Gebrochenes Herz

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Disclaimer: Alle bekannten Personen und Orte gehören J.R.R. Tolkien. Mir gehört nur die Idee zu dieser Story, mit der ich auch kein Geld verdiene!!!

Rating: PG 13 - später eventuell mal zwischendurch R

Zeit: Drittes Zeitalter, einige Jahre vor der Geburt Aragorns

Pairing: Haldir/Elladan

Warnung: In den späteren Kapiteln könnte es zu Slash kommen! Wer so etwas nicht mag, sollte diese Story besser nicht lesen!

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@Heitzi: Vielen Dank für Dein liebes Review! Hey, Du hast mich da auf eine richtig tolle fiese Idee gebracht! Ich musste mich echt zusammenreissen, dass ich die nicht doch noch umsetzte! Aber so gemein wollte ich dann doch nicht zu dem armen Elladan sein! Weiterhin viel Spaß!

@Shell: Der Schimmel hatte, den Valar sei Dank, seine Lesebrille verlegt, daher konnte er mit dem Zettel nichts anfangen! *zwinker*

@Sparrow-666: Wow, vielen vielen Dank für Deine Komplimente! Du machst mich ja ganz verlegen! Ich hoffe sehr, dass Dir dieses Kapitel auch wieder gefällt!

@alle stillen Leser: Ich wünsche auch Euch allen wieder ganz viel Spaß beim Lesen!

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Kapitel 6 - Abendessen

Elladan blickte vom Balkon aus hinüber zu einem der Wasserfälle. Die untergehende Sonne hatte eben für kurze Zeit einen Regenbogen in der aufsprühenden Gischt erscheinen lassen. Für gewöhnlich beruhigte dieser Anblick das Gemüt des Zwillings, doch heute war dem nicht so. Die Anspannung, die seit seiner Rückkehr von ihm Besitz ergriffen hatte, wollte ihn nicht mehr loslassen. Noch immer fragte er sich, ob Haldir seine Nachricht überhaupt erhalten hatte und selbst wenn, ob er darauf reagieren würde.

'Vermutlich wird er drüben bei seinen Kameraden geblieben sein', überlegte Elladan. Er wusste nämlich, dass bei den Bruchtaler Kriegern die Hierarchie nicht ganz so streng genommen wurde und Hauptmann Hathol gern mit seinen Soldaten zusammen mal fünfe gerade sein ließ, wenn sein Dienst es erlaubte. Ob Haldir auch so war? Vielleicht hätte er selbst nicht absagen, sondern lieber mit zum Gästehaus der Soldaten gehen sollen. Vermutlich verbrachte Elrohir dort heute einen überaus fröhlichen Abend.

Gerade als die Zweifel von allen Seiten an ihm zu nagen begannen, drang ein leises Klopfen von der Tür her an sein Ohr. Sofort schlug sein Herz schneller, als er den draußen Stehenden mit einem freundlichen "Ja, bitte" bat einzutreten. Er hatte sich nun umgedreht und sein Blick war auf die Tür gerichtet.

Haldir war unsicher gewesen. Er hatte zwar äußerlich am Vorabend wieder relativ unbewegt gewirkt, doch er fühlte sich nicht besonders wohl. Und zu seinen bisherigen 'Problemen' war nun auch noch jenes hinzugetreten, dass er sich darüber wunderte, dass die Begegnung mit Elladan ihn offenbar noch immer beschäftigte. Aus ihm noch unbekannten Gründen hatte er das Bedürfnis, den Zwilling wiederzusehen. Der hatte ihm zwar gesagt, dass er ihn gern jederzeit besuchen dürfe, doch Haldir war noch immer unsicher deswegen. Er wollte den Enkel seines Lords nicht belästigen, auch wenn der ihm versichert hatte, dass er jederzeit wegen allem zu ihm kommen könne. Er hoffte, dass sich vielleicht nochmals eine zufällige Begegnung ergeben würde. Der Zufall war ihm jedoch dann sehr zur Hilfe gekommen, als er seinen Sattel anhob, um ihn auf sein Pferd zu legen und er die kleine Nachricht gefunden hatte, die zu Boden geflattert war.

