Titel: Das letzte Geheimnis?
Disclaimer: siehe Prolog
Anmerkung: so, ich bin der Meinung, ab diesem Kapitel wird der Stil erheblich besser. Ab diesem Kapitel hatte ich schließlich auch eine Beta-Leserin. Danke Len!
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~Kapitel 4~
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„Seid doch still, ihr weckt ihn
auf! Er muss sich ausruhen!", hörte Harry aus weiter Ferne Hermines Stimme an
sein Ohr hallen.
„Er soll doch aufwachen ", widersprach
Ron ihr, wie er es eigentlich immer tat.
Harry schlug die Augen auf und blickte
direkt in Madam Pomfreys Gesicht, die sich über ihn gebeugt hatte und ihn
prüfend ansah.
„Harry, Gott sei Dank bist du wach!
Wie geht's dir?", fragte Ron.
„Keine Ahnung, wie geht's mir denn?",
fragte Harry, während er Madam Pomfrey ansah.
„Ich erkenne keinen weiteren
Beschwerden. Du hast ein bisschen erhöhte Temperatur, aber sonst geht es dir
gut. Hier, trink das!", mit diesen Worten reichte sie ihm eine Tasse mit einer
dampfenden und eklig aussehenden Flüssigkeit. „Ich gehe jetzt Professor
Dumbledore holen. Und ihr seid in zehn Minuten hier raus, verstanden?", meinte
Madam Pomfrey und verließ mit geschäftigen Schritten das Zimmer.
„Was war denn los? Und wer ist dieser
Junge? Irgendwie sah er dir . . . sehr ähnlich, oder?", fragte Ron.
„Lass ihn doch erst einmal wieder
richtig zu sich kommen!", tadelte ihn Hermine.
„Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass
ich ohnmächtig geworden bin, weil meine Narbe fürchterlich weh tat, als dieser
Junge mich angeschaut hat."
Ron und Hermine sahen ihn betroffen
an.
„Wisst ihr, wie er heißt?", fragte
Harry seine beiden Freunde.
„Sein Name ist Malidotus Sorcery. Er
ist nach Slytherin geschickt worden", erklärte Ron.
Worauf Hermine noch betroffener und
besorgter aussah.
„Wisst ihr sonst noch irgendwas?",
fragte Harry die beiden.
Hermine und Ron schüttelten den Kopf.
„Dumbledore hat nach der Einteilung
nur erklärt, dass Sorcery die fünfte Klasse besuchen wird. Weitere Erklärungen
hat er aber nicht abgegeben", erklärte Hermine.
„Sorcery ist gleich nach dem Essen mit
Malfoy zusammen in den in den Aufenthaltsraum von Slytherin verschwunden",
sagte Ron.
„Jetzt hat Malfoy wieder jemand Neuen
gefunden, an den er sich hängen kann", meinte Hermine verächtlich.
„Und er hat einen neuen Grund
gefunden, sich über mich totzulachen. Warum passiert so etwas ausgerechnet
immer mir?", fragte sich Harry wütend.
Ron schaute ihn verständnislos an,
doch Hermine wusste, was er meinte.
„Dass du ohnmächtig wirst, liegt ja
wohl daran, dass du der Einzige von uns bist, der ein Narbe auf der Stirn hat,
die immer schmerzt, sobald Du-weißt-schon-wer besonders mörderisch ist oder an
dich denkt! Also lass Malfoy doch einfach reden!"
„Du sahst aus, als würdest du ihn
wiedererkennen. Hast du ihn schon mal gesehen?", fragte Ron.
Harry schauderte. Er wollte jetzt
nicht mehr darüber reden. Nicht nach der Erkenntnis, an wen Sorcery ihn
erinnert hatte. „Es war nichts", wich er deshalb Rons Frage aus.
Hermine runzelte die Stirn und schaute
Harry skeptisch an. Harry schaute mit unschuldigen Blicken zurück.
„Hermine ist übrigens
Vertrauensschülerin", sagte Ron jetzt. Er hatte gemerkt, dass Harry nicht mehr
über den neuen Schüler reden wollte.
„Was?! Warum hast du uns denn nichts
davon erzählt?! Du musst das doch schon vor Schulbeginn gewusst haben", meinte
Harry zu Hermine.
Diese sah ihn entschuldigend an. „In
dem ganzen Trubel hab ich es völlig vergessen und dann hab ich keinen richtigen
Zeitpunkt gefunden."
„Also hab ich es vorhin vor der ganzen Schule von Dumbledore erfahren und war
völlig überrascht", schloss Ron.
„Also so schlimm war es nun auch
wieder nicht!", verteidigte sich Hermine.
