Gebrochenes Herz
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Disclaimer: Alle bekannten Personen und Orte gehören J.R.R. Tolkien. Mir gehört nur die Idee zu dieser Story, mit der ich auch kein Geld verdiene!!!
Rating: PG 13 – zwischendurch manchmal R
Zeit: Drittes Zeitalter, einige Jahre vor der Geburt Aragorns
Pairing: Haldir/Elladan
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Zuerst einmal wieder ein ganz ganz dickes liebes Danke an alle lieben Reviewer für Euer tolles Feedback! *fühlt Euch alle mal feste umarmt*
@Heitzi: Ja, der junge Heiler ist echt mutig, aber manchmal brauch man auch so kleine 'Helden', nicht wahr? Hoffen wir mal, dass es Haldir wirklich hilft!
@Shelley: Wow, danke für Dein Lob! Das freut mich ja riesig, dass Du sie immer noch lesen magst!!! *rotwerd*
@Sparrow: Tja, nun...vielleicht solltest Du es jetzt mal mit künstlichen Fingernägeln probieren? *zwinker* Ob Elrond da was rausfinden wird? Nun ja, mal abwarten! Hoffe, Du hast weiterhin viel Spaß!
@ferendil: Nee, ich hab sowas nie selber erlebt. Das entspringt alles meiner Phantasie. Ich hab mir nur versucht was zu überlegen, was das Schwinden deutlicher macht, damit es auch wirklich klar wird, wie schlimm das für einen Elben ist und wie sehr er unter gebrochenem Herzen leidet. So wie ich es verstehe, sind Elben eben sehr gefühlsbetont und wenn ihre Seele absolut nicht mehr im Gleichgewicht ist, dann fängt eben auch ihr Körper an sich aufzugeben. Ich hoffe, dass ist nicht zu übertrieben?
Vielen vielen lieben Dank für Deine lobenden Worte. Ich hab mich sehr gefreut, dass ich Dich überzeugen konnte und dass ich vielleicht doch sehr lebendig schreiben kann! Ich hoffe, Du hast weiterhin viel Freude beim Lesen!
@Lady-of-Gondor: Du könntest mit Deiner Vermutung, was das unbewusst angeht, sehr gut liegen! *auf Kapitel zeig*
@Andrea: Ja, der Elrohir hat sich einiges geleistet! Der Elrond hat sich da auch was nettes für ihn ausgedacht! *lächel* Ich bin ja gespannt, was Du dazu sagst!
@Amlugwen: Ach, so gemein konnte ich doch nicht sein und den armen Elladan allein und unwissend in seinem Zimmer sitzen lassen! *zwinker*
Hilfe, was will der Ork denn mit meiner Geschichte bei einem Verhör? *ganz verwundert guck* Muss ich mir schon wieder Sorgen um Elben machen?
@Hecate: Ich weiß, dass es zeitweise etwas kitschig ist. *vg* Aber ich freu mich sehr, dass es Dir dennoch gefällt! *knuffel*
Und nun wünsche ich Euch allen, wie immer an dieser Stelle ganz viel Spaß beim Lesen!
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Kapitel 25 – Ungewissheit
Elladan war in sein Zimmer zurückgekehrt und hatte versucht einzuschlafen. Doch er hatte sich noch ein Weilchen unruhig umhergewälzt, bis der Schlaf den erschöpften Elben endlich übermannt hatte. Nur knapp zwei Stunden später betrat Elrohir die Räume seines Bruders. Heute klopfte er nicht wie üblich nur an die Schlafzimmertür, sondern öffnete diese nach einem leisen Anklopfen, auf das keine Antwort kam, behutsam und trat ein.