Und nun stand er hier vor der Tür und fühlte das Pochen seines Herzens. Er traute sich kaum zu klopfen. Doch schließlich atmete er tief durch und brachte seine Hand dazu, sich bemerkbar zu machen. Die Stimme Elladans von der anderen Seite der Tür klang so angenehm, dass er sich allein dadurch schon wieder etwas wohler fühlte. Als er die Tür öffnete und eintrat sah er den dunkelhaarigen Noldorzwilling mit dem Rücken zur Balkontür stehen. Das Licht der untergehenden Sonne ließ seine leicht gebräunte Haut nun noch eine Nuance dunkler erscheinen. Haldir schloss die Tür leise hinter sich und näherte sich Elladan.

Dieser trat nun auch auf den Galadhrim zu. Er war überrascht, denn er hatte nicht erwartet, dass Haldir seine Uniform noch tragen würde. Die schlichten Grautöne, in die der lorische Elb gekleidet war, ließen ihn viel unscheinbarer wirken, als jene prächtige Rüstung, in der er gestern noch gesteckt hatte. Doch eigentlich hatte Elladan gedacht, dass Haldir vielleicht private Kleider tragen würde. Er musste sich eingestehen, dass er zu gerne wüsste wie der Elb in privater, lockerer Kleidung aussehen würde. Doch im Moment freute er sich einfach unbändig, dass Haldir seiner Einladung zum Abendessen überhaupt gefolgt war. Er hatte sich die letzten Stunden soviel Gedanken darüber gemacht, wie lächerlich oder skurril sich seine kleine Nachricht für den Galadhrim vielleicht angehört haben musste. Obwohl er sonst wortgewandt war, waren ihn in dem Moment, in welchem er die Einladung schrieb einfach nicht die passenden Worte eingefallen. Doch Haldir war dennoch gekommen. Erleichtert und erfreut lächelte er den blonden Elben an und die obligatorischen Grübchen erschienen auf seinen Wangen.

"Guten Abend Haldir. Ich freue mich sehr, dass Ihr meine....ähm...Einladung angenommen habt", stotterte er ein wenig verlegen, da er sich nun sicher war, dass seine Wortwahl sicher überaus chaotisch gewesen war.

Haldir freute sich sehr, Elladan wieder so lächeln zu sehen und er spürte sofort, dass es kein Fehler war, das Abendessen im Gästehaus gegen dieses private Abendessen getauscht zu haben. "Guten Abend Elladan. Ich freue mich sehr über die Einladung und möchte mich herzlich dafür bedanken", erwiderte er. Heimlich glitt sein Blick dabei neugierig durch den Raum in dem er sich befand.

Elladan bemerkte es und froh etwas zu haben, über das er sprechen könnte, ohne zu stottern, zumindest hoffte er das, sagte er: "Willkommen in meinem kleinen Reich. Seht Euch ruhig um."

Das tat Haldir gern. Sein Blick glitt über die Wände, die in hellem Holz verkleidet waren. Die Türen, Schränke und Möbel waren mit allerlei filigranen Schnitzereien verziert. An einer der Wände hingen zwei gekreuzte Elbenschwerter, die noch aus dem ersten Zeitalter zu stammen schienen. In der Nähe davon entdeckte Haldir als weiteren Wandschmuck einen Bogen der Galadhrim. Überrascht trat er näher. "Ein wundervolles Stück", sagte er, nachdem er es eingehend betrachtet hatte.

"Ein Geschenk meiner Großmutter zu meiner Geburt. Mein Bruder besitzt ebenso einen Bogen", erzählte Elladan. "Ich habe ihn allerdings noch nie benutzt. Ich bin kein Meister im Bogenschießen und dieser Bogen ist so wunderbar, ich möchte ihn nicht fürs Training nehmen und womöglich beschädigen", fuhr er etwas verlegen fort.

