Titel: Das letzte Geheimnis?
Disclaimer: siehe Prolog
Anmerkung: Also ich hab's zwar schon unter der Review-Rubrik gesagt, aber ich sag's jetzt einfach noch mal: diese Story ist nicht kopiert. Ich hab sie hier nur unter einem anderen Namen veröffentlicht.
Großer Dank geht bei diesem Kapitel an meine Beta-Leserin Len. Danke! *das gar nicht oft genug sagen kann*.
Und noch ein großes Dankeschön an alle, die ein Review hinterlassen haben!
****
Harry starrte Dumbledore an. Das, was er eben gehört
hatte, konnte er nicht wirklich gehört haben. Das konnte, durfte nicht wahr
sein! Voldemort, sein Vater?
Harrys Hände gruben sich in die
hölzernen Lehnen seines Sitzes, doch er spürte nicht, wie seine Knöchel weiß
wurden. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf und in ihm drehte sich
alles. Dumbledore würde ihn niemals anlügen. Doch was hatte seine Mutter dann
damals getan?!
Er hatte nur noch einen einzigen
Gedanken: Du bist der Sohn von Lord Voldemort!
„Harry?", begann Dumbledore leise.
Harry wollte etwas sagen, doch es
blieb ihm in der Kehle stecken. Es war . . . ganz einfach nicht fassbar . . .
„Warum hat mir nie jemand was davon
gesagt", fragte Harry heiser. Seine Stimme war lediglich ein Krächzen, zu
unglaublich war das eben Gehörte, „warum?!"
Harry starrte Dumbledore an. Seine Augen brannten, er hatte sich
noch nie so leer gefühlt.
„Harry, du warst noch nicht alt und
erwachsen genug für die Wahrheit. Nach dem letzten Jahr hast du mit eigenen
Augen gesehen, welche Macht Voldemort hat. Erst jetzt war der richtige
Zeitpunkt", erklärte Dumbledore mit ruhiger Stimme.
Harry schüttelte verbittert den Kopf.
Das war alles? Die Erklärung für das Zerstören von allem, an das er bis vor
wenigen Minuten noch geglaubt hatte? Er stand er auf, klammerte sich an die
Lehne des Stuhls, als wären seine Beine zu schwach, um ihn zu tragen. Wie
hatten sie das tun können? Er hatte ihnen vertraut. Er hatte gedacht,
Dumbledore und vor allem Sirius seien die einzigen erwachsenen Personen, auf
die er sich wirklich verlassen konnte. Und sie hatten ihm nichts gesagt.
Vierzehn Jahre seines Lebens hatten sie ihm nichts gesagt!
Harry wollte rückwärts gehen, wollte
die Flucht vor dem ergreifen, was er gerade gehört hatte, doch er konnte es
nicht. Seine Beine gehorchten ihm nicht mehr. Sie fühlten sich so taub an, als
wären sie gelähmt.
„Deine Mutter gab mir einen Brief für
dich", sagte Sirius plötzlich leise, „sie hat gesagt, wenn sie tot sein sollte,
bevor sie dir selbst die Wahrheit erklären könne, solle ich dir diesen Brief
geben, wenn du alt genug seiest, die Wahrheit zu erfahren."
„Wo ist dieser Brief?", flüsterte
Harry.
„Ich konnte ihn nicht mitnehmen, als
ich nach Askaban gebracht wurde. Und ich kann dir auch nicht sagen, was darin
stand, Harry, ich habe ihn nie geöffnet. Doch ich werde ihn suchen. Und ich
werde ihn finden, das verspreche ich dir."
„Woher wussten Sie, dass Voldemort . .
. dass James nicht mein wirklicher Vater war?", fragte Harry Dumbledore. Die
andere Formulierung brachte er nicht über die Lippen. In seinen Augen stand das
blanke Entsetzten geschrieben.
Er wusste nicht, woher er überhaupt
die Kraft nahm, all diese Dinge zu fragen, er war sich noch nicht einmal
sicher, ob er die Antworten wissen wollte, doch die Fragen quollen aus seinem
Mund hervor als wäre nicht mehr er selbst Herr über seine Stimme.
„Lily hat es mir erzählt. Sie wollte,
dass ich mich zusammen mit Sirius um dich kümmere, wenn ihr und James etwas
passieren sollte. Ich denke, sie hat geahnt, dass Voldemort sie und James töten
wollte."
