Titel: Das letzte Geheimnis? – Kapitel 10

Disclaimer: immer noch nix mir, sondern alles Joanne K. Rowling (wer hat ihr eigentlich 

                     erlaubt, so mit Sirius umzugehen, wie sie es in OotP getan hat?! Fällt mir nur

                     grade mal ein)

Sodele, ein neues Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch und bedanke mich für meine treuen Reviewer *knuddel*

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Professor McGonagall leitete die Schüler von Gryffindor weiter durch die Gänge und nicht, wie manche von ihnen erwartet hatten, in die Große Halle.

Sie kamen schließlich in einen Teil des Schlosses, den Harry nicht kannte und nach den erstaunten und neugierigen Gesichtern zu schließen, erging es den restlichen Gryffindors ebenfalls so.

Die Verwandlungs-Lehrerin führte sie durch eine große Eichentür, die mit allerlei Buchstaben, Worten und mystischen Wesen verziert war in einen Raum, der fast so groß war wie die Große Halle. An der rechten und linken Seite des Raumes befanden sich große, fast von der Decke bis zum Boden reichende Fenster. In die Mitte der Decke war das Wappen von Hogwarts eingelassen und den Fußboden zierten die vier einzelnen Wappen der Häuser. Vier große Tische waren aufgestellt worden und über ihnen hing jeweils ein großes schwarzes Tuch. Der ganze Raum war erfüllt vom warmen Schein hunderter Kerzen in Leuchtern und Fackeln an den Wänden. Denn durch die Fenster drang so gut wie kein Licht herein, da der Himmel von düsteren Wolken durchzogen war. Weit entfernt am Horizont konnte man es blitzen sehen und ein tiefes Grollen kündigte ein erneut aufkommendes Gewitter an.

Harry, Ron und Hermine setzten sich mit den anderen Gryffindors an einen der vier Tische und es dauerte nicht lange, da betraten auch die Ravenclaws, Hufflepuffs und Slytherins den Raum.

„Schaut euch mal die Slytherins an. Selbst die scheinen sich nicht ganz wohl zu fühlen.", flüsterte Ron, da er es nicht wagte, die angespannte Stille mit lauten Worten zu durchbrechen.

Doch er hatte Recht, wie Harry bemerkte. Die Slytherins schauten bei weitem nicht so selbstsicher drein, wie es sonst der Fall war. Lediglich Draco Malfoy schien mit sich und der Welt vollkommen zufrieden zu sein und Harry spürte unbändige Wut in sich aufflackern.

„Malfoy sieht aus wie immer.", sagte er angewidert.

„Ist ja auch kein Wunder.", bemerkte Hermine geistesabwesend. Ihr Blick war auf Sorcery gerichtet. Wieder saß er weit von den anderen Slytherins aus seinem Jahrgang entfernt und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und der Ausdruck in seinen kalten Augen war von einer Gleichgültigkeit, die fast schon an Verachtung grenzte.
Als Sorcery bemerkte, dass Hermine ihn unverwandt ansah, wandte er sich ihr zu und fixierte sie mit seinem Blick. Doch schon nach wenigen Sekunden konnte Hermine diesem nicht mehr standhalten und als sie sich wieder zu Harry und Ron umdrehte, umspielte ein boshaftes Lächeln Sorcerys Mundwinkel.

In diesem Moment betraten Dumbledore und die anderen Lehrkräfte den Raum. Sie gingen nach vorne und setzten sich an einen fünften Tisch, der von jedem Schüler gut zu sehen war. Nur Dumbledore blieb stehen.

Er schien um Jahre gealtert. Das sonst so lebhafte und entschlossene Funkeln seiner Augen war einem müden, erschöpften Ausdruck gewichen. Tiefe Schatten standen in seinem Gesicht und es war von solch einer Besorgnis erfüllt wie nie zuvor. Doch nichtsdestotrotz war seine Haltung stolz und aufrecht und seine Stimme war fest, als er mit einer Rede begann, die in Hogwarts nie wieder vergessen werden sollte:


„Mein lieben Schülerinnen und Schüler, ich habe immer befürchtet, euch einmal zu einem derart traurigen und erschütternden Ereignis zusammenrufen zu müssen.

Voldemort hat Hogwarts angegriffen, ihr alle wisst das. Er hat das gewagt, womit ich zum jetzigen Zeitpunkt niemals gerechnet hätte. Und er hat damit allen Zweiflern auf eine furchtbare Art und Weise gezeigt, dass er zurück und seine Macht stärker ist, als zuvor. Ich möchte niemanden verurteilen. Ich muss mir selbst Vorwürfe machen dafür, dass ich nicht früher gehandelt habe. Vielleicht werden einige sagen, ich habe das getan, was in meiner Macht stand, doch dann hätten wir nicht diese Vielzahl von Opfern zu beklagen.

Hogwarts hat mit diesen Opfern einen Teil von sich selbst verloren. Ein Teil der Sicherheit und des Schutzes, die wir Lehrer euch Schülern hier versprochen haben, wird nicht mehr herzustellen sein, dafür ist zuviel Schreckliches geschehen.

Doch ich bitte euch, trotz allen Schmerzes und Verzweiflung, blickt nach vorne. Es gibt etwas, dass Voldemort nicht in seine Pläne mit einbezieht, mit dem er nicht rechnet, da es ihm fremd ist. Und das ist unsere Einheit. Schon im letzten Jahr, nach dem Tod Cedric Diggorys, sagte ich euch, wir sind so stark wie wir einig und so schwach, wie wir gespalten sind. Und trotz des Elends, das Voldemorts Angriff über uns alle gebracht hat, gibt es etwas, aus dem wir Hoffnung schöpfen können. Alle vier Häuser haben Opfer zu beklagen, seien sie verletzt oder unwiderruflich von uns gegangen. Es gibt in Hogwarts jetzt nicht mehr Gut und Böse, es gibt nur diejenigen, denen Voldemort etwas Liebes und Vertrautes genommen hat und das betrifft euch alle. Das Leid betrifft nicht nur drei Häuser unter uns und aus dieser Erkenntnis können wir neuen Mut ziehen.

Ich möchte euch die Namen der Opfer nennen, die der Tod von uns genommen hat und ich beginne mit jenem Haus, in dem man am wenigstens erwartet hat, dass es Opfer gibt: Richard Palmer, Timothy Dalton und Margaret King sind tot. Sie waren in Slytherin.