Er fand Elladan zu einer Embryohaltung zusammengerollt in seinem Bett vor, seine Augen noch blicklos, woraus er schloss, dass sein Zwilling noch schlief. Er war erschüttert, als er die Schatten unter Elladans Augen bemerkte und die Erschöpfung, die sich noch immer in seinem Gesicht abzeichnete. Er setzte sich vorsichtig auf die Bettkante. "Elladan?" flüsterte er, doch er bekam keine Antwort. Elladan schlief offenbar sehr tief. 'Armer kleiner Bruder, was hab ich dir nur angetan?' fragte sich Elrohir zum wiederholten Male und beschloss seinen Bruder nicht zu wecken. Er zog die Bettdecke, die Elladan im Schlaf von sich gestrampelt hatte, wieder über ihn, strich ihm einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und machte sich allein auf den Weg zum Frühstück.
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Weitere anderthalb Stunden später öffnete wieder ein dunkelhaariger Elb die Tür zu Elladans Schlafzimmer und trat leise an das Bett. Elladan lag noch immer zusammengerollt und zugedeckt in tiefem Schlaf auf seinem Lager. Behutsam setzte Elrond sich auf die Bettkante und strich seinem Sohn das Haar aus der Stirn. 'Er sieht wirklich sehr mitgenommen aus', stellte er in Gedanken fest. "Elladan....? Elladan... aufwachen", flüsterte er mit sanfter Stimme. Doch noch kam keine Reaktion von seinem Sohn. Noch mehr Sorge schlich sich in das Antlitz des älteren, weisen Elben. Er fühlte sich durch das erschöpfte Aussehen seines Sohnes nun mehr denn je an seine geliebte Celebrian erinnert.
Aber noch ehe er länger darüber nachdenken konnte, begann Elladan zu blinzeln. Er erschrak ein wenig, als er seinen Vater an seinem Bett sitzen sah. Was hatte das jetzt zu bedeuten? War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Unruhe befiel ihn sofort und er richtete sich rasch auf. "Vater..." Mehr brachte er nicht hervor.
"Nur ruhig, Elladan. Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Du warst nicht beim Frühstück und Elrohir sagte, dass du sehr schlecht ausgesehen hast, als er dich wecken wollte. Daher hat er dich ruhen lassen. Ich hielt es daher auch für das Beste, dich ein wenig länger schlafen zu lassen. Du bist sicher erst heute morgen eingeschlafen, nicht wahr?" erkundigte sich der Herr von Bruchtal mit sanfter Stimme.
Elladan war noch immer etwas schlaftrunken und verwirrt, doch die Vermutung seines Vaters, wann er eingeschlafen sei, bestätigte er. Dann sortierte er seine Gedanken etwas und fuhr aufgeregt fort: "Vater, bitte glaube mir, dass ich Haldir nichts antun wollte.... Ich liebe ihn doch... ich liebe ihn wirklich.... Ich wollte natürlich nicht, dass du es so erfahren musst. Ich hatte mir schon einen schöneren Rahmen dafür gewünscht, in dem wir dann unsere Liebe zueinander verkünden... Ich... habe solche Angst um ihn... und wenn du mich bestrafen willst, für das was vorgefallen ist, so tu was du für richtig hältst, nur bitte, bitte, bitte rette Haldir! Oder.... oder ist es etwa schon zu spät?" Ein trockenes, unterdrücktes Schluchzen folgte der letzten Frage.
"Ssssch, Elladan... es ist noch nicht zu spät. Ich war eben bei ihm. Er hat die Nacht immerhin überstanden", begann Elrond und Elladan atmete erleichtert auf. In den Stunden die er geschlafen hatte, war also nichts Furchtbares geschehen. Doch sein Vater fuhr fort: "Sein Zustand hat sich jedoch nicht verändert. Er ist nach wie vor ernst." Noch mehr Sorgen zeichneten nun das Gesicht des jüngeren Zwillings. "Wie ernst? Wie geht es ihm? Sag es mir bitte!"
"Du weißt selber, dass er mehrere schwere Verletzungen davon getragen hat. Die gebrochenen Rippen sind zwar gerichtet und werden durch einen strammen Verband an ihrem Platz gehalten, doch sie beeinträchtigen noch immer etwas seine Atmung. Der Bruch seines Beines war offen, ich versuche alles, dass sich keine Entzündung bildet, die seinen Körper noch mehr schwächen würde. An und für sich könnte ein Elb das gut verkraften, doch sein labiler, schwindender Zustand verschlimmert das alles..." Elrond machte eine Pause, als er sah wie seinem Sohn Tränen in die Augen traten.
