Cho und Caprice
Vorsichtig klebte sie das letzte Foto auf das silbern schimmernde Papier. Es war eines der schönsten Fotos, die sie besaß, und sie musste zugeben, dass es ihr sehr schwer fiel, sich davon zu trennen. Colin Creevey hatte es für sie geschossen, vor zwei Jahren, beim Weihnachtsball im fünften Schuljahr.
Cho seufzte, als sie sich das Bild mal wieder lange und sorgfältig ansah. Es zeigte sie und Harry beim Tanz; Cho trug ein langes, rotes Abendkleid, das bei jeder Drehung im Licht wunderschön schimmerte, und, so sah es auf jeden Fall auf dem Foto aus, alle Umherstehenden in seinen Schatten stellte.
Cho fand immer noch, dass Harry auf diesem Bild unglaublich gut aussah für einen Fünfzehnjährigen, und dass er so gut tanzen konnte, erstaunte sie immer wieder aufs Neue. Colin hatte gesagt, sie sähen auf diesem Foto aus wie ein Traumpaar. Cho konnte dem nur beipflichten.
Es war das erste Mal, dass sie sich näher gekommen waren, erinnerte sich Cho verträumt- im fünften Jahr hatte sie endlich erfahren, was für eine wundervolle Person Harry Potter war; dass hinter dem umjubelten Namen ein ganz normaler Junge steckte, dem es nicht nur darauf an kam, den Helden zu spielen und auf der Titelseite des Tagespropheten abgebildet zu sein. Nein- Cho hatte das wahre Ich von Harry Potter entdeckt und hatte ab diesem Moment verstanden, wieso Hermine und Ron so fest zu ihm hielten. Er hatte ihr geholfen, mit dem Verlust von Cedric fertig zu werden, hatte sich für sie eingesetzt wie noch keiner zuvor. Und sie hatte sich tatsächlich Hals über Kopf in ihn verknallt.
Dann hatte das sechste Schuljahr begonnen. Und damit die Krise. Keiner von ihnen war sich wirklich klar darüber gewesen, was er nun wollte, und Cho hatte sich nicht entscheiden können, ob eine Freundschaft mit Harry nicht vorteilhafter wäre als eine Beziehung... Schließlich hatte sie sich für die Freundschaft entschieden. Irgendwie war dies jedoch auch nicht das wahre gewesen- Ihr neuer Verehrer Val hatte sein bestes gegeben, doch Cho hatte den Gedanken an Harry einfach nicht aus ihrem Kopf bekommen und gleich wieder mit ihm Schluss gemacht... Und dann kam Ginny und fiel vor ihren Augen über Harry her. Cho hatte bloß dagestanden und hätte schreien können- allein der jetzige Gedanke schmerzte sie. Sie war sich nicht sicher- hatte Harry noch am gleichen Tag die Wahrheit gesagt und er empfand nichts für Ginny? Oder lag hinter diesem Kuss mehr...?
Cho atmete tief durch und rief sich ins Gedächtnis, dass sie Harry einen Brief geschrieben hatte, mit dem sie sich wieder gut mit ihm stellen wollte. Sie würde ja sehen, ob er darauf reagierte oder nicht- und daran würde sie dann erkennen, ob Ginny seine neue Flamme war oder nur ein kleiner Ausrutscher.
Sie nahm ihre Feder, tunkte sie in ein Tintenfass und schrieb den Abschlusskommentar unter das Foto:
Dieses Kleid trug ich an einem der schönsten Abende meines Lebens. Mit dir würde ich es jeden Tag tragen.
Cho Chang
Dann legte sie die anderen Seiten der Fotocollage auf einen Stapel, rollte diesen zusammen und band ihn ihrer Eule Mynik ans Bein, damit sie es zu Hermine Granger brachte, die die Collage aus den einzelnen Teilen von ihr, Ron, George und Fred, Ginny, Hagrid, Sirius, Dumbledore und natürlich Cho zu dem ultimativen Geburtstagsgeschenk zusammenfügen würde: Einem Buch voller Erinnerungen an die vergangenen sechs Jahre Hogwarts.
»Cho Liebling!«, rief die Stimme ihrer Mutter aus dem unteren Stockwerk. »Telefon für dich!«
»Moment noch!«, rief Cho und öffnete das Fenster, um Mynik raus zu lassen.
»Es ist Caprice!«
»Ja, ich komme sofort!« Sie eilte die Treppe hinunter und nahm ihrer Mutter das schnurlose Telefon ab, um gleich wieder die Treppe hinauf zu verschwinden. Sie konnte bei Gesprächen mit ihrer besten Freundin keine Zuhörer gebrauchen. Denn Caprice war ein ganz normaler Muggel. Und wusste trotzdem alles über die Welt der Zauberei.
