Titel: Das letzte Geheimnis? – Kapitel 10
Disclaimer: immer noch nix mir, sondern alles Joanne K. Rowling (wer hat ihr eigentlich
erlaubt, so mit Sirius umzugehen, wie sie es in OotP getan hat?! Fällt mir nur
grade mal ein)
Sodele, ein neues Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch und bedanke mich für meine treuen Reviewer *knuddel*
****
Professor McGonagall leitete die Schüler von Gryffindor
weiter durch die Gänge und nicht, wie manche von ihnen erwartet hatten, in die
Große Halle.
Sie kamen schließlich in einen Teil des Schlosses, den Harry
nicht kannte und nach den erstaunten und neugierigen Gesichtern zu schließen,
erging es den restlichen Gryffindors ebenfalls so.
Die Verwandlungs-Lehrerin führte sie durch eine große
Eichentür, die mit allerlei Buchstaben, Worten und mystischen Wesen verziert
war in einen Raum, der fast so groß war wie die Große Halle. An der rechten und
linken Seite des Raumes befanden sich große, fast von der Decke bis zum Boden
reichende Fenster. In die Mitte der Decke war das Wappen von Hogwarts
eingelassen und den Fußboden zierten die vier einzelnen Wappen der Häuser. Vier
große Tische waren aufgestellt worden und über ihnen hing jeweils ein großes
schwarzes Tuch. Der ganze Raum war erfüllt vom warmen Schein hunderter Kerzen
in Leuchtern und Fackeln an den Wänden. Denn durch die Fenster drang so gut wie
kein Licht herein, da der Himmel von düsteren Wolken durchzogen war. Weit
entfernt am Horizont konnte man es blitzen sehen und ein tiefes Grollen
kündigte ein erneut aufkommendes Gewitter an.
Harry, Ron und Hermine setzten sich mit den anderen
Gryffindors an einen der vier Tische und es dauerte nicht lange, da betraten
auch die Ravenclaws, Hufflepuffs und Slytherins den Raum.
„Schaut euch mal die Slytherins an. Selbst die scheinen sich
nicht ganz wohl zu fühlen.", flüsterte Ron, da er es nicht wagte, die
angespannte Stille mit lauten Worten zu durchbrechen.
Doch er hatte Recht, wie Harry bemerkte. Die Slytherins
schauten bei weitem nicht so selbstsicher drein, wie es sonst der Fall war.
Lediglich Draco Malfoy schien mit sich und der Welt vollkommen zufrieden zu
sein und Harry spürte unbändige Wut in sich aufflackern.
„Malfoy sieht aus wie immer.", sagte er angewidert.
„Ist ja auch kein Wunder.", bemerkte Hermine
geistesabwesend. Ihr Blick war auf Sorcery gerichtet. Wieder saß er weit von
den anderen Slytherins aus seinem Jahrgang entfernt und ließ seinen Blick durch
den Raum schweifen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und der
Ausdruck in seinen kalten Augen war von einer Gleichgültigkeit, die fast schon
an Verachtung grenzte.
Als Sorcery bemerkte, dass Hermine ihn unverwandt ansah, wandte er sich ihr zu
und fixierte sie mit seinem Blick. Doch schon nach wenigen Sekunden konnte
Hermine diesem nicht mehr standhalten und als sie sich wieder zu Harry und Ron
umdrehte, umspielte ein boshaftes Lächeln Sorcerys Mundwinkel.
In diesem Moment betraten Dumbledore und die anderen
Lehrkräfte den Raum. Sie gingen nach vorne und setzten sich an einen fünften
Tisch, der von jedem Schüler gut zu sehen war. Nur Dumbledore blieb stehen.
Er schien um Jahre gealtert. Das sonst so lebhafte und entschlossene Funkeln seiner Augen war einem müden, erschöpften Ausdruck gewichen. Tiefe Schatten standen in seinem Gesicht und es war von solch einer Besorgnis erfüllt wie nie zuvor. Doch nichtsdestotrotz war seine Haltung stolz und aufrecht und seine Stimme war fest, als er mit einer Rede begann, die in Hogwarts nie wieder vergessen werden sollte:
„Mein lieben Schülerinnen und Schüler, ich habe immer befürchtet, euch einmal
zu einem derart traurigen und erschütternden Ereignis zusammenrufen zu müssen.
Voldemort hat Hogwarts angegriffen, ihr alle wisst das. Er
hat das gewagt, womit ich zum jetzigen Zeitpunkt niemals gerechnet hätte. Und
er hat damit allen Zweiflern auf eine furchtbare Art und Weise gezeigt, dass er
zurück und seine Macht stärker ist, als zuvor. Ich möchte niemanden
verurteilen. Ich muss mir selbst Vorwürfe machen dafür, dass ich nicht früher
gehandelt habe. Vielleicht werden einige sagen, ich habe das getan, was in
meiner Macht stand, doch dann hätten wir nicht diese Vielzahl von Opfern zu
beklagen.
Hogwarts hat mit diesen Opfern einen Teil von sich selbst
verloren. Ein Teil der Sicherheit und des Schutzes, die wir Lehrer euch
Schülern hier versprochen haben, wird nicht mehr herzustellen sein, dafür ist
zuviel Schreckliches geschehen.
Doch ich bitte euch, trotz allen Schmerzes und Verzweiflung,
blickt nach vorne. Es gibt etwas, dass Voldemort nicht in seine Pläne mit
einbezieht, mit dem er nicht rechnet, da es ihm fremd ist. Und das ist unsere
Einheit. Schon im letzten Jahr, nach dem Tod Cedric Diggorys, sagte ich euch,
wir sind so stark wie wir einig und so schwach, wie wir gespalten sind. Und
trotz des Elends, das Voldemorts Angriff über uns alle gebracht hat, gibt es
etwas, aus dem wir Hoffnung schöpfen können. Alle vier Häuser haben Opfer zu
beklagen, seien sie verletzt oder unwiderruflich von uns gegangen. Es gibt in
Hogwarts jetzt nicht mehr Gut und Böse, es gibt nur diejenigen, denen Voldemort
etwas Liebes und Vertrautes genommen hat und das betrifft euch alle. Das Leid
betrifft nicht nur drei Häuser unter uns und aus dieser Erkenntnis können wir
neuen Mut ziehen.
Ich möchte euch die Namen der Opfer nennen, die der Tod von
uns genommen hat und ich beginne mit jenem Haus, in dem man am wenigstens
erwartet hat, dass es Opfer gibt: Richard Palmer, Timothy Dalton und Margaret
King sind tot. Sie waren in Slytherin.
Aus Gryffindor sind es Fiona Guerin, Ethan Poe, Seamus
Finnigan, Isabel McGregor und Angelina Johnson, die wir niemals wiedersehen
werden", an dieser Stelle ging ein Aufschrei durch die Schüler von Gryffindor.
