Titel: Das letzte Geheimnis?; Kapitel 11
Disclaimer: Und mir gehört immer noch nichts hiervon. Außer Sorcery. Und der ist nur mir. Und ich geb ihn auch nicht her *gg*
Ja, ich weiß, ihr musstet lange warten und jetzt muss ich auch noch gestehen, dass ich dieses Kapitel nicht so sonderlich mag. Es ist doch alles ein bisschen arg zufällig. Aber ich hoffe, ihr verzeiht mir. Und schreibt mir trotzdem ein kleines Review *mit dem Zaunpfahl winkt*
****
Harry fühlte sich, als hätte ihn jemand geschlagen. Er taumelte zurück und sah
Hermine fassungslos an. „Nein.", flüsterte er erstickt.
Wie in Trance griff er nach der Zeitung und las die
Überschrift auf der ersten Seite:
Sirius Black endlich gefasst! Die Zauberergesellschaft
kann wieder ruhig schlafen!
Harry glaubte nicht, was er da sah. Es konnte nicht sein. In
seinem Kopf herrschte gähnende Leere. Er konnte nicht mehr denken, fühlte
nichts mehr. Alles was er tat war, auf die Zeitung vor sich zu starren, deren
Überschriften langsam verschwammen und eine einzige schwarze Masse bildeten.
„Harry?", fragte Hermine vorsichtig.
Als Harry nicht reagierte, berührte sie ihn vorsichtig an
der linken Hand. Harry schreckte auf und sah ihr ins Gesicht.
„Was?", krächzte er abwesend.
Hermine und Ron zogen es vor, darauf nicht zu antworten.
Harry richtete seinen Blick wieder auf den Artikel.
Dem Zaubereiministerium ist es durch einen unglaublichen Zufall gelungen,
den dreizehnfachen Mörder, Verräter und Anhänger Voldemorts Sirius Black in
seine Gewalt zu bekommen! Gestern Abend gegen Einundzwanzig Uhr hatte ein
Bewohner der Stadt Hogsmeade eine verräterische Gestalt in der Nähe der
Heulenden Hütte gesehen. Der Zeuge möchte anonym bleiben, da er die Rache
Blacks fürchtet. Doch durch dessen Benachrichtigung der Auroren konnte Black
gefasst werden. Die Gerüchte, Black hielte sich in der Nähe der Hogwarts Schule
für Hexerei und Zauberei auf, hatten sich damit bestätigt.
Natürlich war ein Mitarbeiter unserer Zeitung sofort zur Stelle, um unsere
Leser von diesem unglaublichen Glücksfall so detailliert wie möglich zu
informieren.
Black schien sich gerade auf eine erneute Flucht
vorbereitet zu haben, denn er schien völlig überrumpelt, was man von dem
berechnenden und kalten Mörder sonst nicht kannte.
Nach einer Schrecksekunde begann er sofort, alles abzustreiten, was ihm
vorgeworfen wird. Einige Fetzen, die unser Reporter aus seinem feigen Gestotter
heraushören konnte, waren Animagi, Tausch und – natürlich – Unschuld.
Doch das alles wird Black nicht helfen. Nach einer Aussage des
Zaubereiministers Cornelius Fudge wird Black spätestens am morgigen Tag mit dem
Kuss eines Dementors bestraft. Dadurch wird ihm die Seele aus dem Leib gesaugt
und er wird sein zukünftiges Leben als armselige Hülle seines ehemaligen Selbst
verbringen.
Viele Mitbürger sind der Meinung, dies sei noch nicht genug Strafe für
Black, wieder andere haben uns jedoch mitgeteilt, dass sie der Strafe zu
hundert Prozent zustimmen, da der Tod eine zu schnelle Erlösung für Black
darstelle.
Zuletzt wäre noch zu sagen, dass sich der junge Harry
Potter nun endlich sicher fühlen kann. Zumindest diese Gefahr ist gebannt. Und
da Black für den Tod seiner Eltern verantwortlich ist, wird sicher auch er die
Strafe für den Mörder willkommen heißen.
Harry setzte sich. Das alles konnte einfach nicht wahr sein.
„Das können sie nicht machen. Er ist unschuldig . . . sie können doch nicht . .
.", stammelte er.
„Harry, wir können sicher zu Dumbledore gehen und mit ihm reden. Er wird bestimmt
etwas . . .", begann Ron.
