Kapitel 8 - Der Geist im Traum

Später, nach dem die Sonne untergegangen war, wurde es windiger, viel windiger als letzte Nacht. Es sah auch so aus, als ob es bald regnen würde. Harry und Severus aßen so schnell wie möglich auf und gingen für die Nacht ins Zelt, Harry war sehr nervös. Es würde ihre erste Nacht sein, in der sie zusammen in ihrem vergrößertem Schlafsack schlafen würden. Severus erschien ihm nicht nervös, aber dieser Mann hatte sogar den Dunklen Lord persönlich täuschen können, ein Faktum was Harry von Zeit zu Zeit Sorge bereitete. Besonders wenn es um sehr intime Dinge ging. Konnte es alles ein Trick sein? Konnte die Kristallkugel ihm etwas vorspielen? Harry wollte nicht so denken, dass konnte nicht sein.

Harry bemerkte plötzlich, dass Severus ihn erwartungsvoll anschaute.

"Was?", fragte Harry und verdrängte diesen Gedanken.

"Ich möchte schlafen gehen, leg dich hinein.", befahl er.

Harry, fragte sich ob Severus' ernster Tonfall ihn irritieren sollte um von der Peinlichkeit der Situation abzulenken. Harry zog sein Kopftuch aus und schüttelte seinen Kopf, dann rann er mit seinen Fingern hindurch um es ein wenig zu ordnen. Harry amüsierte sich darüber, dass Severus genau das selbe tat.

Harry legte sich hinein und Severus folgte ihm direkt. Sie hatten schon die ganzen Jacken über sich gelegt.

"Dreh dich mit dem Rücken zu mir und komm' näher", kommandierte Severus und drehte sich ebenfalls von Harry weg, wie er es immer tat. Harry tat, was er gesagt hatte, fühlte sich ziemlich bescheuert und versuchte nicht daran zu denken, dass das seine Idee gewesen war.

Harry hatte nicht gedacht, dass er in dieser bizarren Position viel schlafen würde, aber er war sehr müde und die neue Wärme tat ihren Teil. Harry träumte.

'Ich will, dass du dich um ihn kümmerst. Pass auf meinen armen gebrochenen Jungen auf. Sei nett zu ihm, ihm wurde viel Leid angetan. Lass ihn nicht gehen, nimm dich seiner an.'

*****

Harry wusste, dass er einen Traum gehabt hatte, aber er erinnerte sich nicht an seinen Inhalt. Was sofort seine Aufmerksam erregte, war dass Severus direkt hinter seinem Rücken lag. Genauer gesagt, bemerkte Harry leicht erschrocken, lag sein Kopf auf seiner Schulter und sein rechter Arm war unter Severus' Brust eingeklemmt. Severus Kopf lag an seinen angelehnt und er wusste nicht, wie er sich aus dieser Lage befreien konnte, ohne Severus aufzuwecken. Er schalt sich selbst dafür, so eine bescheuerte Idee gehabt zu haben. Harry versuchte es nicht, sich zu bewegen, ihm war warm und er fühlte sich sicher. Er fühlte sich geborgen, so nah an seinem Gefährten, bloß die zwei T-Shirts trennten sie voneinander, Harry Arm bewegte sich leicht mit Severus Atmung. Er wollte sich nicht von ihm lösen, er wollte ihn noch mehr umarmen und ihn an sich drücken. Aber ein Teil von ihm wollte Severus aufwecken um dies zu beenden.

Severus hob den Kopf und Harry hatte die Geistesgegenwart die Gelegenheit zu nutzten um sich von ihm wegzudrehen, er hätte ihm wahrscheinlich umgebracht, wenn er ihn so gefunden hätte. Warum hatte er verschwommene Erinnerungen daran, wie Severus seine Hand hielt? Harry dachte: 'Weil du mit einem Kopf voll Gras nicht denken konntest', sagte eine böse Stimme in seinem Kopf, 'Weil er dich liebt', sagte eine andere. Er schaute ihm beim schlafen zu. Man konnte schon das Tageslicht sehen, warum war er noch nicht wach? Harry lehnte sich zu ihm und berührte mit einer Hand sein Gesicht, zu seinem Gefallen, presste Severus seinen Kopf gegen seine Hand und er atmete erleichtert aus.

Harry nutzte die Zeit um Frühstück zu machen, wenn er noch länger im Bett geblieben wäre, hätte er wohl etwas getan, was er später bereuen würde.