Sie hatten von Seamus Tod gewusst, doch dass so viele andere den Tod gefunden
hatten, darunter auch Angelina, hatten sie nicht gewusst und es war ein Schock
für sie, es jetzt zu erfahren.
Harry sah, wie George Weasley schneeweiß wurde und sich
krampfhaft an die Tischplatte klammerte. Ron legte ihm die Hand auf den Arm, doch
er schien es nicht zu bemerken. Sie alle waren fassungslos.
„In Ravenclaw haben Mikaela Jackson, Samantha Evans,
Jonathan Perry und Nicholas Golden den Tod gefunden", fuhr Dumbledore fort,
„und in Hufflepuff sind es Michael Weathley, Deborah Kees, Cristoph Spencer,
Catrin Rosenberg und Justin Finch-Fletchley."
Als Justins Name genannt wurde, glaubte Harry erneut, seinen
Ohren nicht trauen zu können. Seamus, Angelina und jetzt auch noch Justin. Drei
Menschen, die er gut gekannt hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, sie
niemals wieder zu sehen!
„Diese siebzehn unschuldigen Schüler sind gestorben, weil
ein machthungriger, grausamer Zauberer ihre Leben für wertlos hielt. Für ihn
waren sie ein Nichts, zu unwichtig um auch nur über sie nachzudenken. Und für
diese siebzehn Schüler und alle Menschen, die ihnen noch folgen werden, müssen
wir stark sein. Wir dürfen nicht aufgeben, nicht einer falschen Straße folgen,
nur weil ihr Weg uns einfacher erscheint. Ich bitte euch nun, eine
Schweigeminute einzulegen und das Andenken jener zu würdigen, die Voldemort von
uns genommen hat."
Schweigen legte sich über den Raum. Keiner sprach, niemand
rührte auch nur einen Finger. Alle folgten ihren eigenen Gedanken. Selbst die
Slytherins schauten betreten zu Boden. Zumindest die meisten.
„Und nun werde ich eine Frage beantworten, die sich sicher
schon einige unter euch gestellt haben", begann Dumbledore aufs Neue, als die
Minute um war. „Hogwarts wird nicht geschlossen."
Ein erleichtertes Aufatmen ging durch die Reihen vieler
Schüler, doch es wagte immer noch keiner, etwas zu sagen.
„Es steht euch frei, nach Hause zu gehen, wenn ihr es dort
für sicherer haltet. Doch für diejenigen unter euch, die sich entscheiden, in
Hogwarts zu bleiben, geht auch der Unterricht weiter. Wir wollen durch nichts
eure Ausbildung verhindern, gerade jetzt nicht.
Allerdings muss ich einige neue, strenge Regeln aufstellen,
denn nur so kann ich euer Bleiben verantworten. Die Besuche in Hogsmeade sind
gestrichen. Einmal im Monat wird ein Mann aus dem Dorf herauf kommen, der euch
mit dem Nötigsten versorgt. Ob Quidditch gespielt wird, werden die Lehrerschaft
und ich noch entscheiden. Wenn überhaupt, dann allerdings nur im Inneren des
Schlosses.
Der Halloween-Ball wird stattfinden, wenn auch nicht in der
Größe und der Ausgelassenheit, die vorgesehen war.
Die Unterrichtsstunden Pflege magischer Geschöpfe und
Kräuterkunde werden zwar weiterhin im Freien abgehalten, doch ihr werdet von
einem Lehrer zu diesem Unterricht gebracht und auch wieder abgeholt.
Das Frühstück, dass Mittag –und Abendessen werden ab morgen
in diesem Raum stattfinden. Und ich möchte euch bitten, in Umgebung der Großen
Halle leise zu sein und die Große Halle nicht zu betreten. Die Verletzten
brauchen Ruhe.
Als letztes möchte ich euch noch etwas mitteilen, das nicht
mit Hogwarts aber doch mit uns allen zu tun hat. Es gab gestern zeitgleich mit
dem Angriff auf Hogwarts ein Angriff auf das größte Krankenhaus der Muggel in
London. Ich kann euch noch nicht sagen, wie viele Tote und Verletzte es an
diesem Ort gab, doch diejenigen unter euch, die den Tagespropheten abboniert
haben, werden in der heutigen Ausgabe sicherlich etwas darüber lesen können.
Das Ministerium hat nun, nach diesen beiden Angriffen und
nachdem über beiden Orten das Dunkle Mal zu sehen war, bestätigt, dass
Voldemort zurück ist. Aus diesem Grund sind die Auroren und einige der Alten
Kämpfer nun auch öffentlich auf der Suche nach Todessern.
Morgen werden wir wieder mit dem Schulalltag beginnen.
Diejenigen von euch, die nach Hause möchten, sollten bitte noch heute einen
Brief an ihre Eltern schicken, damit diese sie in den nächsten Tagen persönlich
hier abholen. Ich werde niemandem von euch erlauben, mit dem Hogwarts-Express
zu fahren.
Eure Hauslehrer werden euch nun wieder in die
Gemeinschaftsräume bringen. Ich danke euch für euer teilnahmsvolles Zuhören",
schloss Dumbledore und wandte sich ab.
Sofort, nachdem der Schulleiter geendet hatte, kam Professor
McGonagall zu ihrem Tisch und forderte sie auf, ihr zu folgen.
„Geht ihr nach Hause?", fragte Harry Ron und Hermine. Bei
ihm selbst war die Antwort klar. Hogwarts war sein Zuhause, er konnte und
wollte nicht zurück zu den Dursleys.
„Ich weiß nicht was Mum tun wird. Wenn sie sich zu große Sorgen macht, wird sie uns nach Hause holen, sobald Fred wieder gesund ist. Aber eigentlich glaube ich das nicht.", erwiderte Ron.
Hermine schüttelte ebenfalls den Kopf. „Ich möchte nicht nach Hause. Dort ist
es auch nicht viel sicherer als hier und hier kann ich zumindest noch etwas
lernen."
Wieder im Gemeinschaftsraum verschwand Hermine schnell im
Schlafsaal der Mädchen. Nach kurzer Zeit kehrte sie mit dem Tagespropheten und
kalkweißem Gesicht zurück zu ihren beiden Freunden.
„Hermine? Was ist denn?", fragte Ron besorgt.
Sie warf die Zeitung vor ihnen auf den Tisch und die beiden konnten die Schlagzeile lesen:
Du-weißt-schon-wer zurück! Angriff auf Hogwarts!
Zeitgleicher Überfall auf Muggelkrankenhaus! Hunderte Tote und Verletzte! Was
hat Sirius Black damit zu tun?
Harry glaubte seinen Augen nicht zu trauen als er Sirius'
Name las. „Das meinen die doch nicht wirklich ernst, oder?", flüsterte er.