Elladan senkte den Kopf, er wollte nicht, dass sein Vater ihn schon wieder weinen sah. Auf einmal fühlte er, wie dieser jedoch einen Arm um seine Schultern legte und ihn an sich zog. "Elladan, ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, was in meiner Macht steht." Die schützenden Arme seines Vaters um sich spürend, fühlte sich Elladan unwillkürlich auf einmal wieder so, wie ein kleiner Elb, der böse geträumt hatte und sich nun an seinen Vater kuschelte. Es tat ihm gut, von seinem Vater so getröstet zu werden und langsam sickerte in sein Bewusstsein durch, dass sein Vater ihn nicht bestrafen wollte. Doch er wollte nicht sofort weitersprechen, im Augenblick genoss er nur die beruhigende Wirkung, die die Umarmung seines Vaters auf ihn hatte, sog den beruhigenden Duft nach Kräutern ein, der ihn gerade umgab. Seine Tränen ließen nach und er beruhigte sich schließlich wieder.
"Du willst mich wirklich nicht bestrafen?" hakte er dann nach. "Aber ich verdiene doch eine Strafe, für das was geschehen ist... auch wenn ich es nicht gewollt habe."
"Nein, Elladan, in meinen Augen verdienst du keine Strafe. Daher wollte ich auch gestern nicht mehr darüber befinden, denn ich war zu erschöpft und hätte vielleicht ungerecht entschieden. Dein Bruder verdient allerdings schon eine Strafe für das was er getan hat. Du hast es ja nur gut gemeint und dieser Rollentausch auf dem Übungsplatz ist ja eigentlich ohne Folgen geblieben, auch wenn ich ihn nicht wirklich gutheißen kann. Doch was Elrohir tat, war verantwortungslos. Er hat seine Strafe auch sofort akzeptiert, als ich sie ihm heute nach dem Frühstück mitteilte", erklärte Elrond.
"Ich... ich weiß nicht, vielleicht war es auch mein Fehler, Elrohir nicht einzuweihen?", sinnierte Elladan weiter.
"Nein, das war gewiss kein Fehler. Auch wenn ihr Zwillinge seid, resultiert daraus nicht gleich eine Verpflichtung, den anderen in alles einzuweihen", antwortete Elrond sanft und versuchte so, seinem Sohn die Schuldgefühle etwas zu nehmen. "Du bist mit der Ungewissheit im Augenblick mehr gestraft, als mir bereits lieb wäre."
Elladan nickte langsam, dann sah er seinen Vater wieder scheu an: "Darf ich denn heute zu Haldir?" Er hoffte, dass Elrond ihm diese Bitte heute gewähren würde, doch er wurde enttäuscht, als sein Vater aus den gleichen Gründen ablehnte. "Ich möchte nichts riskieren, das musst du verstehen. Ich möchte zuerst mit Haldir sprechen, wenn er wieder wach ist und ich möchte bei einem zufälligen Erwachen keinen Schock oder etwas in der Richtung riskieren. Er ist momentan einfach zu schwach...", erklärte der erfahrene Heiler.
Diese Antwort führte zu nichts anderem, als dass dem jüngeren Zwilling wieder Tränen in die Augen traten. Noch einmal drückte Elrond seinen Sohn an sich. "Sobald ich es erlauben kann, dass Haldir Besuch empfängt, werde ich dich als erstes zu ihm lassen. Das verspreche ich dir", flüsterte er seinem Kind beruhigend zu. Er war erleichtert, als er spürte, dass Elladan sich diesmal recht schnell wieder fing.
Der jüngere Elb hatte sich jedoch an das Versprechen von Alagos erinnert, dass der ihm helfen würde, bei Haldir zu sein und so klammerte er sich daran, wenigstens die Nächte bei seinem Liebsten wachen zu dürfen. "Du solltest nun aber aufstehen und etwas essen", riss ihn die besorgte Stimme seines Vaters aus seinen Gedanken. "Und heute Abend bringe ich dir ein Schlafmittel vorbei, denn auch du brauchst deinen Schlaf", versprach Elrond. Elladan nickte nur.