*****

Als Severus aufwachte, stellte er fest, das Harry nicht mehr neben ihm lag, aber draußen vor dem Zelt saß und vor sich hin lächelte. Was Severus mehr überraschte, war dass er sich sehr ausgeruht fühlte, er hatte nicht gemerkt, dass er die letzte Zeit so schlecht geschlafen hätte, aber diesmal fühlte er sich viel besser. Es sah danach aus, als ob es Harry ähnlich ging.

Severus ging nach draußen und sah, dass Harry Frühstück machte.

"Bleib wo du bist", meinte Severus und stellte sich mit seinem Kopftuch hinter ihn. Er wollte die Gelegenheit nicht verloren gehen lassen, die Harry ihm gegeben hatte, er wollte sich für gestern Abend revanchieren. Severus ging es sehr langsam an. Er fasste in Harrys Haare und kämmte sie Strähne für Strähne zurück. Als er dies nicht länger herauszögern konnte, wickelte er ihm das Tuch um den Kopf und passte auf, dass es die gesamte Narbe überdeckte. "So, du brauchst mich also nicht mehr zu fragen, ob es alles verdeckt.", sagte Severus. 'Eine sehr dünne Erklärung', schalt er sich.

*****

Nach zwei Wochen erreichten Severus und Harry Stirling. Sie mussten sich nicht mehr beeilen, sie waren schon seit Mitte Juni unterwegs und jetzt war es Ende Oktober. Sie mussten nicht immer unterwegs sein, sie konnten auch mal nur 7 oder 8 km pro Tag laufen, sie brauchten nicht mehr ihr 15km Pensum zu erfüllen und es war noch nichts passiert bis jetzt. Severus wagte daran zu denken, dass man sie nicht verfolgte oder suchte, dass sie es erfolgreich geschafft hatten unterzutauchen.

Harry ging nun immer neben Severus her und die meiste Zeit, wenn sie unterwegs waren, las er ihnen vor und Severus musste ihm am Rucksack festhalten um ihn zu lenken, damit er sich auf das Buch konzentrieren konnte. Severus hatte sich entschieden, Harry von seinem anderen Geheimnis zu erzählen, hatte aber noch nicht den Mut dazu. Er war oft nachts aufgewacht und ihn an ihn geschmiegt gefunden. Sie heilten sich gegenseitig, machten sich gegenseitig die Haare, es wurde Zeit. Sie waren nun besten Freunde, selbst wenn sie nicht in dieser Isolation wären.

Sie gingen durch einen Park von Stirling Castle. Severus schaute zu Harry, der immer noch las und jetzt mit seiner Hand unter sein Kopftuch griff und sich krazte.

"Alles in Ordnung?", fragte Severus und Harry hörte auf zu lesen um sich mehr kratzen zu können.

"Ja, es juckt nur ein bisschen", antwortete Harry und las weiter vor.

Sie gingen weiter und Harry beobachtete ihn um sicher zu gehen, dass wirklich alles in Ordnung war. Diesen Abend, wenn sie das Zelt aufgebaut hatten, würde er ihn fragen, ihm sein Geheimnis erzählen und ihn dann fragen, dachte Severus. Ohne darüber nachzudenken, was er tat, griff er nach Harrys Hand. Er schaute nicht auf, machte aber eine kurze Pause und las dann aber weiter. Harry schloss seine Hand um seine. Sie gingen weiter und hielten sich an der Hand.

Severus schaute zum Schloss hoch, aber plötzlich fühlte er einen Druck auf seiner Hand und Harry hörte plötzlich auf zu lesen. Das Schloss war vergessen, Severus drehte sich zu Harry um und sah das Buch auf dem Boden liegen, Harry saß zusammengekrümmt da, fasste sich mit einer Hand an die schmerzende Stirn und mit der anderen hielt er Severus Hand. Er drückte sie sehr fest.

Harry schaute zu Severus auf und er sah die Panik in seinen Augen bis er von einer weiteren Schmerzwelle erfasst wurde. Severus überlegte, was passieren würde.

"Setz dich, hier auf das Gras, lass uns uns hinsetzten, bis es vorbei ist", schlug Severus vor.

"Sit down, here on the grass, we'll just sit down till it passes." Severus suggested.

Harry nahm seine Hand von der Stirn weg und hielt sich an Severus Arm fest, als ihn erneut der Schmerz traf und er versuchte verzweifelt nicht zu schreien. Sie sanken auf den Boden und Severus zog ihn zu sich hin, damit er sich anlehnen konnte.

"Eine Vision?", fragte Severus.