„Ich denke schon.", erwiderte Ron und er schaute Harry
unsicher an.
„Sirius ist unschuldig, sie . . . können ihn nicht
verdächtigen!", Harrys Stimme war immer noch kaum mehr als ein Flüstern.
„Wir wissen, dass er unschuldig ist, Harry. Das Ministerium
weiß es nicht."
Hermine hatte bisher geschwiegen. „Ich lese euch mal aus dem
Artikel vor:
Hat Sirius Black etwas mit den Angriffen auf Hogwarts,
der Schule für Hexerei und Zauberei, und das Krankenhaus der Muggel zu tun?
Seit seinem Ausbruch aus Askaban 1993 versetzt er die magische Welt immer
wieder in Angst und Schrecken. Seitdem verdichten sich auch die Gerüchte um
einen Wiederaufstieg von Du-weißt-schon-wem. Black war seinerzeit einer der
Ersten in dessen Gefolge. Er tötete dreizehn Muggel, einen seiner besten
Freunde Peter Pettigrew und verriet die Eltern des jungen Harry Potter, den er
seit seiner Flucht ebenfalls umzubringen versucht. Nun wurde er erneut in der
Nähe von Hogwarts gesehen, ein paar Tage bevor gestern der Angriff erfolgte.
Zaubereiminister Cornelius Fudge erklärte: „Nach einem unmöglichen und
verantwortungslosen Handeln von Albus Dumbledore steht die Schule unter strenger
Beobachtung. Fest steht, dass Black den Potter-Jungen an Du-weißt-schon-wen
ausliefern will, egal um welchen Preis und das müssen wir verhindern."
Hat also Black den Todessern geholfen, auf das Gelände von Hogwarts zu
gelangen und dort ein Massaker anzurichten, bei dem siebzehn Schüler starben
und über doppelt so viele verletzt wurden? Noch kann Black das nicht
nachgewiesen werden, doch die Suche nach ihm ist bereits intensiviert worden."
„Aber das kann doch nicht wahr sein!", stieß Ron aus. „Wie verbohrt sind die
eigentlich!?"
In diesem Moment blickte Dean Thomas über Hermines Schulter
und als er die Überschrift des Artikels las und Sirius' Gesicht als eines der
Titelbilder sah, gab er einen angewiderten Laut von sich. „Hoffentlich
schnappen sie diesen verdammten Dreckskerl endlich! Meiner Meinung nach ist der
Kuss eines Dementors noch nicht Strafe genug für ihn!"
Das war zuviel für Harry. „Er ist unschuldig!", schrie er
Dean an und sprang auf die Füße. „Er hat das nicht getan!"
„Harry, beruhige dich! Du kannst nicht . . .", versuchte
Hermine ihn aufzuhalten, doch Harry ließ sich nicht beirren.
„Du hast doch keine Ahnung! Du hast keine Ahnung, was er
alles durchgemacht hat! Zwölf Jahre hat er unschuldig in Askaban verbracht, nur
weil diese Idioten vom Ministerium unfähig dazu waren, den wahren Mörder zu
finden! Red verdammt noch mal nicht von Dingen, von denen du die Wahrheit nicht
kennst!"
Im Gemeinschaftsraum war es schlagartig still geworden und
alle hatten Harrys Ausbruch mitbekommen.
Dean sah Harry vollkommen verblüfft an. „Du hast sie nicht
mehr alle, Harry, oder? Ist dir eigentlich klar, was Black getan hat?!"
„Sirius hat gar nichts getan!", Harry trat einen Schritt
vor, und sah Dean drohend an.
Jetzt trat Ron in Aktion. „Harry, sein bester Freund ist
tot! Und er macht Sirius dafür verantwortlich! Du wirst ihn nicht vom Gegenteil
überzeugen können!"
„Ihr seid echt alle nicht mehr ganz dicht im Kopf! Black ist
Schuld daran, dass Seamus, Angelina und all die anderen tot sind, ist das zu hoch
für euch?!", mischte sich nun Ginny ein und Harry, Ron und Hermine wandte sich
ihr erstaunt zu.
Ginnys Augen funkelten vor Zorn und sie hatte vor allem
Harry noch nie so verächtlich angesehen. „Du verteidigst gerade den Mörder
deiner Eltern, ist dir das bewusst?"
„Harry, wir gehen, komm.", sagte Hermine, noch bevor Harry
etwas erwidern konnte, was wahrscheinlich zu Eskalation des Streits geführt
hätte. „Bitte, Harry, gehen wir in den Schlafsaal!"
Nur widerstrebend und mit blitzenden Augen ließ sich Harry
von seinen beiden Freunden aus dem Gemeinschaftsraum ziehen.
Als sie im Schalsaal der Jungen angekommen waren, ließ er
sich auf sein Bett fallen.
„Harry, sie wissen es nicht!", sagte Ron, während er und
Hermine sich zu ihm setzten.
„Sirius ist unschuldig!"
„Aber für die anderen sieht es so aus, als habe vor allem
Sirius das alles zu verantworten. Als sei er verantwortlich für den
Wiederaufstieg von Du-weißt-schon-wem. Wahrscheinlich verdächtigen sie ihn
sogar, einer von den angreifenden Todessern gewesen zu sein. Wir wissen, dass
das alles nicht stimmt und es absoluter Blödsinn ist, aber wir können es nicht
beweisen! Ohne Pettigrew können wir nichts für Sirius tun! Und es hilft ihm
auch nicht, wenn du so für ihn in die Bresche springst. Das schadet ihm eher.",
erklärte Hermine ruhig.
„Wir können es beweisen! Peter ist hier, das spüre ich! Wir
müssen ihn nur finden!", sagte Harry mit einem brennenden Feuer in den Augen.
„Wir brauchen den Aufrufezauber. Sonst geht es nicht.",
entgegnete Ron.
„Dann werden wir eben weiter suchen! Und wenn wir jedes
einzelne Buch der Bibliothek lesen müssen! Ich lasse nicht zu, dass sie Sirius
wieder nach Askaban bringen! Los, gehen wir in die Bücherei."
Harry stand auf und ging entschlossenen Schrittes wieder
nach unten. Hermine und Ron folgten ihm, wenn auch nur widerstrebend.
Harry schritt durch den Schlafsaal, ohne die anderen eines
Blickes zu würdigen. Doch kurz, bevor er den Eingang zum Gemeinschaftsraum
erreichte, tönte die Stimme von Seamus' Schwester durch den Raum.
„Ich dachte immer, du stündest auf unserer Seite.", sagte
sie leise, aber es war so still im Gemeinschaftsraum, dass man sie mühelos
verstand. „Ich dachte immer, du wärst jemand, in den man Hoffnung setzen kann.
Aber ich habe mich wohl getäuscht."
