Dieses Kapitel wird wohl wieder etwas länger werden... @ Maxine: Danke für das erste Review! Ich werd's mir merken *grins*



Meetings in der Winkelgasse



Harry war froh, dass Sirius und Amanda im Laufe der Woche kein Wort mehr über seinen Traum verloren. So konnte er die Erinnerung daran vorerst zurückdrängen und sich noch einmal ganz auf die Bücher von Zaubertränke und Verwandlung konzentrieren, die Snape und McGonnagal ihnen über die Ferien mitgegeben hatten.

Nebenbei schrieb er an Hermine und Ron und schlug ihnen vor, zwei Tage vor Schulbeginn einen Treffpunkt in der Winkelgasse auszumachen, weil an diesem Tag (darauf hatte ihn Sirius aufmerksam gemacht) mehrere Läden rundes Jubiläum feierten und Sonderpreise versprachen. Rons Antwort darauf war natürlich ein sofortiges Ja und Hermine war auch einverstanden. Im weiteren Briefkontakt wollte Harry etwas mehr über sein Geschenk in Erfahrung bringen, doch Hermine und Ron blieben hart und verrieten ihm kein einziges Wort.

Ob Ginny wohl auch in die Winkelgasse kommt?, fragte sich Harry, während die Tage verstrichen. Eigentlich war es ziemlich wahrscheinlich; wenn die Weasleys kamen, dann komplett. Na ja, mit Ausnahme von Charly, Bill und Percy, die ja nun wirklich andere Dinge zu tun hatten... Mit Fred und George jedoch rechnete Harry schon- sie würden sich sicher nicht die Gelegenheit entgehen lassen, zwischen Unmengen von kaufwütigen Zauberern Werbung für ihren Laden "Weasleys Zauberscherzartikel" zu machen.

Und was Ginny anging... Sie wollte reden. In der Winkelgasse bot sich erfahrungsgemäß immer eine Möglichkeit zu einem Gespräch. Harry spürte ein seltsames Gefühl im Bauch und gleich darauf, wie es in seinem Kopf ratterte- was sollte er sagen? Was erwartete sie von ihm? Was würde sie sagen? Was wollte sie überhaupt?

Harry entschied sich, es darauf ankommen zu lassen.

Wenn ich mich wie ein Idiot aufführe, dann ist es eben so, dachte er. Wenn ich versuche es zu verhindern, wird es sowieso nur noch viel schlimmer.

Oder... sollte er vielleicht einfach sagen, wie es war? Dass sie ihm nichts bedeutete, und dass seine Gefühle noch immer Cho gehörten... Nein, damit stimmte etwas nicht. Und wenn es nur die Tatsache war, dass er Ginny damit wohlmöglich verletzen könnte,... es war und blieb eine Aussage, die er so nicht machen würde. Er wusste ja selbst nicht, was nun die reine Wahrheit war. Dass er durch und durch verwirrt war und nicht weiter wusste, war das einzige, was momentan stimmte.

Vielleicht war dies das vernünftigste, was er Ginny sagen konnte. Auch wenn sie sicher nicht viel damit anfangen könnte.

Und es kam, wie es kommen musste: Zwei Tage vor Schulbeginn war Harry auch noch nicht schlauer.

»Komm Harry, wir müssen los«, sagte Amanda, und er konnte hören, wie sie das Flohpulver vom oberen Regal in der Küche hervor holte.

Harry kam ins Wohnzimmer, gerade um zu sehen, wie Sirius in einer grünen Stichflamme im Kamin verschwand.

»Ich dachte, es hieß 9 Uhr«, nörgelte Amanda, richtete ihren Umhang und drückte Harry eine Prise Flohpulver in die Hand. »Warum guckst du nicht auf die Uhr, Harry? Wir kommen noch zu spät!«

»Ich bin ja schon da.« Harry verdrehte erneut die Augen. Wenn Amanda neben Panikmache eine zweite Lieblingsbeschäftigung hatte, dann war das übertriebene Pünktlichkeit.

