Titel: Manath en egledhron uireb - Ewigwährend
Autorin: PippinTuk (scullyphiley@gmx.de)
Anmerkungen: Alle Figuren, die euch bekannt vorkommen, gehören Tolkien. Ich entschuldige mich jetzt schon, wenn mir echt Patzer unterlaufen.....ja ich habe den Herrn der Ringe gelesen, 2mal, bin jetzt am Silmarillion und habe den höchsten Respekt vor Mr. Tolkien. Vielleicht denke ich ja genau deswegen, dass das was ich hier schreibe, irgendwie entehrend wäre....... ich hoffe, es wirkt nichts falsch oder gekünstelt, ich würde ich mich sehr über euer Feedback freuen.
Und ich weiß, daß Arcariel technisch keine Halbelbe sein kann und daß ich mich die Kinder von Aragorn ein bisschen zurechtgeformt habe... es wurde aber andererseits aber auch nur ein Sohn namentlich erwähnt im HdR und ich hab einfach meiner Fantasie freien Lauf gelassen.
Und so dumm es jetzt auch klingt... falls jemand meinen Sindarin Titel übersetzen kann, wäre ich ihm wirklich dankbar, weil ich ihn vor ca.1 Jahr geschrieben hatte und nicht mehr nachvollziehen kann, was er bedeutet.
Und einen dicken Knuddler an Silberil, meiner treuen Beta-Leserin :knuddel:.
Kapitel 1
"Warum sollte ich des Schwertkampfes nicht mächtig werden?"
Arcariel Silithamrun, erste Tochter des hohen Königs von Gondor, stand ihrem Vater mit in die Hüfte geballten Fäusten gegenüber, wobei in ihrer rechten ein mächtiges Langschwert steckte, dass in einem bedrohlichen Winkel auf Aragorn gerichtet war. Keine Palastwachen waren in der Nähe, denn obwohl sie die Königstochter war, hätte niemand ungestraft ein Schwert auf den König richten dürfen - auch sie nicht. Der erste König in Minas Tirith seit Isildurs Zeiten sollte vor allen anderen beschützt werden.
Doch Aragorn war nicht nur König, in ihm wohnte auch noch der Waldläufer, der ohne Angst und einsam durch ganz Mittelerde gezogen war. Er ließ äußerlich keine Anzeichen dafür entdecken, dass er sich durch seine älteste Tochter auch nur im Mindesten bedroht fühlte.
"Ich sagte nicht, dass du ihm nicht mächtig werden solltest, ich sagte ......."
Mit einer von ihr unerwartet schnellen Handbewegung hatte Aragorn Arcariels Handgelenk umgedreht und mit einem gezielten Druck bewirkt, dass das Schwert mit einem Klirren auf den gepflasterten Weg, auf dem sie standen, fiel. Anscheinend waren die Palastwächter doch anwesend, denn als zwei auf einem kleinen Wachturm zweihundert Meter von ihnen entfernt auftauchten, gab ihnen Aragorn mit einem Handzeichen zu verstehen, dass alles in Ordnung sei. "Ich sagte, dass du eines Schwertes erst noch mächtig werden musst. Und das kannst du nicht lernen, wenn du hier nicht weißt," er tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe," was du damit ausrichten willst."
"Kämpfen," sagte Arcariel trotzig und wollte gerade das Schwert wieder aufheben, als sie merkte, dass es nicht mehr auf dem Fußboden lag. Sie entdeckte es nach einigen verstohlenen Blicken hinter dem Pfeilköcher an Aragorns Rücken steckend. Etwas wütend begann sie danach zu greifen, aber Aragorn nahm sanft, aber bestimmt ihre Hände.
"Wozu?" fragte er.
Arcariel hätte am liebsten laut aufgelacht. Ihr Vater, der bei einigen der größten Schlachten direkt an der Front gestanden hatte, wollte von ihr wissen, warum man kämpft? Doch dann verschwand der Lachreiz schlagartig wieder, als ihr bewusst wurde, dass sie die Antwort selbst nicht kannte.
In ihrem Gesicht konnte ihr Vater wie in einem Buch lesen und er lächelte sanft. "Ja, um zu beschützen, um das zu beschützen, was einem nahe steht, dafür kämpft man. Nicht des Kampfes wegen. Und im Moment haben wir sehr gut ausgebildete Turmwachen. Aber......" setzte er an, als der trotzige Ausdruck erneut in die Augen seiner elfjährigen Tochter trat. ".....ich werde dich ausbilden. Ich werde es persönlich tun, um dir zu helfen, zu verteidigen, was dir wichtig ist. Zu verteidigen, verstehst du?"
Arcariel konnte unmöglich das gesamte Ausmaß der Worte ihres Vaters verstehen, aber sie ließ nickend die Schultern sinken, denn in die Augen von Aragorn war ein Flackern getreten, das ihr wie eine Erinnerung aus einem anderen Leben vorkam. Hatte sie eben noch enthusiastisch mit einem der Langschwerter aus der Rüstungskammer imaginären Feinden nachgejagt, wusste sie plötzlich, dass ihr Vater dies niemals getan hatte. Er war stets gejagt worden. Dieser Satz brannte sich genau in dem Moment, als sie ihres Vaters Hand erneut ergriff, um mit ihm wieder in die Stadt zurückzukehren, unauslöschlich für immer in ihr Gedächtnis ein.
*
Das scheue Tier sprang immer wieder von links nach rechts, doch sie verlor es nie aus den Augen. Jede seiner Bewegungen ließ sie lautlos zucken und immer flacher atmen, bis das kräftige Reh, das auf der kleinen Waldlichtung wie nervös hin- und herblickte, einen Fixpunkt fand. Ein verführerisches frisches Grasbüschel, direkt an der breiten Eiche, die sie am meisten anvisierte. Sie lockerte ihr Schwert, um angriffsbereit zu sein und hatte all ihre Schritte vor ihrem inneren Auge.....
"Jagst du immer noch mit dem Langschwert?"
Arcariel schreckte auf, was das Reh das erste Mal ihre Gegenwart spüren und mit behänden Schritten flüchten ließ. Nur ein leises Rascheln war noch im Dickicht zu hören, als es verschwand.
"Aranor!" zischte Arcariel, als sie sich wütend und etwas erschrocken zu ihrem jüngeren Bruder umdrehte. "Was machst du hier?"
"Die Frage ist: Was machst du hier?" Er setzte ein triumphierendes Grinsen auf, wobei seine stahlblauen Augen - die warmen Augen seiner Mutter - schelmisch aufblitzten. "Hat dir Vater nicht verboten zu wildern?"
Arcariel schnaubte auf und strich sich ein paar dreckige Strähnen ihres ebenholzfarbenen Haares aus dem Gesicht. "Ich wildere nicht. An leblosen Holzscheiben kann ich meine Zielfertigkeiten und meine Reaktionen aber nicht trainieren!"
"Und wo ist dein Bogen?" Aranor war nicht im mindesten beeindruckt.