"Noch nicht", stammelte Harry.

Die Schmerzen kamen und gingen durch Harry Narbe und es sah so aus, als wäre das einzige, was sie tun konnten, abwarten. Severus hatte den Arm um ihn gelegt um ihn nahe bei sich zu halten und sie sahen ein paar Leute, die sich schnell von ihnen entfernten. Die blöden Muggel konnten nicht schnell genug weg kommen, dachte Severus, nicht dass sie wirklich ihre Hilfe wollten.

Harrys Atem verschnellerte sich und sein Kopf sank auf Severus Arm.

"Nein.nein...", murmelte Harry. Er war nicht ansprechbar, trotzdem erkannte Severus, dass er ihm sinnloses Zeug zu flüsterte, weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte.

Harry fing an zu weinen und kratze sich an seiner Narbe, er murmelte etwas Unverständliches, aber Severus hielt ihn fest. Tränen rannen ihm über das Gesicht als er seinen Kopf nach Vorne und Hinten warf, verloren in was auch immer die Vision mit ihm tat. Als Harry sich weiter unkontrolliert bewegte, überprüfte Severus schnell, ob niemand in der Nähe war und drückte Harry an sich und hielt ihn fest.

Nach einer Ewigkeit wurde Harry ruhig. Er kühlte schnell ab, jetzt wo er auch den Rucksack nicht mehr trug.

"Harry?", fragte Severus und versuchte ihn aufzuwecken. Sie konnten nicht länger auf dem nassen Gras sitzen und es wurde immer kälter. Harry schien komplett bewusstlos zu sein, Severus konnte nichts anderes tun als warten. Wenn da nicht die Rucksäcke wären, hätte er Harry vielleicht tragen können, aber nicht so.

Es wurde später Nachmittag, die Anzahl der Leute in ihrer näheren Umgebung verringerte sich und bald war niemand mehr in Sicht. Das Licht schwand und Severus' Arme taten weh, er wollte das Harry bald aufwachte.

Severus beschloss doch zu versuchen Harry zu tragen, als er fühlte, wie er sich langsam in seinen Armen bewegte. Als erstes fühlte er sich dämmrig und verwirrt, aber ein paar Minuten später schaute er zu ihm auf, immer noch leicht verwirrt. Severus lächelte beinahe vor Erleichterung.

"Es ist dunkel", sagte er leicht undeutlich.

"Gut gemacht, Potter. Deine Auffassungsgabe erstaunt mich", sagte Severus und hoffte, dass Harry aufstehen würde, damit er sich nicht in der bizarren Pose wiederfand, in der sie sich gerade befanden. Es überraschte ihn, dass Harry keine Anstalten machte aufzustehen oder etwas zu erwidern, obwohl ihm doch klar sein musste, dass Severus, das Kerkermonster ihn wie ein Baby im Arm hielt.

"Kannst du aufstehen?", fragte Severus, "Wir müssen einen Platz zum Schlafen finden."

"Entschuldige", sagte Harry, er lag immer noch in seinen Armen.

"Entschuldigung für was?", fragte Severus, erstaunt darüber, dass es Harry nichts ausmachte, so zu liegen.

"Das ich auf dich gefallen bin, es kam so plötzlich."

"Sei ruhig Harry, versuch aufzustehen", sagte Severus und bemerkte zu spät, dass er in einem ziemlich schroffen Ton sprach. Harry hatte ihn ziemlich Angst gemacht und seine Nerven waren noch immer bis zum Zerreißen gespannt.

Severus hob Harry auf die Füße und konnte aber nicht losgehen, weil Harry sich noch immer an ihn klammerte.

Sie müsste mindestens noch einen Kilometer laufen und Harry konnte es einfach nicht, dachte Severus, als sie an einem Bed & Breakfast Hotel vorbei gingen. Er hatte schon überlegt, ihn in nächster Zeit mit so was zu überraschen und dies schien ihm nun der beste Zeitpunkt zu seinen, sie brauchten heute wirklich ein richtiges, warmes Bett.

"Stell dich gerade hin und schau wach aus", sagte Severus zu ihm, als sie den Eingang erreichten.

Die Besitzern des Hotels war nicht ganz so seltsam, wie die letzte und als Severus nach einem Doppelzimmer fragte, drückte sie ihm den Schlüssel in die Hand und sagte ihm, dass sie nur noch eines mit einem Doppelbett hätten, sie hoffe, dass das in Ordnung ginge. Dann winkte sie ihnen, was doch ein bisschen seltsam war, fand Severus. Harry hielt sich immer noch an seinem Arm fest, aber Severus war erfreut zu sehen, dass er nicht noch mehr Aufsehen erregt hatte und sich nicht auffällig verhalten hatte.