Ihre Stimme klang nicht wie die einer Elfjährigen. Sie war
gebrochen, aber doch seltsam kalt und emotionslos. Harry wandte sich langsam zu
ihr um.
Die blauen Augen des Mädchens waren starr auf ihn gerichtet.
Im Gegensatz zu ihrer Stimme waren in ihren Augen so viele Gefühle auf einmal
zu lesen, dass Harry kaum eines davon heraus filtern konnte. Trauer und
Verwirrung waren verbunden mit Wut und Verachtung.
Ron und Hermine befürchteten fast, Harry würde erneut in zorniges Schreien
verfallen, doch ein um Verzeihung bittender Ausdruck huschte über sein Gesicht.
„Es tut mir Leid. Ich . . . wollte nicht . . .", er wusste
nicht, was er sagen sollte. „Sirius ist nicht schuldig. Auch wenn ihr mir das
alle nicht glauben wollt.", dabei warf er einen funkelnden Blick zu Ginny
herüber.
„Wer's glaubt.", tönte eine spöttische Stimme vom Kamin.
Lee Jordan. Harry zog es vor, auf diese Bemerkung nicht
einzugehen.
„Lass uns gehen. Wir können unsere Zeit sinnvoller
verbringen.", sagte er stattdessen zu seinen beiden Freunden und in seiner
Stimme lag ein kaum verhohlener Sarkasmus.
„Du willst mit ihm gehen?", der Ausdruck in Ginnys Stimme
war eher eine Feststellung als eine Frage. Jeder wusste, dass sie ihren Bruder
meinte.
Jetzt war es an Ron, sich noch einmal umzudrehen.
Es war ein seltsamer Anblick. Auf der einen Seite des
Gemeinschaftsraumes Harry, Ron und Hermine, auf der anderen Seite die
restlichen Gryffindors, deren Gesichter vor allem bei den Älteren von großer
Abneigung und Misstrauen gezeichnet waren.
„Er ist mein bester Freund. Ich werde zu ihm halten, egal
was passiert.", erklärte Ron entschieden.
Harry versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er
erleichtert aufatmete. Er hatte sich eben in sein zweites und viertes Schuljahr
zurückversetzt gefühlt. In seinem zweiten Jahr hatten ihm auch die Gryffindors
misstraut, da sie ihn für den Erben Slytherins hielten und in seinem vierten
Jahr war Ron so eifersüchtig auf Harrys Teilnahme am Trimagischen Turnier
gewesen, dass er nicht mehr mit Harry geredet hatte.
Und jetzt, als es so aussah, als habe er erneut niemanden
der Gryffindors auf seiner Seite, war Rons Unterstützung besser als alles
andere.
„Wenn du das für richtig hältst.", sagte Fred vieldeutig.
„Wir halten es beide für richtig.", ließ sich nun Hermine
vernehmen und ihre ernste Stimme hatte etwas seltsam endgültiges.
„Dann geht.", forderte Dean.
Harrys Augen begannen gefährlich zu funkeln und er trat
einen Schritt nach vorne.
Hermine, die um Harrys Selbstbeherrschung fürchtete, nahm
seine Hand. Als sie spürte, wie kalt diese war und sie den Ausdruck in den
Augen ihres besten Freundes wahrnahm, lief ihr unwillkürlich eine Gänsehaut
über den Rücken. Sie hatte Voldemort noch nicht gegenüber gestanden, doch sie
konnte Harrys Verbundenheit mit dem Dunklen Lord in diesem Moment so deutlich
spüren wie nie zuvor.
„Das werden wir auch.", erwiderte Harry auf Deans Bemerkung
hin gefasst. Doch in seiner Stimme schwang ein kaum zu vernehmender, aber
trotzdem vorhandener, gefährlicher Unterton mit. Jetzt sträubten sich auch bei
Ron die Nackenhaare. Er hatte den leisen Unterschied in der Stimme seines
Freundes gehört. In der Stimme von Voldemorts Sohn . . .
Den anderen schien jedoch nichts aufgefallen sein, denn sie
erwiderten nichts darauf.
Harry, Ron und Hermine verließen den Gemeinschaftsraum und
die Drei gingen schweigend zur Bibliothek.
Dort angekommen setzten sie sich an einen der großen Tische
in der hintersten Ecke, der mittlerweile zu ihrem Stammplatz geworden war.
Nachdem sie eine Weile schweigend in ihren Büchern geblättert hatten, schaute
Hermine Harry plötzlich an.
„Du weißt, das du . . . eben . . . große Ähnlichkeit mit
Du-weißt-schon-wem hattest, oder?", fragte sie vorsichtig. Sie war sie nicht
sicher, wie Harry auf diese Aussage reagieren würde.
Harry blickte von seinem Buch auf und sah Hermine an. Das
Smaragdgrün seiner Augen war sehr viel dunkler als sonst. „Ja.", antwortete er
ruhig.
„Bist du sicher, dass . . . dass das der richtige Weg ist?",
fragte Ron nervös.
Harry seufzte, schlug das Buch zu und lehnte sich zurück.
„Nein. Ich . . . ich war mir dessen nicht mal bewusst. Es . . . kam einfach
über mich."
„Es kam einfach über dich?", wiederholte Ron verständnislos.
„Ja. Ich habe nicht darüber nachgedacht, was ich sage, oder wie ich mich verhalte. Und
es . . .", Harry brach ab.
„Was ist?", Hermine legte ihm besorgt die Hand auf den Arm.
„Es macht mir Angst.", flüsterte Harry. „Ich habe Angst,
dass Voldemort mich irgendwie beeinflussen kann, nicht nur, weil ich sein Sohn
bin, sondern weil es vielleicht sogar irgendwas mit unserer Blutsbruderschaft
zu tun hat. Oder mit dem Zauber, der uns verbunden hat."
„Priori
Incantatem?", fragte Hermine.
Harry nickte.
Seine Freundin schüttelte langsam den Kopf. „Ich denke
nicht, dass er so großen Einfluss auf dich haben kann. Wir sind hier immer noch
in Hogwarts. Und solange es nur bei sarkastischen Äußerungen und tödlichen
Blicken bleibt . . ."
„Hogwarts wurde gestern angegriffen.", erinnerte Ron, was
ihm einen bösen Blick von Hermine einbrachte.
Harry lachte kurz auf. Es war ein freudloses Lachen. „Es ist
schon komisch. Wir unterhalten uns hier über sarkastische Kommentare und seit
gestern morgen sind siebzehn Menschen gestorben, die wir alle kannten.",
stellte er verbittert fest.
„Harry, ich muss dir doch nicht noch mal sagen, dass das nicht deine Schuld ist, oder?",
Hermines Stimme klang scharf.
„Hermine hat Recht.", bekräftigte Ron.
