieren, musste er sich eingestehen. Wenn sie nur sehen könnte, was sie angerichtet hatte. Der Elb, der hier neben ihm saß, hatte nichts mehr gemein mit dem stolzen, tapferen und unnahbaren Haldir, Hauptmann der nördlichen Grenzwachen Lothloriens, von der Rüstung mal abgesehen. Dieser Elb war ein zitterndes Häufchen Elend am Ende seiner Kräfte. Doch Elladan war sich in einem sicher, er wollte es nicht zum Äußersten kommen lassen. Er wollte nicht, dass Haldir an dem Erlebten zugrunde ging. Dieser Hauptmann hatte tatsächlich zwei grundverschiedene Seiten, wie er überrascht hatte feststellen müssen.
Er kannte Haldir nicht näher, doch bisher hatte er sich mit seinem Bruder immer über ihn mokiert. Sie hatten Haldir bisher nur wenige Mal getroffen und sie hatten ihn nie näher kennengelernt, nur mitbekommen, wie er mit seinen Untergebenen umging und sich anderen gegenüber verhielt. Nach jenen wenigen Begebenheiten hatten sie sich jedes Mal gefragt, ob er überhaupt lebe und so was wie ein Herz habe. Klar, das waren Albernheiten gewesen, doch Elladan wusste in seinem eigenen Herzen, dass er sich nicht nur einmal gefragt hatte, ob dieser Krieger so etwas wie Gefühle besaß. Erst jetzt eben war ihm klar geworden, dass Haldirs übliche Haltung nur aus seinem Beruf resultierte. Er hatte nur nie darüber nachgedacht und schämte sich jetzt dafür. Natürlich war auch Haldir nur ein Elb wie jeder andere. Vielleicht war es sogar schlimm für ihn, wenn niemand in ihm etwas anderes sah, als einen gefühlskalten, perfekten Krieger, der bei all seinen kämpferischen Talenten unfähig war etwas wie Liebe oder Freude zu empfinden.
Doch heute, hier am Fluss hatte er das andere Gesicht Haldirs gesehen. Und er war sogar irgendwie erleichtert und erfreut darüber. Es weckte Neugierde in ihm und das Verlangen diesen anderen Haldir kennen zu lernen. Er blinzelte zu ihm hinüber und sah, wie er krampfhaft versuchte sich zu beruhigen und es ihm nicht gelingen wollte. Vorsicht, ja schüchtern gar, nahm er die Hand von Haldirs Schulter und legte seinen ganzen Arm um ihn.
Haldir erzitterte kurz unter der Berührung. Endlich hatte er ausgesprochen, was ihm das Herz abschnürte. Doch die Erkenntnis und die Endgültigkeit und Unumstößlichkeit der Tatsachen, die aus seinen Worten geklungen war hatte ihn nochmals getroffen. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Er fühlte sich unendlich allein. Da Elronds Sohn auch eine Weile nichts gesagt hatte, dachte er zunächst, dass dieser ihn nun auch noch verhöhnen würde, wie dumm er gewesen sei oder irgendetwas in der Richtung sagen würde.
Es dauerte eine Weile bis er merkte, dass der andere Elb seinen Arm um ihn gelegt und seine andere Hand sachte auf seinem Unterarm platziert hatte. Als er kurz aus seinen tränenverschleierten Augen blickte, sah er dass dem dunkelhaarigen Elb eine weitere Träne, nur eine einzige über die Wange lief. Diese Gesten bedeuteten Haldir mehr als jedes gesprochene Wort. Sie signalisiertem ihm das Verstehen und er fühlte sich ein wenig erleichtert. Dankbar stellte er fest, dass der andere Elb nicht zurückwich, als er sich vorsichtig ein wenig an ihn lehnte.
Elladan hielt den zitternden Elbenkrieger lange Zeit ganz ruhig in seinem Arm, bemüht ihm ein Gefühl der Geborgenheit zu geben. Irgendwann fing er an Haldir sanft beruhigende Worte zuzuflüstern. Worte, die trösten und ihm Anteilnahme und Verständnis vermitteln sollten. Die Träne die diesmal ihren Ursprung in der übermächtigen Wut auf jene Elbin hatte, hatte er wieder nicht fortgewischt.