Das war nicht nur ziemlich untypisch, sondern auch riskant, aber Cho konnte nichts daran ändern. Schon als sie klein gewesen war, waren Caprice und sie Freunde gewesen, und Cho hatte es nicht geschafft, ihre Identität als Hexe vor ihr geheim zu halten. Doch auch obwohl Caprice ein ziemlich schwieriges Mädchen mit etwas zu viel Selbstvertrauen und Eigenwillen war, war ihre Freundschaft daran nicht kaputt gegangen. Caprice hatte dicht gehalten und sogar begonnen, sich für Zauberei zu interessieren.
So hatte Cho sie über alles aufgeklärt- über Hogwarts, über die Winkelgasse, über Zaubertränke, Sprüche und Arithmantik. Natürlich hatte sie auch die Geschichte von Harry Potter und Voldemort nicht ausgelassen.
Caprice und Cho verstanden sich wie Geschwister (wobei Cho eine der wenigen war, denen Caprices Art nicht gegen den Strich lief), was unter anderem daran lag, dass sie die gleichen Interessen hatten. Sie besuchten schon seit Kindesalter Tanzschulen aller Art und hatten mittlerweile durchaus das Zeug zu Lehrerinnen, auch wenn Caprice ein Jahr jünger war als Cho.
Das Problem war nur, einen Job zu finden.
Nun hatte Cho die Lösung gefunden: Hogwarts. Dort gab es schon seit Jahren Probleme, wenn sich die Schüler auf die großen Bälle vorbereiten wollten. Das Tanzen konnte man sich nämlich nur sehr schwer durch Zauberei aneignen.
Cho hatte Professor Dumbledore gefragt und der hatte sofort zugesagt, hatte aber auch verlauten lassen, dass er mindestens zwei Lehrkräfte für diese Aufgabe benötigte. Chos Idee: Caprice.
»Hi Caprice!«, sagte Cho und setzte sich auf ihr Sofa; sie konnte sich auf ein ziemlich langes Telefonat gefasst machen. »Wie geht's dir?«
»Wie immer«, antwortete Caprice. »Ich sitze vor meinen Hausaufgaben und bereue, dass ich nicht zaubern kann.«
Cho lachte. »Das hilft dir meistens leider auch nicht weiter, glaub mir! ... Hast du dich mittlerweile entschieden?«
Kurz herrschte Schweigen.
»Na ja...«, begann Caprice unsicher. »Prinzipiell natürlich... aber wird das auch funktionieren? Ich will nicht als Außenseiterin dastehen, wenn man erfährt... dass ich ein Muggel bin.«
»Keine Sorge«, grinste Cho. »Glaub mir, keiner wird es merken. Du weißt so viel über Zauberei, dass dich keiner nach deinen Zauberkräften fragen wird. Du gehst ja nicht als Schüler nach Hogwarts. Und doch jemand einen Zauber von dir verlangt, kannst du immer noch sagen, dass du ein Squib bist.«
»Ah, verstehe. In eine Zaubererfamilie geboren, aber unfähig zu zaubern.«
»Genau. Aber so weit wird es nicht einmal kommen. Ich pass schon auf, dass alles glatt geht. Komm schon! Ich dachte, du wolltest schon immer mal eine Hexe sein!«
Wieder kurz Schweigen.
»OK, ich tu's.«
Cho jubelte innerlich. »Und deine Eltern?«
»Die denken, ich gehe ein Jahr zur Schauspielschule nach London.«
»Perfekt!« Sie hatte es im Gefühl- dieses Jahr würde genial werden! Ein weiteres Jahr auf Hogwarts, und dieses Mal sogar aus der Perspektive einer Lehrerin... Cho freute sich schon auf den Gesichtsausdruck von Harry, wenn er davon erfuhr. Bis jetzt dachte er ja noch, dass sie Tanzlehrerin in irgend einer offiziellen Tanzschule war...
»Wann treffen wir uns dann?«, fragte Caprice. »Und wo?«
»Heute in einer Woche«, sagte Cho. »Du kommst am besten zu mir und wir fahren gleich nach London.«
»OK, alles klar... ich bringe die Musik mit. Brauche ich sonst noch irgendwas?«
»Ähm... nein, denke nicht.«
Sie quatschten noch eine ganze Weile über dies und jenes, und erst als Cho bemerkte, dass fast eine Stunde vergangen war, legte sie auf. Ein glückliches Lächeln lag dabei auf ihren Lippen. Jetzt konnten die Ferien ruhig zuende gehen.