„Und woher wusstest du es?", fragte
Harry Sirius. Dass dieser, sein Pate, die Person, die für Harry eine Art Vater
geworden war, ihn verraten hatte und einen anderen Ausdruck gab es dafür nicht,
tat ihm mehr weh als alles andere.
„Lily erzählte es mir, als sie und James mich darum baten, dein
Pate zu werden."
Harry schluckte. Völlig apathisch
schaute er Sirius und Dumbledore an. Sein Gedanken spielten verrückt, er
glaubte, seine Brust müsse zerspringen, so hart pochte sein Herz dagegen und
plötzlich fiel ihm etwas sein. Mit dem letzten bisschen Hoffnung, das ihm noch
geblieben war, klammerte er sich verzweifelt an den letzten Strohhalm, den er
sich vorstellen konnte:
„Aber . . . jeder sagt, ich wäre
meinem Vater . . . James wie aus dem Gesicht geschnitten! Wie kann das sein,
wenn ich gar nicht sein Sohn bin?!"
Dumbledore sah ihn ernst an. „Als
deine Eltern mir davon erzählt haben, wer du in Wirklichkeit bist, habe ich
lange darüber nachgedacht. Ich musste mich genau mit der Geschichte deiner
Familie beschäftigen, damit ich entscheiden konnte, was zu tun war. Du bist
zwar Voldemorts Sohn, doch du bist ebenfalls mit James verwandt, wenn auch nur
auf sehr entfernte Weise. Vor vielen Generationen waren die Familien von
Voldemort und James
miteinander verwandt, doch so gut wie niemand weiß von dieser Tatsache.
Dir ist sicher aufgefallen, dass du
Tom Riddle, den heute niemand mehr mit Voldemort verbindet, sehr ähnlich
siehst. Auch James hatte viele äußerliche Ähnlichkeiten mit Voldemort. Sie
sahen aus wie Brüder. Diese Ähnlichkeit war trotz ihrer Verwandtschaft
zueinander sehr ungewöhnlich."
An dieser Stelle schaffte es Harry
endlich, seine Beine zu bewegen und er ging rückwärts. Langsam, stolpernd, doch
schließlich fühlte er die Türklinke, die sich schmerzvoll in seinen Rücken
bohrte. Harry aber hieß den Schmerz willkommen, lenkte er ihn doch nur von dem
Schmerz ab, der sich immer tiefer in seine Seele brannte.
„Was dein Talent im Quidditch angeht,"
fuhr Dumbledore fort, „so musste ich mir keine Sorgen machen. Tom und James
waren beide überaus talentierte Quidditch-Spieler. Während James allerdings ein
leidenschaftlicher Anhänger dieses Sports war, hat es Tom während seiner
Schulzeit als äußerst niedere Beschäftigung empfunden. Er hat es nie gespielt,
noch nicht einmal zugeschaut hat er. Von seinem Talent wussten wir dank der
Flugstunden in seinem ersten Jahr.
Doch ich wollte kein Risiko eingehen.
Wir wollten nicht, dass dich jemand mit Tom Riddle in Verbindung bringt, also
wollte ich einen Zauber über dich sprechen. Die Ähnlichkeit zwischen Tom und
James war jedoch von Natur aus schon so groß, dass ich nicht viel zu tun hatte.
Nach langem Überlegen haben mir James und Lily schließlich zugestimmt."
Harry schaute dem Schulleiter
fassungslos in die Augen. „Ich bin also nur das Produkt irgendeiner Hexerei?!"
Das konnte doch nicht wahr sein, was
verschwiegen sie ihm noch alles! Was musste er sich noch alles anhören, bevor
er diesem Alptraum endlich entfliehen konnte?!
Und noch bevor Dumbledore etwas auf
Harrys Gefühlsausbruch erwidern konnte, sagte Sirius mit sehr leiser und
sanfter Stimme: „Du hast Lilys Augen. Sie waren ebenfalls so grün wie deine."
Harry wandte sich ihm zu und fühlte
eine nie gekannte Qual in sich aufsteigen. Das zu hören war schlimmer, als
alles, was er bis jetzt hatte durchleiden müssen. Die grünen Augen seine Mutter
. . . das war alles, was an ihm in irgendeiner Form . . . wirklich war . . .