Während Haldir diesen Worten lauschte, entspannte er sich mehr und mehr. Er vermochte nicht zu sagen, woran es lag, doch auf einmal schämte er sich nicht mehr, vor dem Sohn Elronds zu weinen. Im Gegenteil, es verschaffte ihm ein wenig Erleichterung. Es war so anders gewesen, als er allein geweint hatte. Da war nicht mal der Anflug eines erleichternden Gefühls aufgetreten. Doch obwohl er ein Krieger war hatten die Weinkrämpfe ihn erschöpft. Mehr als er sich selbst zugestehen wollte, daher er war dankbar für den Halt, den er durch die tröstenden Berührungen des anderen Elben erfuhr.
Elladan spürte diese Erschöpfung ebenfalls. Haldir schien sich auf eine ihm bisher unbekannte Weise ziemlich stark verausgabt zu haben. Daher legte Elladan nun mehr Gewicht in seine Bemühungen den Hauptmann nicht nur zu stützen, sondern ihn zu beruhigen. "Es ist nicht Eure Schuld, was geschehen ist. Es lag auch gewiss nicht an Euch", flüsterte er leise. "Es war ein unfaires, hinterhältiges und äußerst gemeines Spiel, das Merilin mit Euch trieb. Ihr habt nichts getan was so eine Behandlung rechtfertigt und Ihr habt sie auch nicht verdient."
"Es ist..... gewiss mein Fehler... gewesen", flüsterte Haldir mit tränenerstickter Stimme schwach zurück.
"Nein, das war nicht Euer Fehler. Diese Elbin verdient jemanden wie Euch überhaupt nicht", antwortete Elladan. Er wusste, dass diese Worte oft gebraucht wurden, doch im Augenblick empfand er sie wirklich so. Was für ein Monster musste diese Elbin sein, sich so zu benehmen und sich dann nicht einmal Gedanken darum zu machen, was aus ihrem 'Opfer' wurde.
Auf Haldir schienen die Worte positiv zu wirken. Er schluchzte zwar noch einmal leise auf, doch dann brachte er es fertig unter seinen Tränen ganz kurz ein wenig zu lächeln, als er Elladan wieder anblickte. "Meint Ihr das ernst?" fragte er leise.
Elladan nickte. "Natürlich, sonst hätte ich es doch nicht gesagt, nicht wahr? Ich bin nicht wie jene gemeine Elbin, die es gewagt hat Euch ins Gesicht zu lügen und dabei auch noch anzulächeln", entgegnete er. Als er sah, dass seine Worte nur kurzfristig Wirkung zu zeigen schienen fügte er hinzu: "Ich weiß, dass es schwer ist, doch Ihr könnt darüber hinwegkommen. Ihr seid stark, das spüre ich." Zur Unterstreichung seiner Worte klopfte er Haldir leicht auf die Schulter, auf der seine linke Hand momentan ruhte. Die rechte befand sich noch immer auf Haldirs rechtem Unterarm.
Haldir sah den ihn tröstenden Elb mit einem Blick an, der Hilflosigkeit, Schmerz und Zweifel, aber auch leise Hoffnung widerspiegelte. Er wollte den Worten des Noldor so gern Glauben schenken, doch sein Selbstwertgefühl, seine Selbstachtung hatte einen schweren Schlag erlitten. "Jeder glaubt, dass ich stark sei.... nur ich selbst sehe das im Moment nicht", gab er schüchtern zurück.
Die Wunde in Haldirs Seele war da und sie war tief, das wusste Elladan nun. Doch sie konnte vielleicht noch geheilt werden, wenn er jetzt keinen Fehler beging. Er wusste nicht genau, was seine Beweggründe waren, doch er wollte Haldir helfen und ihm beistehen, den Schmerz zu verwinden und wieder in sein alltägliches Leben zurückzukehren ohne sich stets selbst zu quälen. "Ihr seid es.....und solange Ihr in Bruchtal seid....werde ich Euch gern helfen, wann immer Ihr Hilfe ....oder eine Schulter zum Ausweinen braucht", bot Elladan an. Die letzten Worte sagte er mit einem schelmischen Lächeln.