Aus Gryffindor sind es Fiona Guerin, Ethan Poe, Seamus Finnigan, Isabel McGregor und Angelina Johnson, die wir niemals wiedersehen werden", an dieser Stelle ging ein Aufschrei durch die Schüler von Gryffindor. Sie hatten von Seamus Tod gewusst, doch dass so viele andere den Tod gefunden hatten, darunter auch Angelina, hatten sie nicht gewusst und es war ein Schock für sie, es jetzt zu erfahren.

Harry sah, wie George Weasley schneeweiß wurde und sich krampfhaft an die Tischplatte klammerte. Ron legte ihm die Hand auf den Arm, doch er schien es nicht zu bemerken. Sie alle waren fassungslos.

„In Ravenclaw haben Mikaela Jackson, Samantha Evans, Jonathan Perry und Nicholas Golden den Tod gefunden", fuhr Dumbledore fort, „und in Hufflepuff sind es Michael Weathley, Deborah Kees, Cristoph Spencer, Catrin Rosenberg und Justin Finch-Fletchley."

Als Justins Name genannt wurde, glaubte Harry erneut, seinen Ohren nicht trauen zu können. Seamus, Angelina und jetzt auch noch Justin. Drei Menschen, die er gut gekannt hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, sie niemals wieder zu sehen!

„Diese siebzehn unschuldigen Schüler sind gestorben, weil ein machthungriger, grausamer Zauberer ihre Leben für wertlos hielt. Für ihn waren sie ein Nichts, zu unwichtig um auch nur über sie nachzudenken. Und für diese siebzehn Schüler und alle Menschen, die ihnen noch folgen werden, müssen wir stark sein. Wir dürfen nicht aufgeben, nicht einer falschen Straße folgen, nur weil ihr Weg uns einfacher erscheint. Ich bitte euch nun, eine Schweigeminute einzulegen und das Andenken jener zu würdigen, die Voldemort von uns genommen hat."

Schweigen legte sich über den Raum. Keiner sprach, niemand rührte auch nur einen Finger. Alle folgten ihren eigenen Gedanken. Selbst die Slytherins schauten betreten zu Boden. Zumindest die meisten.

„Und nun werde ich eine Frage beantworten, die sich sicher schon einige unter euch gestellt haben", begann Dumbledore aufs Neue, als die Minute um war. „Hogwarts wird nicht geschlossen."

Ein erleichtertes Aufatmen ging durch die Reihen vieler Schüler, doch es wagte immer noch keiner, etwas zu sagen.

„Es steht euch frei, nach Hause zu gehen, wenn ihr es dort für sicherer haltet. Doch für diejenigen unter euch, die sich entscheiden, in Hogwarts zu bleiben, geht auch der Unterricht weiter. Wir wollen durch nichts eure Ausbildung verhindern, gerade jetzt nicht.

Allerdings muss ich einige neue, strenge Regeln aufstellen, denn nur so kann ich euer Bleiben verantworten. Die Besuche in Hogsmeade sind gestrichen. Einmal im Monat wird ein Mann aus dem Dorf herauf kommen, der euch mit dem Nötigsten versorgt. Ob Quidditch gespielt wird, werden die Lehrerschaft und ich noch entscheiden. Wenn überhaupt, dann allerdings nur im Inneren des Schlosses.

Der Halloween-Ball wird stattfinden, wenn auch nicht in der Größe und der Ausgelassenheit, die vorgesehen war.

Die Unterrichtsstunden Pflege magischer Geschöpfe und Kräuterkunde werden zwar weiterhin im Freien abgehalten, doch ihr werdet von einem Lehrer zu diesem Unterricht gebracht und auch wieder abgeholt.

Das Frühstück, dass Mittag –und Abendessen werden ab morgen in diesem Raum stattfinden. Und ich möchte euch bitten, in Umgebung der Großen Halle leise zu sein und die Große Halle nicht zu betreten. Die Verletzten brauchen Ruhe.

Als letztes möchte ich euch noch etwas mitteilen, das nicht mit Hogwarts aber doch mit uns allen zu tun hat. Es gab gestern zeitgleich mit dem Angriff auf Hogwarts ein Angriff auf das größte Krankenhaus der Muggel in London. Ich kann euch noch nicht sagen, wie viele Tote und Verletzte es an diesem Ort gab, doch diejenigen unter euch, die den Tagespropheten abboniert haben, werden in der heutigen Ausgabe sicherlich etwas darüber lesen können.

Das Ministerium hat nun, nach diesen beiden Angriffen und nachdem über beiden Orten das Dunkle Mal zu sehen war, bestätigt, dass Voldemort zurück ist. Aus diesem Grund sind die Auroren und einige der Alten Kämpfer nun auch öffentlich auf der Suche nach Todessern.

Morgen werden wir wieder mit dem Schulalltag beginnen. Diejenigen von euch, die nach Hause möchten, sollten bitte noch heute einen Brief an ihre Eltern schicken, damit diese sie in den nächsten Tagen persönlich hier abholen. Ich werde niemandem von euch erlauben, mit dem Hogwarts-Express zu fahren.

Eure Hauslehrer werden euch nun wieder in die Gemeinschaftsräume bringen. Ich danke euch für euer teilnahmsvolles Zuhören", schloss Dumbledore und wandte sich ab.

Sofort, nachdem der Schulleiter geendet hatte, kam Professor McGonagall zu ihrem Tisch und forderte sie auf, ihr zu folgen.

„Geht ihr nach Hause?", fragte Harry Ron und Hermine. Bei ihm selbst war die Antwort klar. Hogwarts war sein Zuhause, er konnte und wollte nicht zurück zu den Dursleys.

„Ich weiß nicht was Mum tun wird. Wenn sie sich zu große Sorgen macht, wird sie uns nach Hause holen, sobald Fred wieder gesund ist. Aber eigentlich glaube ich das nicht.", erwiderte Ron.


Hermine schüttelte ebenfalls den Kopf. „Ich möchte nicht nach Hause. Dort ist es auch nicht viel sicherer als hier und hier kann ich zumindest noch etwas lernen."

Wieder im Gemeinschaftsraum verschwand Hermine schnell im Schlafsaal der Mädchen. Nach kurzer Zeit kehrte sie mit dem Tagespropheten und kalkweißem Gesicht zurück zu ihren beiden Freunden.

„Hermine? Was ist denn?", fragte Ron besorgt.

Sie warf die Zeitung vor ihnen auf den Tisch und die beiden konnten die Schlagzeile lesen:

Du-weißt-schon-wer zurück! Angriff auf Hogwarts! Zeitgleicher Überfall auf Muggelkrankenhaus! Hunderte Tote und Verletzte! Was hat Sirius Black damit zu tun?

Harry glaubte seinen Augen nicht zu trauen als er Sirius' Name las. „Das meinen die doch nicht wirklich ernst, oder?", flüsterte er.