"Ich.... ich kämpfe ungern mit dem Bogen. Er schafft zuviel Distanz zwischen Jäger und Beute."
"Du willst deiner Beute also in die Augen sehen, bevor du sie meuchelst?" Die tiefe klare Stimme gehörte nicht Arcariels elfjährigem Bruder Aranor. Sie schrak zusammen. "Ich hoffe, dass du das nicht von mir gelernt hast, Tochter."
Arcariel stand sofort aufrecht da, vor Schreck versteift. Doch zugleich regte sich wieder etwas Trotziges in ihr; der Teil, der sich aus Minas Tirith mit einem Langschwert aus der Rüstungskammer der Turmwache herausgeschlichen hatte, das fast so groß war wie sie selbst. Sie hatte für ihre neunzehn Lenze auch keine besonders stattliche Größe erreicht.
"Ich finde es nicht besonders herausfordernd Holz zu erlegen, Vater."
"Und wenn du einer Horde Orks begegnet wärst?" Aragorns Stimme klang wütend - das war er oft in ihrer Gegenwart - doch es war der beunruhigte Unterton, der Arcariel nicht behagte.
"Dann hätte ich noch das hier gehabt!" Sie hob den Zweihänder in ihrer rechten Hand hoch.
"Du kannst das Schwert ja noch nicht einmal halten!" Er nahm ihr die Waffe weg, die sie ihm widerstandslos übergab. "Ein Langschwert ist selbst für die starken Männer der Palastwache nicht leicht zu beherrschen. Mir scheint es nicht so, als ob du bereit wärst, sie zu tragen. Langsam macht es mir sogar Angst, dir auch nur einen Kurzdolch zu überlassen."
Mit diesen Worten drehte sich der König zornig um und hinterließ seine älteste Tochter ihrem Schicksal. Es tobten Wut und Reue in ihr und fochten wie bei all den anderen Lehrpredigten ihres Vaters einen Kampf, bei dem keins der Gefühle das andere überrumpeln konnte. Meistens siegte am Ende leider die Wut. Sie trieb Arcariel zu solchen Unternehmungen, deren Gefahr sie sich durchaus bewusst war.
"Aranor, wieso hast du ihn geschickt?" zischte sie ihrem Bruder halbherzig zu. Er gab dieselbe Antwort wie immer.
"Er schickte mich."
*
Aus irgendeinem Grund wusste Arcariel, dass Versagen nicht in ihrer Natur lag. Sie wusste, dass sie profilieren konnte und auch wenn sie auf die stetigen ermahnenden Ratschläge ihres Vaters zuerst mit Trotz und gewolltem Unverständnis reagierte, wusste sie tief in ihr drin, dass sie seine Ansprüche erfüllen konnte, wenn sie sich darauf konzentrierte. Denn es war ihr wichtig und Arcariel wollte ihre oft widersprüchlich - und spänstiegen Gefühle sie nicht an diesem Ziel hindern lassen.
Und ihr erster Schritt war es in diesem furchtbaren Kleid in den großen Saal zu treten und sich dem Festbankett zu Ehren ihres jüngsten Bruders zu stellen.
Die blassgrüne Wildseide, die ihre Mutter für sie ausgesucht hatte, wollte ihr nicht behagen, die zweistündige Prozedur, mit der ihre Haare gebändigt wurden, waren eine pure Folter für sie gewesen. Doch sie hatte es überstanden und würde auch das hier tun; sie musste ihre Füße nur zwingen, sich zu bewegen und ihr Gesicht, ein herzliches Lächeln aufzusetzen.
Sie atmete noch einmal tief durch, bevor sie die hohe hellhölzerne Tür öffnete, um der Herausforderung entgegen zu treten.
*
Im riesigen Festsaal waren unzählige lange Tafeln aufgestellt, die mit weißen und goldenen Tüchern überdeckt waren. Perlweißes Geschirr zierte jeden Platz und die Fackeln, die im hellen Marmor der hohen Wände angebracht waren, schenkten ein warmes Licht. Am Ende des mittleren - und längsten - Tisches saß das Königspaar, seine Familie und einige andere Ehrengäste.
Arcariel glitt durch die Menge. Als sie vor ihren Eltern stehen blieb, verneigte sie sich förmlich, doch sie erkannte das vertraute Funkeln in den Augen ihres Vaters, als er sich wieder aufrichtete und sie erwiderte es.
"Sei gegrüßt, Vater," meinte sie schmunzelnd.
"Sei auch du gegrüßt, Arcariel." Sie setzte sich auf den für sie reservierten Platz neben Aragorn, dem hohen König von Gondor. "Du siehst gut aus."
Arcariel verdrehte theatralisch die Augen. "Das muss wohl das Erbe meiner Mutter sein."
Aragorn lachte leise. Arcariel war die einzige Person in ganz Mittelerde, die er bei einem solchen Kommentar nicht scholt. Auch Arwen Undomíel hätte er es vergeben, es war aber nicht ihre Art, ihrem Gatten so provokativ gegenüberzutreten. Arcariel hatte diese Eigenschaft voll und ganz von ihrem Vater übernommen - als einziges seiner Kinder.
"Dann ist deine Art offen darauf hinzuweisen, meine Erbin?" fragte er schmunzelnd.
"Oh ja," bestätigte ihn seine älteste Tochter und pustete eine dunkle Haarsträhne aus ihrem Gesicht, "was mich fragen lässt, wie du Mutter dazu brachtest, dich zu heiraten?"
"Sie ist eine der wenigen Elbenfrauen, die Gefallen daran fanden. Außerdem bin ich charmanter als du glauben magst, du Schmeichlerin. Nur dass man bei mir wohl darauf vertrauen kann, dass mein Charme ehrlicher Natur von innen kommt, wenn er einmal hervorscheint."
Arcariel grinste. "Noch eine Eigenschaft von dir, die sich in meinem Erbe niedergeschlagen hat." "Tatsächlich? Und was soll ich aus deiner momentanen Charmelosigkeit schließen?" Er beugte sich verschwörerisch zu ihr vor. "Genießt du die Festlichkeiten etwa nicht aus tiefstem Herzen?"
Arcariel zuckte mit den Schultern. "Natürlich tue ich das."
Aragorn lächelte warm. "Ganz meine Tochter. Auch du weißt genau, wann deine dir angeborene Ehrlichkeit angebracht ist und wann nicht."
"Ich glaube, ich weiß es eher selten als oft." Ihr Blick schweifte von Aragorn ab hin zu dem anderen Ende des Saales zu der Tür, durch die sie vor einigen Momenten getreten war. Eine Person kam gerade in den Saal und sah sich um. "Wenn ich es wüsste, würde ich dich jetzt nicht so unwissend fragen, wer da in unsere Richtung gelaufen kommt." Alle Plätze an der Tafel außer dem links von Arcariel waren besetzt. Ihre drei jüngeren Geschwister - Aranor, Arniel, Aenar - saßen ihr gegenüber, ihre Mutter war neben ihrem Vater ans Ende des Tisches platziert worden. Wenn diese Person tatsächlich in die richtige Richtung ging . Und das tat sie anscheinend ob der entschlossenen Schritte, die sie an den Tag legte - dann musste sie jemand besonderes sein, um an der königlichen Tafel speisen zu dürfen.