Haldir sah rasch auf, als er an der Stimme hörte, dass der Elb offenbar lächelte. Und wieder erreichte jenes Lächeln die Augen und zauberte diese neckischen Grübchen in seine Wangen. Ein seltsames Gefühl, das Haldir nicht zu deuten vermochte, durchströmte ihn. Das Angebot des anderen Elben klang angenehm. Er fühlte, dass er es allein nicht schaffen konnte seinem Schmerz zu entfliehen. Und die einzigen Elben, die ihm hätten helfen können, waren viele Tagesritte entfernt. Denn seine Brüder waren die einzigen, denen er sich hätte anvertrauen können. Doch dieser Elb hier hatte ihm gezeigt, dass er ihn ernst nahm, dass er seine Sorgen teilte, dass er verstand und er hatte eine wunderbare, einfühlsame Art zu trösten. Haldir kam sich nicht lächerlich vor, wenn er sich ihm anvertraute. Es tat gut zu wissen, dass er jemanden in Bruchtal hatte, zu dem er gehen könnte, wenn seine Gefühle ihn erneut zu überwältigen drohten. Dies gab den Ausschlag für eine Wandlung in seiner Seele. Offenbar war die Zeit für ihn noch nicht gekommen, dieses Leben aufzugeben. Mandos Hallen waren noch nicht sein Ziel. Jetzt erschien es ihm auf einmal doch erstrebenswert, noch einmal zu kämpfen. Einen anderen Kampf als mit Pfeil und Bogen oder Schwert, aber für ihn nicht minder schwer. "Danke", hauchte er und wischte sich wieder mit einem Zipfel seine Umhangs über das Gesicht. Langsam aber sicher waren die Tränen nun versiegt.
Auch wenn seine Augen noch immer stark gerötet sein mussten, traute er sich, dem anderen Elb wieder ins Gesicht zu sehen. "Ich bin Euch wirklich sehr dankbar, für das was Ihr mir heute Nachmittag gegeben habt und ebenso für das was Ihr mir anbietet, aber verzeiht....ich weiß nicht einmal Euren Namen", sagte Haldir nun und schaute daraufhin wieder betreten zu Boden. 'Was mir überaus peinlich und unangenehm ist', ergänzte er in Gedanken.
Elladans Gesichts Ausdruck wurde nun ebenfalls etwas beschämt. "Oh, wie unhöflich von mir. Ich habe mich nicht mal vorgestellt. Ich sollte inzwischen wissen, dass man meinen Bruder und mich nur schwer auseinanderhalten kann", antwortete er rasch. "Mein Name ist Elladan." Während er sprach hatte ein leichter Hauch von Schamesröte seine Wangen überzogen.
Haldir bemerkte es und sein Blick blieb überraschend lange an diesen hübschen Gesicht haften, als er sagte: "Danke für alles, Lord Elladan!"
Wieder schenkte Elladan Haldir ein grübchenreiches Lächeln. Jetzt, wo der Galadhrim nicht mehr weinte, sah man erst was für ein schönes Gesicht er hatte. Dies fiel auch Elladan auf, als er die zarten, geschwungen Augenbrauen und die feinen Linien der Gesichtszüge betrachtete, während er Haldir antwortete: "Elladan genügt. Wir sind hier nicht auf einem offiziellen Anlass. Ihr braucht mich nicht mit meinem Titel anreden, wenn wir allein sind." Daraufhin wollte Haldir offenbar protestieren, dass es dennoch unangemessen sei. Doch Elladan erstickte dieses schwache Aufbegehren im Keim: "Es ist mein Wunsch. Ich lege sowieso nicht soviel Wert darauf mit dem Titel angesprochen zu werden. Oder muss ich Euch befehlen mich nicht mit meinem Titel anzusprechen?"
