Titel: Das letzte Geheimnis?; Kapitel 9

Disclaimer: immer noch gehört hier nichts mir

Warnung: in diesem Kapitel: Charakters Death 

Und wieder ein Dankeschön an alle meine treuen Review-Schreiber!


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Der nächste Tag war ein Samstag, was bedeutete, dass sie keinen Unterricht hatten.
Als Harry und Ron noch ganz verschlafen in den Gemeinschaftsraum hinunter kamen, saß Hermine bereits vor dem Kamin und blätterte in einem Buch.

„Morgen, Hermine. Was machst du denn schon so früh hier unten?", fragte Ron gähnend.

„Das ist ein Zauberkunstbuch aus der siebten Klasse. Alicia hat es mir geliehen. Ich wollte gucken, ob ein Aufrufezauber drin steht. Fehlanzeige", erklärte Hermine.

„Irgendwo muss es doch drinstehen!", fluchte Harry.

„Wir könnten auch einfach zu Dumbledore gehen und ihm von unserer Vermutung erzählen", meinte Ron.

„Nein, wir haben keine Beweise. Nur weil eine Ratte hier auftaucht, heißt es noch lange nicht, dass es Wurmschwanz ist. Und außerdem würde Dumbledore es sofort Sirius erzählen, und wenn es dann doch nicht Krätze war, wäre er enttäuscht und das will ich ihm ersparen. Wir suchen einfach weiter", widersprach Harry.

„Gehen wir frühstücken", schlug Hermine vor.

 Als die Drei fast am Bild der Fetten Dame angelangt waren, stieß auf einmal ein Schmerz durch Harrys Narbe, der stärker nicht hätte sein können. Mit einem Schrei brach er zusammen und presste sich die Hand auf seine schmerzende Stirn.

„Harry!", rief Hermine, kniete sich neben ihn und schüttelte ihn an der Schulter.

Harry bemerkte es nicht, er war zu sehr darauf konzentriert, nicht ohnmächtig zu werden. Nur schwach hörte er die magisch verstärkte Stimme Professor McGonagalls durch den Raum hallen, die allen Schülern hektisch befahl, sofort in die Gemeinschaftsräume zu gehen, nur die Schüler der siebten Klassen hatten sich in der Eingangshalle einzufinden.

Als eine neue Welle des Schmerzes ihn überfiel, wurde Harry endgültig bewusstlos.

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Als er erwachte, spürte er immer noch einen dumpf pochenden Schmerz in seinem Kopf.

Langsam öffnete er die Augen, musste sie allerdings sofort wieder gegen das gleißend helle Licht abschirmen. Es schmerzte ihn. Nach ein paar Sekunden nahm er die Hände herunter und strich sich die Haare aus der Stirn. Nun kehrte auch die Erinnerung an das, was geschehen war, in seine Gedanken zurück. Die Stimme Professor McGonagalls und der Schmerz in seiner Narbe. Im ersten Moment konnte er sich nicht erklären, was passiert war, doch dann traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag in die Magengrube: Voldemort hatte Hogwarts angegriffen. Eine andere Erklärung konnte es nicht geben.

Suchend blickte er sich um und entdeckte schließlich die verschwommen Umrisse dessen, was er gesucht hatte. Er setzte seine Brille auf und sah sich erneut um. Er lag auf der Krankenstation. Doch er war nicht allein. Alle Betten um ihn herum waren belegt. Es war ein furchtbarer Anblick und obwohl Harry die Schüler nicht kannte, die in den Betten lagen, krampfte sich sein Herz zusammen. Dann war es also wirklich wahr. Es hatte einen Angriff gegeben.

Am letzten Bett des Raumes stand Madam Pomfrey. Als sie zurücktrat, konnte Harry etwas sehen, das ihm fast das Herz stehen blieben ließ. Es war Fred, Rons Bruder, der dort scheinbar bewusstlos im Bett lag. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Unwillkürlich wanderten seine Gedanken zu Ron und Hermine. Ging es ihnen gut? Sie waren nicht hier, aber das hatte nichts zu bedeuten. Inständig hoffte er, dass ihnen nichts passiert war, dass sie sich wohlbehalten an einem sicheren Ort befanden. Und noch etwas schlich sich in seinen Kopf und ließ sich nicht mehr vertreiben: wie ging es Ginny? Hatte sie es rechtzeitig in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors geschafft?