1 "Oh, ich freue mich, dir einen meiner früheren Gefährten vorzustellen, Tochter."
Arcariel hob erstaunt die Brauen. Viel hatte Aragorn ihr über seine Taten und Erlebnisse im Ringkrieg berichtet, aber ihr war es nie genug gewesen. Von den Gefährten hatte sie bisher nur den Hobbit Peregrin Tuk getroffen, der ob seines Schwures Denethor gegenüber immer noch den königlichen Befehlen von Minas Tirith unterstellt war. Viel hatte er ihr berichtet, Geschichten vom Fangorn, Isengard, den Pelennor-Feldern und einige wenige von den schwarzen Toren von Mordor, an denen die letzte Schlacht ausgetragen wurde. Er hätte ihr tagelang erzählen können - er war ein Hobbit, er konnte das tatsächlich - und Arcariel hätte sich nicht sattgehört. Pippin hatte eine sehr unterhaltsame und ausschmückende Erzählweise, die den meisten Hobbits inne war, wenn es um Geschichten ging. Und doch....... sie wollte einen Bericht von jemanden hören, der - das war kein Hobbit - mit Leib und Seele Krieger war.
Sie glaubte, dass ihr Vater ihr einiges verschwiegen hatte aus der Befürchtung heraus, sie könne ein falsches Bild vom Krieg bekommen. Aber konnte er seine Tochter so schlecht kennen, als dass er nicht wusste, dass sie die Gefahr sehr wohl einzuschätzen vermochte?
Arcariels Grübeleien fielen von ihr ab, als sie ihres Vaters Stimme hörte. "Arcariel, das ist Legolas Grünblatt, Thranduils Sohn, aus dem Düsterwald. Legolas, meine älteste Tochter Arcariel." Als ihr Name genannt wurde, blickte sie auf und schaute direkt in ein aufmerksames Paar elbischer grau-blauer Augen, die sie freundlich musterten.
"Ihr habt die Schönheit eurer Mutter und die Augen eures Vaters, werte Arcariel," sagte er sanft und reichte ihr zum Gruß seine Hand, wie es bei den Menschen üblich war. Arcariel nahm sie und lächelte den Elbenprinzen an, innerlich seufzte sie aber laut auf. Sie hatte gewusst, dass diese pompöse Umhüllung sie oberflächlich wirken lassen musste. Wie hielt ihre Mutter das nur aus?
"Das Temperament ist eindeutig das eures Vaters." Verblüfft zog Arcariel die Augenbrauen hoch.
"Verzeiht, werter Elbenprinz, aber wie kann euch mein Temperament vertraut sein?"
"Ihr seid bei meinem Kompliment nicht errötet," konterte der Elb. Arcariel sah sich schon wieder in Problemen. Sie hatte etwas an sich, dass den Begrüßungsakt der ehrenvollsten Gäste in einem Fiasko enden lassen konnte.
Und trotz ihrem Wissen um all das konnte sie sich nicht davor bewahren zu sagen, was sie Legolas auf diese Aussagen erwiderte. "Frauen, die bei Komplimenten, die ihr vergängliches Äußeres betreffen, erröten, kann ich nicht respektieren, weil sie sich für etwas zurecht gelobt fühlen, was ihre Hand nicht erschaffen hat. Andererseits," fügte sie wie sie hoffte diplomatisch hinzu," könnten die Elben das anders sehen." Sie schmunzelte. "Aber nach dreitausend Jahren sollten selbst solch liebreizende Komplimente doch auch langweilig werden?!"
"Arcariel!" ermahnte sie Aragorn streng und sie duckte sich innerlich schuldbewusst und schaute ihren Vater kurz zerknirscht an, doch Legolas hob lächelnd eine Hand. "Ihr müsst mich entschuldigen, werte Königstochter," sagte er, als er sich neben Aragorn stellte, "ich habe die dreitausend Lenze noch nicht erreicht und finde Schmeicheleien, die das Äußere hübscher Elbenfrauen angeht - oder Halbelbenfrauen - noch äußerst unterhaltsam. Ich hoffe, ihr verzeiht mir diese trivialen Vergnüglichkeiten."
Arcariel zerfloss innerlich vor Scham, was sie sicher nicht getan hätte, wäre ihr Vater nicht anwesend gewesen und wäre das hier nicht ein offizielles Bankett zu Ehren der Geburt des siebenten Mitglieds der Königsfamilie, der vor einem Vollmond das Licht der Welt erblickt hatte.
Arcariel sah den Elben, wie sie hoffte, sehr gönnerisch an. "Es sei euch gewährt."
"Ich danke euch vielmals, Prinzessin." Er lächelte Aragorn breit an, der aufgestanden war, um seinen alten Kameraden freundschaftlich zu umarmen. "Eine sehr herausfordernde Tochter hast du, Aragorn."
Arcariels Vater lachte, aber sie wusste, dass sie spätestens morgen früh eine private Audienz durch den König erwartete, der ihre Erziehung betraf. "Du solltest Amadon kennen lernen. Er ist das Mitglied der königlichen Familie, das uns im Moment alle am meisten fordert. Arwen wird gleich zurückkehren, sie bringt ihn gerade ins Bett."
"Der kleine Prinz verschläft seine eigenen Ehrenfestlichkeiten?"
Aragorn und Legolas redeten noch weiter, doch Arcariel konnte sich darauf nicht recht konzentrieren. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, den Elben zu beobachten, der soeben angekommen war und der die Aufmerksamkeit ihres Vater auf sich gezogen hatte, was ihr die Möglichkeit gab, ihn zu inspizieren.
Dies war also Legolas Grünblatt, der Elbenkrieger aus dem Düsterwald. Ein Meister in Pfeil und Bogen, was Arcariel ob ihres Favorisieren des Nahkampfes nicht besonders beeindruckte, aber er hatte viele gefährliche Situationen durch seine scharfen Elbensinne erkannt und sehr zum Gelingen der Mission der Gemeinschaft beigetragen. Und außerdem war er laut ihrem Vater - der solche Details für sie für weniger wichtig hielt - im Nahkampf auch nicht übel. Außerdem hatte Legolas auch ihrem verbalen Nahkampf standgehalten - den sie mit allen um sich herum zu führen schien - und er hatte es auf eine Weise getan, die Arcariel sowohl irritierte als auch erstaunte. Er hatte eine respektvolle Rückzugstaktik angewandt, die mit der ihr innewohnenden Ironie weder seiner noch ihrer Ehre Schaden zukommen ließ. Eine interessante Strategie.