Haldir schüttelte daraufhin den Kopf. Aber zum ersten Mal an diesem Nachmittag sah Elladan nun ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht, das nicht sofort wieder verschwand, weil Tränen es verdrängten. Im Gegenteil, es blieb. Und trotz der noch stark geröteten Augen ließ es den Hauptmann noch schöner wirken. Elladan genoss den Anblick geradezu. "Nein, Ihr braucht es mir nicht zu befehlen, Elladan", erwiderte er, wobei er den Namen ein klein wenig stärker betonte, fast wie eine kleine Neckerei. Es tat ihm gut, mit Elladan so sprechen zu können. Es erinnerte ihn wiederum an seine eigenen Brüder und das beruhigte und entspannte ihn. Zumindest nahm Haldir an, dass es wohl an jenen Ähnlichkeiten mit seinen Brüdern liegen musste.
Die Sonne war inzwischen ein erhebliches Stück tiefer gesunken und blickte nur noch zwischen zwei Gipfeln des nahen Nebelgebirges hindurch. Die Schatten waren bereits lang geworden. "Wir sollten langsam zurückkehren", schlug Elladan vor. "Fühlt Ihr Euch bereit dazu?" fragte er dann ein wenig besorgt.
Haldir nickte. Dann wurde er allerdings unsicher. "Kann ich mich bereits wieder sehen lassen? Oder...." Er brachte es einfach nicht über seine Lippen zu fragen, wie verheult er denn noch immer aussehe.
Elladan verstand ihn jedoch auch so. "Eure Augen sind noch sehr rot und man sieht noch Spuren der Tränen auf Euren Wangen. Aber ein paar Hände voll Wasser sollten da Abhilfe schaffen können", sagte er lächelnd und entließ Haldir aus seinem Arm.
In dem Augenblick fühlte sich Haldir plötzlich kurz wieder allein. Erst jetzt nahm er wahr, wie wohl er sich in Elladans Arm gefühlt hatte. Jetzt, wo die tröstliche Berührung weg war, schien ihm irgendwas zu fehlen. Dieses Gefühl verwirrte ihn, als er sich etwas wackelig erhob und zum Fluss gehen wollte, um sich das Gesicht zu waschen.
"Wartet", hielt Elladan ihn zurück. Fragend drehte sich Haldir um. "Eure goldenen Armschienen könnten nass werden!"
Haldir hielt inne und lächelte verlegen. "Danke, dass Ihr mich darauf aufmerksam gemacht habt." Er begann rasch und mit geschickten Fingern die beiden Sachen abzulegen. Bittend sah er Elladan an: "Würdet Ihr sie kurz halten?" Mit einem freundlichen "Natürlich", nahm er sie dem Hauptmann ab und sah zu, wie dieser nun die Ärmel seiner Tunika hochkrempelte, direkt ans Wasser herantrat, sich niederkniete und sein Gesicht benetzte. Das kühle Wasser tat seinem erhitzten Gesicht tatsächlich sehr gut. Langsam kehrte er zu Elladan zurück und krempelte seine Tunika wieder herunter. Während Elladan ihm die Rüstungsteile nach und nach zurückgab fragte er: "Tragt Ihr eigentlich immer Eure Rüstung? Selbst in Eurer Freizeit?"
Haldir schüttelte verlegen den Kopf, während er die linke Armschiene schloss. "Nein, normalerweise nicht. Aber heute....wir kamen am Vormittag an. Ich kümmerte mich um die Verteilung der Quartiere und das Gepäck meines Lords. Ich hatte ja die Oberaufsicht über den ganzen Trupp gehabt. Anschließend wollte ich eigentlich nur noch mein Pferd versorgen, aber..... ich hatte mich eben die ganze Reise zusammenreißen müssen und ich fühlte, dass ich das nicht mehr konnte. Ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt meine Kleidung zu wechseln und es war mir nun auch egal", antwortete Haldir und ein verlegenes Lächeln huschte über sein Gesicht. Dann stieß er einen leisen Pfiff aus.