„Vertrauensschülerin!", verdrehte Ron
zu Harry gewandt die Augen. „Das war ja mal wieder klar. Ich sehe schon, wir
werden dieses Jahr gezwungen, nur noch zur Bibliothek zu rennen, und deinen
Tarnumhang hättest du gleich zu Hause lassen können, Harry. Ich würde mich
nicht wundern, wenn sie nächstens auch noch zur Schulsprecherin gewählt wird",
Ron stieß ein Stoßseufzer aus.
„Ich werde nicht mehr meckern als
sonst, okay?", erwiderte Hermine grinsend.
In diesem Moment betrat Dumbledore das
Krankenzimmer.
„Guten Abend ihr Drei", sagte er zu
Harry, Ron und Hermine.
Die Drei grüßten höflich zurück.
„Würdet ihr mich jetzt bitte mit Harry
alleine lassen?", fragte er Ron und Hermine.
Die beiden nickten und gingen mit
einem letzten besorgten Blick aus dem Zimmer.
„Also, Harry, wie geht es dir?",
fragte Dumbledore.
„Jetzt wieder ganz gut. Wieso kommt
dieser Junge erst jetzt nach Hogwarts? Und wo kommt er überhaupt her?", fragte
Harry, noch bevor Dumbledore ihm irgend etwas erklären konnte.
„Dieser Junge hat auch einen Namen,
Harry. Er heißt Malidotus Sorcery. Er kommt aus Durmstrang."
„Dann ist es ja kein Wunder, dass er
nach Slytherin geschickt wurde", schaute Harry ihn vielsagend an.
„Harry, so etwas will ich hier nicht
hören. Malidotus hat ein faire Chance verdient wie jeder, der neu nach Hogwarts
kommt."
„Tut mir leid. Wie geht es Sirius?",
wechselte Harry rasch das Thema.
„Es geht ihm gut. Du kannst ihm wieder
schreiben, aber benutze nicht jedes Mal Hedwig. Nimm die Schuleulen."
„Ich wünschte, wir könnten endlich
Sirius Unschuld beweisen."
„Nicht, wenn wir nicht Pettigrew in
die Hände bekommen. Und der wird sich hüten, in unsere Nähe zu kommen. Aber
mach dir darüber jetzt keine Gedanken. Was ist mit deiner Narbe? Sie hat vorhin
geschmerzt, nicht wahr?"
„Ja, als Sorcery mich angeschaut hat",
sagte Harry.
Dumbledore sah ihn einen Moment lang
nachdenklich an, dann sagte er: „Nun ich denke, du solltest sofort zu mir
kommen, wenn sie wieder schmerzt, versprich mir das."
Harry nickte.
„Gut, dann schlaf jetzt. Ich denke, du
kannst morgen früh wieder mit den anderen in der Großen Halle frühstücken und
zum Unterricht gehen. Oder nicht?"
Harry nickte wieder.
„Gute Nacht, Harry. Und denk nicht
zuviel nach", sagte Dumbledore noch und verschwand durch die Tür.
Harry blieb tief in Gedanken versunken
zurück. Dumbledores letzten Ratschlag hatte er schon gar nicht mehr
mitbekommen.
Als Harry am nächsten Morgen nach unten zum Frühstück kam, spürte er, wie
alle in der Großen Halle ihn neugierig anstarrten. Doch er zwang sich dazu,
nicht zum Tisch der Slytherins zu schauen, wo er zweifellos wieder Sorcerys
Blick begegnet wäre. Und er hatte keine Lust, noch einmal in Ohnmacht zu
fallen.
Er setzte sich am Tisch der
Gryffindors zwischen Ron und Hermine und nahm sich ein Toastbrot.
„Wie geht's dir Harry?", fragte
Hermine ihn.
„Prima. Was haben wir in der Ersten?",
fragte Harry zurück.
Ron schaute ihn unbehaglich an.
„Doppelstunde Zaubertränke mit den Slytherins zusammen."
„Aber das ist doch gar nicht so
schlimm. Wir haben das schließlich schon vier Jahre ausgehalten, und außerdem
haben wir dann Snape hinter uns. Du musst dich ja nicht unbedingt vor Sorcerys
Nase setzen", plapperte Hermine munter drauflos.
Harry sah sie nur an und sie
verstummte.
Nach diesem knappen Wortwechsel
sprachen die Drei nicht mehr miteinander. Als sie aufstanden, hatte Harry keine
andere Wahl: er musste zu den Slytherins schauen. Sofort spürte er wieder ein
Stechen in seiner Narbe und ihm wurde schwindelig. Er klammerte sich an Hermine
und schaffte es gerade noch, sich aufrecht zu halten.