Doch auch wenn Arcariel jetzt solche Gedanken in ihrem Geist herumgingen musste sie zugeben, dass es sein Äußeres war, das ihr zuerst aufgefallen war. Sie kannte Legolas nur aus den väterlichen Beschreibungen, nie hatte sie das intensive Strahlen, das von seinen Elbenaugen ausging, vermutet. Seine Augen waren sofort ihr Fixpunkt gewesen.
Er trug edle Stoffe, eine nachtblaue Brokattunika mit Hosen aus schwarzer Wildseide. Die dunklen Garben ließen sein Haar, das aus hellem Feingold gemacht zu sein schien, wie der Schweif einer ewigwährenden Sternschnuppe in einer tiefen Winternacht aufleuchtend, aber diese Augen........
Arcariel schalt sich für die für ihren Verstand höchst widersprüchlichen poetischen Ausdrücke, die ihre Gedanken für seine Augen ersponnen. Sie hatte doch kaum etwas von ihm gesehen und auch ihre Mutter hatte sehr intensive Augen, das war für die Elben wohl charakteristisch. Und nur weil er ein Mann und auch noch ein Krieger war und ein wenig von der verbalen Kommunikation verstand....
"Arcariel Silithamrun!"
"Ja?" schreckte sie hoch und blickte in die lächelnden Augen ihres Vaters. "Ich habe deinen Namen jetzt schon zweimal genannt. Würdest du mir bitte den Wein reichen?"
Sie nahm den tönernen Krug und goss ihrem Vater ein. "Natürlich, mein König," fügte sie schelmisch hinzu. Sie runzelte die Stirn, als in die Augen ihres Vaters statt eines amüsierten Funkeln ein verräterischer Schatten aufblitzte. In einem hatte Legolas recht, sie hatte die Augen ihres Vaters geerbt, deswegen wusste sie aus ihrem Spiegelbild, wie Schmerz - und wenn er auch nur von kurzer Dauer war - darin aussah.
"Alles in Ordnung, Vater?" fragte sie und legte eine Hand auf seine.
Er nickte und der Schatten war wieder verschwunden. "Nur eine Erinnerung aus alten Zeiten. Pass mit dem Wein auf, Tochter. Das ist Auenländer aus dem Nordviertel." Erschrocken registrierte Arcariel, wie das Getränk schon über Aragorns fein gearbeiteten Becker floss.
"Entschuldige bitte." Sie stellte die Karaffe ab, doch bevor sie auch nur einen Finger rühren konnte, war schon eines der Dienstmädchen des Palastes zur Stelle, putzte mit geschickten Händen den königlichen Weinbecher und das Tischtuch ab und war mit einer tiefen Verbeugung vor Elessar schon wieder in der Menge verschwunden.
Arcariel nahm sich vor, den Rest ihrer Tollpatschigkeit für den verbleibenden Abend auf ein Mindestmaß zu reduzieren, indem sie schweigend speiste und so schnell wie möglich vom Fest verschwand.
Der Teil ihres Plans, in dem sie sich das Schweigen gelobte, wurde jedoch gleich nachdem sie ihn erstellt hatte durch den Prinz von Düsterwald vereitelt. "Sagt, Arcariel, als Tochter des Königs seid ihr doch sicher schon viel in Mittelerde herumgekommen?"
Arcariel war verwirrt. Was sollte diese Frage? Wollte er sie bloßstellen? Ihr Stolz erwiderte anstatt ihres Respekts. "Ihr, der ihr ebenso Königssohn seid, müsstet doch wissen, dass die Arbeit in einem Hofstaat vor allem die Nachkommen eines Königs von Geburt an durch ihr Blut an diesen Ort bindet. Oder wollt ihr von eurem Einzelfall über alle anderen Adelskinder, die dieses Schicksal nicht teilen, urteilen, werter Prinz?"
Nichts konnte sie sich bei ihrem Ausspruch gedacht haben, doch anstatt von Wut und Empörung trat ein amüsiertes Funkeln in Legolas' Augen, was Arcariel noch mehr erregte. Sie beschloss, dass das Ziehen in ihrem Inneren allein darin seinen Ursprung fand.
"Wie konnte ich so gedankenlos sein?" scholt er sich lächelnd. "Dann lasst uns aufstehen, damit ich euch die Welt außerhalb dieses Palastes zeigen kann."
Arcariel fragte sich, was er damit meinte und fühlte Wut ob seiner Überheblichkeit in sich aufsteigen, doch sie öffnete überrascht und empört den Mund, als Legolas aufstand und sie mit einer elbischen kraftvollen Grazie auf die Füße zog.
"Aragorn, darf ich deine Tochter kurz entführen?"
Aragorn lächelte zu Arcariels Überraschung nur leicht. Sie hatte das ungute Gefühl, dass hier eine Verschwörung gegen sie stattfand. "Deine Frage erstaunt mich nach euren scharfen Wortwechseln mit Arcariel sehr, mein Freund, aber nehmt sie ruhig mit."
Arcariel hob ob solcher freien Verfügung über sie, die Königstochter von Gondor, ihre Hände in einer hilflosen Geste, senkte sie aber rasch wieder und warf ihrem Vater nur noch einen letzten verwirrten und wütenden Blick zu, bevor dieser wahnsinnige Elbenprinz sie geschickt durch den Festsaal hinaus ins Freie brachte.
"Wohin.........bringt.......ihr.......mich?" fragte Arcariel atemlos und verärgert. Woher nahm er sich das Recht..........? Er mochte ein Held sein, aber das hieß nicht, dass er über sie frei bestimmen konnte.
Sie hielten so prompt in einer kleinen steilen Seitengasse des fünften Stadtrings - wo auch der Festsaal lag - an, dass Arcariel beinahe gestürzt wäre, doch Legolas fing sie geschickt auf. Perplex lag die sonst so schlagfertige Halbelbe in seinen Armen und blickte hoch in seine Augen....... was macht er nur mit diesen Augen? Blau wie das Meer vor Valinor an einem stürmischen Abend........
"Arcariel?"
"Was?" fragte sie etwas verwirrt.
"Aragorn bringt mich um, wenn er das hier erfahren würde. Zum Glück tut er es nicht......."
Ehe Arcariel auch nur fragen konnte, was Legolas damit meinte, spürte sie schon seine warmen Lippen auf ihren. Schwindelig und merkwürdig gefangengenommen fühlte sie seinen gierigen Kuss und versank in tiefem Nebel puren ..........Sie war nicht imstande sich zu wehren und wollte es auch nicht..........
Nein, das konnte nicht sein! Selbst ein Elbe wie er konnte sie nicht..... Rote Flecken tanzten vor ihren Augen und ihr Instinkt schrie in ihr, dass etwas sehr Unglaubliches nicht stimmte. Legolas' Arme, die sich eben noch warm und beschützerhaft angefühlt hatten, wurden immer enger und einschnürender, sein Kuss wandelte sich von liebevoll zu hart und schmerzhaft, seine Zähne bissen in ihre Unterlippe und ihr entkam nur noch ein hilfloses leises "Vater" als sich ein zermürbend bitterer Geschmack in ihrem Mund breit machte und sie in die Schatten ihrer Selbst fiel.