Als Severus die Tür in ihrem Zimmer hinter sich schloss, ließ sich Harry erschöpft auf ihrem Bett fallen. Er bemerkte erfreut, dass das Schicksal sie wieder unter ein Lacken brachte.

"Ich muss wissen, was du in deiner Vision gesehen hast, dann kannst du schlafen.", sagte Severus und wünschte, dass er nicht fragen brauchte.

"Oh", antwortete Harry und versuchte seine Gedanken zu ordnen, "Es war eine Zaubererfamilie, ich erkannte sie aber nicht, sie wurden von den Anhängern des Dunklen Lord getötet, alle, der Dunkle Lord selber stand dabei und sah zu. Es reicht nicht aus, um mich zu ihm laufen zu lassen", sagte Harry mutig.

"Ich könnte dir noch mal versuchen dir das Blockieren von solchen Visionen beizubringen", bot Severus ihm an.

Harry verspannte sich, "das brauchst du nicht."

"Es wäre nicht wie damals", versuchte ihn Severus zu überzeugen.

"Ich habe von Dumbledore gelernt, wie ich ihm meinen Verstand verschließen kann. Ich kann die Visionen behalten", antwortete Harry, "sie werden uns so nicht finden."

"Ich dachte eher an dich", erwiderte Severus, "Ich bin besorgt, was die Vision bei dir anrichten."

Harry zuckte mit den Schultern. "Es ist der einzige Kontakt, den wir zu unserer Welt noch haben. Ich muss wissen, was vor sich geht, wir müssen das wissen."

Severus konnte nichts dagegen sagen. "Gut, das muss reichen. " Er setzte sich auf eine Ecke des Betts.

"Es ist so heiß", bemängelte Harry.

"Dann zieh ein paar von deinen Mänteln aus", sagte Severus amüsiert, die Vision schien Harry ein wenig durcheinander gebracht zu haben.

"Oh", antwortete Harry, "ich vermute ich muss mich an das erst wieder gewöhnen."

Sie standen auf den gegenüberliegenden Seiten des Bettes und drehten sich den Rücken zu als sie sich langsam auszogen. Obwohl sie schon so dicht beieinander geschlafen hatten, hatten sie sich noch nicht voreinander ausgezogen. Severus wartete bis Harry unter die Decke geschlüpft war, bis er ihm folgte. Harry drehte sich respektvoll um, lag auf der Seite und schloss die Augen.

Severus drehte sich ebenfalls von Harry weg, hier gab es keine Entschuldigung der Kälte, dicht beieinander zu liegen und die Matratzen waren so gut, dass sie nicht zufällig aneinander rollen konnten. Er musste Harry von seinem Geheimnis erzählen, jetzt, nachdem er die ersten Visionen gehabt hatte. Sie hatten kaum noch Zeit und vielleicht konnten die Macht der Zwillingsschwerter Harry dabei helfen, mit seinen Visionen umzugehen. Er würde ihm am nächsten Abend davon erzählen, wenn es dunkel war, sie konnten nicht riskieren damit gesehen zu werden.

*****

'Severus stellte sich hinter Harry und schlang die Arme um seinen Hals. Sie trugen beide Roben, wie die die Severus als Lehrer getragen hatte, nur Harrys war etwas länger.

"Kannst du es fühlen?", fragte Harry und legte seinen Kopf auf Severus' Schulter

"Ja", antwortete Severus und küsste Harrys Hals, "es dauert nicht mehr lange."

"Yes." Severus replied kissing Harry's neck, "Not long to go now."

"Nun werde ich doch eine Familie haben", sagte Harry zu Severus und drehte sich um, so dass er ihn ebenfalls umarmen und diese zarten Lippen küssen konnte..'

Harry erwachte zitternd und setzte sich im Bett auf. "Was zum...?", fragte er laut, "verdammt!"

Harry versuchte seine Atmung zu kontrollieren, glücklicherweise war Severus nicht aufgewacht. Er schaute zu ihm herab, sein Gesicht wurde von den Straßenlichtern von draußen beschienen, sie hatten die Vorhänge nicht geschlossen. Die Erinnerung von Severus Händen auf seinem Körper kam in ihm hoch, er benutzte seine Heilkräfte um etwas dort zu spüren, ein Leben. Harry legte sich wieder auf sein Kissen. Noch weitere solcher Träume und sein Leben würde gar nicht mal so seltsam aussehen dagegen. Er legte sich auf die Seite und schloss die Augen. Es dauerte eine Weile bis er eingeschlafen war.