„Ich denke schon.", erwiderte Ron und er schaute Harry unsicher an.

„Sirius ist unschuldig, sie . . . können ihn nicht verdächtigen!", Harrys Stimme war immer noch kaum mehr als ein Flüstern.

„Wir wissen, dass er unschuldig ist, Harry. Das Ministerium weiß es nicht."

Hermine hatte bisher geschwiegen. „Ich lese euch mal aus dem Artikel vor:

Hat Sirius Black etwas mit den Angriffen auf Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei, und das Krankenhaus der Muggel zu tun? Seit seinem Ausbruch aus Askaban 1993 versetzt er die magische Welt immer wieder in Angst und Schrecken. Seitdem verdichten sich auch die Gerüchte um einen Wiederaufstieg von Du-weißt-schon-wem. Black war seinerzeit einer der Ersten in dessen Gefolge. Er tötete dreizehn Muggel, einen seiner besten Freunde Peter Pettigrew und verriet die Eltern des jungen Harry Potter, den er seit seiner Flucht ebenfalls umzubringen versucht. Nun wurde er erneut in der Nähe von Hogwarts gesehen, ein paar Tage bevor gestern der Angriff erfolgte. Zaubereiminister Cornelius Fudge erklärte: „Nach einem unmöglichen und verantwortungslosen Handeln von Albus Dumbledore steht die Schule unter strenger Beobachtung. Fest steht, dass Black den Potter-Jungen an Du-weißt-schon-wen ausliefern will, egal um welchen Preis und das müssen wir verhindern."
Hat also Black den Todessern geholfen, auf das Gelände von Hogwarts zu gelangen und dort ein Massaker anzurichten, bei dem siebzehn Schüler starben und über doppelt so viele verletzt wurden? Noch kann Black das nicht nachgewiesen werden, doch die Suche nach ihm ist bereits intensiviert worden."

„Aber das kann doch nicht wahr sein!", stieß Ron aus. „Wie verbohrt sind die eigentlich!?"

In diesem Moment blickte Dean Thomas über Hermines Schulter und als er die Überschrift des Artikels las und Sirius' Gesicht als eines der Titelbilder sah, gab er einen angewiderten Laut von sich. „Hoffentlich schnappen sie diesen verdammten Dreckskerl endlich! Meiner Meinung nach ist der Kuss eines Dementors noch nicht Strafe genug für ihn!"

Das war zuviel für Harry. „Er ist unschuldig!", schrie er Dean an und sprang auf die Füße. „Er hat das nicht getan!"

„Harry, beruhige dich! Du kannst nicht . . .", versuchte Hermine ihn aufzuhalten, doch Harry ließ sich nicht beirren.

„Du hast doch keine Ahnung! Du hast keine Ahnung, was er alles durchgemacht hat! Zwölf Jahre hat er unschuldig in Askaban verbracht, nur weil diese Idioten vom Ministerium unfähig dazu waren, den wahren Mörder zu finden! Red verdammt noch mal nicht von Dingen, von denen du die Wahrheit nicht kennst!"

Im Gemeinschaftsraum war es schlagartig still geworden und alle hatten Harrys Ausbruch mitbekommen.

Dean sah Harry vollkommen verblüfft an. „Du hast sie nicht mehr alle, Harry, oder? Ist dir eigentlich klar, was Black getan hat?!"

„Sirius hat gar nichts getan!", Harry trat einen Schritt vor, und sah Dean drohend an.

Jetzt trat Ron in Aktion. „Harry, sein bester Freund ist tot! Und er macht Sirius dafür verantwortlich! Du wirst ihn nicht vom Gegenteil überzeugen können!"

„Ihr seid echt alle nicht mehr ganz dicht im Kopf! Black ist Schuld daran, dass Seamus, Angelina und all die anderen tot sind, ist das zu hoch für euch?!", mischte sich nun Ginny ein und Harry, Ron und Hermine wandte sich ihr erstaunt zu.

Ginnys Augen funkelten vor Zorn und sie hatte vor allem Harry noch nie so verächtlich angesehen. „Du verteidigst gerade den Mörder deiner Eltern, ist dir das bewusst?"

„Harry, wir gehen, komm.", sagte Hermine, noch bevor Harry etwas erwidern konnte, was wahrscheinlich zu Eskalation des Streits geführt hätte. „Bitte, Harry, gehen wir in den Schlafsaal!"

Nur widerstrebend und mit blitzenden Augen ließ sich Harry von seinen beiden Freunden aus dem Gemeinschaftsraum ziehen.

Als sie im Schalsaal der Jungen angekommen waren, ließ er sich auf sein Bett fallen.

„Harry, sie wissen es nicht!", sagte Ron, während er und Hermine sich zu ihm setzten.

„Sirius ist unschuldig!"

„Aber für die anderen sieht es so aus, als habe vor allem Sirius das alles zu verantworten. Als sei er verantwortlich für den Wiederaufstieg von Du-weißt-schon-wem. Wahrscheinlich verdächtigen sie ihn sogar, einer von den angreifenden Todessern gewesen zu sein. Wir wissen, dass das alles nicht stimmt und es absoluter Blödsinn ist, aber wir können es nicht beweisen! Ohne Pettigrew können wir nichts für Sirius tun! Und es hilft ihm auch nicht, wenn du so für ihn in die Bresche springst. Das schadet ihm eher.", erklärte Hermine ruhig.

„Wir können es beweisen! Peter ist hier, das spüre ich! Wir müssen ihn nur finden!", sagte Harry mit einem brennenden Feuer in den Augen.

„Wir brauchen den Aufrufezauber. Sonst geht es nicht.", entgegnete Ron.

„Dann werden wir eben weiter suchen! Und wenn wir jedes einzelne Buch der Bibliothek lesen müssen! Ich lasse nicht zu, dass sie Sirius wieder nach Askaban bringen! Los, gehen wir in die Bücherei."

Harry stand auf und ging entschlossenen Schrittes wieder nach unten. Hermine und Ron folgten ihm, wenn auch nur widerstrebend.

Harry schritt durch den Schlafsaal, ohne die anderen eines Blickes zu würdigen. Doch kurz, bevor er den Eingang zum Gemeinschaftsraum erreichte, tönte die Stimme von Seamus' Schwester durch den Raum.

„Ich dachte immer, du stündest auf unserer Seite.", sagte sie leise, aber es war so still im Gemeinschaftsraum, dass man sie mühelos verstand. „Ich dachte immer, du wärst jemand, in den man Hoffnung setzen kann. Aber ich habe mich wohl getäuscht."