Ende Kapitel 1
Anmerkungen: Alle Figuren, die euch bekannt vorkommen, gehören Tolkien. Ich entschuldige mich jetzt schon, wenn mir echt Patzer unterlaufen.....ja ich habe den Herrn der Ringe gelesen, 2mal, bin jetzt am Silmarillion und habe den höchsten Respekt vor Mr. Tolkien. Vielleicht denke ich ja genau deswegen, dass das was ich hier schreibe, irgendwie entehrend wäre....... ich hoffe, es wirkt nichts falsch oder gekünstelt, ich würde ich mich sehr über euer Feedback freuen.
Und ich weiß, daß Arcariel technisch keine Halbelbe sein kann und daß ich mich die Kinder von Aragorn ein bisschen zurechtgeformt habe... es wurde aber andererseits aber auch nur ein Sohn namentlich erwähnt im HdR und ich hab einfach meiner Fantasie freien Lauf gelassen.
Und so dumm es jetzt auch klingt... falls jemand meinen Sindarin Titel übersetzen kann, wäre ich ihm wirklich dankbar, weil ich ihn vor ca.1 Jahr geschrieben hatte und nicht mehr nachvollziehen kann, was er bedeutet.
Und einen dicken Knuddler an Silberil, meiner treuen Beta-Leserin :knuddel:.
Kapitel 1
"Warum sollte ich des Schwertkampfes nicht mächtig werden?"
Arcariel Silithamrun, erste Tochter des hohen Königs von Gondor, stand ihrem Vater mit in die Hüfte geballten Fäusten gegenüber, wobei in ihrer rechten ein mächtiges Langschwert steckte, dass in einem bedrohlichen Winkel auf Aragorn gerichtet war. Keine Palastwachen waren in der Nähe, denn obwohl sie die Königstochter war, hätte niemand ungestraft ein Schwert auf den König richten dürfen - auch sie nicht. Der erste König in Minas Tirith seit Isildurs Zeiten sollte vor allen anderen beschützt werden.
Doch Aragorn war nicht nur König, in ihm wohnte auch noch der Waldläufer, der ohne Angst und einsam durch ganz Mittelerde gezogen war. Er ließ äußerlich keine Anzeichen dafür entdecken, dass er sich durch seine älteste Tochter auch nur im Mindesten bedroht fühlte.
"Ich sagte nicht, dass du ihm nicht mächtig werden solltest, ich sagte ......."
Mit einer von ihr unerwartet schnellen Handbewegung hatte Aragorn Arcariels Handgelenk umgedreht und mit einem gezielten Druck bewirkt, dass das Schwert mit einem Klirren auf den gepflasterten Weg, auf dem sie standen, fiel. Anscheinend waren die Palastwächter doch anwesend, denn als zwei auf einem kleinen Wachturm zweihundert Meter von ihnen entfernt auftauchten, gab ihnen Aragorn mit einem Handzeichen zu verstehen, dass alles in Ordnung sei. "Ich sagte, dass du eines Schwertes erst noch mächtig werden musst. Und das kannst du nicht lernen, wenn du hier nicht weißt," er tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe," was du damit ausrichten willst."
"Kämpfen," sagte Arcariel trotzig und wollte gerade das Schwert wieder aufheben, als sie merkte, dass es nicht mehr auf dem Fußboden lag. Sie entdeckte es nach einigen verstohlenen Blicken hinter dem Pfeilköcher an Aragorns Rücken steckend. Etwas wütend begann sie danach zu greifen, aber Aragorn nahm sanft, aber bestimmt ihre Hände.
"Wozu?" fragte er.
Arcariel hätte am liebsten laut aufgelacht. Ihr Vater, der bei einigen der größten Schlachten direkt an der Front gestanden hatte, wollte von ihr wissen, warum man kämpft? Doch dann verschwand der Lachreiz schlagartig wieder, als ihr bewusst wurde, dass sie die Antwort selbst nicht kannte.
In ihrem Gesicht konnte ihr Vater wie in einem Buch lesen und er lächelte sanft. "Ja, um zu beschützen, um das zu beschützen, was einem nahe steht, dafür kämpft man. Nicht des Kampfes wegen. Und im Moment haben wir sehr gut ausgebildete Turmwachen. Aber......" setzte er an, als der trotzige Ausdruck erneut in die Augen seiner elfjährigen Tochter trat. ".....ich werde dich ausbilden. Ich werde es persönlich tun, um dir zu helfen, zu verteidigen, was dir wichtig ist. Zu verteidigen, verstehst du?"
Arcariel konnte unmöglich das gesamte Ausmaß der Worte ihres Vaters verstehen, aber sie ließ nickend die Schultern sinken, denn in die Augen von Aragorn war ein Flackern getreten, das ihr wie eine Erinnerung aus einem anderen Leben vorkam. Hatte sie eben noch enthusiastisch mit einem der Langschwerter aus der Rüstungskammer imaginären Feinden nachgejagt, wusste sie plötzlich, dass ihr Vater dies niemals getan hatte. Er war stets gejagt worden. Dieser Satz brannte sich genau in dem Moment, als sie ihres Vaters Hand erneut ergriff, um mit ihm wieder in die Stadt zurückzukehren, unauslöschlich für immer in ihr Gedächtnis ein.
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Das scheue Tier sprang immer wieder von links nach rechts, doch sie verlor es nie aus den Augen. Jede seiner Bewegungen ließ sie lautlos zucken und immer flacher atmen, bis das kräftige Reh, das auf der kleinen Waldlichtung wie nervös hin- und herblickte, einen Fixpunkt fand. Ein verführerisches frisches Grasbüschel, direkt an der breiten Eiche, die sie am meisten anvisierte. Sie lockerte ihr Schwert, um angriffsbereit zu sein und hatte all ihre Schritte vor ihrem inneren Auge.....
"Jagst du immer noch mit dem Langschwert?"
Arcariel schreckte auf, was das Reh das erste Mal ihre Gegenwart spüren und mit behänden Schritten flüchten ließ. Nur ein leises Rascheln war noch im Dickicht zu hören, als es verschwand.
"Aranor!" zischte Arcariel, als sie sich wütend und etwas erschrocken zu ihrem jüngeren Bruder umdrehte. "Was machst du hier?"
"Die Frage ist: Was machst du hier?" Er setzte ein triumphierendes Grinsen auf, wobei seine stahlblauen Augen - die warmen Augen seiner Mutter - schelmisch aufblitzten. "Hat dir Vater nicht verboten zu wildern?"
Arcariel schnaubte auf und strich sich ein paar dreckige Strähnen ihres ebenholzfarbenen Haares aus dem Gesicht. "Ich wildere nicht. An leblosen Holzscheiben kann ich meine Zielfertigkeiten und meine Reaktionen aber nicht trainieren!"
"Und wo ist dein Bogen?" Aranor war nicht im mindesten beeindruckt.
"Ich.... ich kämpfe ungern mit dem Bogen. Er schafft zuviel Distanz zwischen Jäger und Beute."