Harry sah sie mit glitzernden Augen an. „Was glaubt ihr
denn, was er sonst damit bezwecken wollte? Ich bin hier! Der Junge, sein Sohn,
der ihn einst fast hat sterben lassen! Er will mich töten! Glaubt ihr, es gäbe
auch nur einen einzigen weiteren Grund?!", zu Beginn hatte Harry sehr leise
gesprochen, doch am Schluss hatte er beinah geschrieen. Außerdem war er aufgestanden
und sah seine beiden besten Freunde zornfunkelnd an.
„Hast du schon mal daran gedacht, dass Du-weißt-schon-wer
einfach nur seine neue Macht präsentieren wollte?", fauchte Hermine leise aber
giftig zurück.
Wenn Blicke töten könnten, hätte Hermine den nächsten Tag
nicht mehr erlebt.
„Jetzt beruhigt euch mal wieder!", forderte Ron
besänftigend. Harrys Verhalten beunruhigte ihn. Sein Freund, der sonst immer so
ruhig und gefasst gewesen war, schien sich von einem Tag auf den anderen völlig
verändert zu haben.
„Gibt es ein Problem?", ertönte die Stimme von Madam Pince.
Sie warf ihnen allen einen strengen Blick zu.
„Nein, es ist alles in Ordnung.", beeilte Ron sich zu sagen,
da Harry und Hermine sich immer noch wütend anfunkelten.
„Ich möchte euch bitten, etwas leiser zu sein. Streiten
könnt ihr euch auch draußen!", ordnete die Aufseherin an.
Nach einem letzten misstrauischen Blick auf die drei Freunde
verschwand sie wieder, um einen Erstklässler zu verwarnen, der eben an ihnen
vorbeigerannt war.
„Würdet ihr euch jetzt bitte wieder hinsetzen!", forderte
Ron nachdrücklich.
Harry und Hermine, die mittlerweile ebenfalls aufgestanden
war und schon wieder etwas hatte sagen wollen, folgten ihm.
„Was ist bloß los mit euch?!"
Harry und Hermine sahen sich an. Keiner von beiden war
bereit, nachzugeben.
Ron drehte entnervt die Augen zur Decke. „Das ich mal den
Vernünftigen spielen muss, hätte ich auch nicht gedacht. Könnt ihr euch nicht
wie zwei normale Menschen verhalten?"
„Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit, was ist daran so
schlimm?", fauchte Hermine.
Ron hob vielsagend eine Augenbraue.
„Ich weiß es.", ließ sich plötzlich Harry vernehmen. Seine
Stimme war vollkommen ruhig.
„Du weißt was?", fragte Ron verwirrt.
Hermine begnügte sich damit, Harry auffordernd anzuschauen.
„Was mit mir los ist. Heute vor genau vier Monaten fand die
letzte Aufgabe des Trimagischen Turniers statt."
„Und?"
Hermine aber schien Harry wieder einmal mühelos zu
verstehen. „Du glaubst, deine Verbindung zu Du-weißt-schon-wem ist heute
stärker als an anderen Tagen?"
Harry nickte und auch Ron sah jetzt aus, als habe er
verstanden.
„Dann ist deine Verwandtschaft mit Du-weißt-schon-wem heute
also besonders herausragend?", fragte er.
„Könnte doch sein, oder? Durch die Blutsbruderschaft
verbunden mit dem Zauber, meine Narbe und die Tatsache, dass er mein Vater ist,
hat er jetzt eine dreimal stärkere Verbindung zu mir als sonst. Vier Monate
sind ein Drittel eines Jahres. Und ich hab seine Eigenschaften ohnehin schon in
mir. Warum sollte er das nicht ausnutzen und mich nicht beeinflussen?"
„Du könntest Recht haben", folgerte Ron.
„Um noch mal auf vorhin zu sprechen zu kommen . . .", begann
Hermine, doch Harry unterbrach sie: „Nein, Hermine. Sag mir das in einer Woche
noch mal und ich verspreche dir, nicht rumzuschreien. Aber heute verspreche ich
dir gar nichts mehr."
„Wir sollten uns mal überlegen, ob wir nach einem
Zauberspruch für Sirius suchen oder ob wir langsam eine Lösung für das
Sorcery-Problem finden wollen.", meinte Ron.
„Sirius ist wichtiger.", entgegnete Harry sofort.
Hermine sah so aus, als wolle sie Harry erneut widersprechen, doch nach einem warnenden Blick von Ron klappte sie den Mund wieder zu.
****
In Hogwarts war selten ein Tag so ruhig verlaufen wie dieser. Die Schüler
blieben entweder in ihren Gemeinschaftsräumen oder hielten sich in der
Bibliothek auf. Keine lauten Geräusche klangen durch die Gänge, es war beinah
beängstigend still.
Harry, Ron und Hermine hatten bis zum Beginn des Abendessens
in der Bücherei gesessen und es gab ihnen das Gefühl, alle Bücher schon dreimal
gelesen zu haben. Doch einen hilfreichen Zauber hatten sie noch immer nicht.
Nach dem Abendessen betraten die Drei gerade die
Eingangshalle, um zum Gryffindor-Gemeinschaftsraum zu gelangen, als Malfoy von
den Kerkern kam.
„Wen haben wir denn da.", schnarrte er. „Potter und seine
Schoßhündchen. Hast du dich wieder beruhigt?"
„Ich hab keine Ahnung, von was du redest.", erwiderte Harry
kühl.
„Du weißt genau, von was ich rede. Ist es nicht furchtbar,
für den Tod von siebzehn unschuldigen Menschen verantwortlich zu sein?", Malfoy
hatte sein unschuldigstes Lächeln aufgesetzt.
„Halt deine verdammte Klappe.", zischte Harry.
„Warum sollte ich?"
„Wo hast du überhaupt deinen großen Freund gelassen? Ist dir
Sorcery auf einmal nicht mehr gut genug?", schnappte Ron.
Hermine bemerkte zu ihrem Erstaunen, dass daraufhin ein
befangener Ausdruck über Malfoys Gesicht huschte, doch dieser war genauso
schnell verschwunden, wie er gekommen war.
„Das geht dich einen Scheißdreck an, Weasley."
„Oder hast du Angst vor ihm?", fragte Hermine, einer
plötzlichen Eingebung folgend.
Malfoy sah sie funkelnd an. Das Grau seiner Augen war
eiskalt. „Ich habe vor niemandem Angst. Aber du sollest dir vielleicht genau
überlegen, was du sagst, bevor du den Mund aufmachst, Schlammblut!", sagte er.
Er klang ruhig, nicht im mindesten aufgebracht. Doch der Ausdruck in seinen
Augen strafte seine Stimme Lügen.
Und bevor Harry oder Hermine ihn auch nur irgendwie daran hindern
konnten, war Ron auf Malfoy zugestürmt und hatte dem Slytherin einen harten
Schlag ins Gesicht versetzt, der diesen nach hinten taumeln lies.