„Um deine Frage zu beantworten,
Harry", sagte nun Dumbledore, „es stimmt nicht, was du sagst. Du bist nicht das
Produkt eines Zaubers. Ich habe fast gar nichts an dir verändert, da zwischen
Tom und James bereits diese große Ähnlichkeit bestand. Der Zauber hat deinen
Körper lediglich dazu gebracht, sich mehr in James Richtung zu entwickeln."
Harry schüttelte verbittert den Kopf.
Wie konnten sie ihm das alles nur so emotionslos an den Kopf werfen? Er wandte
sich der Tür zu und drückte die Türklinke herunter. Er wollte sich das nicht
länger anhören. Er musste sofort hier weg. Als er jedoch Dumbledores Stimme
hörte, die weiterhin unerbittlich mit ihren Erklärungen fortfuhr, hielt er inne
und zwang sich dazu, dem Schulleiter zuzuhören.
Auch wenn Vernunft das Letzte war, an
das Harry im Moment dachte, so sagte ihm eine Stimme tief in seinem Herz doch,
dass er jetzt bleiben musste. Er würde sich das hier bis zum bitteren Ende
anhören müssen.
„Deine Charaktereigenschaften habe ich
nicht angerührt. Das, was du heute bist, hast ganz alleine du aus dir gemacht.
Der Mut und die Aufrichtigkeit, die dich zu einem Gryffindor machen, hast du
nicht von Voldemort.
Das sind Eigenschaften deiner wahren
Eltern. Ich weiß, der Hut wollte dich nach Slytherin schicken, denn du kannst
deine wahre Herkunft nicht verleugnen, Harry. Du hast Eigenschaften von
Voldemort in dir, ohne Zweifel.
Doch es ist deine Entscheidung,
diese Eigenschaften für das Gute, oder das Böse einzusetzen. Die Entscheidung,
nach Gryffindor zu wollen, widerspricht all dem, was Tom Riddle und später auch
Voldemort jemals getan hätten. Und denk daran: du konntest in deinem zweiten
Jahr das Schwert Godric Gryffindors aus dem Sprechenden Hut ziehen. Nur ein
echter Gryffindor hätte das fertig bringen können", schloss Dumbledore.
Und erneut stellte Harry eine Frage,
bei der er nicht eindeutig sagen konnte, woher er die Willenskraft und den Mut
hergenommen hatte, sie zu stellen.
„Warum hat Voldemort mich damals, als
er meine Mutter und James tötete, nicht einfach mitgenommen? Ich bin sein Sohn,
er hätte mich in seinem Sinne erziehen können!"
„Das kann ich dir nicht
hundertprozentig beantworten. Ich kann nur Vermutungen darüber aufstellen. Du
warst bereits als Baby sehr willensstark. Schon nach bereits einem Jahr hattest
du so viele Ähnlichkeiten mit James und Lily in deinen Charakterzügen, dass es
selbst mich überraschte. Ich denke, Voldemort hat das gespürt. Er hätte dich
niemals dazu bringen können, für die Dunkle Seite zu kämpfen. Doch die
Tatsache, dass du sein Sohn bist, machte ihm bewusst, dass du irgendwann einmal
genauso mächtig sein würdest wie er. Vielleicht
sogar noch mächtiger. Und deshalb musste er dich umbringen, deshalb versucht er
auch jetzt, dich umzubringen."
Harry schwieg. Er konnte jetzt absolut
nicht mehr, er hielt das nicht mehr aus. In nur einer halben Stunde war seine
gesamte Welt aus den Angeln gehoben worden. Er hatte alles erwartet, alles.
Doch damit hatte er nicht gerechnet. Nicht mit der Zerstörung all dessen, woran
er geglaubt hatte.
Harry hatte nur noch eine letzte Frage
und er wandte sich wieder Sirius und Dumbledore zu.
„Wusste James . . . wusste er davon?", er schaute Sirius dabei fast flehentlich
an und wünschte sich inständig, dass die Antwort „Nein" lauten würde.
Doch Sirius nickte.
Harry senkte verzweifelt den Kopf. Wie
konnte James ihn geliebt haben, wie er es all die Jahre geglaubt hatte, wenn er
doch der Sohn der Frau, die er liebte und Voldemort war?
Sirius wusste, was in seinem Patenkind
vorging und er begann noch einmal: „Harry, James hat dich geliebt wie seinen
eigenen Sohn. Er hätte nie zugelassen, dass du dich der Dunklen Seite
zuwendest. Er hat versucht, deine Mutter und vor allem dich zu retten, indem er
sein eigenes Leben opferte. Er hat dich als seinen eigenen Sohn angenommen, das
weiß ich."