Doch natürlich war keinem in der Halle
dieser erneute Schwächeanfall entgangen. Am Tisch der Slytherins brach ein
Lachsturm los, der sich über die ganze Halle erstreckte. Am Tisch der
Gryffindors waren alle ruhig und schauten mit betroffenen Gesichtern zu Harry
hinüber, der von Ron und Hermine gestützt aus der Halle stürzte. Draußen in der
Eingangshalle lehnte Harry sich gegen die Wand.
„Ich halt das nicht aus. Ich hab ihn
jetzt noch nicht mal angeschaut und werde fast ohnmächtig. Das kann doch nicht
normal sein!", sagte Harry wütend.
„Aber er hat dich angeschaut. Ich
hab's gesehen", sagte Hermine.
„Es ist trotzdem nicht normal."
„Nein. Das ist es wohl nicht", gab sie
ihm jetzt etwas zögernd Recht.
„Meinst du, es ist Du-weißt-schon-wer
in einer anderen Gestalt?", fragte Ron mit einem leichten Zittern in der
Stimme.
Harry schüttelte den Kopf. „Nein, dass
hätte Dumbledore gemerkt."
„Bist du dir da so sicher? Er hat
schließlich auch nicht gemerkt, dass Mad-Eye Moody letztes Jahr eigentlich gar
nicht Mad-Eye Moody war", gab Hermine zu bedenken.
Ron sah sie strafend an.
„Das ist Quatsch, Hermine. Natürlich
würde Dumbledore es merken. Und jetzt sollten wir runter gehen. Sonst kriegt
Snape 'nen Anfall", beendete Harry das Gespräch und ging in Richtung
Kellertreppe. Die Bitte von Dumbledore, ihm sofort Bescheid zu sagen, wenn
seine Narbe erneut schmerzte, ignorierte er.
Hermine währenddessen ging Harry und
Ron verärgert hinterher. Sie wusste, dass sie Recht hatte. Und sie wusste, dass
Harry wusste, dass sie Recht hatte.
Doch sie wusste auch, dass Harry es
einfach nicht wahrhaben wollte.
Als die drei unten in den Kerkern
ankamen, waren sie die ersten, die das Klassenzimmer betraten. Harry tat nun
etwas, was er unter anderen Umständen nie getan hätte: er setzte sich in die
erste Reihe.
Ron und Hermine setzten sich zwar zu
ihm, doch Ron schaute mehr als nur unbehaglich. „Willst du dich wirklich
hierhin setzten?", fragte er Harry.
Harry nickte schweigend und Ron
unterhielt sich daraufhin leise mit Hermine.
Im nächsten Moment betraten die
restlichen Gryffindors und die Slytherins den Klassenraum. Harry schaute
angestrengt auf die Tischplatte vor ihm und registrierte das hämische Gelächter
der Slytherins hinter ihm mit versteinertem Gesichtsausdruck.
„Ich will gar nicht wissen, wie Snape
uns immer anschauen wird, wenn wir weiterhin direkt vor seiner krummen Nase
sitzen", flüsterte Hermine.
„Ich würde mir lieber Gedanken darüber
machen, wie Sorcery eben Harry angeschaut hat. Hast du das gesehen, Harry?",
fragte Ron.
„Nein, ich hab nicht hingesehen. Ich
habe nämlich keine Lust, in mein eigenes Spiegelbild zu schauen, wenn ich nicht
in einen Spiegel sehe", antwortete Harry sarkastisch.
Auf diese Antwort Harrys blieben Ron
und Hermine einen Augenblick still. Dann meinte Hermine zögernd:
„Ich bin sicher, Dumbledore hätte ihn
nie nach Hogwarts gelassen, wenn er irgendwie gefährlich wäre."
„Vorhin hast du noch was anderes
gesagt", sagte Ron.
Hermine sah ihn böse an. Er jedoch
hatte seinen Ist-doch-wahr-Blick aufgesetzt.
Wenige Minuten später betrat Snape das Verlies. Er schaute einmal über alle
Schüler hinweg und seine kalten, schwarzen Augen blieben sowohl bei Harry, als
auch bei Sorcery einen winzigen Moment lang hängen.
„Wir haben also einen neuen Schüler.
Ich hoffe, Sie sind ein Gewinn für Slytherin,
Mr. Sorcery.", sagte Snape und in seiner Stimme lag ein Ton, der Harry gar
nicht gefiel.
„Aber sicher doch, Professor Snape",
hallte Sorcerys schneidend scharfe und höhnische Stimme hinter Harry durch den
Kerker.
Harry lief es eiskalt den Rücken
hinunter. Er wusste nicht warum, doch diese Stimme jagte ihm einen Schauder
ein, wie es zuletzt nur die Stimme Lord Voldemorts geschafft hatte. In diesem
Moment klopfte es an die Tür.
„Herein!", schnarrte Snape. Er hasste
nichts mehr, als Unterbrechungen während seines Unterrichts.