"Du willst deiner Beute also in die Augen sehen, bevor du sie meuchelst?" Die tiefe klare Stimme gehörte nicht Arcariels elfjährigem Bruder Aranor. Sie schrak zusammen. "Ich hoffe, dass du das nicht von mir gelernt hast, Tochter."
Arcariel stand sofort aufrecht da, vor Schreck versteift. Doch zugleich regte sich wieder etwas Trotziges in ihr; der Teil, der sich aus Minas Tirith mit einem Langschwert aus der Rüstungskammer der Turmwache herausgeschlichen hatte, das fast so groß war wie sie selbst. Sie hatte für ihre neunzehn Lenze auch keine besonders stattliche Größe erreicht.
"Ich finde es nicht besonders herausfordernd Holz zu erlegen, Vater."
"Und wenn du einer Horde Orks begegnet wärst?" Aragorns Stimme klang wütend - das war er oft in ihrer Gegenwart - doch es war der beunruhigte Unterton, der Arcariel nicht behagte.
"Dann hätte ich noch das hier gehabt!" Sie hob den Zweihänder in ihrer rechten Hand hoch.
"Du kannst das Schwert ja noch nicht einmal halten!" Er nahm ihr die Waffe weg, die sie ihm widerstandslos übergab. "Ein Langschwert ist selbst für die starken Männer der Palastwache nicht leicht zu beherrschen. Mir scheint es nicht so, als ob du bereit wärst, sie zu tragen. Langsam macht es mir sogar Angst, dir auch nur einen Kurzdolch zu überlassen."
Mit diesen Worten drehte sich der König zornig um und hinterließ seine älteste Tochter ihrem Schicksal. Es tobten Wut und Reue in ihr und fochten wie bei all den anderen Lehrpredigten ihres Vaters einen Kampf, bei dem keins der Gefühle das andere überrumpeln konnte. Meistens siegte am Ende leider die Wut. Sie trieb Arcariel zu solchen Unternehmungen, deren Gefahr sie sich durchaus bewusst war.
"Aranor, wieso hast du ihn geschickt?" zischte sie ihrem Bruder halbherzig zu. Er gab dieselbe Antwort wie immer.
"Er schickte mich."
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Aus irgendeinem Grund wusste Arcariel, dass Versagen nicht in ihrer Natur lag. Sie wusste, dass sie profilieren konnte und auch wenn sie auf die stetigen ermahnenden Ratschläge ihres Vaters zuerst mit Trotz und gewolltem Unverständnis reagierte, wusste sie tief in ihr drin, dass sie seine Ansprüche erfüllen konnte, wenn sie sich darauf konzentrierte. Denn es war ihr wichtig und Arcariel wollte ihre oft widersprüchlich - und spänstiegen Gefühle sie nicht an diesem Ziel hindern lassen.
Und ihr erster Schritt war es in diesem furchtbaren Kleid in den großen Saal zu treten und sich dem Festbankett zu Ehren ihres jüngsten Bruders zu stellen.
Die blassgrüne Wildseide, die ihre Mutter für sie ausgesucht hatte, wollte ihr nicht behagen, die zweistündige Prozedur, mit der ihre Haare gebändigt wurden, waren eine pure Folter für sie gewesen. Doch sie hatte es überstanden und würde auch das hier tun; sie musste ihre Füße nur zwingen, sich zu bewegen und ihr Gesicht, ein herzliches Lächeln aufzusetzen.
Sie atmete noch einmal tief durch, bevor sie die hohe hellhölzerne Tür öffnete, um der Herausforderung entgegen zu treten.
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Im riesigen Festsaal waren unzählige lange Tafeln aufgestellt, die mit weißen und goldenen Tüchern überdeckt waren. Perlweißes Geschirr zierte jeden Platz und die Fackeln, die im hellen Marmor der hohen Wände angebracht waren, schenkten ein warmes Licht. Am Ende des mittleren - und längsten - Tisches saß das Königspaar, seine Familie und einige andere Ehrengäste.
Arcariel glitt durch die Menge. Als sie vor ihren Eltern stehen blieb, verneigte sie sich förmlich, doch sie erkannte das vertraute Funkeln in den Augen ihres Vaters, als er sich wieder aufrichtete und sie erwiderte es.
"Sei gegrüßt, Vater," meinte sie schmunzelnd.
"Sei auch du gegrüßt, Arcariel." Sie setzte sich auf den für sie reservierten Platz neben Aragorn, dem hohen König von Gondor. "Du siehst gut aus."
Arcariel verdrehte theatralisch die Augen. "Das muss wohl das Erbe meiner Mutter sein."
Aragorn lachte leise. Arcariel war die einzige Person in ganz Mittelerde, die er bei einem solchen Kommentar nicht scholt. Auch Arwen Undomíel hätte er es vergeben, es war aber nicht ihre Art, ihrem Gatten so provokativ gegenüberzutreten. Arcariel hatte diese Eigenschaft voll und ganz von ihrem Vater übernommen - als einziges seiner Kinder.
"Dann ist deine Art offen darauf hinzuweisen, meine Erbin?" fragte er schmunzelnd.
"Oh ja," bestätigte ihn seine älteste Tochter und pustete eine dunkle Haarsträhne aus ihrem Gesicht, "was mich fragen lässt, wie du Mutter dazu brachtest, dich zu heiraten?"
"Sie ist eine der wenigen Elbenfrauen, die Gefallen daran fanden. Außerdem bin ich charmanter als du glauben magst, du Schmeichlerin. Nur dass man bei mir wohl darauf vertrauen kann, dass mein Charme ehrlicher Natur von innen kommt, wenn er einmal hervorscheint."
Arcariel grinste. "Noch eine Eigenschaft von dir, die sich in meinem Erbe niedergeschlagen hat." "Tatsächlich? Und was soll ich aus deiner momentanen Charmelosigkeit schließen?" Er beugte sich verschwörerisch zu ihr vor. "Genießt du die Festlichkeiten etwa nicht aus tiefstem Herzen?"
Arcariel zuckte mit den Schultern. "Natürlich tue ich das."
Aragorn lächelte warm. "Ganz meine Tochter. Auch du weißt genau, wann deine dir angeborene Ehrlichkeit angebracht ist und wann nicht."
"Ich glaube, ich weiß es eher selten als oft." Ihr Blick schweifte von Aragorn ab hin zu dem anderen Ende des Saales zu der Tür, durch die sie vor einigen Momenten getreten war. Eine Person kam gerade in den Saal und sah sich um. "Wenn ich es wüsste, würde ich dich jetzt nicht so unwissend fragen, wer da in unsere Richtung gelaufen kommt." Alle Plätze an der Tafel außer dem links von Arcariel waren besetzt. Ihre drei jüngeren Geschwister - Aranor, Arniel, Aenar - saßen ihr gegenüber, ihre Mutter war neben ihrem Vater ans Ende des Tisches platziert worden. Wenn diese Person tatsächlich in die richtige Richtung ging . Und das tat sie anscheinend ob der entschlossenen Schritte, die sie an den Tag legte - dann musste sie jemand besonderes sein, um an der königlichen Tafel speisen zu dürfen.