„Hast du es nicht gehört! Er wird den Kuss eines Dementors
bekommen! Was soll Dumbledore da schon tun können!", schrie Harry.
Hermine fühlte sich sofort in die Szene zurückversetzt, als
Harry ihnen erzählt hatte, dass er Voldemorts Sohn war. Doch anders als damals
schien Harry diesmal absolut hilflos zu sein. In seinen Augen stand keine Wut,
kein Entsetzen, nur Hilflosigkeit und Verstörung.
„Harry, wir sollten . . .", doch auch Hermine wurde von ihm
unterbrochen.
„Sie können das nicht machen . . . ihm das nicht antun . . .
können ihn mir nicht auch noch wegnehmen . . .", flüsterte er zusammenhangslos,
während er im Zimmer hin- und herlief und sich mit einer fahrigen Geste die
Haare aus dem Gesicht strich.
Ron und Hermine sahen sich hilflos an. Sie wussten nicht, was
sie sagen sollten. Es gab nichts, was sie sagen konnten.
Plötzlich ging ein Ruck durch Harry. „Wir gehen nach unten,
in die Bibliothek. Wir werden suchen, bis wir etwas gefunden haben!",
verkündete er und verließ zielstrebig den Schlafsaal.
Hermine wagte nicht, ihm zu widersprechen, wagte nicht, ihm
zu sagen, wie hoffnungslos das Ganze war. Stattdessen ging sie ihm hinterher,
holte ihn allerdings erst im Gemeinschafts- raum ein, wo noch fast alle
Gryffindors versammelt waren.
„Harry, wir haben gleich Unterricht!"
Harry hörte nicht auf sie, sondern ging auf das Portraitloch
zu.
„Harry, du kannst jetzt nicht in die Bücherei!", wiederholte
Hermine fest.
Die restlichen Gryffindors waren ganz still und verfolgten
angespannt die Situation, die sich ihnen bot.
Harry wandte sich hektisch zu Hermine und Ron um. Seine
Augen funkelten vor Zorn.
„Es interessiert mich nicht, ob ich jetzt Unterricht habe,
oder nicht", setzte er leise an, „Ich werde in die Bibliothek gehen und jedes
einzelne verdammte Buch nach diesem Spruch durchsuchen! Und wenn das nichts
bringt, werde ich eben zum Ministerium gehen und sagen, dass ich dem Mörder
meiner Eltern ins Gesicht sehen will! Aber ich werde keinen einzigen Dementor
so nah an ihn heran kommen lassen, dass sie ihn küssen können! Ich werde nicht
zulassen, dass sie Sirius das antun! Er ist alles, was ich noch habe, versteht
ihr das denn nicht! Und er ist verdammt noch mal unschuldig, sie können das
nicht machen!", Harry war immer lauter geworden, bis er Hermine und Ron zum
Schluss angeschrieen hatte und nicht mehr Herr seiner Stimme gewesen war.
„Harry, wir wissen das, aber du glaubst doch nicht, dass wir
an einem Tag etwas finden, wonach wir schon ewig gesucht haben!",
erwiderte Ron.
„Es fällt mir ja schwer das zu sagen, aber Sirius kann jetzt
nur noch ein Wunder helfen! Wenn du Peter nicht findest, wird Sirius sterben,
du kannst ihn nicht retten!", sagte Hermine ihm die Wahrheit ins Gesicht.
Harrys Gesichtsausdruck wurde kalt. „Dann werde ich eben Remus
bitten, ihn umzubringen. Und so schwer es ihm auch fallen wird, er würde es
tun, glaubt mir. Denn uns beiden ist es im Gegensatz zu euch nicht egal,
dass Sirius sein ganzes weiteres „Leben" ohne eine einzige Erinnerung oder ein
einziges Gefühl elendig dahin vegetiert, weil diese Monster ihm seine Seele
aussaugen!"
„Harry, uns ist es nicht egal, was . . .", begann Ron.
„Glaubt ihr, James hätte das gewollt? Glaubt ihr, er hätte
gewollt, dass sein bester Freund so leidet? Und glaubt ihr ernsthaft, Sirius
will so ein Leben? Er würde Remus selbst um den Tod bitten, wenn er könnte!"
„Glaubst du denn ernsthaft, dass wir Peter heute noch
finden?", fragte Hermine.