'Harry stand im Büro des Schulleiters am Bücherregal und las irgendein Buch als Severus durch die Tür kam. Er trug seine Lehrerobe und hatte seine strenge Professormiene aufgesetzt. Ein kleines Mädchen, mit dunkel gelockten Haaren, etwa vier Jahre alt, sie trug ein schönes Samtkleidchen, rannte von Harry zu Professor Snape. Er kniete sich zu ihr und hielt sie im Arm. Das Mädchen lachte und er kitzelte sie, bis sie freudig quiekte und auf Severus Gesicht war ein Lächeln zu sehen'

Harry richtete sich im Bett auf. "Eine Nacht in einem bequemen Bett und ich kann es nicht mal genießen!"

"Huh?", fragte Severus, noch halb schlafend.

"Nichts, bloß ein paar verrückte Träume."

"Träume? Sicher?"

"Ja, nur blöde, verrückte Träume", bestätigte Harry und kuschelte sich wieder in sein Kissen.

Severus drehte sich um und Harry kratzte sich an seiner Narbe, was es nur noch schlimmer machte... "Scheiße."

"Was?", fragte Severus und drehte sich zu ihm um.

"Die Narbe juckt", erklärte Harry.

"Denkst du, dass sie wissen, dass wir heute eine Matratze haben?", sagte Severus seufzend.

"Normalerweise kratze ich mir dann immer die Stirn blutig, aber das passierte nicht mit dir, was immer du gemacht hast, kannst du es noch mal machen?", fragte Harry.

"Ja, natürlich", sagte Severus als Harry sich wieder zusammenrollte und seine Hände gegen die Stirn presste, als es wieder anfing weh zu tun.

Severus setzte sich auf. "Leg dich auf meinen Schoß und lass mich deine Arme halten", sagte Severus.

Harry schaffte es schließlich Severus Vorschlag nach zukommen.

Als es aufhörte weh zu tun, bemerkte Severus, dass Harrys Reaktion auf die Vision nicht ganz so heftig war, aber es dauerte eine Weile, bis er wieder ruhig in seinen Armen lag. Severus legte die Bettdecke um sie herum, damit Harry nicht fror.

Severus hielt Harry dicht bei ihm, er drehte sich viel langsamer um, als vorher. Er lag bewegungslos in Severus Armen und das einzige wirkliche Lebenszeichen von ihm war, dass er seinen Kopf ein wenig zur Seite bewegt hatte und schluckte.

Severus war erleichtert, dass es vorüber war und er fragte sich, ob er sich jemals daran gewöhnen konnte. Er fühlte die Zartheit von Harry, als er so auf ihn herab schaute, wie er in seinen Armen lag, so friedlich schien.

"Du bist sicher hier", flüsterte Severus überflüssigerweise. Er war ihm so nah. Severus Lippen näherten sich seinen und berührten sie fast. Harry öffnete seinen Mund leicht, für Severus irrationalen Verstand sah das wie eine Einladung aus. Er lehnte sich nach vorne und küsste ihn sanft. Harry seufzte und öffnete seinen Mund ein Stück weiter. Severus lehnte sich weiter nach unten und vertiefte den Kuss, er war überrascht als Harry, der sich sonst bewegungslos in seinen Armen lag, ihn gewähren ließ und seinen Kuss erwiderte. Severus küsste ihn erneut, stützte dabei Harry Kopf mit seiner Hand, ein paar Minuten lang, aber als er aufhörte, schien es als wären es nur fünf Sekunden gewesen. Harry bewegte sich mehr und mehr und Severus konnte keinen weiteren Kuss riskieren und er ärgerte sich über sein Verhalten, warum tat er das. Es war nicht notwendig, nicht in dieser Situation? Wie konnte er sich einen solchen Wahnsinn erlauben? Er wollte Harry durch seine Visionen helfen, nicht ihn verschrecken, er war wohl selber ohnmächtig.

Als er zu ihm hinunter schaute, war Harry wieder bei vollem Bewusstsein, in seinem Gesichtsausdruck war nichts über ihren Kuss zu sehen, er schaute zu ihm auf.

"Was war es diesmal?", fragte Severus und bemerkte, dass Harry nicht wütend war, nur ein bisschen müde.