Nachdem sein Vater ihn verlassen hatte, fühlte Elladan sich einsam und allein. Langsam stand er auf, kleidete sich an und ging ins Speisezimmer. Es stand noch immer ein Gedeck auf seinem Platz und einige Frühstücksbestandteile waren auch noch vorhanden. Ein Diener erschien und erkundigte sich, was er ihm denn noch bringen dürfe, doch Elladan lehnte alles ab. Er aß ein wenig Obst und nippte an einer Tasse Tee. Er musste irgendwie diesen entsetzlich langen Tag herumbringen, aber er hatte keine Ahnung wie. Sein Vater sorgte sich um ihn, das hatte er ihm deutlich gezeigt, daher hatte er auch keine Verpflichtungen für ihn. Und Elrohir? Vielleicht konnte der ihm ein wenig Gesellschaft leisten, doch er war ihm nirgends begegnet und so nahm Elladan an, dass er, wofür auch immer Vater ihn auserkoren hatte, seine Strafe zu erledigen hatte.
Der Zwilling war so in sich versunken, dass er nicht merkte wie plötzlich ein leichter Schatten auf den Tisch vor ihm fiel, als jemand von hinten an ihn herantrat und sich dann auf den Stuhl neben ihn setzte. "Guten Morgen Elladan! So tief in Gedanken?" begrüßte ihn eine freundliche Stimme und Elladan sah in das sanfte gutmütige Gesicht seines Großvaters. "Wie geht es dir?"
Elladan empfand Dankbarkeit dafür, dass sein Großvater hier war und antwortete dann ehrlich auf seine Fragen. Um so erleichterter war er, als Celeborn den Rest des Vormittages mit ihm verbrachte und sich ein wenig um ihn kümmerte. Erneut fühlte er sich ein wenig in seine Kindheit zurückversetzt, doch im Augenblick war das ein beruhigendes Gefühl für ihn, da viele positive Erinnerungen damit verknüpft waren.
Das Mittagessen nahmen die beiden Elben gemeinsam mit Glorfindel ein, denn weder Elrond noch Elrohir waren erschienen. Elrohir hatte laut Glorfindel seine Strafe bereits angetreten und Elrond musste einen Teil seiner liegengebliebenen Verwaltungsarbeiten aufholen, da er momentan auch noch stündlich nach Haldir sehen musste. Elladan versuchte sich einzureden, dass es immerhin auch eine gute Nachricht war, wenn sein Vater ihnen gar keine Nachricht über Haldirs Zustand brachte. So erkundigte er sich bei Glorfindel, worin genau denn eigentlich Elrohirs Strafe bestünde.
Glorfindel lächelte ein wenig, als er sprach: "Nun, dein Vater hat lange mit ihm darüber gesprochen, welche Konsequenzen aus seinem Tun resultiert sind und er hat auch sehr ausführlich darüber berichtet, wie er Haldir behandeln musste, dass ich ihm dabei geholfen habe und dass sich momentan auch noch Alagos um ihn kümmert. Da nun aber zwei Heiler mehr oder weniger rund um die Uhr Haldir betreuen müssen, können sie sich kaum noch um andere Gäste Bruchtals kümmern, die auf der Wanderschaft hier vorbeikommen, Rast machen und die eventuelle ebenfalls Wunden haben. Daher hat Elrond deinen Bruder verpflichtet, ihm helfend zur Hand zu gehen. Das umfasst zum einen die Krankenzimmer und sämtliche Heilerutensilien in Ordnung zu halten, zum anderen aber auch, sich um die leichten Blessuren der Reisenden zu kümmern."