"Das ist doch schade, um das gute Stück", entgegnete Haldir, der den Bogen noch immer ehrfürchtig betrachtete. "Wenn Ihr möchtet, dann könnten wir einmal zusammen trainieren. Ich könnte Euch vielleicht ein paar Tipps geben", schlug Haldir freimütig vor und Elladan konnte sehen, wie seine Augen zu glänzen anfingen, als er vom Bogenschießen sprach. Dieser Gesichtsausdruck änderte sich jedoch sofort, als Haldir ein Gedanke durch den Kopf schoss: 'Bist du verrückt geworden. Sein Lehrmeister ist gewiss Glorfindel. Jener Elb, der den Balrog von Morgoth tötete. Wenn er Tipps braucht oder haben möchte, dann hat er jemanden, der sehr viel älter und noch sehr viel erfahrener ist, als du selbst. Wie kannst du so vermessen sein und ihm so ein Angebot machen? Gewiss fühlt er sich dadurch nun beleidigt."

Elladan bemerkte die Wandlung in Haldirs Gesicht. Er wollte eben gerade zustimmen, dass das eine gute Idee sei, denn so hätte er gleich die nächste Gelegenheit gesichert, Haldir wiederzutreffen. Doch was er nun sah, brachte ihn ein wenig aus dem Konzept. Er war neben Haldir getreten und sah ihn nun aus nächster Nähe. Haldirs Gesicht wirkte irgendwie blasser als am Vortag und jetzt, wo er meinte einen Fehler begangen zu haben, schienen auch noch ganz leichte Schatten unter seinen Augen dazuzukommen. "Haldir, das wäre wunderbar! Ich würde mich freuen, wenn wir einmal zusammen trainieren könnten, während Eures Aufenthaltes hier", beeilte er sich daher freudig zu sagen.

Erleichterung machte sich wieder in Haldir breit. Elladan fühlte sich also nicht angegriffen, dennoch wollte er letzte Zweifel ausräumen. "Bitte versteht mich nicht falsch", begann er, doch Elladan unterbrach ihn: "Schon gut, Ihr seid mir nicht zu nahe getreten. Ich freue mich wirklich darauf, mit einem Hauptmann der Galadhrim zu trainieren!" 'Und besonders darauf einen ganzen Vormittag oder Nachmittag mit ihm verbringen zu können', fügte er in Gedanken hinzu. Dann wies er mit einer einladenden Geste zu einem Tisch, der vor den Balkontüren gedeckt worden war. Draußen war es bereits zu kühl, um dort länger zu sitzen und zu speisen. "Bitte, nehmt doch Platz", lud er Haldir ein.

Haldir dankte und ließ sich geschmeidig auf den Stuhl gleiten. Der Tisch war hübsch hergerichtet, aber nicht prunkvoll. Er passte gut ins Gesamtbild des Zimmers, dessen Schönheit darin lag, reich ausgestattet zu sein, ohne überladen oder protzig zu wirken. Zwei Gedecke aus feinem aber schlichtem weißen Porzellan wurden von einem Satz filigraner Bestecke aus Silber eingerahmt. Die letzten Strahlen der Abendsonne brachen sich auf malerische Weise in den schweren Bleikristallgläsern die auf kleinen Glasuntersetzern neben den Tellern standen. Elladan schloss rasch die noch offenstehende Balkontür, dann kam er zum Tisch zurück und bot Haldir einen leichten Roséwein an.

Haldir beobachtete die ganze Zeit über Elladans fließende Bewegungen und hoffte, er möge bald wieder jenes Lächeln lächeln, in dem er ertrinken könnte. Dankend nahm er das Weinglas von Elladan entgegen. "Darf ich den Grund für die Ehre, zu diesem Abendessen eingeladen zu sein, erfahren?" erkundigte er, während Elladan sich nun ebenfalls setzte und sich Wein einschenkte. Der Zwilling wurde rot. "Ähm...nun....ja.....also...eigentlich....ich dachte, ihr fühltet Euch vielleicht ein wenig allein...und....." Haldirs Augenbraue hatte sich bei diesem Gestotter fragend gehoben. "Okay, ich gebe zu, ich fürchtete, dass Ihr vielleicht wieder an Merilin denken müsstet und dass Euch der Kummer wieder einholt und ich wollte Euch nicht wieder traurig wissen. Daher hoffte ich, Euch auf diese Art eine kleine Freude bereiten zu können", sprudelte es nun sehr rasch aus Elladan hervor, wobei seine Wangen noch einen Hauch roter wurden.