1 "Oh, ich freue mich, dir einen meiner früheren Gefährten vorzustellen, Tochter."
Arcariel hob erstaunt die Brauen. Viel hatte Aragorn ihr über seine Taten und Erlebnisse im Ringkrieg berichtet, aber ihr war es nie genug gewesen. Von den Gefährten hatte sie bisher nur den Hobbit Peregrin Tuk getroffen, der ob seines Schwures Denethor gegenüber immer noch den königlichen Befehlen von Minas Tirith unterstellt war. Viel hatte er ihr berichtet, Geschichten vom Fangorn, Isengard, den Pelennor-Feldern und einige wenige von den schwarzen Toren von Mordor, an denen die letzte Schlacht ausgetragen wurde. Er hätte ihr tagelang erzählen können - er war ein Hobbit, er konnte das tatsächlich - und Arcariel hätte sich nicht sattgehört. Pippin hatte eine sehr unterhaltsame und ausschmückende Erzählweise, die den meisten Hobbits inne war, wenn es um Geschichten ging. Und doch....... sie wollte einen Bericht von jemanden hören, der - das war kein Hobbit - mit Leib und Seele Krieger war.
Sie glaubte, dass ihr Vater ihr einiges verschwiegen hatte aus der Befürchtung heraus, sie könne ein falsches Bild vom Krieg bekommen. Aber konnte er seine Tochter so schlecht kennen, als dass er nicht wusste, dass sie die Gefahr sehr wohl einzuschätzen vermochte?
Arcariels Grübeleien fielen von ihr ab, als sie ihres Vaters Stimme hörte. "Arcariel, das ist Legolas Grünblatt, Thranduils Sohn, aus dem Düsterwald. Legolas, meine älteste Tochter Arcariel." Als ihr Name genannt wurde, blickte sie auf und schaute direkt in ein aufmerksames Paar elbischer grau-blauer Augen, die sie freundlich musterten.
"Ihr habt die Schönheit eurer Mutter und die Augen eures Vaters, werte Arcariel," sagte er sanft und reichte ihr zum Gruß seine Hand, wie es bei den Menschen üblich war. Arcariel nahm sie und lächelte den Elbenprinzen an, innerlich seufzte sie aber laut auf. Sie hatte gewusst, dass diese pompöse Umhüllung sie oberflächlich wirken lassen musste. Wie hielt ihre Mutter das nur aus?
"Das Temperament ist eindeutig das eures Vaters." Verblüfft zog Arcariel die Augenbrauen hoch.
"Verzeiht, werter Elbenprinz, aber wie kann euch mein Temperament vertraut sein?"
"Ihr seid bei meinem Kompliment nicht errötet," konterte der Elb. Arcariel sah sich schon wieder in Problemen. Sie hatte etwas an sich, dass den Begrüßungsakt der ehrenvollsten Gäste in einem Fiasko enden lassen konnte.
Und trotz ihrem Wissen um all das konnte sie sich nicht davor bewahren zu sagen, was sie Legolas auf diese Aussagen erwiderte. "Frauen, die bei Komplimenten, die ihr vergängliches Äußeres betreffen, erröten, kann ich nicht respektieren, weil sie sich für etwas zurecht gelobt fühlen, was ihre Hand nicht erschaffen hat. Andererseits," fügte sie wie sie hoffte diplomatisch hinzu," könnten die Elben das anders sehen." Sie schmunzelte. "Aber nach dreitausend Jahren sollten selbst solch liebreizende Komplimente doch auch langweilig werden?!"
"Arcariel!" ermahnte sie Aragorn streng und sie duckte sich innerlich schuldbewusst und schaute ihren Vater kurz zerknirscht an, doch Legolas hob lächelnd eine Hand. "Ihr müsst mich entschuldigen, werte Königstochter," sagte er, als er sich neben Aragorn stellte, "ich habe die dreitausend Lenze noch nicht erreicht und finde Schmeicheleien, die das Äußere hübscher Elbenfrauen angeht - oder Halbelbenfrauen - noch äußerst unterhaltsam. Ich hoffe, ihr verzeiht mir diese trivialen Vergnüglichkeiten."
Arcariel zerfloss innerlich vor Scham, was sie sicher nicht getan hätte, wäre ihr Vater nicht anwesend gewesen und wäre das hier nicht ein offizielles Bankett zu Ehren der Geburt des siebenten Mitglieds der Königsfamilie, der vor einem Vollmond das Licht der Welt erblickt hatte.
Arcariel sah den Elben, wie sie hoffte, sehr gönnerisch an. "Es sei euch gewährt."
"Ich danke euch vielmals, Prinzessin." Er lächelte Aragorn breit an, der aufgestanden war, um seinen alten Kameraden freundschaftlich zu umarmen. "Eine sehr herausfordernde Tochter hast du, Aragorn."
Arcariels Vater lachte, aber sie wusste, dass sie spätestens morgen früh eine private Audienz durch den König erwartete, der ihre Erziehung betraf. "Du solltest Amadon kennen lernen. Er ist das Mitglied der königlichen Familie, das uns im Moment alle am meisten fordert. Arwen wird gleich zurückkehren, sie bringt ihn gerade ins Bett."
"Der kleine Prinz verschläft seine eigenen Ehrenfestlichkeiten?"
Aragorn und Legolas redeten noch weiter, doch Arcariel konnte sich darauf nicht recht konzentrieren. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, den Elben zu beobachten, der soeben angekommen war und der die Aufmerksamkeit ihres Vater auf sich gezogen hatte, was ihr die Möglichkeit gab, ihn zu inspizieren.
Dies war also Legolas Grünblatt, der Elbenkrieger aus dem Düsterwald. Ein Meister in Pfeil und Bogen, was Arcariel ob ihres Favorisieren des Nahkampfes nicht besonders beeindruckte, aber er hatte viele gefährliche Situationen durch seine scharfen Elbensinne erkannt und sehr zum Gelingen der Mission der Gemeinschaft beigetragen. Und außerdem war er laut ihrem Vater - der solche Details für sie für weniger wichtig hielt - im Nahkampf auch nicht übel. Außerdem hatte Legolas auch ihrem verbalen Nahkampf standgehalten - den sie mit allen um sich herum zu führen schien - und er hatte es auf eine Weise getan, die Arcariel sowohl irritierte als auch erstaunte. Er hatte eine respektvolle Rückzugstaktik angewandt, die mit der ihr innewohnenden Ironie weder seiner noch ihrer Ehre Schaden zukommen ließ. Eine interessante Strategie.
Doch auch wenn Arcariel jetzt solche Gedanken in ihrem Geist herumgingen musste sie zugeben, dass es sein Äußeres war, das ihr zuerst aufgefallen war. Sie kannte Legolas nur aus den väterlichen Beschreibungen, nie hatte sie das intensive Strahlen, das von seinen Elbenaugen ausging, vermutet. Seine Augen waren sofort ihr Fixpunkt gewesen.
