Kapitel 3: Hermione I (2009)
Ich wachte in einem fremden Bett auf. Es war dunkel, aber ich konnte Licht an den Kanten der dicken weinroten Vorhänge sehen, die vor den drei Fenstern dem Bett gegenüber hingen. Das Zimmer war groß und luftig. Auf meiner Seite standen ein wunderschöner Toilettentisch und ein Spiegel. Die Oberfläche war mit Dingen einer Frau übersät. Kein Make-up, aber ein paar Schmuckstücke und einige Kleinigkeiten. Auf der anderen Seite stand ein eher maskuliner Kleiderschrank, dessen Türen geschlossen waren. Ich konnte neben mir jemanden schwer atmen hören, was sich anhörte, als schliefe die Person noch.
Erstarrt lag ich unter der schweren, warmen Decke und spähte seitlich zu der Person, die das fremde Bett mit mir teilte. Noch immer trug ich meinen Schlafanzug vom Abend zuvor, was bedeutete, dass ich meinen Zauberstab nicht bei mir hatte. Alles, was ich von meinem Bettgenossen sehen konnte, war dickes, dunkles Haar – wahrscheinlich schwarz, obwohl ich es in dem dämmrigen Licht nicht sagen konnte. Er atmete weiter wie zuvor, und nach einigen Minuten starr vor Angst begann meine eigene Atmung leichter zu werden, und mein Herz hörte auf, so stark zu klopfen. Er machte nicht den Eindruck, als ob er bald aufwachen würde. Langsam, ganz langsam, richtete ich mich zum Sitzen auf, um einen besseren Blick auf das Zimmer und die Person zu erlangen, die mein Bett teilte.
An der Wand hinter mir hing ein Gemälde – etwas Dunkles und Altes. Mein Blick glitt uninteressiert darüber hinweg. Über einem Sessel in der Ecke lag Kleidung abgelegt. Eine lange, schwarze Männerrobe und Unterwäsche, die Socken lagen auf dem Boden, als seien sie dorthin geworfen worden; Kleider einer Frau waren ebenfalls da. Ihre Robe war grün, elegant geschnitten und lag halb auf dem Boden. Ein Gefühl von Unbehagen befiel mich. Was machte ich hier? Es schien sicher nicht wie ein Raum, in dem jemand gefangen gehalten wurde. Es fühlte sich an, wie in jemand anderes' Bett aufzuwachen. Seltsamerweise stellte ich fest, dass mir das Zimmer gefiel.
Ich spähte zu der Person im Bett neben mir hinab, aber sein Gesicht war unter einem Arm und teilweise einem Kissen verborgen. Die Decken waren ganz bis zu seinem Kinn hochgezogen. Ich konnte eben den Rand einiger Bartstoppeln ausmachen und das schulterlange Haar, das auf dem Kissen ausgebreitet lag. Graue Strähnen durchsetzten es. Lange Zeit, für mich gefühlt stundenlang, starrte ich ihn an und lauschte seinem Atem. Er schien nicht die Absicht zu haben, irgendwann demnächst aufzuwachen. Eine Uhr an der Wand mir gegenüber zeigte halb sieben am Morgen. Es gab zwei Türen, von denen eine geschlossen und die andere angelehnt war.
Sehr, sehr vorsichtig zog ich die Decken zurück und glitt aus dem Bett. Meine Füße trafen auf einen warmen, mit Teppich ausgelegten Boden. Einen Moment lang stand ich aufgrund des Temperaturunterschiedes mit Gänsehaut auf den Beinen da und betrachtete den schlafenden Mann. Er wachte noch immer nicht auf. Auf Zehenspitzen ging ich zu der angelehnten Tür hinüber und versuchte durchzuspähen, aber dahinter war nur Dunkelheit. Nach einem Blick zurück auf den Schläfter berührte ich mit einem leichten Seufzen und zitternden Fingern ganz langsam den Türgriff, die Ohren auf jegliches Geräusch gespitzt, und zog die Tür auf.