„Ich werde solange versuchen, Sirius zu retten, bis er tot
ist, das schwöre ich euch.", entgegnete Harry finster.
Darauf wussten Hermine und Ron nichts mehr zu sagen und
Harry wandte sich um und ging.
„Das habt ihr echt toll hingekriegt.", stellte eine
sarkastische Stimme fest.
„Ginny, halt die Klappe.", fauchte Ron.
„Ich sage nur die Wahrheit."
Ron fuhr zu seiner Schwester herum. „Du hast keine Ahnung,
um was es hier eigentlich geht, also halt dich raus!"
Ginny baute sich vor ihm auf. „Ich weiß sehr wohl, um was es
hier geht. Und im Gegensatz zu euch werde ich Harry helfen.", zischte sie und
verließ ebenfalls den Gemeinschaftsraum.
„Ist ja momentan eine echt tolle Stimmung hier.", stellte
Lee Jordan nüchtern fest.
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Harry suchte den gesamten Vormittag über in der Bücherei. Anfangs hatte er sich
noch gewundert, warum Madam Pince ihn nicht aufgefordert hatte, dem Unterricht
beizuwohnen, doch dann nahm er an, dass Dumbledore mal wieder seine Finger im
Spiel hatte und hatte nicht weiter darüber nachgedacht.
Doch soviel er auch suchte, er fand nichts. Er überging das
Mittagessen und blieb auch dem Nachmittagsunterricht fern. Systematisch nahm er
sich ein Buch nach dem anderen und blätterte es durch. Als es zum Ende des
Unterrichts läutete, betraten nach einigen Minuten Ron und Hermine die
Bibliothek.
„Was wollt ihr hier?", fragte Harry abweisend.
„Wir werden dir helfen.", erwiderte Ron.
„Und warum die plötzliche Sinneswandlung?"
„Weil sechs Augen mehr sehen als zwei.", erklärte Hermine.
Harry sagte daraufhin nichts mehr und Ron und Hermine
setzten sich ebenfalls an den Tisch und nahmen sich jeweils ein Buch.
In diesem Moment erschien Ginny. Auch sie hatte bis eben
Unterricht gehabt.
„Was?!", fauchte Ron seine Schwester an.
Ginny ließ sich wortlos nieder und nahm sich ungerührt ein
Buch zur Hand.
„Weißt du überhaupt, nach was wir suchen?", fragte Hermine
abschätzend.
„Ja, das weiß ich.", antwortete Ginny knapp und ohne vom
Buch aufzublicken.
„Ich habe es ihr erzählt. Sie weiß von Sirius' Unschuld.",
kam es von Harry.
Hermine und Ron sahen sich an. „Wie . . .", begann Ron.
„Später."
Schweigend arbeiteten sich die Vier weiter durch jede
einzelne Seiten. Plötzlich klappte Harry sein Buch zu und schob es von sich.
Ron, Hermine und Ginny sahen ihn erstaunt an.
Sein Gesicht hatte einen merkwürdig abwesenden Ausdruck
angenommen. „Es war die ganze Zeit direkt vor unserer Nase.", erklärte er mit
einer plötzlich entspannten Ruhe.
Ron warf ihm einen fragenden Blick zu. „Du hast einen Spruch
gefunden?"
Harry schüttelte den Kopf. „Wir brauchen keinen Spruch."
„Aber . . .", fing Hermine an.
„Die Karte des Herumtreibers.", erklärte Harry schlicht.
Hermine und Ron klappten die Münder auf.
„Wir sind so dumm.", hauchte Hermine.
„Wenn Peter noch auf dem Gelände ist, kriegen wir ihn!",
stieß Ron aufgeregt aus.
Ginny sah die Drei verständnislos an. „Von was redet ihr
eigentlich?"
Plötzlich kam Leben in Harry. „Ich hole die Karte und den
Umhang, ihr wartet hier."
Mit diesen Worten sprang er auf und stürmte aus der Bibliothek.
„Also, was ist hier los?", verlangte Ginny zu wissen.
Ron sah sie leicht genervt an, ließ sich aber doch dazu
herab, zu erklären: „Sirius hat mit Harrys Dad, Pettigrew und Professor Lupin
eine Karte von Hogwarts hergestellt. Sie zeigt alle Personen, die sich auf dem
Gelände aufhalten, als kleine Punkte. Wenn also Pettigrew auf der Karte zu
sehen ist, können wir ihn uns vielleicht schnappen."