"Ich war nur neugierig", antwortete Elladan und schaute in dieselbe Richtung wie Haldir. Von dort kam nun der hübsche Fliegenschimmel angetrabt, den Kopf hoch aufgerichtet, die kleinen Ohren nach vorn gestellt. Haldir streckte eine Hand aus und tätschelte lobend den Hals der Stute. "Hallo meine Kleine", begrüßte er sie leise.
Elladan hatte inzwischen ebenfalls nach Celeb gepfiffen und nun tauchte auch der Hengst vor ihnen auf. Beide Elben stiegen geschmeidig in ihre Sättel und wendeten ihre Tiere, um durch den Wald zurückzureiten.
"Wie habt Ihr mich eigentlich gefunden?" wollte Haldir nun wissen.
"Ach, ich hab eigentlich meinen Bruder gesucht", begann Elladan, dem in diesem Moment erst wieder einfiel, weshalb er überhaupt in den Wald geritten war. "HIMMEL, mein Bruder! Den hab ich ja vollkommen vergessen!" rief er aus.
Haldir sah ihn daraufhin erschrocken an. "Ihr habt Euren Bruder gesucht? Vermutet Ihr, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte?" fragte er bestürzt.
"Nein, das nicht", beruhigte Elladan den blonden Elben lachend. Und dann erzählte er ihm alles über jenes Versteckspiel und dass er offenbar die Spuren verwechselt habe und statt Elrohir nun Haldir gefunden hatte.
Dies rang Haldir zum ersten Mal an diesem Tag und zum ersten Mal seit Wochen ein kleines herzliches Lachen ab. Aber er stimmte zu, dass es eine tolle Idee sei, um Fähigkeiten wie Spurenlesen zu trainieren. Schließlich kamen sie zu der Stelle, wo die Hufspur sich teilte. Haldir verhielt seine Stute und betrachtete den Boden. "Hätte ich gewollt, hätte ich auch keine Spuren hinterlassen. Ich wusste ja nicht, dass das hier nötig ist, um nicht von spielenden jungen Elben gefunden zu werden", neckte er Elladan ein wenig. Er wunderte sich über sich selbst, dass er sich das auf einmal traute.
Elladan schien das jedoch nicht zu stören, sondern es eher als angenehm zu empfinden. "Klar, die jungen Elben suchen hier nämlich bevorzugt große Hauptmänner aus Lothlorien, die sich verstecken wollen, um nicht als Tagesgespräch in Imladris enden." Dabei zwinkerte er jedoch Haldir fröhlich zu, der die Retourkutsche grinsend zur Kenntnis nahm. Mit diesem Elb zusammen zu sein war einfach schön, ungezwungen, so wie er sich schon lange nicht gefühlt hatte. Er hatte inzwischen jedoch etwas entdeckt. "Wisst Ihr was, Elladan? Euch ist bei dem Spurenlesen etwas ganz wesentliches entgangen. Die Spur meines Pferdes ist nicht nur zu deutlich, weil niemand versuchte sie zu verdecken. Mein Pferd hat auch keine Hufeisen, weil diese in den Wäldern meiner Heimat nicht nötig sind. Das Pferd Eures Bruder ist ganz offensichtlich aber voll beschlagen."
Elladan fiel fast vom Pferd als er sich verrenkte um nachzuprüfen, was Haldir eben so leicht und locker festgestellt hatte. Es stimmte tatsächlich. Daran hatte Elladan gar nicht gedacht, denn eigentlich wusste er das ja. Eine dunkle Röte fuhr ihm in die Wangen. Haldir lächelte leicht in sich hinein.
Sie ritten zügig nebeneinander her, während Haldir immer wieder mal auf Elrohirs Fährte aufmerksam machte und die Art und Weise wie sie verwischt worden war. Als sie eine ganze Weile über grasbewachsenen Boden geritten waren, klärte er Elladan dann darüber auf, dass Elrohir ganz offensichtlich einen langen Ast mit einer großen Menge langen Grases umwickelt hatte und diesen ab und an hinter sich hergezogen hatte, so dass das Gras die Hufspur unkenntlich machte, da Elrohirs Methode dafür gesorgt hatte, dass das Gras sich wieder aufrichtete, nachdem die Pferdehufe es zerdrückt hatten.