„Ron!", stieß Hermine entsetzt aus.
Harry war auf seinen Freund zugegangen und hielt davon ab,
Malfoy noch weiter zuzusetzen.
„Hör auf.", flüsterte er ihm ins Ohr.
„Der Dreckskerl hat es nicht anders verdient!", fauchte Ron.
„Ich weiß, aber du machst dir doch nur die Hände an ihm
schmutzig!"
Malfoy fuhr mit der Hand über sein Gesicht, seine Lippe war
aufgesprungen und er ertastete Blut.
Hermine fürchtete einen Moment, er würde nun seinerseits auf
Ron losgehen, doch das geschah nicht.
Malfoy setzte nur das arroganteste Lächeln auf, das in
seinem lädierten Zustand möglich war und betrachtete die drei Gryffindors
voller Abscheu und Verachtung.
„Ich werde der Erste sein, der über euch lacht, wenn ihr
untergeht, glaubt mir."
„Von was redest du eigentlich, Malfoy?", fragte Harry
„Das werdet ihr schon noch herausfinden. Und ich werde mich
zurücklehnen und lächelnd dabei zusehen", Malfoy hatte immer noch dieses
arrogante Grinsen im Gesicht, einen Ausdruck sadistischen Vergnügens in den
Augen.
Dann wandte er sich ab und machte sich auf den Weg zum
Speisesaal.
„Ich glaube, Malfoy ist jetzt endgültig durchgeknallt.",
stellte Ron nüchtern fest.
„Da wäre ich mir nicht so sicher.", murmelte Hermine, doch
Harry und Ron hörten sie nicht.
„Leute, ich werde noch mal in die Bibliothek gehen. Geht ihr
schon mal zum Gemeinschaftsraum.", sagte Harry.
„Wir kommen mit.", entgegnete Hermine sofort.
„Nein. Bitte. Ich würde gerne . . . alleine sein."
Hermine und Ron sahen ihren Freund skeptisch an.
„Es geht mir gut, keine Angst. Ich muss . . . nur mal meine
Gedanken ordnen."
Eine Weile sahen die Drei sich noch schweigend an, dann
sagte Ron: „Okay, bis nachher."
„Mach dir aber nicht zu viele Gedanken!", bat Hermine noch,
während sie von Ron weggezogen wurde.
Harry musste unwillkürlich grinsen. Das sagte gerade die Richtige . . . Dann begann er seinen Weg zur Bücherei. Er war vollkommen in Gedanken versunken und erschrak fürchterlich, als ihn plötzlich eine Hand am Arm packte und ihn in einen dunklen Seitengang zog. Bevor er jedoch auch nur daran denken konnte, etwas zu sagen, ertönte eine ihm wohlbekannte Stimme: „Ich bin's nur, Harry."
Sirius.
Als Harry sich an die Dunkelheit gewöhnt hatte, erkannte er
das vertraute Gesicht seines Paten. Zwei schwarze Augen sahen ihn besorgt an.
„Was machst du hier?!", zischte Harry so leise wie möglich.
„Ich habe mir Sorgen gemacht.", entgegnete Sirius.
„Die kannst du dir auch machen wenn du mich jedes Mal zu
Tode erschreckst, sobald du mich siehst. Irgendwann bekomme ich einen
Herzschlag!"
Sirius grinste. Harry war jedoch gar nicht nach grinsen
zumute. Er spähte um die Ecke und als er sah, das der Gang völlig menschenleer
war, zog er Sirius mit sich, öffnete die Tür zum Klassenzimmer für Geschichte
der Zauberei und verschloss die Tür magisch, nachdem auch sein Patenonkel den
Raum betreten hatte.
Beide bemerkten nicht die kleine Gestalt, die sich
schnellstens in eine dunkle Ecke des Raumes zurückgezogen hatte, als sie
eingetreten waren.
„Ich will, dass du von hier verschwindest! Das Gelände um
Hogwarts wimmelt nur so von Dementoren!", forderte Harry.
„Ich weiß. Aber ich will wissen, wie es dir geht."
„Wie soll's mir schon gehen? Es geht mir gut.", wich Harry
aus. Er hatte keine Lust auf eine erneute Diskussion.
Sirius sah ihn ernst an. „Du kannst vielleicht andere
täuschen, Harry. Aber mich nicht. Du gibst dir die Schuld an ihrem Tod, oder?",
fragte er sanft.
Harry sah auf und blickte seinem Paten ins Gesicht. Als er
dort nichts als Verständnis lesen konnte, fiel alle falsche Standhaftigkeit von
ihm ab. Er ließ sich auf einen leeren Stuhl fallen und starrte auf den Tisch
vor sich.
„Ja.", flüsterte er leise.
„Ich versteh dich. Ich weiß ganz genau, wie es dir jetzt
geht. Und es hilft auch nicht, dass andere dir erzählen, du seiest nicht Schuld
daran, nicht wahr?"
Harry schüttelte den Kopf.
„Ich sag's dir aber trotzdem: egal, was du dir vorwirfst, es
ist nicht deine Schuld. Voldemort hat sie auf dem Gewissen, nicht du."
Harry sah von der Tischplatte hoch und auf einmal stahl sich
ein kleines Lächeln auf sein Gesicht. „Jetzt weiß ich, wie es dir immer gehen
muss, wenn dir jemand sagt, es war nicht deine Schuld."
Auch Sirius lächelte jetzt und wollt gerade etwas sagen, als
das Lächeln auf seinem Gesicht plötzlich gefror.
Harry stand auf und wandte sich um. Seine Augen öffneten
sich entsetzt und seine Augen schienen dem, was sie sahen, keinen Glauben
schenken zu wollen.
„Ginny.", krächzte er.
Rons Schwester stand auf der andere Seite des Raumes, die
Haut wirkte bleich durch das einfallende Mondlicht und ihre roten Haare
leuchteten wie Feuer. Und als wären Harrys Worte ein Startsignal für sie
gewesen, löste sie sich jetzt aus ihrer Erstarrung und rannte auf die Tür zu.
Sirius fing sich als Erster, schnitt Ginny den Weg ab, hielt
sie fest und legte ihr eine Hand über den Mund, um sie am Schreien zu hindern.
Ginny versuchte verzweifelt, sich zu befreien, doch es gelang ihr nicht.
„Ginny, es ist okay, hörst du? Er wird dir nichts tun!",
sagte Harry eindringlich. Langsam ging er auf Ginny und seinen Paten zu.
Doch der gehetzte und ängstliche Ausdruck in Ginnys Augen
verschwand nicht.
„Wer ist das?", fragte Sirius, während er die wild
strampelte Ginny fest an sich drückte.
„Rons Schwester. Ich hab keine Ahnung, was sie hier macht.