In diesem Moment trat Madam Pomfrey an sein Bett und sah ihn mit prüfendem Blick an. „Du bist also wach", stellte sie fest.

Dann fuhr sie mit ihrem Zauberstab langsam über seinen Körper und hielt Harry mit einem strengen Blick davon ab, irgendwelche Fragen zu stellen. Doch dieser ließ sich davon nicht beirren. Er musste wissen, was passiert war, wie es den anderen ging!

„Madam Pomfrey, was ist passiert? Wie geht es Fred und was ist mit . . .", begann Harry hervorzusprudeln, doch die Krankenschwester unterbrach ihn:

„Mr. Weasley geht es den Umständen entsprechend gut. Momentan ist er bewusstlos, doch er wird wieder gesund werden. Den Rest werden Sie zu einem geeigneten Zeitpunkt erfahren."

Harry wollte gerade erneut ansetzen, um eine Frage zu stellen, als die Tür aufging und Professor Snape die Krankenstation betrat. Harry warf ihm einen schnellen Blick zu und erkannte, dass er noch blasser war als gewöhnlich. Unter seinen schwarzen Augen standen tiefe, dunkle Schatten und er machte einen müden und erschöpften Eindruck.

„Haben Sie noch etwas von dem Wachhalte-Trank, Madam Pomfrey? Der junge Greevy darf nicht einschlafen und wenn Sie keinen mehr vorrätig haben, müsste ich welchen brauen gehen. Allerdings würde das fast zu lange dauern."

Angesichts des Tonfalls in Snapes Stimme huschte ein erstaunter Ausdruck über Harrys Gesicht. Er hatte seinen Zaubertränkelehrer noch nie so höflich und besorgt erlebt.

„Ich habe noch eine Flasche. Warten Sie hier, Professor", erwiderte die Krankenschwester und verschwand mit eiligen Schritten in ihrem Büro.

Als Snape sich nun umsah und erkannte, dass Harry wach war, verschloss sich sein Gesicht sofort wieder und es wurde so kalt und abweisend wie eh und je. Harry hätte in diesem Moment alles gegeben um zu wissen, was sein Lehrer dachte, doch Snapes Augen verrieten absolut nichts von dem was in ihm vorging.

Er könnte ihn fragen. Ihn fragen, wie es Ron und Hermine ging. Er würde es sicher wissen. Doch er kannte Snape. Im Geiste wog Harry das Für und Wider gegeneinander ab und schließlich siegte seine Besorgnis: „Professor, wissen Sie, wie es Ron und Hermine geht?"

Snape schwieg eine Weile, dann sagte er: „Es ist ihnen nichts passiert, falls Sie das meinen, Potter."

Harry fiel ein ganzer Berg vom Herzen und erleichtert begann er zu lächeln. Er sagte jedoch nichts mehr.

„Ihr Trank, Professor", ertönte da die angespannte Stimme Madam Pomfreys und Snape wandte sich wieder ihr zu.

„Danke", erwiderte er, „vor der Tür warten Granger und Weasley darauf, dass sie zu Potter können. Weasley will außerdem seinen Bruder sehen. Und George Weasley ist ebenfalls da."

Madam Pomfrey warf einen erschrockenen Blick zur Tür. „Sie können auf gar keinen Fall herein kommen. Höchstens einer von ihnen noch heute Abend. Sagen Sie das den Dreien bitte, Severus", wehrte sie entschlossen ab.

„Aber es geht mir gut, wirklich! Ich kann ja auch aufstehen und zurück in den Gemeinschaftsraum gehen", warf Harry ein.

Snape warf ihm einen funkelnden Blick zu. „Sie bleiben im Bett, Potter. Dumbledore wird sich persönlich darum kümmern, wann Sie wieder aufstehen dürfen. Schließlich sind Sie für die Zaubererwelt von unschätzbarer Wichtigkeit", schloss er sarkastisch.

„Dann lassen Sie wenigstens einen von ihnen zu mir!", bat Harry, der sofort erkannt hatte, dass es nichts nützen würde, Snape zu widersprechen.

„Ich denke, Sie können den jungen Mr. Weasley herein lassen, Professor", sagte Madam Pomfrey nach kurzem Nachdenken und Snape nickte widerwillig.