„Ich fass es nicht, dass wir nicht früher darauf gekommen
sind.", warf Hermine ein. Sie zweifelte offenbar an ihrer Intelligenz.
„Und von welchem Umhang hat Harry geredet?", fragte Ginny.
„Er hat von seinem Vater einen Tarnumhang geerbt.",
informierte Hermine.
„Und wenn wir Pettigrew gekriegt haben?"
„Dann gehen wir auf dem schnellsten Weg zu Dumbledore und
hoffen, dass es noch nicht zu spät ist."
Kurze Zeit später stieß Harry wieder zu ihnen. „Ich hab's."
Er breitete ein unbeschriebenes Stück Pergament auf dem
Tisch aus und Ginny blickte ihn gespannt an als Harry seinen Zauberstab auf
darauf richtete und flüsterte: „Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut
bin."
Von der Spitze seines Stabes aus begannen sich dünne Linien
zu bilden, die langsam ein vollständiges Bild von Hogwarts ergaben.
„Okay, sucht nach einem Punkt mit dem Namen Peter
Pettigrew.", forderte Harry die anderen auf, als Hogwarts und das umliegende
Gelände vollständig zu sehen waren.
Die Vier beugten sich über die Karte und versuchten, unter
den hunderten Punkten diesen Einen herauszufinden.
Nach wenigen Minuten
stieß Ginny einen kleinen Schrei aus. „Ich hab ihn!"
Die anderen Drei richteten ihren Blick sofort auf die
Stelle, die Ginny ihnen zeigte. In der Nähe von Hagrids Hütte, am Rand des
Verbotenen Wald befand sich ein Punkt mit dem Namen Peter Pettigrew.
„Kommt mit.", sagte er, schnappte sich Karte und Umhang und
lief, gefolgt von Ron, Hermine und Ginny, aus der Bibliothek.
In der Eingangshalle sahen sie sich noch einmal vorsichtig
um.
„Einer von uns muss hier bleiben. Wir passen zu dritt schon
kaum unter den Umhang.", gab Ron zu Bedenken, als Harry diesen ausbreitete.
„Ich bleibe hier und erfinde etwas, wenn die anderen nach
euch fragen.", erwiderte Ginny und trat zurück.
„Nein.", unterbrach Harry. „Ich will, dass du mitkommst. Ihr
kümmert euch darum, dass niemand unser Verschwinden bemerkt.", sagte er zu
Hermine und Ron. Ihm war bewusst, wie kalt seine Stimme geklungen hatte. Doch
dass die beiden Sirius einfach so hatten aufgeben wollen, konnte er nicht so
schnell vergessen.
„Harry, wir . . .", Hermine fehlten offenbar die Worte und
Ron starrte seinen Freund nur fassungslos an.
Ginny blickte nervös zwischen den Dreien hin und her.
„Ginny, komm. Ich will diesen Mistkerl endlich in die Finger
bekommen.", mit diesen Worten hob Harry den Umhang hoch und nach kurzem Zögern
trat Ginny zu ihm und Harry ließ den Tarnumhang über sie beide fallen. Sofort
waren sie verschwunden.
Ron und Hermine sahen sich ungläubig an.
„Das ist jetzt nicht wahr, oder?", fragte Ron, während allein die sich wie von Geisterhand öffnende Eingangstür noch von Harrys und Ginnys Existenz zeugte.
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„Lumos!", flüsterte Harry und an der Spitze seines
Zauberstabes erschien ein helles Licht.
Er und Ginny liefen durch den Park. Die großen Stufen, die
zur Eingangstür von Hogwarts hinauf führten, hatten sie bereits hinter sich
gelassen. Die beiden richteten ihren Blick auf die Karte, die Harry in den
Händen hielt. Pettigrew befand sich immer noch in der Nähe von Hagrids Hütte.
„Eigentlich ist es unlogisch.", überlegte Ginny.
„Was ist unlogisch?"
„Warum sollte Pettigrew immer noch auf dem Gelände sein? Ich
meine, er war gerissen genug, Sirius' Rache zu entkommen. Sich jetzt noch hier
aufzuhalten ist doch einfach nur . . . dumm."
„Warum sollte er damit rechnen, dass ihn jemand findet?"
„Er weiß von der Karte, er weiß, dass du sie hast. Und
jetzt, wo Sirius gefangen worden ist, muss er sich doch denken können, dass du
ihn um alles in der Welt finden willst!"