Er stellte sich in den Kamin, rief laut »Winkelgasse!« und warf das Flohpulver. Grünes Feuer loderte um ihn herum auf, wieder konnte Harry das altbekannte Reißen spüren, er drehte sich rasend schnell um sich selbst und landete schließlich wie immer bäuchlings in einem anderen Kamin.

Während er noch auf dem Boden lag, konnte Harry schon Getrappel, aufgeregte Stimmen und Eulen im Hintergrund hören; er war in der Winkelgasse.

»Da bist du ja«, sagte eine Stimme, und sein Pate und half ihm aus dem Kamin. »Wir dachten schon, du wärst mal wieder falsch abgebogen.«

Kaum kam Harry auf die Idee, nach dem "wir" zu fragen, stürzte eine Person mit braunroten Locken auf ihn zu und warf ihn beinahe um mit ihrer innigen Umarmung.

»Oh, hallo Hermine«, sagte Harry grinsend. »So stürmisch wie eh und je, was?«

»Hi Harry«, sagte Hermine und ließ ihn leicht betreten wieder los. »Ich bin schon etwas früher hier gewesen... deswegen hab' ich schon das meiste besorgt...«

Harry sah, dass sie eine Tasche trug, in der sich sämtliche Bücher zu befinden schienen, die man in der Winkelgasse auftreiben konnte.

»... ich brauche jetzt nur noch "Hexen des Mittelalters" und "Tränke der Liebe". Ach ja, und ich will noch irgendwelchen Kopfschmuck für den Abschlussball besorgen.«

»Hast du Ron schon irgendwo gesehen?«, fragte Harry und klopfte sich den Ruß von der Hose.

»Nein. Wahrscheinlich haben Fred und George den Kamin wieder für ihre Experimente missbraucht... würd' ich denen durchaus zutrauen.«

»Schon klar«, grinste Harry.

In diesem Moment fiel Amanda hinter ihnen mit einem lauten Krachen in den Kamin. »Ooh, ich hasse diese Art zu reisen immer noch«, beschwerte sie sich hüstelnd und taumelte in Richtung Sirius.

Dann machten die vier sich auf zum eigentlichen Treffpunkt: Dem Tropfenden Kessel.

Harry konnte sich nicht erinnern, je so viele Menschen in der Winkelgasse gesehen zu haben. Hier war heute wahrhaft die Hölle los. Wie es aussah hatte die ganze Zaubererschaft auf das Angebot der Jubilärumsfeiern reagiert und nun quetschten und drängelten sie alle, um von den Sonderpreisen zu profitieren. Vor Flourish & Blotts standen zwei Zauberer auf kleinen Podesten und machten Werbung für limitierte Auflagen der Schulbücher, und die Eltern der Erstklässler strömten dutzendweise hinein. Die neuesten Besen "Nimbus 2005" und "Feuerblitz 1.3" erregten regelrechten Aufruhr wegen ihrer Preise und die Wand zwischen der Winkelgasse und dem Tropfenden Kessel stand zu dem besonderen Anlass von allein offen.

»Ron verspätet sich«, meinte Hermine erstaunt, als sie im Eingang (bzw. Ausgang) des Tropfenden Kessels standen und nirgendwo im Raum die charakteristischen roten Haare der Weasleys entdecken konnten.

»Sieht ganz so aus«, nickte Harry.

Amanda zog eine besorgte Miene und meinte: »Wie wär's, Harry, wenn ich dir schon mal die Schulsachen besorge, während ihr wartet?«

»Gute Idee!«, sagte Hermine, bevor Harry zu einer Antwort kam. »Könnten sie bitte so nett sein und mir diese beiden Sachen auch besorgen?« Sie drückte Amanda einen Zettel mit den fehlenden Büchern in die Hand und setzte ihren Mir-kannst-du-eh-nichts-ausschlagen-Gesichtsausdruck auf.