Ich zuckte zusammen, als die Tür laut quietschte, und einige Lampen im Raum – dem Badezimmer, wie es schien – entzündeten sich flackernd. Aus dem Bett kam ein Grunzen, und folgende Worte drangen hervor: „Wieder Morgenübelkeit? Ich dachte, das sei jetzt vorbei …"
Ich sprang in das Badezimmer und knallte mit klopfendem Herzen die Tür hinter mir zu. Meine kaltschweißigen Hände klammerten sich um den Türknauf, und ich betete, er würde nicht versuchen, die Tür aufzureißen. Oh Scheiße, oh Scheiße, oh Scheiße, dachte ich in einem fort. Gebetsmühlenartig liefen die Worte durch meinen Kopf. Wie war ich hier gelandet? Wo war hier? Der Gedanke an eine Entführung formte sich in meinem Hirn …, aber er machte mich noch verwirrter. Hatte ich mich betrunken? Ich konnte mich nicht erinnern, mich jemals betrunken zu haben und eigentlich auch zu trinken … Was mir jedoch am meisten Angst einjagte, war, dass ich den Verdacht hatte, diese Stimme wiederzuerkennen, die zu mir gesprochen hatte, als sollte ich jemand sein, den er kannte …
„Verdammt", hörte ich aus dem Schlafzimmer, und meine Hände schlossen sich fester um den Türknauf. „Sie sagte, ich würde es vergessen."
Ich riskierte einen Blick durch das Bad. Es war groß und kunstvoll. Die Badewanne war einladend, und das Shampoo, das auf dem Rand lag, war mein eigenes Lieblingsshampoo. Die Wände waren von dunkler Türkisfarbe. Aber dann lag meine Aufmerksamkeit erneut auf der Tür. Ich fragte mich, ob ich voreilig gehandelt hatte, hier hineinzuspringen … Offensichtlich wusste er, dass ich da war, ob er jedoch wusste, wer ich war, stand zur Debatte. Morgenübelkeit?
„Hermione?", fragte die Stimme, und plötzlich wusste ich, wer es war, weshalb ich die Stimme wiedererkannte. Beinahe setzte meine Atmung aus, und ich war nicht sicher, ob ich mich freuen oder noch mehr fürchten sollte. Es war die Stimme meines ehemaligen Zaubertränkemeisters und jetzigen Arbeitgebers, Severus Snape.
„Du kannst die Tür aufmachen", sagte er, und ich konnte erkennen, dass er direkt davor stand. Ich zitterte, drückte die Tür langsam wieder auf und schaute um sie herum auf den Schulleiter. War dies Hogwarts, wo wir waren? Wenn ja, war dies ein Teil, den ich nie zuvor gesehen hatte.
„Komm raus", wies er an und trat zurück. Er trug jetzt einen langen, schwarzen Bademantel, bemerkte ich erleichtert.
Ich trat heraus und sah ihn an, unsicher, was ich sagen sollte. Sollte ich wissen, weshalb ich hier war? Wusste er, warum? Ich schaute auf die Damenrobe, die halb auf dem Stuhl lag – sie gehörte definitiv nicht mir, noch schienen seine anfänglichen Äußerungen an mich gerichtet gewesen zu sein, aber … Ich hoffte ernstlich, dass das, was in der Nacht zuvor geschehen war, nicht das war, was üblicherweise Leuten passiert, die sich an nichts erinnern können und in fremden Betten aufwachen. Und … Snape sah älter aus. Diese grauen Strähnen waren gestern mit Sicherheit nicht da gewesen. Auch nicht diese Falten. Er sah aus, als sei er zehn Jahre gealtert. Was war hier los?
Ein plötzliches Jammern war zu hören von irgendwo anders im … Haus? Zimmerflucht? Es hörte sich wie ein weinendes Kind an, und Snape drehte sich wortlos um und ging schnell durch die andere Tür hinaus. Seine nackten Füße machten auf dem teppichbedeckten Boden keinen Laut.
Er ließ die Tür offen, aber ich blieb, wo ich war, erstarrt vor Unschlüssigkeit und Angst. Was war passiert? Ich zerbrach mir den Kopf, aber nichts von dem, woran ich mich vom Tag zuvor erinnerte, schien nicht in Ordnung zu sein. Ich hatte einfach keine Erklärung. Wieder sah ich mich im Zimmer um und fragte mich, ob es Snapes war. Es sah aus, als gehöre es zwei Menschen, einem Mann und einer Frau. Dies suggerierte mir, dass es vielleicht nicht Snapes Zimmer war, weil er nach meinem letzten Kenntnisstand mit niemandem zusammenlebte. Nicht, dass ich wüsste. Dennoch … wenn er einmal geliebt hatte, war es möglich, dass er wieder lieben konnte … Nicht, dass Liebe notwendig war, um mit jemandem zusammenzuleben.
Ich beschloss, ihm zu folgen. Obwohl seine Worte zunächst verwirrend gewesen waren, hatte ich das Gefühl, dass er wusste, was vorging. Das Weinen hatte aufgehört, und alles, was ich hörte, war Stille. Alles fühlte sich seltsam fremd an. Er hatte Morgenübelkeit erwähnt, und ein Baby hatte geweint. Wenn dies nicht Snape wäre, hätte ich gedacht, ich sei anstelle von jemandes Ehefrau aufgewacht. Einer Ehefrau, die schwanger war, im Haushalt einer Familie.