„Na ja, anscheinend denkt er eben doch nicht so weit. Die
Karte lügt nicht.", Harrys Stimme hatte einen endgültigen Tonfall angenommen
und Ginny schwieg daraufhin.
Sie waren nun bereits an den Gehegen von Hagrids wilden
Tieren. Im Moment befand sich darin eine Herde von Demiguisen, anmutige,
affenähnliche Tiere, mit großen schwarzen Augen und langem, silbrig-seidenem
Fell, die Hagrid vorgestern bekommen hatte. Da sie sich mit Vorliebe unsichtbar
machten, waren von den eigentlichen zehn Tieren nur vier zu sehen.
„Da drüben. Bei der Weißen Birke.", hauchte Harry nach einem
Blick auf die Karte.
Die Weiße Birke war ein allein stehender Baum am Rande des
Verbotenen Waldes, der vollkommen weiß war. Der Stamm und die Äste schimmerten
hell im Mondlicht und die Blätter glitzerten silbrig. Neben der Peitschenden
Weide war dies der zweite magische Baum auf dem Gelände. Madam Pomfrey zufolge
hatte der Harz, der in fast allen ihren Medikamenten vorhanden war, eine
heilende Wirkung.
„Was machen wir jetzt?", flüsterte Ginny zurück.
Harry runzelte die Stirn und schien nachzudenken. „Hagrid
hat diese kleinen Demiguisen doch sicherlich in einzelnen Käfigen
transportiert, oder?"
Ginny nickte und warf immer wieder unruhige Blicke auf die
Karte. Doch Pettigrew schien sie noch nicht bemerkt zu haben, er hielt sich
immer noch direkt vor ihrer Nase auf.
„Komm mit.", Harry zog sie am Arm hinter Hagrids Hütte.
Neben der Hintertür standen auf einem ordentlichen Stapel zehn Käfige mittlerer
Größe. Ginny bemerkte Harrys erleichtertes Aufatmen und als seine Hand zufällig
über ihre strich, als er nach einem der Käfige griff, fühlte sie ihr Herz
schneller schlagen. Doch sofort verbot sie sich diese Gefühle, für die im
jetzigen Moment einfach kein Platz war.
Sie schlichen sich wieder an die Weiße Birke heran und nach
einem erneuten Blick auf die Karte, richtete Harry seinen Zauberstab auf den
Baum. Nervös blies Ginny sich eine Strähne ihres kurzen Haares aus dem Gesicht.
Was, wenn es nicht funktionierte?
„Accio Peter Pettigrew!", sagte Harry klar und deutlich,
während er den Tarnumhang abstreifte und mit einem verzweifelten Quieken erhob
sich aus dem Gras eine Ratte und bewegte sich durch die Luft stetig auf sie zu.
Ohne, dass die Ratte etwas dagegen tun konnte, erreichte sie
schließlich Harry, der sofort nach ihr griff und sie fest an sich drückte, als
sie wie wild anfing zu zappeln und zu entkommen versuchte.
„Mach den Käfig auf, Ginny!", forderte Harry.
Ein paar Augenblicke später befand sich die Ratte im Käfig.
Sie drehte sich rasend schnell um sich selbst, schien verzweifelt einen Ausweg
zu suchen. Doch den gab es nicht.
Harry sah die Ratte angewidert an. „Schnell, zu Dumbledore."
Ginny nickte und die beiden machten sich auf den Weg zurück zum Schloss.
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„Ich fass es nicht! Er hat uns einfach abblitzen lassen!", beschwerte sich Ron,
als er mit Hermine wieder im Gemeinschaftsraum saß.
„Er ist sauer. Aber das vergeht wieder!", versuchte Hermine
zu beschwichtigen.
„Du hast ihm die Wahrheit gesagt, mehr nicht.", entgegnete
Ron. Er war nicht bereit, Harrys Verhalten zu entschuldigen.
„Sirius ist der einzige Familienersatz, den er hat. Sein
Verhalten ist verständlich!"
„Hermine! Er zieht Ginny uns vor! Und das, obwohl sie sich
gestern angekeift haben wie zwei Irre!"
Hermine sah ihren Freund wütend an. „Du bist ein Sturkopf,
weißt du das! Wenn Harry Pettigrew wirklich findet und Sirius damit eine reelle
Chance hat, frei zu kommen, ist es doch egal, wer bei ihm ist!"