Kurz, nachdem Snape verschwunden war, tauchte Ron auf und über sein Gesicht glitt ein kurzes Lächeln, als er Harry sah.

„Eine viertel Stunde!", warnte die Krankenschwester noch, bevor sie in ihrem Büro verschwand.

„Wie geht's dir, Harry?", fragte Ron und setzte sich neben ihn.

„Ganz gut", erwiderte Harry und musterte seinen besten Freund. Ron war blass. Sehr blass. In seinen Augen stand ein ängstlicher und gehetzter Ausdruck und sie waren von einem dunkleren Blau als sonst. Er wirkte eingeschüchtert und schreckhaft, als er sich mit einer fahrigen Geste die Haare aus den Augen strich.

„Wie geht es Fred?"

„Madam Pomfrey meint, er wird wieder gesund. Er schläft nur."

Ron stand auf und ging zu seinem Bruder. Harry beobachtete ihn, während Ron bewegungslos am anderen Ende des Raumes stand. Als sich sein Freund abwandte und zu ihm zurück kam, glaubte Harry eine stille Träne in Rons Augen gesehen zu haben, doch er war nicht sicher.

„Was ist passiert?", fragte Harry, obwohl er es schon zu wissen glaubte.

„Du-weißt-schon-wer hat Hogwarts angegriffen", erklärte Ron mit dumpfer Stimme, „Keiner weiß, wie die Todesser ins Schloss oder überhaupt aufs Gelände gekommen sind. Die Lehrer und Siebtklässler haben gegen diese Widerlinge gekämpft. Und sie haben sie auch zurückgedrängt, aber . . ."

„Was aber?"

Ron schaute Harry ernst an. „Es hat drei Tote gegeben."

Harry erstarrte. „Wer?", flüsterte er.

„Zwei Siebtklässler der Ravenclaws und ein Fünftklässler von uns . . . von Gryffindor", Ron brach ab.

„Was?!"

Ron nickte und schluckte. „Seamus ist tot."

Harry sank geschockt in die Kissen zurück. Das konnte nicht sein. Seamus tot? Das war ein Traum, das konnte nicht der Realität entsprechen.

„Seamus?", wiederholte er fassungslos. „Aber warum er? Ich meine, wie konnten sie ihn . . ."

„Er ist nicht rechtzeitig in den Gemeinschaftsraum gekommen. Er wurde in dem Gedränge unten in der Eingangshalle von Dean getrennt. Das ist der einzige Grund, warum Dean nichts passiert ist. Diese verdammten Todesser haben sich genau den richtigen Zeitpunkt ausgesucht. Alle waren unten beim Frühstück, jeder eine perfekte Zielscheibe", sagte Ron bitter.

„Haben sie wenigstens einige von ihnen gekriegt?"

„Vier. Aber nicht die wirklich Wichtigen."

Harry schwieg. „Was habt ihr gemacht, nachdem ich ohnmächtig geworden bin?"

„Wir sind natürlich im Gemeinschaftsraum geblieben. Hermine und ich haben alles versucht, um dich wieder wach zu kriegen, aber nichts hat gewirkt. Du hast geschrieen."

Harry sag ihn entgeistert an. „Ich habe was?"

„Du hast immer wieder nach deiner Mum und deinem Dad und auch nach Sirius gerufen. Es klang, als hättest du schreckliche Alpträume. Und dann ist etwas sehr seltsames passiert."

„Was ist passiert?"

„Die ganze Zeit waren von draußen Schreie und Gepolter zu hören. Doch plötzlich hast du dich aufgesetzt, die Augen geöffnet und geschaut, als wären deine schlimmsten Ängste wahr geworden: total entsetzt und erschrocken. Dann hast du angefangen, den Kopf zu schütteln und immer wieder „Nein, Nein!" zu schreien. Und auf einmal bist du vollkommen erstarrt zurückgesunken, hast die Augen wieder geschlossen und der Lärm von draußen hörte genau im selben Moment schlagartig auf. Es war unheimlich."

Harry sah Ron entsetzt an, aber dieser schaute nicht minder unbehaglich.

„Ich kann mich absolut nicht daran erinnern. Ich habe keinerlei Erinnerungen mehr.", sagte Harry verwirrt.