Ihre Stimme klang nicht wie die einer Elfjährigen. Sie war gebrochen, aber doch seltsam kalt und emotionslos. Harry wandte sich langsam zu ihr um.

Die blauen Augen des Mädchens waren starr auf ihn gerichtet. Im Gegensatz zu ihrer Stimme waren in ihren Augen so viele Gefühle auf einmal zu lesen, dass Harry kaum eines davon heraus filtern konnte. Trauer und Verwirrung waren verbunden mit Wut und Verachtung.
Ron und Hermine befürchteten fast, Harry würde erneut in zorniges Schreien verfallen, doch ein um Verzeihung bittender Ausdruck huschte über sein Gesicht.

„Es tut mir Leid. Ich . . . wollte nicht . . .", er wusste nicht, was er sagen sollte. „Sirius ist nicht schuldig. Auch wenn ihr mir das alle nicht glauben wollt.", dabei warf er einen funkelnden Blick zu Ginny herüber.

„Wer's glaubt.", tönte eine spöttische Stimme vom Kamin.

Lee Jordan. Harry zog es vor, auf diese Bemerkung nicht einzugehen.

„Lass uns gehen. Wir können unsere Zeit sinnvoller verbringen.", sagte er stattdessen zu seinen beiden Freunden und in seiner Stimme lag ein kaum verhohlener Sarkasmus.

„Du willst mit ihm gehen?", der Ausdruck in Ginnys Stimme war eher eine Feststellung als eine Frage. Jeder wusste, dass sie ihren Bruder meinte.

Jetzt war es an Ron, sich noch einmal umzudrehen.

Es war ein seltsamer Anblick. Auf der einen Seite des Gemeinschaftsraumes Harry, Ron und Hermine, auf der anderen Seite die restlichen Gryffindors, deren Gesichter vor allem bei den Älteren von großer Abneigung und Misstrauen gezeichnet waren.

„Er ist mein bester Freund. Ich werde zu ihm halten, egal was passiert.", erklärte Ron entschieden.

Harry versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er erleichtert aufatmete. Er hatte sich eben in sein zweites und viertes Schuljahr zurückversetzt gefühlt. In seinem zweiten Jahr hatten ihm auch die Gryffindors misstraut, da sie ihn für den Erben Slytherins hielten und in seinem vierten Jahr war Ron so eifersüchtig auf Harrys Teilnahme am Trimagischen Turnier gewesen, dass er nicht mehr mit Harry geredet hatte.

Und jetzt, als es so aussah, als habe er erneut niemanden der Gryffindors auf seiner Seite, war Rons Unterstützung besser als alles andere.

„Wenn du das für richtig hältst.", sagte Fred vieldeutig.

„Wir halten es beide für richtig.", ließ sich nun Hermine vernehmen und ihre ernste Stimme hatte etwas seltsam endgültiges.

„Dann geht.", forderte Dean.

Harrys Augen begannen gefährlich zu funkeln und er trat einen Schritt nach vorne.

Hermine, die um Harrys Selbstbeherrschung fürchtete, nahm seine Hand. Als sie spürte, wie kalt diese war und sie den Ausdruck in den Augen ihres besten Freundes wahrnahm, lief ihr unwillkürlich eine Gänsehaut über den Rücken. Sie hatte Voldemort noch nicht gegenüber gestanden, doch sie konnte Harrys Verbundenheit mit dem Dunklen Lord in diesem Moment so deutlich spüren wie nie zuvor.

„Das werden wir auch.", erwiderte Harry auf Deans Bemerkung hin gefasst. Doch in seiner Stimme schwang ein kaum zu vernehmender, aber trotzdem vorhandener, gefährlicher Unterton mit. Jetzt sträubten sich auch bei Ron die Nackenhaare. Er hatte den leisen Unterschied in der Stimme seines Freundes gehört. In der Stimme von Voldemorts Sohn . . .

Den anderen schien jedoch nichts aufgefallen sein, denn sie erwiderten nichts darauf.

Harry, Ron und Hermine verließen den Gemeinschaftsraum und die Drei gingen schweigend zur Bibliothek.

Dort angekommen setzten sie sich an einen der großen Tische in der hintersten Ecke, der mittlerweile zu ihrem Stammplatz geworden war. Nachdem sie eine Weile schweigend in ihren Büchern geblättert hatten, schaute Hermine Harry plötzlich an.

„Du weißt, das du . . . eben . . . große Ähnlichkeit mit Du-weißt-schon-wem hattest, oder?", fragte sie vorsichtig. Sie war sie nicht sicher, wie Harry auf diese Aussage reagieren würde.

Harry blickte von seinem Buch auf und sah Hermine an. Das Smaragdgrün seiner Augen war sehr viel dunkler als sonst. „Ja.", antwortete er ruhig.

„Bist du sicher, dass . . . dass das der richtige Weg ist?", fragte Ron nervös.

Harry seufzte, schlug das Buch zu und lehnte sich zurück. „Nein. Ich . . . ich war mir dessen nicht mal bewusst. Es . . . kam einfach über mich."

„Es kam einfach über dich?", wiederholte Ron verständnislos.

„Ja. Ich habe nicht darüber nachgedacht, was ich sage, oder wie ich mich verhalte. Und

es . . .", Harry brach ab.

„Was ist?", Hermine legte ihm besorgt die Hand auf den Arm.

„Es macht mir Angst.", flüsterte Harry. „Ich habe Angst, dass Voldemort mich irgendwie beeinflussen kann, nicht nur, weil ich sein Sohn bin, sondern weil es vielleicht sogar irgendwas mit unserer Blutsbruderschaft zu tun hat. Oder mit dem Zauber, der uns verbunden hat."

„Priori Incantatem?", fragte Hermine.

Harry nickte.

Seine Freundin schüttelte langsam den Kopf. „Ich denke nicht, dass er so großen Einfluss auf dich haben kann. Wir sind hier immer noch in Hogwarts. Und solange es nur bei sarkastischen Äußerungen und tödlichen Blicken bleibt . . ."

„Hogwarts wurde gestern angegriffen.", erinnerte Ron, was ihm einen bösen Blick von Hermine einbrachte.

Harry lachte kurz auf. Es war ein freudloses Lachen. „Es ist schon komisch. Wir unterhalten uns hier über sarkastische Kommentare und seit gestern morgen sind siebzehn Menschen gestorben, die wir alle kannten.", stellte er verbittert fest.

„Harry, ich muss dir doch nicht noch mal sagen, dass das nicht deine Schuld ist, oder?",

Hermines Stimme klang scharf.

„Hermine hat Recht.", bekräftigte Ron.