Ron machte daraufhin ein beleidigtes Gesicht und Hermine wandte
sich wieder ihren Büchern zu. Sie wollte noch nicht einmal sich selbst
eingestehen, dass Harrys Verhalten sie gekränkt hatte. Wie sollte sie es dann
vor Ron zugeben?
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„Das Passwort?", fragte Ginny atemlos, als sie vor dem
Wasserspeier angekommen waren, der zu Dumbledores Büro führte.
„Zitronebrausebonbon.", keuchte Harry und der Wasserspeier
schwang zu Seite.
Sie hetzten die Stufen der Rolltreppe hinauf und standen
gleich darauf vor Dumbledores Bürotür. Harry klopfte an, hielt sich aber nicht
damit auf, das „Herein" abzuwarten. Stattdessen öffnete er sofort die Tür und
trat, dich gefolgt von Ginny, in das Büro des Schulleiters.
„Wir haben den Beweis!", stieß er aus und bemerkte erst auf
den zweiten Blick, dass sich neben Professor Dumbledore auch Professor
McGonagall, Professor Lupin und Snape im Raum befanden.
„Den Beweis wofür?", fragte Dumbledore freundlich, wenn auch
mit deutlich zu hörender Anspannung in der Stimme.
Harry sagte nichts, sondern stellte als Antwort den Käfig
mit der Ratte auf den Schreibtisch des Direktors.
„Und deswegen platzen Sie hier herein und stören eine
wichtige Unterredung, Potter?", spottete Snape und erntete dafür einen
funkelnden Blick von Ginny.
„Oh mein Gott.", flüsterte plötzlich Professor Lupin und erhob sich langsam aus seinem Sessel. Mit glasigen Augen und einem völlig apathischen Gesicht ging er auf die Ratte zu.
„Wie habt ihr ihn gefunden?"
„Ihn?", wiederholte Professor McGonagall ungläubig.
„Mit der Karte.", antwortete Harry.
„Was geht hier eigentlich vor?", fragte Dumbledore auf
einmal streng. „Was ist mit dieser Ratte?"
„Das ist keine normale Ratte, Professor.", sagte Harry.
„Das ist Peter Pettigrew.", verkündete Lupin.
Ein ungläubiges Schweigen legte sich daraufhin über den
kleinen runden Raum. Dumbledore und die beiden anderen Lehrer starrten Lupin
vollkommen erstarrt an. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
Snape war der Erste, der seine Stimme wiederfand: „Wie
bitte?"
„Das können Sie doch nicht ernsthaft glauben, Lupin!", sagte
auch Professor McGonagall.
„Testen Sie es. Zwingen Sie ihn, seine wahre Gestalt
anzunehmen und Sie werden es sehen.", forderte Harry ungeduldig.
Dumbledore nickte entschlossen. „Wenn das die einzige
Möglichkeit ist, Sirius noch zu helfen, sollten wie sie nicht ungenutzt
lassen."
Harry hörte einen abfälligen Laut aus Snapes Richtung,
ignorierte ihn aber.
„Wir haben keine Zeit zu verlieren. Remus, nehmen Sie ihn
aus dem Käfig.", sagte Dumbledore während er vorsichtig und langsam den Käfig
öffnete, immer darauf achtend, dass die Ratte nicht entkam.
Lupin nahm sie heraus und hielt sie fest in der rechten
Hand, als Dumbledore seinen Zauberstab auf die Ratte richtete.
Zum zweiten Mal in seinem Leben sah Harry nun, wie ein
Animagus gezwungen wird, sich zu zeigen. Die winzigen Gliedmaße der Ratte
wurden zu Armen und Beinen, der Kopf nahm eine runde Form an, die bösartig
gelben Augen wurden zu einem wässrigen blau und schließlich stand der kleine,
abgemagerte und verängstigt aussehende Peter Pettigrew vor ihnen.
Harry, für den dies nichts Neues war, blickte in die
Gesichter der Anwesenden.
Ginny schaute vollkommen geschockt, als könne sie nicht
glauben, was da gerade vor ihren Augen geschehen war.
Snape hatte einen Ausdruck im Gesicht, als sei sein
schlimmster Alptraum wahr geworden. Er hatte gerade erkennen müssen, dass
Sirius, so sehr er ihn auch hasste, wirklich unschuldig war. Harry konnte
seinen Gesichtsausdruck beinahe nachvollziehen.