„Hermine meint, es sei so etwas wie eine Vision gewesen. Nur leider wissen wir nicht, was du gesehen hast. Und da du dich nicht mehr erinnern kannst . . ."

Harry versuchte, sich zu konzentrieren. Und plötzlich glaubte er, zwei funkelnde, tiefschwarze Augen, die ihm seltsam vertraut vorkamen, vor seinem inneren Auge aufblitzen zu sehen und ein hämisches Gelächter zu hören. Doch als er versuchte, sich stärker darauf zu konzentrieren, verschwand das Bild und alles wurde wieder zurück in die Dunkelheit und Verschwommenheit seines Gedächtnisses gerissen.

„Da war etwas. Zwei Augen. Aber ich habe nicht das Gesicht dazu."

„Ich sagte fünfzehn Minuten!", erklang da plötzlich die strenge Stimme Madam Pomfreys und die Krankenschwester erschien im Saal.

„Ich geh ja schon", murmelte Ron, erhob sich und sah besorgt auf Harry herab.

„Keine Sorge, mir geht's gut", versuchte Harry ihn zu beruhigen, doch ein Lächeln wollte nicht auf seinem Gesicht erscheinen.

Ron blickte noch einmal zu seinem Bruder, dann verließ er die Krankenstation. Harry sah ihm nach und als er gegangen war, fühlte Harry sich mit einem Mal alleine und seltsam verzweifelt. Er wollte nicht hier bleiben. Nicht hier, wo all diese Menschen lagen, an deren Verletzungen er seiner Meinung nicht unschuldig war. Warum wohl hatte Voldemort Hogwarts angegriffen? Er war hier. Harry Potter, Der Junge Der Lebt. Der Gedanke, dass Voldemort die Schule auch angegriffen hätte, wenn er nicht hier wäre, lediglich, um seine Macht zu demonstrieren, kam ihm nicht in den Sinn.

„Madam Pomfrey?"

Die Krankenschwester, die an einem Bett neben dem seinen gestanden hatte, wandte sich ihm

zu. „Geht es Ihnen nicht gut?"

„Doch, das ist es ja gerade. Mir geht es wirklich gut. Ich würde gerne zurück zum Gryffindorturm gehen. Ich . . . möchte nicht hier bleiben", sagte Harry stockend.

Madam Pomfrey musterte ihn mit einem prüfenden Blick. Nach etwa einer Minute seufzte sie und sagte: „Gut, Potter, gehen Sie. Ich denke eigentlich nicht, dass Sie noch in irgendeiner Weise gefährdet sind. Und wir können weiß Gott jedes Bett gebrauchen."

Erleichtert stand Harry auf und während er sich seinen Umhang überzog, rief die Krankenschwester laut einen Namen: „Dobby!"

Erstaunt blickte Harry sich um und mit einem leisen „Plopp" erschien Dobby, der Hauself, direkt vor den Füßen Madam Pomfreys.

„Dobby ist so schnell gekommen, wie Dobby es geschafft hat, Miss. Was wünschen Miss von treuem Dobby?", fragte Dobby und seine tennisballgroßen Augen sahen die Krankenschwester treuherzig an.

Dann bemerkte er auf einmal die Gegenwart Harrys und nachdem er einen Moment lang gestutzt hatte, stürzte er auf ihn zu.

„Oh, Harry Potter! Wie gut, dass Ihnen nichts passiert ist, Harry Potter! Dobby ist so froh, Sie gesund zu sehen!", rief er, während er seine dünnen Ärmchen um Harrys Beine schlang.

Harry strich ihm unbeholfen über den Kopf und meinte: „Ich bin auch froh, dich wiederzusehen, Dobby."

„Dobby, ich habe dich gerufen, damit du dich nützlich machst!" sagte Madam Pomfrey jetzt streng und Dobby ließ Harrys Beine sofort los. Mit beschämtem Blick drehte er sich zu der Krankenschwester um.

„Geh runter in die Große Halle und sage Professor McGonagall, dass hier oben ein Bett frei geworden ist. Sie können jemanden nach oben bringen."

Harry sah sie entsetzt an und fragte, während Dobby wieder verschwand: „Es gibt noch mehr Verletzte?!"

„Ja. Das sind noch lange nicht alle. Wir haben in der Großen Halle ein notdürftiges Lager für die nicht sehr schwer verletzten Opfer aufgebaut."