Vorsichtig klebte sie das letzte Foto auf das silbern schimmernde Papier. Es war eines der schönsten Fotos, die sie besaß, und sie musste zugeben, dass es ihr sehr schwer fiel, sich davon zu trennen. Colin Creevey hatte es für sie geschossen, vor zwei Jahren, beim Weihnachtsball im fünften Schuljahr.
Cho seufzte, als sie sich das Bild mal wieder lange und sorgfältig ansah. Es zeigte sie und Harry beim Tanz; Cho trug ein langes, rotes Abendkleid, das bei jeder Drehung im Licht wunderschön schimmerte, und, so sah es auf jeden Fall auf dem Foto aus, alle Umherstehenden in seinen Schatten stellte.
Cho fand immer noch, dass Harry auf diesem Bild unglaublich gut aussah für einen Fünfzehnjährigen, und dass er so gut tanzen konnte, erstaunte sie immer wieder aufs Neue. Colin hatte gesagt, sie sähen auf diesem Foto aus wie ein Traumpaar. Cho konnte dem nur beipflichten.
Es war das erste Mal, dass sie sich näher gekommen waren, erinnerte sich Cho verträumt- im fünften Jahr hatte sie endlich erfahren, was für eine wundervolle Person Harry Potter war; dass hinter dem umjubelten Namen ein ganz normaler Junge steckte, dem es nicht nur darauf an kam, den Helden zu spielen und auf der Titelseite des Tagespropheten abgebildet zu sein. Nein- Cho hatte das wahre Ich von Harry Potter entdeckt und hatte ab diesem Moment verstanden, wieso Hermine und Ron so fest zu ihm hielten. Er hatte ihr geholfen, mit dem Verlust von Cedric fertig zu werden, hatte sich für sie eingesetzt wie noch keiner zuvor. Und sie hatte sich tatsächlich Hals über Kopf in ihn verknallt.
Dann hatte das sechste Schuljahr begonnen. Und damit die Krise. Keiner von ihnen war sich wirklich klar darüber gewesen, was er nun wollte, und Cho hatte sich nicht entscheiden können, ob eine Freundschaft mit Harry nicht vorteilhafter wäre als eine Beziehung... Schließlich hatte sie sich für die Freundschaft entschieden. Irgendwie war dies jedoch auch nicht das wahre gewesen- Ihr neuer Verehrer Val hatte sein bestes gegeben, doch Cho hatte den Gedanken an Harry einfach nicht aus ihrem Kopf bekommen und gleich wieder mit ihm Schluss gemacht... Und dann kam Ginny und fiel vor ihren Augen über Harry her. Cho hatte bloß dagestanden und hätte schreien können- allein der jetzige Gedanke schmerzte sie. Sie war sich nicht sicher- hatte Harry noch am gleichen Tag die Wahrheit gesagt und er empfand nichts für Ginny? Oder lag hinter diesem Kuss mehr...?
Cho atmete tief durch und rief sich ins Gedächtnis, dass sie Harry einen Brief geschrieben hatte, mit dem sie sich wieder gut mit ihm stellen wollte. Sie würde ja sehen, ob er darauf reagierte oder nicht- und daran würde sie dann erkennen, ob Ginny seine neue Flamme war oder nur ein kleiner Ausrutscher.
Sie nahm ihre Feder, tunkte sie in ein Tintenfass und schrieb den Abschlusskommentar unter das Foto:
Dieses Kleid trug ich an einem der schönsten Abende meines Lebens. Mit dir würde ich es jeden Tag tragen.
Cho Chang
Dann legte sie die anderen Seiten der Fotocollage auf einen Stapel, rollte diesen zusammen und band ihn ihrer Eule Mynik ans Bein, damit sie es zu Hermine Granger brachte, die die Collage aus den einzelnen Teilen von ihr, Ron, George und Fred, Ginny, Hagrid, Sirius, Dumbledore und natürlich Cho zu dem ultimativen Geburtstagsgeschenk zusammenfügen würde: Einem Buch voller Erinnerungen an die vergangenen sechs Jahre Hogwarts.
»Cho Liebling!«, rief die Stimme ihrer Mutter aus dem unteren Stockwerk. »Telefon für dich!«
»Moment noch!«, rief Cho und öffnete das Fenster, um Mynik raus zu lassen.
»Es ist Caprice!«
»Ja, ich komme sofort!« Sie eilte die Treppe hinunter und nahm ihrer Mutter das schnurlose Telefon ab, um gleich wieder die Treppe hinauf zu verschwinden. Sie konnte bei Gesprächen mit ihrer besten Freundin keine Zuhörer gebrauchen. Denn Caprice war ein ganz normaler Muggel. Und wusste trotzdem alles über die Welt der Zauberei.