Die Tür ging auf und Cho Chang betrat
den Raum.
Cho war die hübsche Sucherin des
Quidditch-Teams von Ravenclaw. Harrys Herz machte einen Sprung, denn für Cho hegte
er Gefühle, von denen er bis jetzt noch nicht einmal Ron erzählt hatte.
„Entschuldigen Sie bitte, Professor,
aber ich soll Harry Potter holen. Professor Dumbledore möchte ihn sprechen",
sagte Cho.
„Potter wird jetzt nirgendwo hingehen,
Ms. Chang", sagte Snape leise und Harry wäre ihm am liebsten an die Gurgel
gesprungen.
„Es ist aber sehr wichtig, Professor,
Minister Fudge will mit ihm reden."
Ein Raunen ging durch die Klasse und
Harrys Kopf drehte sich mit entsetztem
Gesichtsausdruck zu Ron und Hermine herum. Ron formte lautlos das Wort
‚Sirius' mit den Lippen und Harry zuckte ratlos mit den Schultern.
„So, so, unser Minister will mit
Potter reden. Nun, dann kann ich ihn wohl nicht aufhalten.
Verschwinde, Potter!", Snapes Stimme war während des Redens ständig lauter
geworden und am Schluss war er so außer sich gewesen, dass Harry, Ron und
Hermine in der ersten Reihe fast vom Stuhl gefallen wären.
Doch Harry kümmerte sich nicht darum.
Er stand auf, packte seine Sachen zusammen und registrierte kaum Hermines Hand
die sich beruhigend auf seinen Arm gelegt hatte. Was war passiert? Hatten sie
Sirius gefasst?
Er ging zu Cho und verließ zusammen
mit ihr den Raum. Draußen warf er ihr immer wieder verstohlene Blicke zu. Sie
hatte sich verändert. Ihr Gesicht hatte ein wenig von seiner Unschuld verloren.
Sie war älter geworden.
„Weißt du, was Fudge von dir will?", fragte Cho neugierig, aber auch besorgt
und unterbrach damit Harrys Gedanken über ihr verändertes Aussehen.
Harry schüttelte den Kopf. Er wollte
diesen furchtbaren Gedanken nicht aussprechen, und schon gar nicht vor Cho, die
ja nicht wusste, dass Sirius unschuldig und außerdem auch noch sein Patenonkel
war.
„Sie warten in Dumbledores Zimmer auf
dich. Ich hab keine Ahnung, wie du dort hinkommst, doch Dumbledore meinte, du
wüsstest es", Cho holte etwas aus ihrer Tasche, „Ich soll dir das hier von ihm
geben." Und damit hielt sie ihm ein Brausebonbon hin.
Harry sah sie etwas überrascht an,
doch dann nickte er mit eine Mal, als hätte er verstanden.
„Was ist das?", fragte Cho gespannt.
„Ein Muggel-Zitronenbrausebonbon",
antwortete Harry mit einem Lächeln, doch Cho hob nur verständnislos die
Augenbrauen. Harry steckte es in seine Tasche. „Ach, nicht so wichtig."
„Harry, ich . . . ich wollte mich noch
bei dir bedanken", begann Cho leise.
Harry blieb stehen und schaute Cho
überrascht in die Augen. Obwohl er eine Klasse unter ihr war, überragte er sie
um einen halben Kopf.
„Gestern Abend, als der Dementor kam,
da hast du . . . du warst fantastisch, Harry, wenn du nicht gewesen wärst, dann
. . .", Cho senkte den Kopf. „Ich habe noch nie einen so wundervollen Patronus
gesehen, nicht mal Dumbledore hat das hinbekommen. Wer war es?" fragte Cho
interessiert.
„Ich würde es dir wirklich gerne
erzählen, aber ich kann nicht. Es ist ein wenig kompliziert."
Cho sah ihn aus ihren großen Augen an
und lächelte. „Schade", sagte sie, „ich hätte es wirklich gerne gewusst." Sie
nahm kurz seine Hand und ging dann durch den Flur davon, ohne sich noch einmal
umzudrehen.
Harry sah ihr nach. Er konnte ihr nichts erzählen. Zu viele Dinge hingen damit
zusammen. Zu viele gefährliche Dinge. Er ging weiter und kam bald zu dem
Springbrunnen, der als Eingang zu Dumbledores Büro diente. Er nannte ihm das
Passwort „Zitronenbrausebonbon", und der Springbrunnen schwang zur Seite.
Dahinter stieg Harry auf eine Wendeltreppe, die ihn, einer Rolltreppe gleich,
nach oben fuhr.
Als er oben angelangt war, schlug ihm
das Herz bis zum Hals. Was, wenn er gleich Sirius treffen würde? Was sollte er
dann tun?