In Lupins Augen stand tiefste Verachtung geschrieben,
während Professor McGonagall ihn einfach nur angewidert ansah.
Die Gesicht des Direktors hatte einen unerbittlichen und
harten Ausdruck angenommen, als er auf Pettigrew zuging, der sich ängstlich in
die hinterste Ecke des Büros verzogen hatte.
„Peter Pettigrew, nehme ich an.", stellte er fest. Seine
Stimme war eiskalt.
„Pro- . . . Professor Dumbledore . . .", keuchte Peter, „wie
schön, Sie einmal wieder zu sehen."
„Das Vergnügen liegt ganz auf meiner Seite, Peter."
„Was wollen Sie von mir?"
„Nun, die erste Frage, die natürlich geklärt werden müsste
wäre, warum Sie überhaupt noch am Leben sind."
„Ich . . . musste mich verstecken . . . Sirius . . . er hätte mich gefunden . . .", stotterte Peter.
Panisch sah er sich um und wich immer weiter vor dem
Direktor zurück. Seine Augen huschten ständig hin und her, doch den Weg zur Tür
versperrte ihm Professor McGonagall.
„Die Geschichte kennen sie bereits, Peter. Wie wär's, wenn
du endlich mal die Wahrheit sagen würdest?", fuhr Lupin seinen ehemaligen
Freund an.
„Remus . . .", begann Peter, dann flackerten seine Augen zu
Snape, „Severus, du weißt, was Sirius getan hat! Bedenke, was er dir einst
antun wollte!"
Snape schaute den kleinen Mann vor sich ungerührt an. „So
Leid es mir auch tut, das zugeben zu müssen: dieses eine Mal scheint Black
wirklich nicht das getan zu haben, was alle annahmen."
Ginny sah ihn erstaunt an. Die Zugabe eines Fehlers aus dem
Mund ihres Zaubertränke- lehrers? Wunder gab es eben doch immer wieder . . .
„Und warum halten Sie sich in der Nähe von Hogwarts auf,
nachdem Sie doch wissen, dass Sie von bestimmten Personen gesucht werden?",
fragte Dumbledore weiter.
Peter sah ihn gequält an. „Ich . . . beobachte . . . Alles,
was hier vorgeht . . . ist von . . . von . . . größter Wichtigkeit.", stotterte
er.
Harry nahm an, dass er es in Anwesenheit von Dumbledore als
klüger empfand, die Wahrheit zu sagen.
„Was denken Sie, was wir nun mit Ihnen machen?", ließ sich
auf einmal Professor McGonagall vernehmen.
„Bitte, lassen Sie Gnade walten . . . ich habe . . . habe doch nichts getan . . .", wimmerte Peter.
Er war mittlerweile bis an die Wand des Raumes
zurückgewichen und presste sich fest dagegen.
Bei diesem jämmerlichen und feigen Anblick und bei Peters
letzten Worten wurde es Harry zuviel: „Nichts getan!", fauchte er. „Sirius
wartet wegen dir auf den Kuss eines Dementors, du verdammter Mistkerl!"
Hätte Lupin ihn nicht zurück gehalten, wäre Harry auf den
verschreckten Mann losgegangen.
„Das ist genug.", befahl Dumbledore streng. „Ich denke, es
gibt keine Zweifel daran, was wir tun werden: Harry, Ginny, ihr geht sofort in
euer Bett. Remus, du wirst Peter und mich zum Zaubereiministerium begleiten.
Jetzt sofort. Severus, du holst ein Fläschchen Veritaserum aus deinen Vorräten
und kommst sofort nach. Minerva, du hältst hier die Stellung. Wollen wir
hoffen, dass es noch nicht zu spät ist."
Mit diesen Worten löste sich die kleine Versammlung auf und mit ein paar wenigen energischen Worten trieb Professor McGonagall auch ihre beide Schüler zurück in den Gemeinschaftsraum.
****
„Glaubst du, sie schaffen es?", fragte Ginny leise.
„Ich weiß es nicht.", Harrys Stimme klang angespannt.
Die beiden saßen auf dem Sofa vor dem behaglich flackernden
Kamin. Zumindest saß Harry. Ginny lag mit dem Kopf auf seinen Oberschenkeln und
spürte seine Hand, die immer wieder nervös durch ihr rotes Haar strich.
