Ein anderer Ort, eine andere Zeit.
Es war kalt am Rande des Waldes und der junge Mann zog den dünnen Umhang fester um den Oberkörper, um den Wind davon abzuhalten, noch tiefer in seine Knochen einzufahren, als er es ohnehin schon tat. Seine Augen schmerzten. Einen Moment lang nahm er die halbmondförmige Brille ab und massierte die Druckstellen, die sie am oberen Ende seiner Nase hinterließen.
Er mochte die Brille nicht, aber sie war notwendig. Alberforth drängte ihn zwar immer, den Sehfehler mit einem Zauber korrigieren zu lassen, doch er war dagegen. Es gab und sollte eben Dinge geben, die man nicht unbedingt mit Zauberei aus der Welt schaffen konnte. Und die Schwäche seiner Augen war eben eine solche Sache.
Alberforth! Ha! Sein kleiner Bruder würde Sternschnuppen staunen, wenn er mit einem untrüglichen Beweis zurück kam, das es einem Zauberer doch gelingen konnte, das zu tun, was bislang noch niemandem gelungen war. Wochenlang hatten sie heftigst darüber gestritten, ob es einen längst vergessenen Zauberspruch oder irgendeinen geheimnisvollen Trank gab, der es seinem Besitzer ermöglichte, sich einen uralten Zauberertraum, der selbst den Muggeln nicht ganz unbekannt war, zu erfüllen oder nicht. Sein Bruder hatte stur auf seiner Meinung beharrt, das es ein derartiges Mittel nicht gab, doch seine Sturheit hatte ihn wiederum nur noch mehr dazu angestachelt, einen Weg zu suchen, um seinem Bruder das Gegenteil zu beweisen. Und es war letztlich so einfach gewesen, das er sich fragte, warum bislang noch niemand darauf gekommen war.
Zugegeben, er fühlte sich nicht ganz wohl bei der ganzen Angelegenheit. Vielleicht hätte er doch nicht so unvorbereitet aufbrechen sollen, wie er es getan hatte. Zumindest eine Nachricht hätte er hinterlassen können, um seine Familie nicht im unklaren darüber zu lassen, wo er war. Du Narr, schalt er sich im nächsten Augenblick selbst, "wo" ist dafür wohl kaum der richtige Ausdruck und selbst, wenn sie es wüßten, würde es ihnen nicht viel nützen, denn sie konnten ihm ja schlecht dorthin folgen, wo er sich jetzt befand. Zu aufgeregt und enthusiastisch war er gewesen, als er den Weg zu seinem Ziel gefunden hatte, um an die Folgen zu denken und sich dementsprechend auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Nein, er war direkt ins kalte Wasser gesprungen, was sonst keineswegs seinem bedächtigen und ernstem Naturell entsprach und sich vielleicht noch bitterlich rächen konnte.
Sein Magen knurrte. Natürlich hatte er vergessen, sich für seine Reise mit ausreichend Proviant zu versorgen und sein Geldbörse war ebenso leer wie sein Magen, wenn auch nicht so laut. Wie hatte er auch nur so unvernünftig sein können und sich mit nichts anderem am Leib als seinen Kleidern und dem Zauberstab, den er, Merlin sei Dank, nicht auch noch vergessen hatte, auf den Weg machen können?
Mit einem Griff versicherte er sich, dass sein Zauberstab auch wirklich dort saß, wo er hingehörte und nicht aus dem Umhang fallen konnte. Ein Grinsen breitete sich über sein Gesicht aus, als er neben dem Stab etwas hartes metallisches erfasste. Es war eine kleine Dose aus ziseliertem Silber mit seinen Initialen darauf und dem Gryffindor-Löwen. Sie funkelte im hellen Tageslicht und einen kurzen Augenblick lang verspürte er so etwas wie Heimweh.
Er öffnete die Dose. In ihr befanden sich unzählige ovale Süßigkeiten, die in allen Regenbogenfarben schillerten und ein sorgfältig gefalteter Zettel, den er an sich nahm, öffnete und las.
"´Mein lieber Bruder, möge Deine Zukunft genauso schillernd sein wie der Inhalt dieser Dose, ebenso süß und niemals enden! Alles Gute zu Deinem Geburtstag wünscht Dir Dein kleiner Bruder!!´ Oh Alberforth, Du hast es also doch nicht vergessen!!!"