Harry wollte etwas sagen, doch Madam Pomfrey wehrte ab: „Sagen Sie jetzt nichts mehr, Mr. Potter. Gehen Sie zu ihren Freunden und seien Sie dankbar, dass Ihnen nichts passiert ist."

Ihre Stimme klang so bitter und resigniert, wie Harrys es noch nie gehört hatte.

Langsam verließ er die Station und ging durch die Gänge von Hogwarts. Eine unheimliche und lauernde Stille hatte sich über das Schloss gelegt. In jeder Ecke schienen dunkle Schatten zu flüstern und Harry hatte sich selten so unwohl gefühlt. An jedem anderem Tag hatte stets Gelächter und das Geplapper der Schüler durch Hogwarts getönt, doch nun schien das Schloss wie ausgestorben zu sein. Noch nicht einmal die Menschen in den Bildern bewegten sich, sie waren wie erstarrt und nur ihre Augen weiteten sich erschrocken und ängstlich, sobald sie Harry erblickten. Ein fernes Donnergrollen, strömender Regen, der gegen die Fenster peitschte und das Brausen des Windes, der sich ächzend durch die Ritzen schlich und um die Zinnen und Türme heulte, waren die einzigen Geräusche, die man hörte. Kein Tageslicht erhellte die Flure, tiefe Nacht schien über Hogwarts ausgebrochen zu sein und Harry fragte sich plötzlich, wie lange er bewusstlos gewesen war.

Doch wirklich erschrocken war er erst, als er die Eingangshalle betrat, von der er zum Gemeinschaftsraum der Gryffindors kam. Sie war nahezu vollkommen zerstört. Statuen lagen auf dem Boden, die Wände waren teilweise durchbrochen und gaben den Blick auf Räume frei, die Harry noch nie gesehen hatte. Die Große Treppe, die nach oben führte, wies in der Mitte einen Riss auf und alle Gemälde waren zerrissen, lagen auf dem Boden oder waren ganz einfach ausgebrannt.

Stolpernd taumelte Harry durch die Halle und konnte nicht fassen, was er sah. Er hatte Hogwarts immer für sicher gehalten, er hatte sich hier immer beschützt gefühlt. Hier hatte er nie Angst davor haben müssen, Voldemort in die Hände zu fallen. Die Erkenntnis, dass auch Hogwarts und mit ihm Dumbledore nicht völlig unantastbar waren, lies ihn in ein tiefes Loch voller Schock und Zweifel fallen.

Langsam setzte er sich auf die Treppe und betrachtete den Boden der Halle, der an einigen Stellen aufgesprungen und zerstört war. Nach einigen Minuten, in denen er sich wieder gefasst hatte, stand er auf und ging vorsichtig nach oben, immer darauf achtend, nicht auf irgendeine angebrochene oder zerstörte Treppenstufe zu treten. Als er vor dem Bild der Fetten Dame stand, blickte ihn diese ebenso verstört und verunsichert an, wie jeder andere Bewohner eines Gemäldes.

„Passwort?", fragte sie und zum ersten Mal seit Harry sie kannte, stellte sie diese Frage nicht gelangweilt, sondern alarmiert und misstrauisch.

„Polarnacht", entgegnete Harry und trat durch das Gemälde in den Gemeinschaftsraum.

Im Inneren herrschte eine Grabesstille. Alle Schüler Gryffindors waren hier versammelt, doch keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort. Als sie Harry eintreten sahen, sahen sie ihn nur kurz an, aber niemand zeigte eine Reaktion. Als er seinen Blick über die Schüler schweifen lies, bemerkte er, dass nicht nur Fred, Colin und Seamus fehlten. Es waren ein ganze Menge mehr Schüler, die Harry vermisste, darunter auch Neville und Parvati.

Leise ging Harry in eine Ecke, in die sich Hermine, Ron, George, Lee Jordan, Ginny und deren Freundin Michelle zurückgezogen hatten.

„Hi", flüsterte er kaum hörbar und Hermine stand auf und drückte ihn kurz an sich.

Harry setzte sich neben Ginny und als diese den Kopf auf Michelles Schulter lehnte und stille Tränen über ihre Wange liefen, nahm er kurz ihre Hand, worauf Ginny ihm ein kurzes und dankbares Lächeln schenkte.