Harry klopfte an die Tür und nach
einem deutlichen „Herein" betrat er den Raum. Als er Sirius darin nicht
vorfand, war er so erleichtert, dass ein Strahlen über sein Gesicht huschte,
welches aber sofort wieder verschwand, als er Dumbledores ernstes Gesicht sah.
Doch als Harry das Flackern seiner Augen hinter den halbmondförmigen
Brillengläsern registrierte, war er wieder halbwegs beruhigt. So schlimm konnte
es also nicht sein.
Nun wanderte sein Blick hinüber zu
Fudge. Der Minister für Zauberei hatte denselben strengen Gesichtsausdruck wie
Dumbledore, doch im Gegensatz zu diesem hatten seine Augen nicht dieses lustige
Flackern.
„Nun, Harry, setz dich bitte", sagte
Dumbledore und wies auf einen Stuhl. „Cornelius hat ein paar Fragen an dich."
Harry setzte sich auf den Stuhl und
schaute zu Fudge hoch. Wenn Sirius noch frei war, was wollte der Minister dann
von ihm?
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„Ich glaub's einfach nicht", sagte
Ron mit verklärtem Blick, während er mit Hermine den Kerker verließ. „Snape hat
uns tatsächlich mehr als eine Stunde früher gehen lassen!"
Hermine warf ihm einen strengen Blick
zu. „Ich glaube, gehen lassen ist hier das falsche Wort."
Ron sah sie irritiert an. „Wieso das
denn?"
„Hast du nicht gesehen, was er getan
hat kurz bevor er uns hat gehen lassen?"
„Nein. So genau beachte ich Snape
nicht."
„Er hat sich mit schmerzvollem Blick
an den linken Unterarm gefasst. Und was ist auf seinem linken Unterarm?"
„Kein Ahnung, woher . . .", plötzlich
wurden Rons Augen groß und ein Ausdruck der Erkenntnis legte sich über sein
Gesicht. „Das Dunkle Mal!", flüsterte er mit heißerer Stimme.
Hermine nickte. „Ganz genau."
„Du meinst, Du-weißt-schon-wer hat ihn
zu sich gerufen?"
„Ja. Und er kann nicht warten, er muss
zu ihm. Du-weißt-schon-wer würde sonst sofort Verdacht schöpfen."
„Und deshalb hat er unseren Unterricht
beendet.", schloss Ron.
„Ich hoffe, ihm geschieht nichts.",
sagte Hermine besorgt.
Ron stieß ein leises Schnauben aus. „Warum
sollte ihm was passieren? Er ist ein Todesser."
„Und wenn seine Rolle als Spion
auffliegt?", wand Hermine ein.
Ron zuckte unbeteiligt die Schultern.
Hermine wollte gerade noch etwas
sagen, als ihr Blick plötzlich ängstlich und erschrocken zugleich wurde.
„Was ist?", fragte Ron nervös und
drehte sich in die Richtung, in die Hermine schaute.
Sie waren mittlerweile in der
Eingangshalle angekommen und dort, bei der Treppe, die in die oberen Stockwerke
führte, stand ein tiefschwarzer, unnatürlich großer Hund. Er schnüffelte auf
dem Boden und als er Witterung aufgenommen hatte, rannte er die Treppe nach
oben und verschwand.
„Das war Sirius!", flüsterte Ron
entsetzt.
„Es sieht aus, als wolle er zu
Dumbledore. Wo sollte er sonst hinwollen?"
„Und bei Dumbledore ist . . ."
„Fudge!", schloss Hermine und sie und
Ron stürzten die Treppe nach oben und rannten den Gang entlang, den auch der
Hund eingeschlagen hatte. Sie mussten ihn davon abhalten, das Büro des
Schulleiters zu betreten.
„Kennst du das Passwort?", fragte Ron
keuchend, während sie Sirius verfolgten, der immer wieder um verschiedene Ecken
verschwand und genau zu wissen schien, wo er hinwollte.
Hermine schüttelte den Kopf.
Plötzlich hörten sie eine Stimme,
„Zitronebrausebonbon", und als sie um die nächste Ecke bogen, war der Hund
verschwunden.
Vor ihnen stand nur ein großer,
überaus hässlicher, Wasserspeier.
„Das ist der Eingang zu Dumbledores
Büro.", sagte Ron.
„Und das Passwort ist
Zitronebrausebonbon.", erwiderte Hermine.
„Was machen wir jetzt?"
„Ich geh zu Dumbledore und hol Sirius
da raus. Du wartest hier, es ist besser, wenn wir nicht beide da rein
platzen.", ordnete Hermine an und bevor Ron noch etwas erwidern konnte, hatte
sie bereits das Passwort gesagt und war verschwunden.