Er nahm sich einige der Bonbons und war einen Moment lang erstaunt, als er sah, wie sich die Dose von selbst wieder auffüllte. Eine Träne der Rührung stahl sich aus seinem Auge, während er sich die ersten Stücke in den Mund schob.
"Hmm, das sind ja Brausebonbons! Und dann auch noch Zitrone! Meine absolute Lieblingssorte... dann kann ja überhaupt nichts mehr schief gehen!"
Der junge Mann mit dem schulterlangem dunklem Haar schloss die Dose, steckte sie zurück in den Umhang, in dem sein Bruder sie heimlich deponiert hatte, und strich sich nachdenklich über das Kinn, an dem sich bereits der erste Bartflaum zeigte. Das war noch der leichtere Teil gewesen, doch die wahre Herausforderung wartete noch auf ihn. Er mußte den Beweis erbringen, das er wirklich dort gewesen war, wo er vorgeben würde, gewesen zu sein und eines war klar: sein Bruder würde sich nicht mit einigen Andenken zufrieden geben sondern den ultimativen, unwiderlegbaren Beweis einfordern, der über jeden Zweifel erhaben war und jeder Prüfung standhalten würde.
Er hatte sich schon während seines Fußmarsches durch den Wald nahezu das Gehirn darüber zermartert, was Alberforth wohl anerkennen würde. Es mußte etwas großartiges, einmaliges sein, was allen den Atem stocken lassen würde bei seinem Anblick, doch was nur, beim Merlin?
Beim Merlin... das war es, schoss es ihm durch den kopf. Ja, das könnte klappen... vergnügt setzte er seinen Weg fort.
Einige Meilen die Hügel hinunter vor ihm lag eine kleine Siedlung, die er auf diese Entfernung ohne seine Brille wohl kaum erkannt hätte. Es war lediglich eine Ansammlung von baufälligen Hütten, nichts, was die Bezeichnung Dorf oder gar Stadt auch nur annähernd verdient hätte. Die Behausungen waren von recht simpler Konstruktion und doch ausreichend, um menschliches Leben vor den Unbillen der Natur zu schützen. Ein Muggeldorf eben, das ein vernunftbegabter Zauberer nur unter widrigsten Umständen in einer Ausnahmesituation betreten würde. Er seufzte. Ihm würde wohl nichts anderes zu tun übrig bleiben.
Rauch quoll aus einigen Kaminen hervor und begierig zog der junge Zauberer die Luft mit all ihren Gerüchen und Düften ein. Alles erinnerte ihn ein wenig an Hogsmeade, dem Dorf in der Nähe von Hogwarts und der einzige Ort, den er kannte, in dem nur Zauberer und Hexen lebten und wohnten.
In dem Dorf vor ihm würde es allerdings mit Sicherheit keine Schenke "Zu den drei Besen" geben und Butterbier war dort sicherlich gänzlich unbekannt. Und auf Zauberer und Hexen waren sie sicherlich auch ganz und gar nicht gut zu sprechen. Er musste sehr vorsichtig sein und gut aufpassen. Er konnte sich wahrlich etwas Besseres vorstellen, als wie Wendeline die Ulkige zu enden. Er grinste. Vielleicht traf er sie sogar auf seiner Reise und hatte endlich einmal die Gelegenheit, ihr zu berichten, wie sehr ihn die Geschichten über sie in Hogwarts amüsiert hatten. Nun, sie hieß nicht umsonst "die Ulkige".
Mit festem Schritt machte der junge Zauberer sich auf den Weg. Er lachte. Vielleicht fand er da unten in dem Muggelort ja jemanden, der für einen hungrigen Wanderer einige Kanten Brot und einen Krug von dem Getränk übrig hatte, das die Muggel Starkbier nannten. Das Ziel war noch weit entfernt und Zeit war ein Luxus, den er sich eigentlich nicht leisten konnte, wenn er auf seinem Magen Rücksicht nahm, der fauchte und knurrte wie ein ausgewachsener Knirk.