Doch Harry war, noch während Sirius
geredet hatte, durch die Tür verschwunden. Er hatte alles gehört, was er hören
musste. Und er war nicht bereit, Sirius zu glauben.
Langsam, schwerfällig und unsicher
taumelte er durch das Schloss. Er ging die Gänge entlang ohne wirklich zu
wissen, wo er war. Immer noch völlig apathisch, unfähig, irgendetwas außer
Fassungslosigkeit fühlen zu können, merkte er nicht, wohin seine Beine ihn
trugen, bis er vor dem Gemälde der Fetten Dame stand.
„Gott, wie schaust du denn aus? Bist
du dem Teufel persönlich begegnet?", fragte die Fette Dame mit hochgezogenen
Augenbrauen.
„Polarnacht", entgegnete Harry nur,
seine Stimme nicht mehr als ein heiseres Flüstern.
Das Bild der Fetten Dame schwang zur
Seite und sie warf Harry noch einen letzten neugierigen Blick zu, bevor dieser
im Gemeinschaftsraum verschwand.
Als Harry diesen leer vorfand,
registrierte er irgendwo in der hintersten Ecke seines Kopfes, dass es wohl
Zeit zum Mittagessen sein musste, doch er kümmerte sich nicht darum.
Er stieg die Treppe zum
Jungenschlafsaal nach oben und sank mit leerem Blick auf sein Bett. Immer noch
kam es ihm vor, als träumte er, als hätte er einen furchtbaren Alptraum, aus
dem er nur erwachen müsste und alles wäre wieder so wie vorher. Doch er wusste,
dass es die Realität war. Die unfassbare, gnadenlose Wirklichkeit.
Wie konnte er Voldemorts Sohn sein?
Harry stand auf und nahm das
Photoalbum aus seinem Schrank, das er von Hagrid geschenkt bekommen hatte und
das Bilder seiner Eltern enthielt. Er betrachtete ein Bild, auf dem seine
Mutter zusammen mit James abgebildet waren. Lily hielt ihn selbst auf dem Arm.
Beide lachten und winkten ihm zu und sie sahen so glücklich aus, wie Harry
selten jemanden gesehen hatte.
Zu diesem Zeitpunkt musste James schon
gewusst haben, wer der wirkliche Vater seines vermeintlichen Sohnes war. Und
trotzdem schien er so glücklich. Wie konnte das sein? Harry konnte sich nicht
vorstellen, dass James es über sich gebracht hätte, den gemeinsamen Sohn von
Lord Voldemort und seiner eigenen Frau zu lieben. Was hatte Lily getan? Wie
hatte seine Mutter James das antun können?
In diesem Moment betrat jemand den
Schlafsaal. Hastig schlug Harry das Album zu. Er ging ans Fenster und starrte
nach draußen, wo die Sonne von einem geradezu sarkastisch blauen Himmel
strahlte und alles in ein helles Licht tauchte. So schön war dieser Tag und
doch würde er sein Leben für immer verändern.
Ohne sich umzudrehen wusste Harry,
dass es Ron und Hermine waren, die den Raum betreten hatten. Doch er wollte sie
jetzt nicht sehen. Er wollte niemanden sehen.
„Harry, warum warst du nicht beim
Mittagessen?", hörte Harry Rons unsichere Stimme, doch er reagierte nicht
darauf. Er wandte ihnen weiterhin den Rücken zu.
„Haben sie Sirius mitgenommen?",
fragte nun Hermine und Harry schüttelte schweigend den Kopf.
Ron und Hermine warfen sich
beunruhigte Blick zu.
Hermine war auf ihn zugegangen und
fragte vorsichtig: „Harry, geht es dir gut?"
Als sie so nahe bei ihm war, dass sie
ihn berühren konnte, und sah, wie er mit den Tränen kämpfte, legte sie sanft
ihre Hand auf seine Schulter.
Da konnte Harry sich nicht mehr
beherrschen. Er fühlte sich, als wäre etwas in ihm gelöst worden und seine
Fassungslosigkeit war einer furchtbaren, heillosen Wut gewichen. Er wirbelte zu
Hermine herum und stieß sie mit beiden Händen so heftig von sich, dass sie
gefallen wäre, hätte Ron sie nicht aufgefangen. Harrys Augen sprühten vor Zorn
und als seine beiden besten Freunde sein wutverzerrtes Gesicht sahen, wichen
sie ängstlich vor ihm zurück.