Die Situation hatte sich einfach so ergeben und Ginny
fürchtete fast, Harry könne ihr Herz schlagen hören, so laut kam es ihr vor.
Auch wenn sie sich vielleicht eingebildet hatte, nichts mehr für Harry zu
empfinden und sich immer häufiger mit Lee getroffen hatte, so hatte ihr dieser
Tag einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie empfand sehr wohl noch etwas
für Harry.
„Ich habe Angst.", sagte Harry auf einmal.
„Angst wovor?"
Sie waren alleine im Gemeinschaftsraum, alle anderen waren
schon zu Bett gegangen und sie mussten keine Angst haben, belauscht zu werden.
„Dass sie mir Sirius auch noch nehmen. Er ist das Einzige,
außer vielleicht Professor Lupin, was mir aus der Vergangenheit noch geblieben
ist. Er ist alles, was ich noch habe."
„Er ist nicht das Einzige, was du noch hast.", widersprach
Ginny.
„Aber er ist im letzten Jahr zu einer Art Familienersatz für
mich geworden. Er ist die einzige Person die ich als etwas Vater-ähnliches
beschreiben würde."
Ginny war einen Moment überwältigt davon, dass Harry ihr
seine Gefühlswelt so offen darbot. Normalerweise war er eher verschlossen und
ob der Unsicherheit, die jetzt aus seiner Stimme herauszuhören war, wurde sie
von einer Welle der Zuneigung erfasst.
„Ich bin sicher, Dumbledore und Professor Lupin sind
rechtzeitig gekommen. Und wenn Snape ihnen noch das Veritaserum bringt, ist
Sirius so gut wie auf freiem Fuß."
Harry strich ihr kurz über die Wange und Ginny erschauderte
unter dieser Berührung.
„Danke.", sagte er und zum ersten Mal seit vielen Tagen sah
Ginny wieder ein Lächeln auf seinem Gesicht, das seine Augen erreichte.
Lange Zeit sagten sie kein Wort, sondern hörten einfach nur
auf die beruhigende Stille, die lediglich vom Knacken des Holzes im Kamin
unterbrochen wurde. Harry sah auf Ginny herab. Sie hatte die Augen geschlossen
und atmete regelmäßig. Es schien, als würde sie schlafen und lediglich ihr hin-
und herwippender Fuß zeugte vom Gegenteil. Das Feuer zauberte helle
Lichtreflexe in ihr Haar und es schien, als stünde es in Flammen.
Jetzt war eigentlich genau der richtige Zeitpunkt, überlegte
er. Aber würde sie . . . das Richtige antworten?
„Ginny?", fing er unsicher an.
„Mhm?", kam es leise zurück.
„Würdest du . . . mit mir zum Ball gehen?"
Ginny öffnete ihre grauen Augen und sah Harry prüfend an.
„Die Wievielte bin ich, die du fragst?", zu einfach würde sie es ihm auch nicht
machen.
Harry sank ob des kühlen Tons in ihrer Stimme der Mut. „Die
Erste.", sagte er vorsichtig.
„Und was machst du, wenn ich Nein sage?"
Jetzt war Harry vollkommen davon überzeugt, sich zum Narren gemacht zu haben.
„Ähm . . .", stotterte er, „ich . . . weiß nicht . . .
wahrscheinlich gar nichts?"
Unwillkürlich musste Ginny grinsen. Er klang so hilflos. „Du
musst dir keine Sorgen machen. Ich würde gerne mit dir zum Ball gehen."
Amüsiert beobachtete sie, wie Harry sie ungläubig ansah und
sich dann ein zaghaftes Lächeln auf sein Gesicht stahl. Er sagte nichts, doch
Ginny verstand auch so, dass er sich freute.
„Harry?", begann sie nach einer Weile wieder.
Jetzt war es an ihm, einen fragenden Laut von sich zu geben.
„Danke für die Einladung."
Harry lächelte und nahm vorsichtig Ginny Hand in die seine.
Sie wehrte sich nicht dagegen, als sich ihre Finger ineinander verschränkten.
Kurz darauf jedoch mussten die beiden vor den Aufregungen
des heutigen Tages kapitulieren und sie sanken in einen tiefen, traumlosen
Schlaf.
****
Sodele, bis demnächst! Wird nicht wieder so lange dauern, versprochen.