Ich hab dir gesagt, du sollst verschwinden!"
„Entschuldige bitte, dass ich mir Sorgen um dich mache.",
erwiderte Sirius sarkastisch.
Dass er selbst in dieser Situation noch seinen Sarkasmus
behielt, faszinierte Harry.
„Ginny, bitte, hör mir zu. Sirius wird dir nichts tun, das
verspreche ich dir", fing Harry erneut an. Er legte eine Hand auf ihre Schulter
und versuchte, einen beruhigenden Ausdruck in seine Augen zu legen.
Und Ginny wurde tatsächlich ruhiger. Sie hörte auf, sich
gegen Sirius zu wehren und stand nun still vor Harrys Paten. Der ängstliche
Ausdruck in ihren Augen verschwand. Zurück blieb nur pure Verachtung, mit der
sie Harry nun anfunkelte.
„Er wird dich loslassen und ich werde dir alles erklären,
wenn du mir versprichst, nicht zu schreien oder zu fliehen, okay? Versprichst
du mir das?", fragte Harry.
Nach einem kurzen Moment nickte sie.
Harry nickte seinem Paten zu und Sirius nahm die Hand von
Ginnys Mund und ließ sie los.
So schnell sie konnte brachte Ginny genügend Abstand zwischen sich und Harry
und Sirius.
Dann wandte sie sich an Harry. „Ich hasse dich.", flüsterte sie. Ihre Stimme klang
eiskalt.
Einen Moment lang war Harry zu geschockt, um zu antworten, doch dann fing er sich wieder.
„Sirius ist unschuldig.", erklärte er.
„Er!? Unschuldig?! Ich frage mich, was er mit dir gemacht hat, damit du diesen Schwachsinn glaubst!", fauchte sie.
„Er hat gar nichts mit mir gemacht. Ich werde es dir erklären. Und du wirst mir
zuhören."
„Und wenn ich das nicht tue?", fragte Ginny herausfordernd.
Sirius bemerkte sorgenvoll den gefährlichen und
unheilverkündenden Ausdruck, der sich daraufhin in Harrys Augen stahl und legte
seinem Patenkind beruhigend die Hand auf die Schulter.
„Er kann dich nicht zwingen, ihm zuzuhören. Aber wenn du es
nicht tust, und stattdessen dem Ministerium erzählst, was du heute Abend
gesehen hast, machst du einen Fehler.", wandte Sirius sich an Ginny.
„Erzählen Sie mir nichts von Fehlern! Sie Dreckskerl haben
schon so viele unschuldige Menschen auf dem Gewissen, da macht mein Tod ja wohl
kaum einen Unterschied! Kommen Sie, töten Sie mich! Denn wenn Sie es nicht tun,
müssen Sie sich schon was sehr Gutes einfallen lassen um mich davon abzuhalten,
zum Ministerium zu gehen!", fuhr diese ihn an.
„Es wir hier niemand umgebracht werden. Ich möchte nur . .
."
„Sirius, das bringt so nichts.", unterbrach Harry seinen
Paten. „Geh."
„Wie bitte?", fragte Sirius ungläubig.
„Ich sagte geh. Geh irgendwohin, wo sie dich am wenigsten
vermuten. Meinetwegen nach Sibirien. Hauptsache, sie finden dich nicht. Ich
krieg das hier schon alleine hin."
„Ich denke nicht, dass . . ."
„Sirius bitte!", Harry wandte sich an Sirius. Keiner von
beiden schenkte Ginny nunmehr seine Aufmerksamkeit.
Doch diese dachte nun nicht mehr daran, zu fliehen. Sie
konnte sich selbst nicht erklären warum, aber irgendwas in Harrys Blick hielt
sie davon ab. Sie beobachtete nun beinah fasziniert das Gespräch zwischen Harry
und Sirius.
„Du bist das Einzige was ich noch habe! Ich will nicht, dass
du wieder nach Askaban geschickt wirst oder den Kuss eines Dementors
bekommst!", sagte Harry.
Ginny registrierte zu ihrem Erstaunen, dass der Ausdruck in
Sirius' Augen keineswegs so kalt und gewissenlos war, wie sie immer erwartet
hatte. Er schien so hilflos und –wenn sie es sich eingestand- sympathisch. Doch
sofort verbannte sie diesen Gedanken wieder aus ihrem Kopf. Vor ihr stand ein
Mörder, kein unschuldiges Opfer!
„Du willst also wirklich, dass ich gehe?", wiederholte
Sirius.
„Ich wünsche mir so sehr, dass du bleiben könntest. Aber es
geht nicht. Und das weißt du.", Harrys Stimme war fest.
Sirius sah ihn an und erkannte nun mehr denn je die
Ähnlichkeit Harrys zu James, auch wenn er Voldemorts Sohn war. Wo er selbst
immer am liebsten mit dem Kopf durch die Wand hatte gehen wollen und immer mehr
auf sein Herz als auf seinen Verstand gehört hatte, war James der Vernünftige von
ihnen gewesen. Er hatte stets einen kühlen Kopf bewahrt, als ihm selbst das
Temperament durchgegangen war. Und genau das tat Harry in diesem Moment. Er
stellte die Vernunft vor seine persönlichen Wünsche zurück und dafür bewunderte
Sirius ihn. Harry war im letzten Jahr erwachsener geworden, er war kein Kind
mehr.
Über Sirius' Gesicht glitt ein warmes Lächeln. „Deine Eltern
hätten wirklich stolz auf dich sein können."
Harry erwiderte nichts, sondern ging auf Sirius zu und
umarmte ihn. Dabei fiel ihm auf, dass er nunmehr kaum noch kleiner war als sein
Pate. Er fühlte, wie Sirius ihn fest an sich drückte und das alles kam Harry
nach dem Schrecken der letzten Tage wie eine Illusion vor, die zerplatzen würde
wie eine Seifenblase, wenn er sie nicht fest genug hielt.
Ginny sah die beiden an und war sich ihrer Sache plötzlich
nicht mehr so sicher. Konnte dieser Mann, der sich so sehr um Harry sorgte, so
viele unschuldige Menschen auf dem Gewissen haben? War er ein so guter
Schauspieler, dass er die Wärme und die Zuneigung in seinem Blick so
überzeugend darstellen konnte?
Harry und Sirius lösten sich voneinander.
„Versprich mir, dass du gehst.", forderte Harry.
Sirius nickte. „Ich verspreche es dir. Ich werde dir einen
Brief schicken, wenn ich angekommen bin. Pass auf dich auf. Und mach nicht
wieder irgendwelche Dummheiten."
Harry erlaubte sich ein zaghaftes Grinsen. „Was denkst du
von mir?"
„Ich denke das, was ich in den letzten zwei Jahren erfahren
habe.", erwiderte Sirius und über sein Gesicht glitt ebenfalls ein Grinsen.