Harry registrierte nur am Rande die
Angst der beiden und Rons erstauntes Gesicht, während er schrie: „Lasst mich
doch einfach in Ruhe! Ich bin ein Slytherin! Ich bin es nicht Wert, dass ihr
euch mit mir abgebt!"
Seine Stimme überschlug sich fast.
„Harry, was redest du denn da? Du bist
ein Gryffindor, du . . .", begann Hermine, wurde jedoch von einem völlig
aufgelösten Harry unterbrochen.
„Der Sprechende Hut wollte mich nach
Slytherin schicken, was sagt ihr nun?! Und was sollte man auch anderes
erwarten, wenn man Lord Voldemorts Sohn ist!", Harry war nicht mehr Herr seiner
Stimme, er hatte vollkommen die Beherrschung über sich verloren und seine Augen
drohten fast, aus seinem Kopf heraus zu springen.
Hermine und Ron starrten Harry wie vom
Donner gerührt an. Es war jetzt fast greifbar still im Schlafsaal der
Fünftklässler von Gryffindor.
„Was . . . was hast du gerade
gesagt?", flüsterte Ron.
Als Harry die Angst in Rons Augen sah
und das Zittern seiner Stimme hörte, wurde er nur noch wütender.
„Ja, ihr habt ganz richtig gehört!
Voldemort ist mein Vater! Ich bin der verfluchte Sohn von Lord Voldemort! Seid
ihr nun zufrieden!", schrie er.
„Harry, wir können dir helfen, wir . .
.", begann Hermine, doch sie wich noch weiter vor Harry zurück, als sie dessen
verstörten und zugleich unsagbar wütenden Blick sah.
„Halt den Mund Hermine! Du kannst mir
nicht helfen! Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was das bedeutet!", brüllte
Harry sie an, griff nach dem nächstbesten Buch das ihm in die Finger kam und
schleuderte es gegen die Wand.
Hermine und Ron wichen immer mehr
zurück, ihre Augen schreckensweit geöffnet und vollkommen entsetzt über das
Verhalten ihres besten Freundes, als Harry immer mehr Dinge durch den Raum
warf, seine Wut an allem auslassend, was in seiner Reichweite lag.
„Harry, hör auf!", rief Ron und
versuchte, das Scheppern zu übertönen, dass von einem von Harry umgeworfenen
Tisch her zeugte.
Doch Harry hörte nicht auf ihn. Alles,
woran er geglaubt hatte, war zerstört, die beiden hatten keine Ahnung, wie es
war, wenn sich plötzlich das ganze Leben in Luft auflöste!
„Harry, bitte, hör auf! Bitte!",
flehte Hermine, nachdem Harry einen Stuhl aus seinem Weg geschleudert hatte und
in diesem Moment sah Harry ihr genau in die Augen.
Alles, was er fühlte, war für seine
beiden besten Freunde jetzt vollkommen sichtbar. Wut, Schmerz, Trauer,
Fassungslosigkeit.
Da brach Harry zusammen. Mit einem
Schluchzer ließ er sich zu Boden sinken, jeglicher Zorn war von ihm abgefallen
und seine Schultern begannen heftig und unkontrolliert zu zittern. Er weinte.
Hermine war sofort bei ihm und kniete
sich neben ihn. Vorsichtig legte sie ihm die Hand auf den Arm und als Harry nur
kurz zusammenzuckte, ihre Hand jedoch nicht abschüttelte, zog sie ihn behutsam
an sich und legte die Arme um ihn. Sie fühlte ihren Umhang nass von seinen
Tränen werden, fühlte die unregelmäßigen Schauer über seinen Rücken rinnen und
bedeute Ron, der sich mittlerweile ebenfalls zu ihnen gesetzt hatte, nichts zu
sagen.
So saßen sie da. Harry schluchzend in
Hermines Armen und Ron, der seinem Freund beruhigend über den Rücken strich.
Es war für die beiden unfassbar, was
Harry ihnen gerade gesagt hatte und sie verstanden es nicht. Doch sie wussten,
dass sie Harry jetzt nichts fragen konnten. Er würde es ihnen erzählen, wenn er
bereit dazu war. Und das war definitiv nicht jetzt. Jetzt war es wichtig, dass
jemand für ihn da war.
Ron und Hermine würden ihren besten Freund
nicht im Stich lassen. Auch jetzt nicht.
tbc ...