Doch nun war auch auf Haldirs Wangen ein Hauch rosa erschienen. "Ihr wolltet mir.... eine Freude machen?" wiederholte er ehrfürchtig. Die Gefühle, die diese Erkenntnis in ihm hervorrief, waren sehr unterschiedlich. Er fühlte sich geehrt und freute sich zum einen sehr, zum anderen war da aber auch seine verletzte Seele, die ihn mahnte vorsichtig zu sein. Denn das letzte Mal, als sich jemand so um ihn bemüht hatte, war die Mühe nur vorgetäuscht und es war ein falsches Spiel gewesen. War dies am Ende hier wieder so? Haldir traute dem Frieden noch nicht. Seine verwundete Seele ließ es noch nicht zu. Dennoch antwortete er: "Das .... ich fühle mich sehr geehrt .... vielen Dank!"

Elladan lächelte und hob sein Glas: "Auf Euer Wohl, Haldir!" Haldir antwortete: "Auf Euer Wohl!" Sie stießen an und tranken einen Schluck Wein. Nachdem sie die Gläser abgesetzt hatten, hob Elladan die Abdeckplatten sämtlicher Platten auf einem Beistelltisch. Darauf waren zahlreiche kleinere und größere, deftigere und leichtere Speisen. "Ich...ähm....ich wusste nicht, was Ihr mögt....und so hab ich gedacht, ein kleines Büffet wäre vielleicht das angemessenste, so könnt Ihr frei wählen, was Euch schmeckt. Bitte bedient Euch."

Haldir sah auf das kleine, aber feine und reichhaltige Büffet. Doch da ging etwas seltsames in ihm vor. Etwas, das in letzter Zeit häufiger geschehen war und er war sich nicht sicher, wie er es einordnen sollte. Er hatte keinen Appetit mehr. Ihm war nicht übel, er empfand auch keinen Ekel oder andere Gefühle, die ihn vom Essen abhalten würden, er hatte nur einfach keinen Hunger. Diese seltsamen Begebenheiten hatten wenige Tage nach dem Aufbruch aus Lothlorien begonnen und sie ließen einfach nicht nach. Bisher hatte Haldir sich nicht sonderlich darum gekümmert. Er nahm an, dass diese Appetitlosigkeit nur ein Zeichen dafür war, dass er zur Zeit eigentlich gut genährt war und sein durchtrainierter Körper nicht nach mehr verlangte. Doch bei diesem Abendessen könnte es peinlich werden, wenn er nichts oder nur ganz wenig äße, so wie er es in der letzten Zeit getan hatte. Also widmete er sich der Auswahl an Speisen und beobachtete aus dem Augenwinkel, was Elladan wählte. Schließlich entschied er sich mit einem scheuen Lächeln für die gleichen Speisen, etwas gebratenes Hühnchen, gebratene Kartoffelscheiben und gemischtes Gemüse.

Elladan wünschte Haldir guten Appetit und begann, nach dem dieser dies erwidert hatte unbekümmert zu essen und suchte nach einem Gesprächsthema, das gut zum Essen passte. Er sah, dass Haldir gerade wieder an seinem Weinglas nippte, daher sagte er: "Dies ist ein Wein aus Eryn Lasgalen. König Thranduil war so freundlich, uns vor einiger Zeit eine kleine Kiste davon zu schicken. Sie war als Probe gedacht, wenn sie uns mundet, dann dürften wir ihn bestellen. Ich hoffe, er schmeckt Euch auch."