Er fuhr Harry noch einmal mit der Hand durch die ohnehin
schon unordentlichen schwarzen Haare und wandte sich ab.
Ohne ein weiteres Wort an sein Patenkind und Ginny zu
richten, öffnete er mithilfe seines Zauberstabes die Tür und verschwand.
Harry drehte sich zu Ginny um, die sich an die
gegenüberliegende Wand gelehnt hatte und ihn auffordernd ansah.
„Ginny, es tut mir Leid, dass wir dich so erschreckt haben,
aber ich bitte dich trotzdem, mir zuzuhören.", begann Harry.
Ginny sah ihn abschätzend an. „Und wenn ich es nicht tue?",
wiederholte sie ihre Frage.
„Dann hab ich keine andere Möglichkeit, als deine
Erinnerungen zu löschen. Ich werde nicht zulassen, dass du Sirius verrätst."
„Du kannst diesen Spruch nicht und das weißt du auch.",
erwiderte Ginny kalt. Sie ließ sich nicht anmerken, dass Harrys Ungerührtheit
sie erschrocken hatte.
„Nein, ich kann ihn nicht. Aber Professor Lupin beherrscht
ihn."
Ginnys Augen wurden groß. „Was hat denn Professor Lupin
damit zu tun?"
„Ich werde es dir erklären."
Ginny zögerte einen Augenblick. Dann ließ sie sich an der
Wand hinunter rutschen. „Okay, fang an.", forderte sie.
Harry setzte sich ihr gegenüber auf den steinernen Boden und
begann zu erklären. Alles, was er selbst in der Nacht in der Heulenden Hütte
erfahren hatte, versuchte er nun, Ginny so glaubwürdig und verständlich wie
möglich zu erzählen. Als er geendet hatte, sah er Rons Schwester offen an. „Ich
kann dir nicht beweisen, dass meine Geschichte stimmt und Sirius wirklich
unschuldig ist. Ich kann dich nur bitten, mir zu glauben. Ich lüge nicht.
Sirius hat meine Eltern nicht verraten und er hat nie für Voldemort
gearbeitet."
Ginny schaute Harry nachdenklich an. Sollte sie ihm glauben?
Sie hatte Sirius gesehen und er hatte ein so vollkommen anderes Bild in ihr
ausgelöst. Er sorgte sich um Harry, es erschien Ginny sogar, als herrsche
zwischen den Beiden eine Beziehung wie zwischen Vater und Sohn.
Dieser Mann sollte ein Mörder sein? Konnte er sich diese so absurd und
gleichzeitig so logisch klingende Geschichte ausgedacht haben? Der Ausdruck in
Sirius Augen hatte sie etwas anderes glauben gelehrt.
„Ich weiß nicht, ob ich das wirklich glauben soll. Ich weiß
es einfach nicht.", sagte sie.
Harry hörte aus ihrer Stimme heraus, wie unsicher und
durcheinander sie sich fühlte.
„Dann verrate ihn wenigstens nicht. Bitte!", Harrys Stimme
hatte etwas flehentliches angenommen.
Ginny blieb noch einen Moment still. Dann sah sie auf und
blickte ihrem Gegenüber fest in die Augen. „Okay. Ich werde nichts sagen. Aber
gibt es auch nur den leisesten Anhaltspunkt dafür, dass er doch schuldig ist,
dann werde ich nicht mehr ruhig sein."
Harry atmete auf. „Danke."
Ginny stand auf und blieb vor Harry stehen. „Ich tu das
nicht für Sirius, Harry. Ich tu das für dich."
Dann wandte sie sich zur Tür und wollte gerade gehen, als
sie Harrys Stimme hinter sich hörte: „Was du vorhin gesagt hast, das . . . du
hasst mich doch nicht wirklich, oder?"
Ihre Hand verharrte an der Türklinge und ein Lächeln huschte
über ihr Gesicht, ob der Unsicherheit in seiner Stimme.
„Nein.", sagte Ginny leise, drehte sich aber nicht um. Nach einem weiteren Augenblick hatte sie die Tür geöffnet und war verschwunden.
****
Harry wachte am nächsten Morgen mit Kopfschmerzen auf. Sie gingen jedoch nicht
von seiner Narbe aus, wie er feststellte, es war vielmehr ein stechender
Schmerz in seinem Hinterkopf. Ächzend schwang er die Beine aus dem Bett und
schlurfte ins Badezimmer. Als er wiederzurückkam, fiel sein Blick auf Rons
Bett. Es war leer, sein Freund schien schon unten zu sein. Es wunderte ihn
einen Moment, dass Ron ihn nicht geweckt hatte, doch als er bemerkte, dass auch
alle anderen Betten leer waren, warf er einen beunruhigten Blick auf seine Uhr.
Er hatte sie von Sirius zum Geburtstag geschenkt bekommen, da seine vorherige
in der zweiten Runde des Trimagischen Turniers den Geist aufgegeben hatte. Als
die Uhr ihm nun zeigte, wie spät es war, fluchte er unterdrückt. In zwanzig
Minuten begann der Unterricht. Warum hatten ihn Ron oder Hermine nicht
geweckt?!
Immer noch fluchend suchte er sich seine Kleidungsstücke
zusammen. Er zog sich gerade einen Pullover über den Kopf, als die Tür aufging.
Als er wieder etwas sehen konnte, fiel sein Blick auf Ron und Hermine.
„Warum habt ihr mich nicht geweckt?", fragte er
vorwurfsvoll.
Ron und Hermine sahen sich unbehaglich an. In ihren Augen
stand ein für Harry undeutbarer Ausdruck.
„Was? Was ist los?"
„Es gibt etwas, das du wissen solltest. Der Tagesprophet
ist vor ein paar Minuten gekommen.", begann Ron.
Nun sah Harry, dass Hermine die Zaubererzeitung in ihrer
Hand hielt.
„Und?"
„Harry, sie . . . sie haben Sirius gekriegt.", erklärte
Hermine, während sie ihrem Freund die Zeitung entgegen hielt.
****
tbc . . .
Bin ich heute wieder gemein . . . ist ein böser Cliffhanger, ich weiß. Aber da das nächste Kapitel schon fertig ist, solltet ihr darauf nicht allzu lange warten müssen *gg*.Was haltet ihr in dem Kapitel übrigens von Harry? Ich mag ihn nämlich so „böse" extrem gerne . . . *fies lächelt*.
Und ich war echt kurz davor, Dumbledores Rede ein bisschen weniger warmherzig zu gestalten, als ich das Kapitel noch mal überarbeitet habe. Ich kann diesen Mann nach OotP nicht mehr leiden! *wütend vor sich hin grummelt*
So, und jetzt fleißig Feedback schicken! *mit dem Zaunpfahl winkt*