Er konnte in diesem Moment noch nicht ahnen, wie knapp und kostbar die Zeit bereits für ihn zu werden begann, denn eine Macht, die so finster war, das selbst die dunkelste Nacht dagegen verblassen mußte, hatte bereits seine Schergen ausgesandt, um ihn zu finden und zu töten:
VOLDEMORT
***
Es war kalt am Rande des Waldes und der junge Mann zog den dünnen Umhang fester um den Oberkörper, um den Wind davon abzuhalten, noch tiefer in seine Knochen einzufahren, als er es ohnehin schon tat. Seine Augen schmerzten. Einen Moment lang nahm er die halbmondförmige Brille ab und massierte die Druckstellen, die sie am oberen Ende seiner Nase hinterließen.
Er mochte die Brille nicht, aber sie war notwendig. Alberforth drängte ihn zwar immer, den Sehfehler mit einem Zauber korrigieren zu lassen, doch er war dagegen. Es gab und sollte eben Dinge geben, die man nicht unbedingt mit Zauberei aus der Welt schaffen konnte. Und die Schwäche seiner Augen war eben eine solche Sache.
Alberforth! Ha! Sein kleiner Bruder würde Sternschnuppen staunen, wenn er mit einem untrüglichen Beweis zurück kam, das es einem Zauberer doch gelingen konnte, das zu tun, was bislang noch niemandem gelungen war. Wochenlang hatten sie heftigst darüber gestritten, ob es einen längst vergessenen Zauberspruch oder irgendeinen geheimnisvollen Trank gab, der es seinem Besitzer ermöglichte, sich einen uralten Zauberertraum, der selbst den Muggeln nicht ganz unbekannt war, zu erfüllen oder nicht. Sein Bruder hatte stur auf seiner Meinung beharrt, das es ein derartiges Mittel nicht gab, doch seine Sturheit hatte ihn wiederum nur noch mehr dazu angestachelt, einen Weg zu suchen, um seinem Bruder das Gegenteil zu beweisen. Und es war letztlich so einfach gewesen, das er sich fragte, warum bislang noch niemand darauf gekommen war.
Zugegeben, er fühlte sich nicht ganz wohl bei der ganzen Angelegenheit. Vielleicht hätte er doch nicht so unvorbereitet aufbrechen sollen, wie er es getan hatte. Zumindest eine Nachricht hätte er hinterlassen können, um seine Familie nicht im unklaren darüber zu lassen, wo er war. Du Narr, schalt er sich im nächsten Augenblick selbst, "wo" ist dafür wohl kaum der richtige Ausdruck und selbst, wenn sie es wüßten, würde es ihnen nicht viel nützen, denn sie konnten ihm ja schlecht dorthin folgen, wo er sich jetzt befand. Zu aufgeregt und enthusiastisch war er gewesen, als er den Weg zu seinem Ziel gefunden hatte, um an die Folgen zu denken und sich dementsprechend auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Nein, er war direkt ins kalte Wasser gesprungen, was sonst keineswegs seinem bedächtigen und ernstem Naturell entsprach und sich vielleicht noch bitterlich rächen konnte.
Sein Magen knurrte. Natürlich hatte er vergessen, sich für seine Reise mit ausreichend Proviant zu versorgen und sein Geldbörse war ebenso leer wie sein Magen, wenn auch nicht so laut. Wie hatte er auch nur so unvernünftig sein können und sich mit nichts anderem am Leib als seinen Kleidern und dem Zauberstab, den er, Merlin sei Dank, nicht auch noch vergessen hatte, auf den Weg machen können?
Mit einem Griff versicherte er sich, dass sein Zauberstab auch wirklich dort saß, wo er hingehörte und nicht aus dem Umhang fallen konnte. Ein Grinsen breitete sich über sein Gesicht aus, als er neben dem Stab etwas hartes metallisches erfasste. Es war eine kleine Dose aus ziseliertem Silber mit seinen Initialen darauf und dem Gryffindor-Löwen. Sie funkelte im hellen Tageslicht und einen kurzen Augenblick lang verspürte er so etwas wie Heimweh.
Er öffnete die Dose. In ihr befanden sich unzählige ovale Süßigkeiten, die in allen Regenbogenfarben schillerten und ein sorgfältig gefalteter Zettel, den er an sich nahm, öffnete und las.
"´Mein lieber Bruder, möge Deine Zukunft genauso schillernd sein wie der Inhalt dieser Dose, ebenso süß und niemals enden! Alles Gute zu Deinem Geburtstag wünscht Dir Dein kleiner Bruder!!´ Oh Alberforth, Du hast es also doch nicht vergessen!!!"