"Oh, darf er etwa zu Haldir?" fragte Elladan sofort aufgeregt. Glorfindel schüttelte den Kopf. "Nein, niemand außer Elrond und Alagos kümmern sich um Haldir." Für einen Moment huschte wieder ein enttäuschter Gesichtsausdruck über Elladans Antlitz, dann jedoch konnte er sich ein schwaches Grinsen nicht verkneifen, als er sich vorstellte mit welcher Begeisterung, nämlich überhaupt keiner, Elrohir die Strafe aufgenommen haben musste. "Wie lange muss er das denn machen? Bis Haldir wieder gesund ist?" fragte Elladan nach.
"Oh nein, dein Vater war da recht streng, würde ich sagen. Er muss es schon ein Jahr durchhalten", antwortete Glorfindel. "Aber vielleicht hat er ein Einsehen, sobald Haldir wieder vollständig auf den Beinen ist." Elladan nickte leicht und grinste noch ein wenig in sich hinein.
Irgendwann kam der Abend. Nach dem Abendessen begab sich Elladan auf sein Zimmer und gab vor sich bettfertig zu machen. Es dauerte auch nicht lange, da erschien sein Vater und brachte ihm eine kleine Phiole einer leicht gelblichen Flüssigkeit. "Trink das bevor du dich hinlegst und du wirst besser schlafen heute Nacht", sagte er sanft, als er seinem Kind die Arznei reichte.
"Danke Vater", antwortete Elladan leise. "Gehst du auch schlafen? Wer ist bei Haldir?"
"Ja, ich werde mich nun auch zurückziehen. Aber Alagos wird die ganze Nacht bei ihm bleiben und auf ihn aufpassen", versprach der Elbenlord. "Schlaf schön."
"Gute Nacht", erwiderte Elladan noch, als sein Vater die Tür leise hinter sich schloss. Nun begann wieder das bange Warten bis Mitternacht. Und kaum war die Zeit gekommen, da schlich Elladan sich wieder aus seinem Gemach und versteckte sich wie am Vorabend in dem Schrank und wartete, dass sein Vater an ihm vorüberkam. Nur Sekunden später saß er an Haldirs Bett, hielt die schmale, blasse und vom Fieber glühende Hand in der seinen.
Erneut verbrachte er die ganze Nacht damit, Haldir kühle Umschläge gegen das Fieber zu machen, die Umschläge gegen die Hämatome zu erneuern, die heißen Hände zu halten, Haldirs Stirn zu kühlen, sein Gesicht zärtlich zu streicheln und ihm ab und an einen Kuß aufzuhauchen.
Besorgt lauschte er dem pfeifenden Atem und dem schwachen Herzschlag des Galadhrim. Ab und an sprach er leise mit ihm und erzählte ihm, was am Tage so alles geschehen war.
Erst als der Morgen wieder heraufzudämmern begann verließ er schweren Herzens seinen kranken Geliebten und machte sich auf den Weg zurück in sein eigenes Schlafzimmer. Dort schluckte er nur den halben Inhalt der kleinen Phiole und fiel kurz darauf in einen tiefen Schlummer.
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Die ganzen folgenden Tage verliefen für Elladan nun nach dem selben Schema. Er brachte den Tag mit irgendwelchen Beschäftigungen herum. Erestor war sehr erstaunt, als Elladan am folgenden Tag sogar ihm ein wenig zur Hand gehen wollte, doch er konnte sich den Grund nur allzu gut vorstellen. Elladan brauchte Ablenkung von den Gedanken an seinen kranken Liebsten.
Des Abends kehrte Elladan so rasch als möglich an Haldirs Lager und kümmerte sich mit größtmöglicher Liebe und Fürsorge um ihn. Es war ein kleines Ritual geworden, dass er Haldir immer erzählte, was am Tage so vorgefallen war. Meistens erzählte er ihm dann auch irgendwelche Pläne, die er vorhatte, gemeinsam mit Haldir zu verwirklichen, wenn dieser nur erst wieder gesund sei. Und jedes Mal war Elladan besorgt und stand große Ängste aus, wenn Haldir verzweifelt nach Luft rang oder im Schlaf aufwimmerte, weil er scheinbar Schmerzen verspürte.