Plötzlich hörte er ein Schluchzen, das aus der Richtung des Kamins kam und als Harry dorthin sah, erkannte er ein Mädchen der ersten Klasse mit feuerroten Haaren, die ihren Kopf auf die Knie gelegt hatte und deren Freundin ihr beruhigend und doch unglaublich hilflos über den vom Weinen zitternden Rücken strich. Seamus' Schwester. Sie war erst in diesem Jahr nach Hogwarts gekommen und Seamus war immer furchtbar stolz auf sie gewesen.

Mit gequältem Blick wandte sich Harry wieder seinen Freunden zu und als ob Hermine wüsste, was er dachte, warf sie ihm einen ihrer „Du-bist-nicht-Schuld-daran"-Blicke zu. Doch er reagierte nicht darauf.

„Warum bist du schon da?", fragte Ron auf einmal und alle im Gemeinschaftsraum zuckten zusammen, als seien sie nicht mehr an gesprochene Worte gewöhnt.

„Madam Pomfrey hat mich gehen lassen, Sie meinte, sie könne jedes Bett gebrauchen, das frei wird."

Und erneut legte sich Stille über den kleinen runden Raum.

„Wie viel Uhr haben wir?", fragte Harry.

„Ein Uhr Nachts. Du warst den ganzen Tag bewusstlos", antwortete Lee.

„Ich denke, es würde uns allen gut tun, wenn wir jetzt schlafen würden", erhob nun Hermine ihre Stimme und als Vertrauensschülerin bekam sie sofortige Aufmerksamkeit geschenkt, „vor allem die ersten, zweiten, dritten und vierten Klassen sollten jetzt in ihre Schlafräume gehen. Es gibt nichts, was wir in dieser Nacht noch für die Schüler auf der Krankenstation und in der Großen Halle tun könnten und ich glaube nicht, dass Professor McGonagall noch einmal zu uns kommen wird. Morgen früh werdet ihr sicherlich erfahren, was genau passiert ist. Und bis dahin sollten wir alle einen klaren Kopf haben. Ich weiß, dass ihr euch Sorgen macht und viele von euch noch nicht glauben können, was heute hier passiert ist, doch ihr müsst schlafen. Ich kann nicht sagen, dass die Welt morgen wieder besser ausschauen wird, denn dann würde ich lügen. Allerdings weiß ich, dass sich vieles vielleicht nicht leichter, aber besser verkraften lässt, wenn man sich etwas ausgeruht hat. Und deshalb bitte ich jetzt alle, nach oben zu gehen."

Nach und nach gehorchten die meisten der Schüler Hermines Aufforderung und verließen den Gemeinschaftsraum.

Am Schluss waren nur noch die Sechst- und Siebtklässler, Harry, Ron, Hermine, George, Lee und Ginny im Raum.

„Du solltest auch ins Bett gehen, Gin", forderte George.

„Ich kann nicht schlafen wenn ich nicht weiß, wie es Fred geht", antwortete sie.

„Du weißt, dass du ihm nicht helfen kannst. Du brauchst deinen Schlaf", entgegnete auch Ron.

„Komm, Ginny, wir gehen nach oben", sagte schließlich Hermine und nach einigem Zögern stand Ginny auf und folgte Hermine in die Schlafsäle.

„Ihre Rede war gut", bemerkte Lee.

Die anderen nickten abwesend.

„Angelina und Katie sind auch . . . ich meine . . . verletzt, oder?", fragte Harry zögernd.

Jetzt war es an George und Lee, zu nicken. „Sie sind in der Großen Halle. Man hat uns gesagt, es würde ihnen den Umständen entsprechend gehen. Was auch immer des heißt", antwortet George verbittert.

„Und Alicia?"

„Sie ist auch unten. Aber sie ist als Helferin eingeteilt worden. Alle Schüler, die gut in Kräuterkunde sind, sind in der Großen Halle und gehen den Lehrern zur Hand. Deshalb ist auch Neville nicht da", sagte Ron.

Lange Zeit schwiegen sie und saßen einfach nur schweigend zusammen. Und auf einmal geschah etwas, was beängstigender war als irgendetwas sonst an diesem grauenvollen Tag: das Feuer im Kamin erlosch und im Gemeinschaftsraum breitete sich eine bedrückende Dunkelheit aus. Und plötzlich war die Stille, welche den Raum ausgefüllt hatte, nicht mehr wohltuend und beruhigend, sondern bedrohlich und furchteinflößend.