Er nahm sich einige der Bonbons und war einen Moment lang erstaunt, als er sah, wie sich die Dose von selbst wieder auffüllte. Eine Träne der Rührung stahl sich aus seinem Auge, während er sich die ersten Stücke in den Mund schob.
"Hmm, das sind ja Brausebonbons! Und dann auch noch Zitrone! Meine absolute Lieblingssorte... dann kann ja überhaupt nichts mehr schief gehen!"
Der junge Mann mit dem schulterlangem dunklem Haar schloss die Dose, steckte sie zurück in den Umhang, in dem sein Bruder sie heimlich deponiert hatte, und strich sich nachdenklich über das Kinn, an dem sich bereits der erste Bartflaum zeigte. Das war noch der leichtere Teil gewesen, doch die wahre Herausforderung wartete noch auf ihn. Er mußte den Beweis erbringen, das er wirklich dort gewesen war, wo er vorgeben würde, gewesen zu sein und eines war klar: sein Bruder würde sich nicht mit einigen Andenken zufrieden geben sondern den ultimativen, unwiderlegbaren Beweis einfordern, der über jeden Zweifel erhaben war und jeder Prüfung standhalten würde.
Er hatte sich schon während seines Fußmarsches durch den Wald nahezu das Gehirn darüber zermartert, was Alberforth wohl anerkennen würde. Es mußte etwas großartiges, einmaliges sein, was allen den Atem stocken lassen würde bei seinem Anblick, doch was nur, beim Merlin?
Beim Merlin... das war es, schoss es ihm durch den kopf. Ja, das könnte klappen... vergnügt setzte er seinen Weg fort.
Einige Meilen die Hügel hinunter vor ihm lag eine kleine Siedlung, die er auf diese Entfernung ohne seine Brille wohl kaum erkannt hätte. Es war lediglich eine Ansammlung von baufälligen Hütten, nichts, was die Bezeichnung Dorf oder gar Stadt auch nur annähernd verdient hätte. Die Behausungen waren von recht simpler Konstruktion und doch ausreichend, um menschliches Leben vor den Unbillen der Natur zu schützen. Ein Muggeldorf eben, das ein vernunftbegabter Zauberer nur unter widrigsten Umständen in einer Ausnahmesituation betreten würde. Er seufzte. Ihm würde wohl nichts anderes zu tun übrig bleiben.
Rauch quoll aus einigen Kaminen hervor und begierig zog der junge Zauberer die Luft mit all ihren Gerüchen und Düften ein. Alles erinnerte ihn ein wenig an Hogsmeade, dem Dorf in der Nähe von Hogwarts und der einzige Ort, den er kannte, in dem nur Zauberer und Hexen lebten und wohnten.
In dem Dorf vor ihm würde es allerdings mit Sicherheit keine Schenke "Zu den drei Besen" geben und Butterbier war dort sicherlich gänzlich unbekannt. Und auf Zauberer und Hexen waren sie sicherlich auch ganz und gar nicht gut zu sprechen. Er musste sehr vorsichtig sein und gut aufpassen. Er konnte sich wahrlich etwas Besseres vorstellen, als wie Wendeline die Ulkige zu enden. Er grinste. Vielleicht traf er sie sogar auf seiner Reise und hatte endlich einmal die Gelegenheit, ihr zu berichten, wie sehr ihn die Geschichten über sie in Hogwarts amüsiert hatten. Nun, sie hieß nicht umsonst "die Ulkige".
Mit festem Schritt machte der junge Zauberer sich auf den Weg. Er lachte. Vielleicht fand er da unten in dem Muggelort ja jemanden, der für einen hungrigen Wanderer einige Kanten Brot und einen Krug von dem Getränk übrig hatte, das die Muggel Starkbier nannten. Das Ziel war noch weit entfernt und Zeit war ein Luxus, den er sich eigentlich nicht leisten konnte, wenn er auf seinem Magen Rücksicht nahm, der fauchte und knurrte wie ein ausgewachsener Knirk.
Er konnte in diesem Moment noch nicht ahnen, wie knapp und kostbar die Zeit bereits für ihn zu werden begann, denn eine Macht, die so finster war, das selbst die dunkelste Nacht dagegen verblassen mußte, hatte bereits seine Schergen ausgesandt, um ihn zu finden und zu töten:
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