Früh am Morgen kehrte Elladan dann zurück in sein Zimmer und schlief mit Hilfe des Trankes seines Vaters noch einige Stunden, bis er wieder aufstehen musste. Mittlerweile war er äußerst dankbar für diesen Trank, denn er ermöglichte es Elladan ruhig und tief ohne jegliche Träume zu schlafen. In Elladans Geist nahm nämlich eine furchtbare Vorstellung mehr und mehr Gestalt an: was wäre, wenn Haldir sich von ihm abwenden würde, sobald er wieder gesund war? Was, wenn er Elladan nicht einmal sehen wollen würde, sobald er nur erwacht war? Er versuchte diese Gedanken so weit als möglich zu verdrängen, denn sie schmerzten ihn zu sehr. Wenn er abgelenkt war, dann traten sie in den Hintergrund seines Denkens, auch an Haldirs Lager konnte er sie erfolgreich verbannen, doch sobald er allein in seinem Schlafgemach in seinem Bett lag, drangen sie mit aller Macht auf ihn ein.
Doch diese Strapazen und der mangelnde Schlaf begannen sich bald deutlich abzuzeichnen. Elrond nahm dies sehr besorgt zur Kenntnis. Und auch Haldirs Zustand änderte sich einfach nicht. Es war zwar keine Verschlechterung in Sicht, doch auch keine wesentliche Besserung, außer dass das Fieber jetzt wenigstens von Zeit zu Zeit etwas fiel, aber meist nur, um bald wieder auf das alte Niveau anzusteigen.
Auch Alagos bemerkte den erschöpften Zustand von Elladan, der mit jedem Tag, der ins Land ging, zunahm und die schreckliche Befürchtung, dass, wenn Haldir sterben würde vielleicht auch Elladan starb, nahm in seinem Geist Gestalt an. Doch was er auch sagte, er konnte Elladan nicht davon abbringen jede Nacht an Haldirs Seite zu wachen.
In der fünften Nacht wirkte Elladan wieder müder als zuvor und Alagos sprach ihn sanft an: "Elladan, es ist gleich drei Uhr morgens. Du solltest dich heute vielleicht ausnahmsweise mal etwas eher hinlegen. Du bist doch vollkommen am Ende deiner Kräfte."
"Nein, bin ich nicht. Es ist wirklich in Ordnung für mich Alagos. Bitte lass mich bei ihm sein", bat er ein weiteres Mal. "Wenn irgendwas ist, möchte ich für ihn da sein."
"Elladan es wird nichts sein, vertrau mir. Bisher hat er tief und ruhig geschlafen."
Doch Elladan schüttelte nur den Kopf. Alagos gab es vorerst auf, um sich neue Argumente auszudenken, die er bisher noch nicht gebraucht hatte und die somit noch nicht von Elladan entkräftet worden waren.
Während Alagos noch überlegte, was er sagen könnte und sich damit beschäftigte, die Wasserschüssel neu mit kaltem Wasser aufzufüllen geschah zum ersten Mal etwas. Elladan bemerkte, dass Haldirs Augen sich offenbar hektisch unter seinen Lidern bewegten, die Atmung sich beschleunigte. "Alagos, was hat das zu bedeuten?" fragte er ängstlich.
"Er träumt offenbar", antwortete der junge Heiler und legte behutsam seine Hand auf die Stirn des Galadhrim. In jenem Moment drehte Haldir den Kopf von ihm weg und stöhnte gequält auf.
Da waren die Geräusche des Sturmes, schlimmer denn je. Die Bäume unter denen er hindurchritt schienen nach ihm zu greifen, umdrängten ihn, sich in einem Moment nähernd um dann im nächsten beiseite zu springen und sich zu entfernen. Der Regen tat in seinen Augen weh. Auf einmal stürzten sich die Bäume wieder auf ihn und Meril und er stürzten beide. Das Rauschen und Donnern des Baumes war so laut und schon war er gefangen von irgendetwas. Er wollte aufstehen, weglaufen, doch Schmerzen hielten ihn am Boden. Das Rauschen von Wasser hallte in seinen Ohren wieder und jagte ihm panische Angst ein. 'Der Fluss', schoss es ihm durch den Kopf und er spürte wie die Wellen nun nach ihm griffen und über ihm zusammenschlugen. Er wollte um Hilfe schreien, doch seine Kehle war wie gelähmt. Panik überkam ihn und er versuchte verzweifelt zu entkommen.