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„Harry, wir haben in letzter Zeit
gewisse Beobachtungen angestellt. Und ich würde jetzt gerne etwas von dir
wissen", begann Fudge und seine Stimme war nicht weniger ernst als der Ausdruck
auf seinem Gesicht.
„Wenn ich kann, dann helfe ich Ihnen",
versicherte Harry ihm.
„Hast du Kontakt zu Sirius Black,
Harry, oder weißt du, wo er sich aufhält?"
Harry wurde blass, doch er zweifelte
keine Sekunde daran, was er zu tun hatte, und ob Dumbledore damit einverstanden
war.
„Nein . . . nein, ich habe keinen
Kontakt zu Sirius Black. Mit Sicherheit nicht."
„Nein? Wem bringt deine Eule dann
immer Briefe?"
„Sie beobachten meine Eule?!", rief
Harry empört.
„Nun, wir wissen, du glaubst, dass
Black unschuldig ist. Und wir wissen, dass er dich soweit verhext hat, dass du
diesen Unfug für die Wahrheit hältst. Dass er die Macht dazu und Ahnung von den
Dunklen Künsten hat, wissen wir ja bereits."
Harry wollte gerade Luft holen, um seinen Patenonkel zu verteidigen, als in diesem
Moment ein großer schwarzer Hund ins Zimmer gerannt kam.
„Was macht dieser Hund hier drin?",
fragte Fudge und wich vor ihm zurück.
Harry war zu geschockt, um zu
antworten. Er hatte den Hund erkannt, es war Sirius!
Einzig Dumbledore behielt die Ruhe und
sagte: „Nun, ich denke, dieser Hund wird uns schon mitteilen, was er will, aber
nicht jetzt und nicht hier."
„Professor Dumbledore hat Recht. Der
Hund sollte so schnell wie möglich von hier verschwinden!", sagte Harry, der
seine Sprache wiedergefunden hatte.
Dann warf er seinem Paten einen
beschwörenden Blick zu, auf den dieser aber so gut wie gar nicht reagierte.
„Sie wollen mit ihm reden? Mit Hunden
kann man nicht reden. Man sollte ihn zu diesen Muggelstationen bringen, die
solche Tiere aufnehmen", bemerkte Fudge.
Sirius wandte sich Fudge zu und begann
zu knurren. Fudge wich noch weiter zurück, bis er an die Wand von Dumbledores
Zimmer stieß. In diesem Moment betrat Hermine das Zimmer.
„Es tut mir wirklich leid, Professor
Dumbledore, aber Schnuffel hat sich losgerissen und ist mir weggelaufen. Ich
verspreche Ihnen, das wird nicht wieder vorkommen", erklärte sie hastig und
griff Sirius um den Nacken.
Harry sah sie erleichtert an und auch
in Dumbledores Gesicht löste sich etwas.
„Nun, das will ich auch hoffen, Kind.
Ein Hund in Hogwarts, das gehört sich einfach nicht. Und jetzt nimm ihn mit und
bring' ihn vom Schlossgelände", sagte Fudge etwas entsetzt.
Hermine nickte und führte Sirius, der
sich mächtig dagegen sträubte, aus dem Zimmer.
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„Hast du es geschafft?", fragte
Ron, als Hermine und Sirius in seiner Hundegestalt vor dem Wasserspeier
auftauchten.
„Ja. Komm, wir müssen ein Zimmer
finden, in dem wir ungestört mit Schnuffel reden können."
Hermine und Ron gingen mit Sirius im
Schlepptau die Gänge entlang. Schließlich kamen sie am Pokalzimmer vorbei.
„Hier rein", ordnete Hermine an.
„Aber dieses Zimmer kann man nicht
abschließen", gab Ron zu bedenken.
„Doch, man kann", widersprach Hermine
und schob Ron ins Zimmer. Sie wartete, bis auch Sirius eingetreten war und
wandte sich dann mit ihrem Zauberstab in der Hand zur Tür um.
„Portam claudo!", sagte sie
leise und tippte mit ihrem Stab gegen die Tür.
Man hörte, wie sich die Tür mit einem
leisen Klicken selbst verschloss.
Als Hermine sich zu Ron und Sirius
umdrehte, zuckte sie zusammen. Sirius hatte sich verwandelt und stand nun als
ausgewachsener Mann neben Ron.
„Was hast du dir eigentlich dabei
gedacht!?", fuhr Hermine Sirius an.
„Ich muss mit Harry reden. Es ist
wichtig!", antwortete Sirius. Seine Stimme klang gereizt. Er schien sehr wütend
darüber zu sein, dass Hermine ihn an seinem Vorhaben gehindert hatte.
„Du kannst jetzt nicht mit ihm reden.
Fudge ist bei ihm.", sagte Ron.
„Das hab ich auch gesehen. Wisst ihr,
was er von Harry will?", fragte Sirius.