Harry sah sie mit glitzernden Augen an. „Was glaubt ihr denn, was er sonst damit bezwecken wollte? Ich bin hier! Der Junge, sein Sohn, der ihn einst fast hat sterben lassen! Er will mich töten! Glaubt ihr, es gäbe auch nur einen einzigen weiteren Grund?!", zu Beginn hatte Harry sehr leise gesprochen, doch am Schluss hatte er beinah geschrieen. Außerdem war er aufgestanden und sah seine beiden besten Freunde zornfunkelnd an.

„Hast du schon mal daran gedacht, dass Du-weißt-schon-wer einfach nur seine neue Macht präsentieren wollte?", fauchte Hermine leise aber giftig zurück.

Wenn Blicke töten könnten, hätte Hermine den nächsten Tag nicht mehr erlebt.

„Jetzt beruhigt euch mal wieder!", forderte Ron besänftigend. Harrys Verhalten beunruhigte ihn. Sein Freund, der sonst immer so ruhig und gefasst gewesen war, schien sich von einem Tag auf den anderen völlig verändert zu haben.

„Gibt es ein Problem?", ertönte die Stimme von Madam Pince. Sie warf ihnen allen einen strengen Blick zu.

„Nein, es ist alles in Ordnung.", beeilte Ron sich zu sagen, da Harry und Hermine sich immer noch wütend anfunkelten.

„Ich möchte euch bitten, etwas leiser zu sein. Streiten könnt ihr euch auch draußen!", ordnete die Aufseherin an.

Nach einem letzten misstrauischen Blick auf die drei Freunde verschwand sie wieder, um einen Erstklässler zu verwarnen, der eben an ihnen vorbeigerannt war.

„Würdet ihr euch jetzt bitte wieder hinsetzen!", forderte Ron nachdrücklich.

Harry und Hermine, die mittlerweile ebenfalls aufgestanden war und schon wieder etwas hatte sagen wollen, folgten ihm.

„Was ist bloß los mit euch?!"

Harry und Hermine sahen sich an. Keiner von beiden war bereit, nachzugeben.

Ron drehte entnervt die Augen zur Decke. „Das ich mal den Vernünftigen spielen muss, hätte ich auch nicht gedacht. Könnt ihr euch nicht wie zwei normale Menschen verhalten?"

„Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit, was ist daran so schlimm?", fauchte Hermine.

Ron hob vielsagend eine Augenbraue.

„Ich weiß es.", ließ sich plötzlich Harry vernehmen. Seine Stimme war vollkommen ruhig.

„Du weißt was?", fragte Ron verwirrt.

Hermine begnügte sich damit, Harry auffordernd anzuschauen.

„Was mit mir los ist. Heute vor genau vier Monaten fand die letzte Aufgabe des Trimagischen Turniers statt."

„Und?"

Hermine aber schien Harry wieder einmal mühelos zu verstehen. „Du glaubst, deine Verbindung zu Du-weißt-schon-wem ist heute stärker als an anderen Tagen?"

Harry nickte und auch Ron sah jetzt aus, als habe er verstanden.

„Dann ist deine Verwandtschaft mit Du-weißt-schon-wem heute also besonders herausragend?", fragte er.

„Könnte doch sein, oder? Durch die Blutsbruderschaft verbunden mit dem Zauber, meine Narbe und die Tatsache, dass er mein Vater ist, hat er jetzt eine dreimal stärkere Verbindung zu mir als sonst. Vier Monate sind ein Drittel eines Jahres. Und ich hab seine Eigenschaften ohnehin schon in mir. Warum sollte er das nicht ausnutzen und mich nicht beeinflussen?"

„Du könntest Recht haben", folgerte Ron.

„Um noch mal auf vorhin zu sprechen zu kommen . . .", begann Hermine, doch Harry unterbrach sie: „Nein, Hermine. Sag mir das in einer Woche noch mal und ich verspreche dir, nicht rumzuschreien. Aber heute verspreche ich dir gar nichts mehr."

„Wir sollten uns mal überlegen, ob wir nach einem Zauberspruch für Sirius suchen oder ob wir langsam eine Lösung für das Sorcery-Problem finden wollen.", meinte Ron.

„Sirius ist wichtiger.", entgegnete Harry sofort.

Hermine sah so aus, als wolle sie Harry erneut widersprechen, doch nach einem warnenden Blick von Ron klappte sie den Mund wieder zu.

****



In Hogwarts war selten ein Tag so ruhig verlaufen wie dieser. Die Schüler blieben entweder in ihren Gemeinschaftsräumen oder hielten sich in der Bibliothek auf. Keine lauten Geräusche klangen durch die Gänge, es war beinah beängstigend still.

Harry, Ron und Hermine hatten bis zum Beginn des Abendessens in der Bücherei gesessen und es gab ihnen das Gefühl, alle Bücher schon dreimal gelesen zu haben. Doch einen hilfreichen Zauber hatten sie noch immer nicht.

Nach dem Abendessen betraten die Drei gerade die Eingangshalle, um zum Gryffindor-Gemeinschaftsraum zu gelangen, als Malfoy von den Kerkern kam.

„Wen haben wir denn da.", schnarrte er. „Potter und seine Schoßhündchen. Hast du dich wieder beruhigt?"

„Ich hab keine Ahnung, von was du redest.", erwiderte Harry kühl.

„Du weißt genau, von was ich rede. Ist es nicht furchtbar, für den Tod von siebzehn unschuldigen Menschen verantwortlich zu sein?", Malfoy hatte sein unschuldigstes Lächeln aufgesetzt.

„Halt deine verdammte Klappe.", zischte Harry.

„Warum sollte ich?"

„Wo hast du überhaupt deinen großen Freund gelassen? Ist dir Sorcery auf einmal nicht mehr gut genug?", schnappte Ron.

Hermine bemerkte zu ihrem Erstaunen, dass daraufhin ein befangener Ausdruck über Malfoys Gesicht huschte, doch dieser war genauso schnell verschwunden, wie er gekommen war.

„Das geht dich einen Scheißdreck an, Weasley."

„Oder hast du Angst vor ihm?", fragte Hermine, einer plötzlichen Eingebung folgend.

Malfoy sah sie funkelnd an. Das Grau seiner Augen war eiskalt. „Ich habe vor niemandem Angst. Aber du sollest dir vielleicht genau überlegen, was du sagst, bevor du den Mund aufmachst, Schlammblut!", sagte er. Er klang ruhig, nicht im mindesten aufgebracht. Doch der Ausdruck in seinen Augen strafte seine Stimme Lügen.

Und bevor Harry oder Hermine ihn auch nur irgendwie daran hindern konnten, war Ron auf Malfoy zugestürmt und hatte dem Slytherin einen harten Schlag ins Gesicht versetzt, der diesen nach hinten taumeln lies.