„Gehen wir nach oben", meinte Lee unbehaglich und als Harry schließlich in seinem Bett lag, fühlte er sich leer, ausgebrannt und verloren. Und auf eine seltsame Art und Weise war das erloschene Feuer das, was in ihm die größte Angst verursacht hatte und was ihm in späteren Jahren von diesem Tag noch am genauesten im Gedächtnis geblieben war.

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Als Harry, Ron und Hermine am nächsten Morgen den Gemeinschaftsraum betraten, waren schon so gut wie alle anderen Schüler da. Die Erstklässler hatten sich mit noch immer währender Angst in den Augen in eine Ecke neben dem Kamin zurückgezogen und Hermine ging zu ihnen hinüber.

„Irgendwie glaube ich das alles noch nicht so richtig", sagte Ron und setzte sich auf das Sofa.

Harry nickte. „Ich weiß, was du meinst."

Plötzlich erschienen auf den Tischen und Regalen Körbe mit Brötchen, Teller, Tassen, Kakao, Marmelade und Honig und Professor McGonagalls Stimme tönte durch den Raum: „Die Mahlzeiten werden in den folgenden Tagen nicht in der Großen Halle stattfinden, da wir diese für die Verletzten benötigen. Nach dem Frühstück werde ich Sie abholen und zu einem Raum bringen, in dem der Schulleiter zu Ihnen sprechen wird."

Die Schüler warteten noch einen Augenblick, als es aber ruhig blieb, fingen sie an, sich etwas zum Essen zu nehmen.

„Ich frage mich, was das Zaubereiministerium dazu sagt. Sie können die Rückkehr von Du-weißt-schon-wem jetzt nicht länger verleugnen", sagte plötzlich Hermine, die sich wieder zu ihren beiden Freunden gesellt hatte.

„Die können alles", erwiderte Ron verächtlich.

Doch Harry schüttelte den Kopf. „Jetzt nicht mehr. Das können sie einfach nicht mehr machen. Ich meine, Hogwarts wurde angegriffen!"

„Meint ihr, sie schließen Hogwarts?", fragte Ron unbehaglich.

Jetzt schüttelte Hermine den Kopf. „Dumbledore wird das nicht zulassen."

Harry allerdings war sich dessen nicht so sicher. In seinem zweiten Schuljahr, als die Kammer des Schreckens wieder geöffnet worden war, hatte schon einmal die Schließung der Schule gedroht. Und jetzt waren Schüler gestorben noch viele mehr verletzt.

„Warten wir einfach, was Dumbledore sagt", sagte Harry und in diesem Moment schwang das Portrait der Fetten Dame zur Seite und Professor McGonagall trat in den Raum.

Sie sah sehr schlecht aus und es schien so, als habe sie die ganze Nacht nicht geschlafen. In ihrem Gesicht standen große Sorge und Anspannung geschrieben.

„Kommen Sie, ich werde Sie begleiten."

Langsam standen die Schüler auf und folgten der Verwandlungslehrerin nach draußen. Es war eine traurige Prozession, die durch das Schloss wanderte. Still und eingeschüchtert waren sie alle und keiner wagte es, auch nur ein Wort zu sagen. Erst, als sie die Eingangshalle betraten, ging ein erstauntes Raunen durch die Gryffindors. Sie war wieder vollkommen in Ordnung. Nichts zeugte noch von dem furchtbaren Angriff der Todesser. Nur an einer Wand, an der bisher weder ein Bild gehangen, noch vor der eine Statue gestanden hatte, hing jetzt eine einfache, große Platte aus weißem Marmor und auf ihr stand geschrieben:


In Gedenken an alle Opfer des siebzehnten Oktobers 1995

Mehr nicht. Keine Namen, keine Verzierungen. Doch selten hatte Harry etwas so sehr beeindruckt wie dieser eine Satz auf einer einfachen, unverschnörkelten Marmorplatte.

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So . . . das war jetzt schon ein bisschen weniger harmlos als die letzten Kapitel. Ich hoffe,

es gefällt trotzdem *gaaaaanz unauffällig auf den Review-Button links unten zeigt*.