Er trug edle Stoffe, eine nachtblaue Brokattunika mit Hosen aus schwarzer Wildseide. Die dunklen Garben ließen sein Haar, das aus hellem Feingold gemacht zu sein schien, wie der Schweif einer ewigwährenden Sternschnuppe in einer tiefen Winternacht aufleuchtend, aber diese Augen........
Arcariel schalt sich für die für ihren Verstand höchst widersprüchlichen poetischen Ausdrücke, die ihre Gedanken für seine Augen ersponnen. Sie hatte doch kaum etwas von ihm gesehen und auch ihre Mutter hatte sehr intensive Augen, das war für die Elben wohl charakteristisch. Und nur weil er ein Mann und auch noch ein Krieger war und ein wenig von der verbalen Kommunikation verstand....
"Arcariel Silithamrun!"
"Ja?" schreckte sie hoch und blickte in die lächelnden Augen ihres Vaters. "Ich habe deinen Namen jetzt schon zweimal genannt. Würdest du mir bitte den Wein reichen?"
Sie nahm den tönernen Krug und goss ihrem Vater ein. "Natürlich, mein König," fügte sie schelmisch hinzu. Sie runzelte die Stirn, als in die Augen ihres Vaters statt eines amüsierten Funkeln ein verräterischer Schatten aufblitzte. In einem hatte Legolas recht, sie hatte die Augen ihres Vaters geerbt, deswegen wusste sie aus ihrem Spiegelbild, wie Schmerz - und wenn er auch nur von kurzer Dauer war - darin aussah.
"Alles in Ordnung, Vater?" fragte sie und legte eine Hand auf seine.
Er nickte und der Schatten war wieder verschwunden. "Nur eine Erinnerung aus alten Zeiten. Pass mit dem Wein auf, Tochter. Das ist Auenländer aus dem Nordviertel." Erschrocken registrierte Arcariel, wie das Getränk schon über Aragorns fein gearbeiteten Becker floss.
"Entschuldige bitte." Sie stellte die Karaffe ab, doch bevor sie auch nur einen Finger rühren konnte, war schon eines der Dienstmädchen des Palastes zur Stelle, putzte mit geschickten Händen den königlichen Weinbecher und das Tischtuch ab und war mit einer tiefen Verbeugung vor Elessar schon wieder in der Menge verschwunden.
Arcariel nahm sich vor, den Rest ihrer Tollpatschigkeit für den verbleibenden Abend auf ein Mindestmaß zu reduzieren, indem sie schweigend speiste und so schnell wie möglich vom Fest verschwand.
Der Teil ihres Plans, in dem sie sich das Schweigen gelobte, wurde jedoch gleich nachdem sie ihn erstellt hatte durch den Prinz von Düsterwald vereitelt. "Sagt, Arcariel, als Tochter des Königs seid ihr doch sicher schon viel in Mittelerde herumgekommen?"
Arcariel war verwirrt. Was sollte diese Frage? Wollte er sie bloßstellen? Ihr Stolz erwiderte anstatt ihres Respekts. "Ihr, der ihr ebenso Königssohn seid, müsstet doch wissen, dass die Arbeit in einem Hofstaat vor allem die Nachkommen eines Königs von Geburt an durch ihr Blut an diesen Ort bindet. Oder wollt ihr von eurem Einzelfall über alle anderen Adelskinder, die dieses Schicksal nicht teilen, urteilen, werter Prinz?"
Nichts konnte sie sich bei ihrem Ausspruch gedacht haben, doch anstatt von Wut und Empörung trat ein amüsiertes Funkeln in Legolas' Augen, was Arcariel noch mehr erregte. Sie beschloss, dass das Ziehen in ihrem Inneren allein darin seinen Ursprung fand.
"Wie konnte ich so gedankenlos sein?" scholt er sich lächelnd. "Dann lasst uns aufstehen, damit ich euch die Welt außerhalb dieses Palastes zeigen kann."
Arcariel fragte sich, was er damit meinte und fühlte Wut ob seiner Überheblichkeit in sich aufsteigen, doch sie öffnete überrascht und empört den Mund, als Legolas aufstand und sie mit einer elbischen kraftvollen Grazie auf die Füße zog.
"Aragorn, darf ich deine Tochter kurz entführen?"
Aragorn lächelte zu Arcariels Überraschung nur leicht. Sie hatte das ungute Gefühl, dass hier eine Verschwörung gegen sie stattfand. "Deine Frage erstaunt mich nach euren scharfen Wortwechseln mit Arcariel sehr, mein Freund, aber nehmt sie ruhig mit."
Arcariel hob ob solcher freien Verfügung über sie, die Königstochter von Gondor, ihre Hände in einer hilflosen Geste, senkte sie aber rasch wieder und warf ihrem Vater nur noch einen letzten verwirrten und wütenden Blick zu, bevor dieser wahnsinnige Elbenprinz sie geschickt durch den Festsaal hinaus ins Freie brachte.
"Wohin.........bringt.......ihr.......mich?" fragte Arcariel atemlos und verärgert. Woher nahm er sich das Recht..........? Er mochte ein Held sein, aber das hieß nicht, dass er über sie frei bestimmen konnte.
Sie hielten so prompt in einer kleinen steilen Seitengasse des fünften Stadtrings - wo auch der Festsaal lag - an, dass Arcariel beinahe gestürzt wäre, doch Legolas fing sie geschickt auf. Perplex lag die sonst so schlagfertige Halbelbe in seinen Armen und blickte hoch in seine Augen....... was macht er nur mit diesen Augen? Blau wie das Meer vor Valinor an einem stürmischen Abend........
"Arcariel?"
"Was?" fragte sie etwas verwirrt.
"Aragorn bringt mich um, wenn er das hier erfahren würde. Zum Glück tut er es nicht......."
Ehe Arcariel auch nur fragen konnte, was Legolas damit meinte, spürte sie schon seine warmen Lippen auf ihren. Schwindelig und merkwürdig gefangengenommen fühlte sie seinen gierigen Kuss und versank in tiefem Nebel puren ..........Sie war nicht imstande sich zu wehren und wollte es auch nicht..........
Nein, das konnte nicht sein! Selbst ein Elbe wie er konnte sie nicht..... Rote Flecken tanzten vor ihren Augen und ihr Instinkt schrie in ihr, dass etwas sehr Unglaubliches nicht stimmte. Legolas' Arme, die sich eben noch warm und beschützerhaft angefühlt hatten, wurden immer enger und einschnürender, sein Kuss wandelte sich von liebevoll zu hart und schmerzhaft, seine Zähne bissen in ihre Unterlippe und ihr entkam nur noch ein hilfloses leises "Vater" als sich ein zermürbend bitterer Geschmack in ihrem Mund breit machte und sie in die Schatten ihrer Selbst fiel.
Ende Kapitel 1