„Ron!", stieß Hermine entsetzt aus.

Harry war auf seinen Freund zugegangen und hielt davon ab, Malfoy noch weiter zuzusetzen.

„Hör auf.", flüsterte er ihm ins Ohr.

„Der Dreckskerl hat es nicht anders verdient!", fauchte Ron.

„Ich weiß, aber du machst dir doch nur die Hände an ihm schmutzig!"

Malfoy fuhr mit der Hand über sein Gesicht, seine Lippe war aufgesprungen und er ertastete Blut.

Hermine fürchtete einen Moment, er würde nun seinerseits auf Ron losgehen, doch das geschah nicht.

Malfoy setzte nur das arroganteste Lächeln auf, das in seinem lädierten Zustand möglich war und betrachtete die drei Gryffindors voller Abscheu und Verachtung.

„Ich werde der Erste sein, der über euch lacht, wenn ihr untergeht, glaubt mir."

„Von was redest du eigentlich, Malfoy?", fragte Harry

„Das werdet ihr schon noch herausfinden. Und ich werde mich zurücklehnen und lächelnd dabei zusehen", Malfoy hatte immer noch dieses arrogante Grinsen im Gesicht, einen Ausdruck sadistischen Vergnügens in den Augen.

Dann wandte er sich ab und machte sich auf den Weg zum Speisesaal.

„Ich glaube, Malfoy ist jetzt endgültig durchgeknallt.", stellte Ron nüchtern fest.

„Da wäre ich mir nicht so sicher.", murmelte Hermine, doch Harry und Ron hörten sie nicht.

„Leute, ich werde noch mal in die Bibliothek gehen. Geht ihr schon mal zum Gemeinschaftsraum.", sagte Harry.

„Wir kommen mit.", entgegnete Hermine sofort.

„Nein. Bitte. Ich würde gerne . . . alleine sein."

Hermine und Ron sahen ihren Freund skeptisch an.

„Es geht mir gut, keine Angst. Ich muss . . . nur mal meine Gedanken ordnen."

Eine Weile sahen die Drei sich noch schweigend an, dann sagte Ron: „Okay, bis nachher."

„Mach dir aber nicht zu viele Gedanken!", bat Hermine noch, während sie von Ron weggezogen wurde.

Harry musste unwillkürlich grinsen. Das sagte gerade die Richtige . . . Dann begann er seinen Weg zur Bücherei. Er war vollkommen in Gedanken versunken und erschrak fürchterlich, als ihn plötzlich eine Hand am Arm packte und ihn in einen dunklen Seitengang zog. Bevor er jedoch auch nur daran denken konnte, etwas zu sagen, ertönte eine ihm wohlbekannte Stimme: „Ich bin's nur, Harry."


Sirius.

Als Harry sich an die Dunkelheit gewöhnt hatte, erkannte er das vertraute Gesicht seines Paten. Zwei schwarze Augen sahen ihn besorgt an.

„Was machst du hier?!", zischte Harry so leise wie möglich.

„Ich habe mir Sorgen gemacht.", entgegnete Sirius.

„Die kannst du dir auch machen wenn du mich jedes Mal zu Tode erschreckst, sobald du mich siehst. Irgendwann bekomme ich einen Herzschlag!"

Sirius grinste. Harry war jedoch gar nicht nach grinsen zumute. Er spähte um die Ecke und als er sah, das der Gang völlig menschenleer war, zog er Sirius mit sich, öffnete die Tür zum Klassenzimmer für Geschichte der Zauberei und verschloss die Tür magisch, nachdem auch sein Patenonkel den Raum betreten hatte.

Beide bemerkten nicht die kleine Gestalt, die sich schnellstens in eine dunkle Ecke des Raumes zurückgezogen hatte, als sie eingetreten waren.

„Ich will, dass du von hier verschwindest! Das Gelände um Hogwarts wimmelt nur so von Dementoren!", forderte Harry.

„Ich weiß. Aber ich will wissen, wie es dir geht."

„Wie soll's mir schon gehen? Es geht mir gut.", wich Harry aus. Er hatte keine Lust auf eine erneute Diskussion.

Sirius sah ihn ernst an. „Du kannst vielleicht andere täuschen, Harry. Aber mich nicht. Du gibst dir die Schuld an ihrem Tod, oder?", fragte er sanft.

Harry sah auf und blickte seinem Paten ins Gesicht. Als er dort nichts als Verständnis lesen konnte, fiel alle falsche Standhaftigkeit von ihm ab. Er ließ sich auf einen leeren Stuhl fallen und starrte auf den Tisch vor sich.

„Ja.", flüsterte er leise.

„Ich versteh dich. Ich weiß ganz genau, wie es dir jetzt geht. Und es hilft auch nicht, dass andere dir erzählen, du seiest nicht Schuld daran, nicht wahr?"

Harry schüttelte den Kopf.

„Ich sag's dir aber trotzdem: egal, was du dir vorwirfst, es ist nicht deine Schuld. Voldemort hat sie auf dem Gewissen, nicht du."

Harry sah von der Tischplatte hoch und auf einmal stahl sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht. „Jetzt weiß ich, wie es dir immer gehen muss, wenn dir jemand sagt, es war nicht deine Schuld."

Auch Sirius lächelte jetzt und wollt gerade etwas sagen, als das Lächeln auf seinem Gesicht plötzlich gefror.

Harry stand auf und wandte sich um. Seine Augen öffneten sich entsetzt und seine Augen schienen dem, was sie sahen, keinen Glauben schenken zu wollen.

„Ginny.", krächzte er.

Rons Schwester stand auf der andere Seite des Raumes, die Haut wirkte bleich durch das einfallende Mondlicht und ihre roten Haare leuchteten wie Feuer. Und als wären Harrys Worte ein Startsignal für sie gewesen, löste sie sich jetzt aus ihrer Erstarrung und rannte auf die Tür zu.

Sirius fing sich als Erster, schnitt Ginny den Weg ab, hielt sie fest und legte ihr eine Hand über den Mund, um sie am Schreien zu hindern. Ginny versuchte verzweifelt, sich zu befreien, doch es gelang ihr nicht.

„Ginny, es ist okay, hörst du? Er wird dir nichts tun!", sagte Harry eindringlich. Langsam ging er auf Ginny und seinen Paten zu.

Doch der gehetzte und ängstliche Ausdruck in Ginnys Augen verschwand nicht.

„Wer ist das?", fragte Sirius, während er die wild strampelte Ginny fest an sich drückte.

„Rons Schwester. Ich hab keine Ahnung, was sie hier macht. Ich hab dir gesagt, du sollst verschwinden!"