Hermine schüttelte den Kopf. „Wir
dachten, es ginge um dich. Wir nahmen an, Sie hätten dich gefasst und wollten
es Harry mitteilen."
„Vielleicht hängt es damit zusammen,
dass Harrys Narbe immer weh tut, wenn er diesen neuen Jungen ansieht. Diesen
Sorcery.", vermutete Ron.
„Wie bitte!?", explodierte Sirius. Er
schaute die beiden besten Freunden seines Patenkindes entsetzt an, die bei
seinem extrem wütenden Anblick ein wenig vor ihm zurückgewichen waren.
„Hat Harry dir nichts davon
geschrieben?", fragte Ron unsicher.
„Nein! Er hat nichts dergleichen
gesagt! Gott, ich muss unbedingt zu ihm!"
Hermine sah Sirius verständnisvoll an.
Harry war das Einzige, was er noch hatte. Er fühlte sich verantwortlich für
ihn, er war sein Patenonkel. Dennoch versuchte sie ihn zu überzeugen: „Wenn du
jetzt zu ihm gehst, wird Fudge dich nach Askaban bringen! Und dann kannst du
Harry gar nicht mehr helfen!"
„Hermine hat Recht, Sirius. Du musst
warten, bis Fudge weg ist", schaltete Ron sich ein.
Doch anscheinend hatte Sirius jegliche
Vernunft über Bord geworfen. Er schüttelte den Kopf und wandte sich der Tür zu.
Als Hermine gerade ihren Zauberstab
erhoben hatte, um Sirius zurückzuhalten, drehte sich dieser jedoch wieder zu
ihr um und rief: „Expelliarmus!"
Sofort flogen Hermine und Ron die
Zauberstäbe aus der Hand und fielen klappernd neben Sirius zu Boden.
„Ich wusste, dass du das tust,
Hermine. Du bist wirklich eine intelligente Hexe", sagte Sirius und auf sein
ausgemergeltes Gesicht trat wieder dieses Grinsen, das ihn um so viele Jahre
jünger machte.
„Und was hast du jetzt vor?", fragte
Ron.
„Ich werde zu Harry gehen."
„Das ist verrückt und das weißt du!",
sagte Hermine leise.
„Ich werde nicht zulassen, dass sie
mich wieder nach Askaban bringen, keine Angst."
„Bitte, geh nicht!", flehte Hermine.
„Ihr zwei werdet mich nicht davon
abhalten."
In diesem Moment fiel der Widerstand
von Hermine ab. Sie sah ein, dass nichts Sirius davon würde abhalten können,
jetzt zu Harry zu gehen.
„Gut, meinetwegen. Geh und hilf ihm",
sagte sie.
„Bekommen wir dann unserer Zauberstäbe
wieder?", fragte Ron.
„Wenn ihr mir versprecht, dass ihr
nicht mehr versucht, mich zurückzuhalten", sagte Sirius und schaute Hermine
durchdringend an.
Hermine schaute zu Boden und nickte.
Sirius gab den beiden ihre Zauberstäbe
wieder und wollte sich gerade in den schwarzen Hund verwandeln, als Hermine
sagte: „Dann geh aber wenigstens in deiner menschlichen Gestalt zu Harry. Sonst
weiß Fudge auch noch, dass du ein Animagus bist und welche Gestalt du hast!"
Sirius sah ein, dass sie Recht hatte
und wollte sich gerade der Tür zuwenden, als Ron etwas einfiel: „Wo hast du
eigentlich den Zauberstab her?", und er deutete auf den Zauberstab in Sirius'
rechter Hand.
Sirius lächelte. „Mr. Ollivander aus
der Winkelgasse ist ein alter Freund von mir. Bei ihm hab ich den Zauberstab
gekauft."
Ron nickte und auch er grinste.
Sirius schaute ihn und Hermine noch
einmal an und verließ dann das Zimmer.
Ron sah zu Hermine. „Glaubst du, das
geht gut?", fragte er sie skeptisch.
Hermine zuckte ratlos die Schultern.
****
„Ich sage es Ihnen noch einmal, ich habe keine Ahnung, wo sich. . .", fing
Harry zum mindestens hundertsten Mal an.
Doch in diesem Moment ging die Tür auf
und Sirius trat herein. Fudge drehte sich zu ihm um und seine Augen weiteten
sich vor Schreck, als er ihn erkannte. „Black!" Auch Harry wollte seinen Augen nicht
trauen. „Sirius, verschwinde!", fuhr er ihn an. Fudge sah Harry an und nahm sich die Zeit für ein
sarkastische Bemerkung: „Du hast also keine Ahnung, ja?", dann wandte er sich
wieder zu Sirius und sagte in gebieterischem Ton: „Im Namen der
Zauberergesellschaft . . ."