"Die Dursleys", antworte Harry und zuckte mit den Schultern. "Er muss sich ein bisschen besser anstrengen!"

Harry schien kein Mitleid oder sonst irgendetwas zu empfinden. Er wusste von dem Missbrauch, aber der Junge würde doch immer noch etwas fühlen. Wahrscheinlich hatte er es noch nicht wirklich realisiert, dachte Severus.

Severus hatte eine neue Flasche Whisky gekauft und dachte, dass er sie jetzt zum Einsatz bringen konnte. Er bot Harry ein Glas an, das er in ihrem Zimmer gefunden hatte.

"Es hilft dir zu schlafen", sagte er ihm.

*****

Am nächsten Morgen aßen sie von einem riesigem Früstücksbuffet. Harry als hätte er seit Wochen nichts Richtiges zu essen gehabt, was leider auch nicht sehr weit von der Wahrheit entfernt war. Davon abgesehen, dachte Severus, dass etwas nicht stimmte. Er hatte erwartet, dass Harry wütend wäre, nachdem was zwischen ihnen passiert war, nicht dass er sich zurückzog. Von Harry Appetit abgesehen war es beinahe so wie an ihrem ersten Tag. Harry schaute Severus nicht an. Wenn er ihn ansprach, bekam er einsilbige Antworten, nicht mehr als nötig. Er saß einfach nur da und aß alles, was ihm in die Finger kam.

Severus konnte nicht an ihren verstohlen Kuss denken ohne ihn mit Harrys Veränderung in Verbindung zu bringen. Natürlich konnte man damit argumentieren, dass Harry von den Visionen geschafft war, aber er konnte den Ausdruck in Harrys Augen nicht vergessen und wie er ihn abwies. Es deutete alles auf dieses Problem mit viel persönlicherer Natur zwischen ihnen hin.

*****

Sie gingen aus Stirling weg sobald sie mit dem Frühstück fertig waren und Severus die Rechnung bezahlt hatte. Harry fühlte sich immer noch müde, aber er konnte nicht erwarten, wieder frische Luft zu schnappen, selbst wenn sie bitterkalt war. Es war nicht windig, aber der Boden war vereist, das Gras knirschte, als sie darüber gingen. Harry hatte alle Knöpfe an seinem Mantel zugeknöpft und seine Hände in die Taschen gesteckt. Er lief vor Severus und machte keine Anstalten zu lesen, seine Hände würden sonst kalt werden und er würde sie nicht wieder aufwärmen können.

Harry wollte ihn nicht anschauen, es war seltsam mit diesen ganzen merkwürdigen Gedanken in seinem Kopf und außerdem diesen Fantasien neben ihm zu laufen. Nach dieser wohl seltsamsten Nacht seines Lebens konnte Harry nur an diese merkwürdigen Träume mit ihm und Severus denken und wie gut sich die glücklichen Träume angefühlt hatten. Nicht, dass so etwas wollte, was sie ihm gezeigt hatten, was er wollte, war das Gefühl von Sicherheit und Zufriedenheit, so hatte es sich angefühlt, sie wanderten nicht durch die Wildnis, sie hatten ein Zuhause. Und dann noch die Sache mit dem Tod der Dursleys, Harry dachte, sein Kopf würde explodieren. Er hoffte, dass Severus ihn verstehen würde und seine Kurzangebundenheit ignorierte, er wusste selber nicht, was er von diesen Träumen halten sollte. Der letzte Traum nach der Vision von den Dursleys war der Schlimmeste und das nach dem Whisky. Er wollte sich nicht daran erinnern. Er lag im Bett mit Severus, er hatte Severus' an seine Brust gehalten. Severus schwitzte, er schrie vor Schmerzen, er hatte nur Harry bei sich. Harry wusste nicht, ob der Dunkle Lord ihm diese Träume schickte, um ihn verrückt werden zu lassen. Sie verursachten einige Peinlichkeiten. Die Erinnerungen an den Kuss kamen zurück, dieser Traum war am realsten, sehr intensiv, aber es war ein Traum gewesen, ganz sicher. Harry würde sich nicht an einer realen Wiederholung dieses Traumes stören, aber er wollte die Gedanken an Severus in seinen Armen sterbend aus seinem Kopf verdrängen.

*****

Severus wollte ihm heute sein Geheimnis verraten, aber er war sich nicht mehr sicher, ob das eine gute Idee war. Aber er musste es, die Vision ließen es nicht anders zu. Die letzten Monaten würden sich wie ein Spielchen im Vergleich dazu anfühlen.