„Entschuldige bitte, dass ich mir Sorgen um dich mache.", erwiderte Sirius sarkastisch.

Dass er selbst in dieser Situation noch seinen Sarkasmus behielt, faszinierte Harry.

„Ginny, bitte, hör mir zu. Sirius wird dir nichts tun, das verspreche ich dir", fing Harry erneut an. Er legte eine Hand auf ihre Schulter und versuchte, einen beruhigenden Ausdruck in seine Augen zu legen.

Und Ginny wurde tatsächlich ruhiger. Sie hörte auf, sich gegen Sirius zu wehren und stand nun still vor Harrys Paten. Der ängstliche Ausdruck in ihren Augen verschwand. Zurück blieb nur pure Verachtung, mit der sie Harry nun anfunkelte.

„Er wird dich loslassen und ich werde dir alles erklären, wenn du mir versprichst, nicht zu schreien oder zu fliehen, okay? Versprichst du mir das?", fragte Harry.

Nach einem kurzen Moment nickte sie.

Harry nickte seinem Paten zu und Sirius nahm die Hand von Ginnys Mund und ließ sie los.
So schnell sie konnte brachte Ginny genügend Abstand zwischen sich und Harry und Sirius.
Dann wandte sie sich an Harry. „Ich hasse dich.", flüsterte sie. Ihre Stimme klang eiskalt.

Einen Moment lang war Harry zu geschockt, um zu antworten, doch dann fing er sich wieder.

„Sirius ist unschuldig.", erklärte er.

„Er!? Unschuldig?! Ich frage mich, was er mit dir gemacht hat, damit du diesen Schwachsinn glaubst!", fauchte sie.


„Er hat gar nichts mit mir gemacht. Ich werde es dir erklären. Und du wirst mir zuhören."

„Und wenn ich das nicht tue?", fragte Ginny herausfordernd.

Sirius bemerkte sorgenvoll den gefährlichen und unheilverkündenden Ausdruck, der sich daraufhin in Harrys Augen stahl und legte seinem Patenkind beruhigend die Hand auf die Schulter.

„Er kann dich nicht zwingen, ihm zuzuhören. Aber wenn du es nicht tust, und stattdessen dem Ministerium erzählst, was du heute Abend gesehen hast, machst du einen Fehler.", wandte Sirius sich an Ginny.

„Erzählen Sie mir nichts von Fehlern! Sie Dreckskerl haben schon so viele unschuldige Menschen auf dem Gewissen, da macht mein Tod ja wohl kaum einen Unterschied! Kommen Sie, töten Sie mich! Denn wenn Sie es nicht tun, müssen Sie sich schon was sehr Gutes einfallen lassen um mich davon abzuhalten, zum Ministerium zu gehen!", fuhr diese ihn an.

„Es wir hier niemand umgebracht werden. Ich möchte nur . . ."

„Sirius, das bringt so nichts.", unterbrach Harry seinen Paten. „Geh."

„Wie bitte?", fragte Sirius ungläubig.

„Ich sagte geh. Geh irgendwohin, wo sie dich am wenigsten vermuten. Meinetwegen nach Sibirien. Hauptsache, sie finden dich nicht. Ich krieg das hier schon alleine hin."

„Ich denke nicht, dass . . ."

„Sirius bitte!", Harry wandte sich an Sirius. Keiner von beiden schenkte Ginny nunmehr seine Aufmerksamkeit.

Doch diese dachte nun nicht mehr daran, zu fliehen. Sie konnte sich selbst nicht erklären warum, aber irgendwas in Harrys Blick hielt sie davon ab. Sie beobachtete nun beinah fasziniert das Gespräch zwischen Harry und Sirius.

„Du bist das Einzige was ich noch habe! Ich will nicht, dass du wieder nach Askaban geschickt wirst oder den Kuss eines Dementors bekommst!", sagte Harry.

Ginny registrierte zu ihrem Erstaunen, dass der Ausdruck in Sirius' Augen keineswegs so kalt und gewissenlos war, wie sie immer erwartet hatte. Er schien so hilflos und –wenn sie es sich eingestand- sympathisch. Doch sofort verbannte sie diesen Gedanken wieder aus ihrem Kopf. Vor ihr stand ein Mörder, kein unschuldiges Opfer!

„Du willst also wirklich, dass ich gehe?", wiederholte Sirius.

„Ich wünsche mir so sehr, dass du bleiben könntest. Aber es geht nicht. Und das weißt du.", Harrys Stimme war fest.

Sirius sah ihn an und erkannte nun mehr denn je die Ähnlichkeit Harrys zu James, auch wenn er Voldemorts Sohn war. Wo er selbst immer am liebsten mit dem Kopf durch die Wand hatte gehen wollen und immer mehr auf sein Herz als auf seinen Verstand gehört hatte, war James der Vernünftige von ihnen gewesen. Er hatte stets einen kühlen Kopf bewahrt, als ihm selbst das Temperament durchgegangen war. Und genau das tat Harry in diesem Moment. Er stellte die Vernunft vor seine persönlichen Wünsche zurück und dafür bewunderte Sirius ihn. Harry war im letzten Jahr erwachsener geworden, er war kein Kind mehr.

Über Sirius' Gesicht glitt ein warmes Lächeln. „Deine Eltern hätten wirklich stolz auf dich sein können."

Harry erwiderte nichts, sondern ging auf Sirius zu und umarmte ihn. Dabei fiel ihm auf, dass er nunmehr kaum noch kleiner war als sein Pate. Er fühlte, wie Sirius ihn fest an sich drückte und das alles kam Harry nach dem Schrecken der letzten Tage wie eine Illusion vor, die zerplatzen würde wie eine Seifenblase, wenn er sie nicht fest genug hielt.

Ginny sah die beiden an und war sich ihrer Sache plötzlich nicht mehr so sicher. Konnte dieser Mann, der sich so sehr um Harry sorgte, so viele unschuldige Menschen auf dem Gewissen haben? War er ein so guter Schauspieler, dass er die Wärme und die Zuneigung in seinem Blick so überzeugend darstellen konnte?

Harry und Sirius lösten sich voneinander.

„Versprich mir, dass du gehst.", forderte Harry.

Sirius nickte. „Ich verspreche es dir. Ich werde dir einen Brief schicken, wenn ich angekommen bin. Pass auf dich auf. Und mach nicht wieder irgendwelche Dummheiten."

Harry erlaubte sich ein zaghaftes Grinsen. „Was denkst du von mir?"

„Ich denke das, was ich in den letzten zwei Jahren erfahren habe.", erwiderte Sirius und über sein Gesicht glitt ebenfalls ein Grinsen.