»Aber sicher, Hermine. Sirius, bleibst du bei den Kindern?«

»Aber klar doch, Schatz«, sagte Sirius gepresst. Und als Amanda in der Menge verschwunden war fügte er augenrollend hinzu: »Als wenn ihr zwei noch Kinder wärt.«

Harry und Hermine warfen sich nur einen angenervten Blick zu, suchten sich dann einen Tisch und bestellten sich Butterbier. Kaum hatten die beiden sich gesetzt, merkte Harry, dass Hermine an ihm vorbei in Richtung Theke starrte.

»Wer ist das da vorne?«,fragte sie neugierig. »Der, mit dem Sirius redet?«

Harry drehte sich um und hob eine Augenbraue. Erst jetzt sah er, dass Sirius sich an die Theke gestellt hatte und mit jemandem ein Gespräch führte. Der Mann schien einige Jahre älter zu sein als Sirius; er hatte graue Haare und stand ein wenig gebeugt. Er trug einen edel aussehenden Umhang mit schimmerndem Rand und schien mit Sirius ein Gespräch zu führen, das... nun ja,... jedenfalls einen nicht gerade lustigen Eindruck machte.

»Keine Ahnung wer das ist«, sagte Harry schließlich und wandte sich wieder Hermine zu. »Warum?«

»Irgendwie... kommt er mir bekannt vor...«, murmelte Hermine angestrengt nachdenkend. »Nur woher...? Ich kann mich nicht erinnern.«

»Lass mich raten«, sagte Harry. »Bestimmt hast du etwas über ihn in einem Buch gelesen.«

»Kann sein, aber wenn, dann muss es ziemlich lang her sein...«

»Wahrscheinlich ist es nur irgendein Bekannter. Frag' doch Sirius.«

Hermine schwieg. Sie starrte immernoch zur Theke, doch jetzt zog sie misstrauisch die Augenbrauen zusammen.

Harry seufzte und schaute noch einmal hin-... und er verstand Hermines Reaktion. Der alte Mann war verschwunden. Verblüfft schaute sich Harry um, doch von Sirius' Gesprächspartner war keine Spur mehr zu sehen.

»Was war das denn?«, fragte er verblüfft.

»Mhh«, machte Hermine nur finster. Eindeutig- sie fand das wieder höchst verdächtig. Harry konnte ihr nicht ganz zustimmen, nahm sich aber vor, Sirius nach diesem Typen auszufragen.

Plötzlich hellten sich Hermines Gesichtszüge auf und sie hob den Blick. »Hey, da kommt Ron!«

In diesem Moment brachte die Bedienung ihr Butterbier und versperrte Harry die Sicht, doch er konnte noch genug sehen, um sechs rote Häupter über den restlichen ausmachen zu können, sie sich auf ihn zu bewegten: Mr und Mrs Weasley, Fred und George, Ron... und Ginny.

»Hey, da ist Sirius!«, rief Fred.

»Und Hermine und Harry! Juuuhuuh!«, tönte Mrs Weasley quer durch den Pub und winkte ihnen zu.

Sirius schaffte es, Mr und Mrs Weasley für kurze Zeit abzulenken (in ein Gespräch zu verwickeln), doch die vier anderen kamen weiter zielstrebig auf Harry und Hermine zu.

»Hey Harry du Pflaume!«, lachte Ron und ließ sich auf dem Platz neben Hermine nieder, »Und hey Hermine natürlich. Wie geht's? So weit schon alles besorgt?«

»Amanda macht das gerade«, sagte Harry.

»Ach ja, Mrs Black!« Das war Mrs Weasley. Sie hatte sich schon von Sirius losgerissen und mischte sich nun lieber in die Gespräche ihres Sohnes ein. »Verflixt und zugenäht, ich habe sie nun immer noch nicht kennengelernt...!« Sie drehte sich wieder zu Sirius um, der bei einer temperamentvollen Person wie Mrs Weasley ganz überfordert wirkte. »Sie haben mir ihre Frau noch gar nicht vorgestellt, Sirius! Was ein Skandal!«

»Äh,... ja«, sagte Sirius.