Also tappte ich still über den Teppich und hinaus in einen langen, ebenfalls mit Teppich ausgelegten Flur. Eine Tür ein Stück weiter war offen, und ich konnte eine tiefe Stimme hören, die leise summend wie mit einem Kind sprach. Snapes Kind? Ich schlang die Arme um mich selbst und ging den Flur hinunter zu der offenen Tür. Dort blieb ich stehen und starrte hinein, wieder einmal vor Schock erstarrt.
Es war, wie ich angenommen hatte, ein Kinderzimmer. Es gab ein Kinderbett, und Snape stand daneben und hielt ein dunkelhaariges Baby in den Armen. Sie sah aus, als sei sie etwa zwei Jahre alt, kein echtes Baby mehr, aber noch sehr klein. Jetzt lächelte sie, und ihre Augen strahlten, als sie zu Snape aufsah. Es war ein Anblick, den zu sehen ich mir nie vorgestellt hatte. Aber zu diesem Snape … diesem älteren Snape … schien er zu passen.
„Ihr Name ist Adeline", sagte er, und ich war überrascht über die Zärtlichkeit in seiner Stimme. Ich war fast sicher, dass dies seine Tocher war. Aber seit wann hatte Snape Kinder?
„Was geht hier vor?", fragte ich schließlich und sah ihn fragend an. „Wo sind wir? Warum bin ich hier? Was ist passiert?"
Er lächelte mich an, und als er mich ansah, war ich überrascht, in seinen Augen eine Zuneigung ähnlich der zu sehen, die er zeigte, wenn er Adeline ansah. Ich schaute über meine Schulter, nur um sicherzugehen, dass er tatsächlich mich ansah. Dann beschloss ich, dass er einfach noch liebevoll aussah, weil er seine Tochter hielt …, wenn es seine Tochter war. Ich fing an, statt ängstlich ärgerlich zu werden – weil sein Augenausdruck sagte, dass er genau wusste, was los war, und weil ihn das amüsierte.
„Es ist eine sehr lange Gesichte", sagte er. „Aber zusammengefasst: Du hast mit deinem zukünftigen Ich die Plätze getauscht. Du wirst für fünf Monate hier sein. Wir wissen nicht, warum es passiert ist. Du bist zehn Jahre in die Zukunft gekommen; dein zukünftiges Ich, dasjenige, das ich derzeit als dich kenne, wird für fünf Monate deinen Platz einnehmen."
Dann grinste er und fügte hinzu: „Woran ich mich erinnere, dass es vor zehn Jahren passiert ist." Darauf grinste er noch mehr.
Ich hätte ihn dafür finster angesehen, weil er so sehr grinste, aber ich war zu beschäftigt damit, zu verstehen zu versuchen, was er gerade gesagt hatte. Zukunft? Das erklärte, weshalb er älter aussah. Mein Herz klopfte schneller, während ich seine Worte überdachte … Plätze getauscht … mit meinem zukünftigen Ich. Irgendetwas passte nicht zusammen, aber mein Unterbewusstsein reagierte bereits auf was immer es war. Plätze getauscht … Was bedeutete … mein künftiges Ich wohnte in diesem Haus? Meine Gedanken hielten inne, dann ergänzten sie: Mein zukünftiges Ich schläft in diesem Bett. Noch eine Pause. Mein Hirn musste die Wahrheit nicht erkennen wollen, deshalb arbeitete es so langsam. Mein zukünftiges Ich schläft in diesem Bett mit Snape. Mir fiel die Kinnlade hinunter. Ich fühlte mich schwach. Mein Herz klopfte wild und meine Sicht verschwamm.
Snape setzte Adeline schnell ab und trat zu mir herüber; Besorgnis stand ihm ins Gesicht geschrieben. Vor mir zögerte er jedoch. Ich blinzelte und starrte ihn an; plötzlich fühlte ich mich zwischen extremer Verlegenheit und extremer, totaler Verwirrung hin- und hergerissen. Immer wieder dachte mein Hirn: Was? Was? WAS?
„Mama", sagte Adeline, als wolle sie die Worte ihres Vaters unterstreichen. Sie bewegte sich im Kinderbett, um direkt neben mir zu stehen, und ihre Hände hielten sich am Geländer fest, während sie mich ansah. Mein Herz blieb beinahe stehen.
Snapes Hand streckte sich in einer Bewegung aus, die unbewusst aussah, und streichelte das Haar des kleinen Mädchens. Ich starrte sie an. Sie starrte zurück. Ich starrte sie an. Sie starrte zurück. Meine Tochter starrte mich an. Ich fiel in Ohnmacht.