Das war nicht nur ziemlich untypisch, sondern auch riskant, aber Cho konnte nichts daran ändern. Schon als sie klein gewesen war, waren Caprice und sie Freunde gewesen, und Cho hatte es nicht geschafft, ihre Identität als Hexe vor ihr geheim zu halten. Doch auch obwohl Caprice ein ziemlich schwieriges Mädchen mit etwas zu viel Selbstvertrauen und Eigenwillen war, war ihre Freundschaft daran nicht kaputt gegangen. Caprice hatte dicht gehalten und sogar begonnen, sich für Zauberei zu interessieren.
So hatte Cho sie über alles aufgeklärt- über Hogwarts, über die Winkelgasse, über Zaubertränke, Sprüche und Arithmantik. Natürlich hatte sie auch die Geschichte von Harry Potter und Voldemort nicht ausgelassen.
Caprice und Cho verstanden sich wie Geschwister (wobei Cho eine der wenigen war, denen Caprices Art nicht gegen den Strich lief), was unter anderem daran lag, dass sie die gleichen Interessen hatten. Sie besuchten schon seit Kindesalter Tanzschulen aller Art und hatten mittlerweile durchaus das Zeug zu Lehrerinnen, auch wenn Caprice ein Jahr jünger war als Cho.
Das Problem war nur, einen Job zu finden.
Nun hatte Cho die Lösung gefunden: Hogwarts. Dort gab es schon seit Jahren Probleme, wenn sich die Schüler auf die großen Bälle vorbereiten wollten. Das Tanzen konnte man sich nämlich nur sehr schwer durch Zauberei aneignen.
Cho hatte Professor Dumbledore gefragt und der hatte sofort zugesagt, hatte aber auch verlauten lassen, dass er mindestens zwei Lehrkräfte für diese Aufgabe benötigte. Chos Idee: Caprice.
»Hi Caprice!«, sagte Cho und setzte sich auf ihr Sofa; sie konnte sich auf ein ziemlich langes Telefonat gefasst machen. »Wie geht's dir?«
»Wie immer«, antwortete Caprice. »Ich sitze vor meinen Hausaufgaben und bereue, dass ich nicht zaubern kann.«
Cho lachte. »Das hilft dir meistens leider auch nicht weiter, glaub mir! ... Hast du dich mittlerweile entschieden?«
Kurz herrschte Schweigen.
»Na ja...«, begann Caprice unsicher. »Prinzipiell natürlich... aber wird das auch funktionieren? Ich will nicht als Außenseiterin dastehen, wenn man erfährt... dass ich ein Muggel bin.«
»Keine Sorge«, grinste Cho. »Glaub mir, keiner wird es merken. Du weißt so viel über Zauberei, dass dich keiner nach deinen Zauberkräften fragen wird. Du gehst ja nicht als Schüler nach Hogwarts. Und doch jemand einen Zauber von dir verlangt, kannst du immer noch sagen, dass du ein Squib bist.«
»Ah, verstehe. In eine Zaubererfamilie geboren, aber unfähig zu zaubern.«
»Genau. Aber so weit wird es nicht einmal kommen. Ich pass schon auf, dass alles glatt geht. Komm schon! Ich dachte, du wolltest schon immer mal eine Hexe sein!«
Wieder kurz Schweigen.
»OK, ich tu's.«
Cho jubelte innerlich. »Und deine Eltern?«
»Die denken, ich gehe ein Jahr zur Schauspielschule nach London.«
»Perfekt!« Sie hatte es im Gefühl- dieses Jahr würde genial werden! Ein weiteres Jahr auf Hogwarts, und dieses Mal sogar aus der Perspektive einer Lehrerin... Cho freute sich schon auf den Gesichtsausdruck von Harry, wenn er davon erfuhr. Bis jetzt dachte er ja noch, dass sie Tanzlehrerin in irgend einer offiziellen Tanzschule war...
»Wann treffen wir uns dann?«, fragte Caprice. »Und wo?«
»Heute in einer Woche«, sagte Cho. »Du kommst am besten zu mir und wir fahren gleich nach London.«
»OK, alles klar... ich bringe die Musik mit. Brauche ich sonst noch irgendwas?«
»Ähm... nein, denke nicht.«
Sie quatschten noch eine ganze Weile über dies und jenes, und erst als Cho bemerkte, dass fast eine Stunde vergangen war, legte sie auf. Ein glückliches Lächeln lag dabei auf ihren Lippen. Jetzt konnten die Ferien ruhig zuende gehen.