Fred und George hatten derweil erste Zuhörer gefunden und präsentierten ein paar Meter entfernt ihre neueste Produktreihe "Kosmetik für ganz besondere Anlässe" an einer armen Freiwilligen, der wenige Augenblicke später zehn Zentimeter lange Wimpern gewachsen waren.

Harry hatte ein ganz anders Problem. Denn jetzt stand Ginny genau vor ihm.

»Hallo Harry«, sagte sie.

»Hallo«, sagte Harry und nippte an seinem Butterbier.

»Alles klar?«

»Sicher«, sagte Harry. »Und bei dir?«

Ginny schwieg und blickte an ihm vorbei.

Komischer Weise schwiegen jetzt alle.

Harry blickte sauer zu Ron und Hermine hinüber, die ihn verstohlen anstarrten. Als sie seine und Ginnys Blicke bemerkten, fing Ron schnell ein mit »Öhm.. tja...« beginnendes, belangloses Gespräch an und Hermine lachte, ohne dass es lustig war, was Ron erzählte.

Harry wollte im Boden versinken.

»Vielleicht sollten wir woanders reden«, grinste Ginny verlegen.

Harry nickte bloß und stand auf. Zu seinem endgültigen Ärgernis merkte er, dass nicht einmal Sirius und die Weasley-Eltern es unterließen, ihm hinterher zu spannen, während er mit Ginny in Richtung Ausgang ging.

Oooh, Harry Potter hat eine neue Freundin, tuschelten unüberhörbare Stimmen von irgendwelchen Tischen.

Und das vor Schnulz triefende, sehr eindeutige »Sei bitte vor Mitternacht zurück, Ginny-Mäuschen!!!«, von Mrs Weasley, das auch die Aufmerksamkeit der letzten uninteressierten Personen auf sich zog, ließ das Fass endgültig zum Überlaufen bringen.

Harry schnappte nach Luft, als er endlich draußen vor dem Pub stand, und auch Ginny schien ziemlich erleichtert zu sein. Gleichzeitig aber auch wütend.

»Ich hasse sowas«, zischte sie, das hübsche Gesicht rot vor Zorn und Scham, und lehnte sich gegen die Wand. »Mum kann es einfach nicht lassen... mich wie ein Kleinkind zu behandeln! Ich bin sechzehn! Und sie nennt mich... Ginny-Mäuschen! Das ist so ätzend!«

»Mir geht's mit Amanda nicht anders«, sagte Harry grinsend; über dieses Thema konnte er sicher stundenlang mit Ginny diskutieren...

»Aber... deswegen wollte ich nicht mit dir reden...«, begann Ginny in leiserem Tonfall. »Du... hast du meinen Brief bekommen?«

Oh je, dachte Harry. Augen zu und durch!

»Ja«, sagte er, »und ich muss dir sagen...«

Plötzlich ertönte von irgendwoher ein furchtbarer Schrei.

Und ein zweiter.

Harry und Ginny schreckten auf und blickten in die Richtung, aus der die Schreie kamen, genau wie alle anderen in ihrer Nähe... und plötzlich war die Luft erfüllt von Schreien. Harry kannte diese Szene...! Sogar Ginny schlug die Hand vor den Mund und taumelte gegen Harry, der wie gebannt nach oben starrte...

Ein riesiger, neongrün leuchtender Totenschädel, aus dessen Mund eine Schlange zu kriechen schien, prangte am Himmel.

Jemand hatte das dunkle Mal beschworen. Am hellichten Tage. Hier, in der Winkelgasse.







Tjaja, so mancher Harry/Ginny Fanatiker hat sich schon beschwert, wie ich hier abbrechen kann... (Gruß an Krisi). Keine Sorge, das Gespräch wird fortgesetzt... *gg*