Haldir nickte und beeilte sich: "Oh ja, sehr!" zu sagen. Dann musste er sich wohl oder übel endlich daran machen, sein Essen zu sich zu nehmen, wenn er keine Aufmerksamkeit erregen wollte. Er hatte gerade die ersten Bissen geschluckt, als er fühlte, wie Übelkeit sich in ihm ausbreitete. Augenblicklich schämte er sich für diese körperliche Reaktion. Das Gericht schmeckte hervorragend und er hätte gern mehr davon gegessen. Er spürte wie ihm der kalte Schweiß ausbrach. Eine ebenfalls ungewöhnliche Reaktion. Er hoffte, dass Elladan nichts auffallen würde und flüchtete sich wieder, indem er einen Schluck Wein trank.

Elladan bemerkte mittlerweile jedoch sehr wohl, dass Haldir seinen Teller bisher kaum angerührt hatte. "Schmeckt es Euch nicht? Möchtet Ihr Euch vielleicht lieber etwas anderes nehmen?" fragte er höflich, aber mit etwas fürsorglichem Unterton.

"Nein danke, es...es schmeckt sehr gut...", antwortete Haldir. Was war nur los? Bisher hatte er zwar auch immer wieder diese Appetitlosigkeit verspürt, aber ab und an hatte er doch wenigstens ein bisschen zu sich genommen. Warum ging es jetzt überhaupt nicht?

Elladan beobachtete Haldir nur mehr sehr vorsichtig aus den Augenwinkeln, da er nicht wollte, dass sein Gast sich bedrängt oder zu irgendwas gezwungen fühlte. Er nahm ebenfalls einen Schluck Wein. Haldir schien jetzt beim Essen noch blasser als zuvor. Was war nur los mit diesem Elb? "Hattet Ihr eine angenehme erste Nacht in Bruchtal?" erkundigte er sich.

Haldir nickte wiederum. "Ja, das hatte ich, danke. Es ist immer schön, nach einer langen Reise wieder in einem weichen Bett zu schlafen. Die Gästequartiere hier sind in dieser Hinsicht übrigens sehr gut ausgestattet", antwortete er lächelnd und ergriff wieder die Gabel.

"Das freut mich zu hören. Solltet Ihr oder einer Eurer Männer jedoch etwas vermissen, so zögert nicht, danach zu fragen", offerierte Elladan und griff nach der Schüssel mit eingelegten Tomaten und legte sie auf seinen Teller, der bereits leer geworden war, während Haldir erst drei Nagezähnchen in seine Portion gemacht zu haben schien.

"Wir werden darauf zurückkommen", antwortete Haldir. Er wollte noch etwas sagen, doch die Übelkeit, die er eben ein wenig zurückgedrängt glaubte, bemächtigte sich seiner nach den erneuten Bissen wieder. Unwillkürlich legte er eine Hand auf seinen Magen und sah krampfhaft auf seinen Teller, um Elladan nicht ansehen zu müssen, dem diese rasche Bewegung kaum entgangen sein dürfte.

Elladan war keineswegs blind. Er legte sein Besteck beiseite, faltete die Hände und stützte die Ellbogen auf den Tisch, ehe er sich vorsichtig zu Haldir hinüberbeugte. "Haldir?" flüsterte er. "Was ist los? Euch ist nicht wohl, das sehe ich doch..."

Von Haldir kam keine Antwort, sondern nur krampfhaftes Schlucken. Er registrierte, dass Elladan aufstand. 'Ich hab ihn verärgert. Bei den Valar, das wollte ich doch nicht', schoss es ihm durch den Kopf, während er immer härter mit sich kämpfen musste. Er wollte auch aufstehen, da Elladan ihn nun wohl rauswerfen würde, doch er konnte nicht. Er schien die Kraft dazu auf einmal nicht aufbringen zu können.

Elladan hatte jedoch nicht vor Haldir hinauszuwerfen. Er öffnete die Balkontür, kehrte dann rasch zum Tisch zurück und hielt Haldir seine Hand hin. "Vielleicht tut Euch ein wenig frische Luft gut?" sagte er leise.