Doch auf einmal war da etwas anderes. Er hörte wie durch dicke Watte eine Stimme. Er konnte nicht sagen, wem sie gehörte, doch sie war vertraut, angenehm und beruhigend. Er fühlte ganz schwach, wie jemand ihn berührte, offenbar zärtlich berührte, und das Gefühl war so echt, so real, so nah. Hatte ihn jemand gefunden, in diesem Unwetter? Wer? Er versuchte sich auf die Stimme zu konzentrieren, sie war so tröstend und liebevoll. Er wollte den Besitzer der Stimme bitten ihm zu helfen, doch er brachte die Kraft dazu nicht auf. Aber er nahm irgendwie wahr, dass er an der Hand berührt wurde und er versuchte mit aller ihm noch verbliebenen Kraft sich an der anderen Hand festzuhalten. Das schien zu helfen. Der Sturm heulte nicht mehr so sehr, der Regen war verschwunden und da waren nur noch die vereinzelten leisen Worte der sanften wohlbekannten Stimme. Langsam glitt Haldir wieder in den traumlosen Schlaf zurück. Er konnte nicht sagen was geschehen war, doch er wusste es war alles in Ordnung um ihn herum, ihm konnte nun nichts mehr geschehen.
"Sssssch, mein Liebster, beruhige dich... wir sind ja bei dir.... ja, so ist es besser, schlafe wieder ein.... alles ist gut..... niemand wird dir etwas tun... Du brauchst keine Angst zu haben", flüsterte Elladan und bettete den Kopf seines Geliebten wieder auf das Kissen. Haldirs Hand, die sich noch immer so fest an seine klammerte und deren Griff sich nur langsam lockerte, hielt er weiterhin fest, damit Haldir fühlte, dass er nicht allein war.
"Das hast du wunderbar hinbekommen", sagte Alagos mit aufrichtiger Bewunderung in der Stimme. Er hatte die ganze Zeit über besorgt beobachtet, wie Elladan seinen Geliebten durch den Alptraum getröstet und ihn schließlich vollends beruhigt hatte, so dass er wieder in den tiefen Heilschlaf zurückgeglitten war.
"Siehst du, es war doch gut, dass ich noch hier war", sagte Elladan leise und betrachtete besorgt das bleiche Gesicht Haldirs. Der Zwiespalt seiner Gefühle zeichnete sich ein wenig auf seinem Gesicht ab. Zum einen freute Elladan sich, dass er es geschafft hatte, Haldir zu beruhigen, während es Alagos zuvor nicht gelungen war. Daraus erhoffte er sich, dass Haldir vielleicht seine Stimme erkannt und ihm dennoch vertraut hatte. Anderseits nagten die Zweifel an ihm, vielleicht hatte sich Haldir auch nur beruhigt, weil er die zärtlichen und beruhigenden Berührungen gespürt hatte. Alagos hatte ihn nicht so zärtlich berührt und vielleicht hatte nur dies den Unterschied ausgemacht. Die Ungewissheit wollte wieder mit bösen Tentakeln nach ihm greifen, doch er zwang sich selbst, sich nun nur auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, in der Angst, dass seine innere Unruhe sich auf Haldir übertragen und ihm schaden könnte.
"Ja, ich gebe zu, ich bin sehr froh, dass du hier warst", antwortete der junge Heiler lächelnd, um Elladan etwas aufmunterndes sagen zu können, da er ihm seine Befürchtungen ansah, denn die beiden kannten sich zu gut, als dass Elladan etwas vor ihm verstecken konnte. Er versuchte von da an allerdings auch nie wieder Elladan dazu zu überreden doch selber schlafen zu gehen.
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Ich hoffe, es hat Euch wieder gefallen! Lasst es mich wissen!
Alles Liebe, Ari