Elladan lauschte den Worten Haldirs und staunte darüber, was er alles wusste. 'Er kann es sicher locker mit Glorfindel aufnehmen und das obwohl er einige tausend Jahre jünger ist als er!' dachte Elladan beeindruckt, als sie am Stall ankamen. Schwungvoll sprang Haldir vom Pferd. Nun sah man ihm definitiv nicht mehr an, wie fertig er noch vor einer Weile ausgesehen hatte. "Gras kann eben gut beim Täuschen helfen", sagte er.
Elladan erinnerte sich sehr gut daran, dass er diesen Satz heute schon einmal gehört aber im Gegensatz zu jetzt nicht verstanden hatte. "Ich werd's mir merken", antworte er und saß ebenfalls ab. In diesem Moment kam Elrohir aus dem Stall geschlendert. "Hallo kleiner Bruder! Auch schon da?" Dann fiel sein Blick auf Haldir. "Oh, wolltest du dir gerade die lorische Garde zu Hilfe holen um mich zu finden?" neckte er ihn und grüßte dann Haldir angemessen.
Haldir grüßte angemessen zurück und lockerte dann den Sattelgurt während Elladan zurückfeixte: "Warum sollte ich die lorische Garde damit behelligen, dass mein Bruder offenbar verschwunden ist. So bleibt beim Abendessen mehr für mich!" Und er zwinkerte Elrohir zu. "Gut, dass du das Essen gerade ansprichst. Du hast sicher nicht vergessen, dass wir in einer halben Stunde im Speisezimmer sein sollen, da Vater heute ein festliches Abendessen zu Ehren von Großvaters Ankunft gibt!" sagte Elrohir. Elladan schluckte. Celeb musste noch versorgt werden und er selber sich waschen und umziehen. Er wollte gerade überlegen, wie er das alles noch bewerkstelligen sollte, als Haldir ihm die Zügel seines Hengstes abnahm. "Lord Elladan, ich werde mich um Euer Pferd kümmern. Ihr habt nun gewiss andere Verpflichtungen."
Elladan war ganz überrascht. Er hatte irgendeinen Stallburschen suchen wollen, der sich um Celeb kümmern könnte. Aber dass Haldir es tun wollte gefiel ihm eigentlich besser. Er hatte Haldir auf dem Ritt beobachtet und ein wenig mit ihm über Pferde geplaudert. Haldir hing sehr an seinem Tier und Elladan war sich sicher, dass dies hier eine Geste des Dankes von Haldir war. Ebenso war er sich sicher, dass Celeb bei ihm in den besten Händen war. "Danke Hauptmann, ich nehme dies Angebot gern an! Ich werde mich dafür gern erkenntlich zeigen", erwiderte er daher. Es war wie eine stumme Übereinkunft zwischen den beiden Elben. Jeder hatte den anderen genau verstanden ohne ein einziges Mal die Hintergedanken erneut in Worte fassen zu müssen.
Der einzige, der völlig verwirrt aus der Wäsche schaute und gar nichts kapierte, war Elrohir. Der wurde aber nun von seinem Bruder bereits Richtung Haupthaus gezogen. "Komm beeil dich, die Zeit läuft!" Dann drehte sich Elladan noch einmal um: "Gute Nacht Hauptmann!" Auch Haldir wünschte dem Lord eine gute Nacht.
"Hey, was ist denn in den gefahren? Kannst du mich vielleicht mal aufklären?" waren die letzten Wortfetzen, die Haldir noch verstehen konnte.
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Ich hoffe, das Kapitel hat Euch wieder gefallen! Seid Ihr gespannt wie's weitergeht? Ob und wann Haldir und Elladan sich wieder treffen? Ich freue mich jedenfalls auf ein paar Reviews!