Haldir sah ihm erstaunt in die Augen. Der Tonfall war so sanft, eigentlich schon fürsorglich gewesen. Elladan war nicht sauer auf ihn? Zögerlich nahm er die Hand von seinem Bauch, ließ sich auf die Beine ziehen und auf den Balkon führen. Dort stand er neben dem dunkelhaarigen Noldor in der leichten, kühlen Abendbrise und sah zu den Wasserfällen hinüber. Er konnte auch einige Gebäude Bruchtals sehen, die erleuchtet waren. Auch auf dem Balkon brannten einige Fackeln und tauchten ihn in ein schwaches Dämmerlicht. Haldir genoss das Gefühl, Elladans Hand noch immer an seinem Arm zu spüren.

Elladan dagegen hatte Haldir die ganze Zeit über äußerst aufmerksam beobachtet. Diese seltsamen Anzeichen, die so wirkten als würde ein Elb krank werden hatte er schon einmal gesehen. Nur ein einziges Mal in seinem Leben und die Erinnerung daran trieb ihm fast die Tränen in die Augen. Elben können nicht krank werden und wenn sich solche Anzeichen von Schwäche, Blässe und Nahrungsverweigerung zeigten, dann konnte dies nur eines bedeuten: Haldir verkraftete nicht, was ihm angetan worden war. Merilin hatte sein Herz gebrochen und er würde daran sterben. Elladan hatte nur den Beginn eines solchen Sterbeprozesses bei seiner Mutter erlebt, aber er war sich sicher, dass Haldir gerade genau das Gleiche durchmachte. Er wusste nicht, wie lange es dauerte und ob es mit Schmerzen verbunden war, denn seine Mutter war damals nach Valinor gegangen, ehe der Prozess weiter fortschreiten konnte. Sie hatte wegen der schrecklichen Erlebnisse nicht in diesen Gefilden bleiben wollen.

Elladan wusste aber, dass dieser Prozess aufgehalten werden konnte, wenn der Sterbende wieder Mut zu kämpfen bekam. Er musste Haldir dazu bringen, wieder zu kämpfen. Er durfte sich einfach nicht gehen lassen. Er sollte nicht sterben. Doch ebenso sicher wusste Elladan, dass Haldir nicht wollen würde, dass irgendjemand sonst davon erfuhr, was mit ihm vorging, falls er das selbst überhaupt schon spürte und wahrhaben wollte. 'Ich werde dich nicht aufgeben Haldir! Ich werde dich nicht allein lassen!' versprach er ihm stumm. 'Und ich werde es auch alleine schaffen. Vaters Hilfe wäre mir zwar lieber, aber ich weiß, dass du nicht willst, dass irgendwer erfährt, was dir widerfahren ist!

Haldir hatte die ganze Zeit über nur zum Wasserfall geblickt. Die Gedanken waren in seinem Kopf Karussell gefahren. Der Schmerz über den Verlust Merilins war aufgewühlt worden, ebenso hatte er über seine seltsamen Empfindungen nachgedacht, wohin diese ihn gerade gebracht hatten, und dass er offenbar anfing etwas ganz besonderes für den dunkelhaarigen Elben neben ihm zu empfinden. Er hatte in letzter Zeit lange darüber nachgedacht und es schien als hätte es erst zu einer solchen Situation wie dieser kommen müssen, um zu verstehen, was mit ihm geschah. Denn erst jetzt, in diesen Minuten war ihm klar geworden, was in ihm vorging. Eine einzige Träne der Verzweiflung löste sich und kullerte über seine Wange. Da spürte er, dass jemand die Träne sanft mit seinem Daumen abwischte. Er drehte den Kopf und sah in Elladans hübsches Gesicht, über das ebenfalls eine Träne rollte. Auch nur eine einzige. Da wusste der blonde Galadhrim, dass der andere auch erkannt und verstanden hatte. Zittrig hob Haldir eine Hand und wischte Elladans Träne weg.

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So, wenn Euch dieses Kapitel auch wieder gefallen hat und ihr wissen wollt, wie es weitergeht, dann hinterlasst mir doch ein kleines Review!