Er fuhr Harry noch einmal mit der Hand durch die ohnehin schon unordentlichen schwarzen Haare und wandte sich ab.

Ohne ein weiteres Wort an sein Patenkind und Ginny zu richten, öffnete er mithilfe seines Zauberstabes die Tür und verschwand.

Harry drehte sich zu Ginny um, die sich an die gegenüberliegende Wand gelehnt hatte und ihn auffordernd ansah.

„Ginny, es tut mir Leid, dass wir dich so erschreckt haben, aber ich bitte dich trotzdem, mir zuzuhören.", begann Harry.

Ginny sah ihn abschätzend an. „Und wenn ich es nicht tue?", wiederholte sie ihre Frage.

„Dann hab ich keine andere Möglichkeit, als deine Erinnerungen zu löschen. Ich werde nicht zulassen, dass du Sirius verrätst."

„Du kannst diesen Spruch nicht und das weißt du auch.", erwiderte Ginny kalt. Sie ließ sich nicht anmerken, dass Harrys Ungerührtheit sie erschrocken hatte.

„Nein, ich kann ihn nicht. Aber Professor Lupin beherrscht ihn."

Ginnys Augen wurden groß. „Was hat denn Professor Lupin damit zu tun?"

„Ich werde es dir erklären."

Ginny zögerte einen Augenblick. Dann ließ sie sich an der Wand hinunter rutschen. „Okay, fang an.", forderte sie.

Harry setzte sich ihr gegenüber auf den steinernen Boden und begann zu erklären. Alles, was er selbst in der Nacht in der Heulenden Hütte erfahren hatte, versuchte er nun, Ginny so glaubwürdig und verständlich wie möglich zu erzählen. Als er geendet hatte, sah er Rons Schwester offen an. „Ich kann dir nicht beweisen, dass meine Geschichte stimmt und Sirius wirklich unschuldig ist. Ich kann dich nur bitten, mir zu glauben. Ich lüge nicht. Sirius hat meine Eltern nicht verraten und er hat nie für Voldemort gearbeitet."

Ginny schaute Harry nachdenklich an. Sollte sie ihm glauben? Sie hatte Sirius gesehen und er hatte ein so vollkommen anderes Bild in ihr ausgelöst. Er sorgte sich um Harry, es erschien Ginny sogar, als herrsche zwischen den Beiden eine Beziehung wie zwischen Vater und Sohn.
Dieser Mann sollte ein Mörder sein? Konnte er sich diese so absurd und gleichzeitig so logisch klingende Geschichte ausgedacht haben? Der Ausdruck in Sirius Augen hatte sie etwas anderes glauben gelehrt.

„Ich weiß nicht, ob ich das wirklich glauben soll. Ich weiß es einfach nicht.", sagte sie.

Harry hörte aus ihrer Stimme heraus, wie unsicher und durcheinander sie sich fühlte.

„Dann verrate ihn wenigstens nicht. Bitte!", Harrys Stimme hatte etwas flehentliches angenommen.

Ginny blieb noch einen Moment still. Dann sah sie auf und blickte ihrem Gegenüber fest in die Augen. „Okay. Ich werde nichts sagen. Aber gibt es auch nur den leisesten Anhaltspunkt dafür, dass er doch schuldig ist, dann werde ich nicht mehr ruhig sein."

Harry atmete auf. „Danke."

Ginny stand auf und blieb vor Harry stehen. „Ich tu das nicht für Sirius, Harry. Ich tu das für dich."

Dann wandte sie sich zur Tür und wollte gerade gehen, als sie Harrys Stimme hinter sich hörte: „Was du vorhin gesagt hast, das . . . du hasst mich doch nicht wirklich, oder?"

Ihre Hand verharrte an der Türklinge und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, ob der Unsicherheit in seiner Stimme.

„Nein.", sagte Ginny leise, drehte sich aber nicht um. Nach einem weiteren Augenblick hatte sie die Tür geöffnet und war verschwunden.

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Harry wachte am nächsten Morgen mit Kopfschmerzen auf. Sie gingen jedoch nicht von seiner Narbe aus, wie er feststellte, es war vielmehr ein stechender Schmerz in seinem Hinterkopf. Ächzend schwang er die Beine aus dem Bett und schlurfte ins Badezimmer. Als er wiederzurückkam, fiel sein Blick auf Rons Bett. Es war leer, sein Freund schien schon unten zu sein. Es wunderte ihn einen Moment, dass Ron ihn nicht geweckt hatte, doch als er bemerkte, dass auch alle anderen Betten leer waren, warf er einen beunruhigten Blick auf seine Uhr. Er hatte sie von Sirius zum Geburtstag geschenkt bekommen, da seine vorherige in der zweiten Runde des Trimagischen Turniers den Geist aufgegeben hatte. Als die Uhr ihm nun zeigte, wie spät es war, fluchte er unterdrückt. In zwanzig Minuten begann der Unterricht. Warum hatten ihn Ron oder Hermine nicht geweckt?!

Immer noch fluchend suchte er sich seine Kleidungsstücke zusammen. Er zog sich gerade einen Pullover über den Kopf, als die Tür aufging. Als er wieder etwas sehen konnte, fiel sein Blick auf Ron und Hermine.

„Warum habt ihr mich nicht geweckt?", fragte er vorwurfsvoll.

Ron und Hermine sahen sich unbehaglich an. In ihren Augen stand ein für Harry undeutbarer Ausdruck.

„Was? Was ist los?"

„Es gibt etwas, das du wissen solltest. Der Tagesprophet ist vor ein paar Minuten gekommen.", begann Ron.

Nun sah Harry, dass Hermine die Zaubererzeitung in ihrer Hand hielt.

„Und?"

„Harry, sie . . . sie haben Sirius gekriegt.", erklärte Hermine, während sie ihrem Freund die Zeitung entgegen hielt.


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tbc . . .

Bin ich heute wieder gemein . . . ist ein böser Cliffhanger, ich weiß. Aber da das nächste Kapitel schon fertig ist, solltet ihr darauf nicht allzu lange warten müssen *gg*.

Was haltet ihr in dem Kapitel übrigens von Harry? Ich mag ihn nämlich so „böse" extrem gerne . . . *fies lächelt*.

Und ich war echt kurz davor, Dumbledores Rede ein bisschen weniger warmherzig zu gestalten, als ich das Kapitel noch mal überarbeitet habe. Ich kann diesen Mann nach OotP nicht mehr leiden! *wütend vor sich hin grummelt*

So, und jetzt fleißig Feedback schicken! *mit dem Zaunpfahl winkt*