Doch Sirius griff in die rechte Tasche
seines Umhangs, zog seinen Zauberstab hervor und richtete ihn auf den Minister.
„Halten Sie den Mund und kommen Sie
mir bloß nicht zu nahe, Fudge", sagte er gefährlich leise zu ihm und der
Zaubereiminister wurde kalkweiß im Gesicht.
„Dumbledore, ich muss mit dir und
Harry reden", fuhr Sirius dann zu Harry und Dumbledore gewandt fort.
Professor Dumbledore nickte.
„Dumbledore, ich kann nicht glauben,
was ich hier sehe!", schrie Fudge und sah Dumbledore aus zornfunkelnden Augen
an, „Dieser Mann hat dreizehn Muggel umgebracht. Er hat einen tödlichen Fluch
gegen Peter Pettigrew gerichtet, war ein Anhänger von Du-weißt-schon-wem und
verriet Harrys Eltern!
Schon allein für eine dieser Taten
hätte er einen lebenslänglichen Aufenthalt in Askaban verdient! Den hat er
bekommen aber er ist geflüchtet! Black ist ein Schwerverbrecher und Sie
verteidigen ihn?!"
„Sirius ist unschuldig!", fauchte
Harry wütend.
„Und diesen Jungen hat er auch
verhext! Dumbledore, wie viele Beweise brauchen Sie denn noch!"
Harry war ganz weiß im Gesicht und
wäre Fudge am liebsten ins Gesicht gesprungen, hätte Dumbledore, der inzwischen
aufgestanden war, nicht beruhigend seine Hand auf Harrys Schultern gelegt.
Sirius war immer noch damit
beschäftigt, Fudge mit seinem Zauberstab in Schach zu halten.
„Cornelius, ich halte Sirius in keiner
Weise für schuldig und das sagte ich Ihnen auch schon vor gut einem Jahr.
Leider kann ich es nicht beweisen, aber ich werde nicht zulassen, dass Sie
Sirius jetzt mitnehmen und ihn nach Askaban bringen", sagte Dumbledore ruhig.
„Das wird ein Nachspiel haben,
Dumbledore. Ich habe Ihnen in dieser Schule Freiheiten gelassen, die ich
eigentlich gar nicht verantworten kann! Aber das geht zu weit. Einen
Schwerverbrecher zu schützen, der Dem, Dessen Namen nicht genannt werden darf,
wieder zu neuer Macht verhelfen könnte . . . Sie hören von mir, Dumbledore!"
Fudge sah alle im Raum Anwesenden noch
einmal der Reihe nach an und rauschte dann unter gewaltigem Schimpfen nach
draußen.
Harry sah ihm hinterher. Er konnte
zwar verstehen, dass er nicht an Sirius' Unschuld glaubte, denn als er die
Geschichte mit Pettigrew zum ersten Mal gehört hatte, hatte auch er sie nicht
glauben können. Doch dass er noch nicht einmal bereit war, Voldemorts Rückkehr
ernst zu nehmen, war einfach unfassbar.
Jetzt sah er seinen Paten an, der ihn
aufmunternd angrinste.
„Was machst du hier, Sirius?", fragte
er ihn und lächelte nicht zurück.
Das Grinsen verschwand von Sirius'
Gesicht und er sah nun sehr unbehaglich aus. „Ich muss mit dir reden, Harry. Es
ist an der Zeit, dass du die Wahrheit erfährst."
Bei diesen Worten schaute er zu
Dumbledore, der ihm bestätigend zunickte.
„Welche Wahrheit?", fragte Harry
überrascht.
Sirius schaute zu Boden. „Sag du es
ihm, Dumbledore. Ich . . . ich bring es nicht über mich."
Harry sah Dumbledore an und hatte
dabei ein sehr unangenehmes Gefühl in der Magengegend.
„Ich werde dir jetzt etwas sagen, dass
die Welt, die du dir bis jetzt aufgebaut hast und an die du glaubst,
erschüttern, und zum Teil auch zerstören wird", Professor Dumbledore räusperte
sich. „Möchtest du es trotzdem wissen?"
Harry nickte langsam, sein Hals war
wie zugeschnürt.
„Du denkst, James Potter war dein
Vater. Und er hat sich auch als dein Vater gefühlt, aber dein wirklicher Vater,
Harry, ist ein Anderer. Du bist der Sohn von Lord Voldemort. Er ist dein
Vater."
tbc . . .
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Bin ich wieder gemein, an dieser Stelle aufzuhören. Das nächste Update kommt aber bestimmt, die Story ist wie gesagt ja schon fertig. Wenn ihrs bis hierhin gelesen habt, würde ich aber trotzdem gerne eure Meinung wissen. Also hinterlasst doch bitte ein Review!
Bye!
