Kapitel 2

Der erste Schultag

oder

CHAOS!



Sam saß bereits mit einigen anderen Schülern am Frühstückstisch, als Daeva mit ihren Hausgenossen in den Saal kam.

"Du hast da was im Haar", kam es von Daeva, als sie an Sam vorbei ging

"Was?", fragte diese.

Daeva fuhr mit ihrer Hand an Sams Kopf und zupfte etwas heraus. Mit einem Grinsen hielt die kleine Elbin ihr ein grünes Blatt vor das Gesicht: "Heute schon einen Morgenspaziergang gemacht?"

Lächelnd nahm Sam ihr das Blatt ab.

"Ja, so was ähnliches ...", murmelte sie und schaute am Blatt vorbei, als Daeva die Hand ausstreckte und sagte: "Guten Morgen übrigens, ich bin Daeva Red und eine Hufflepuff!"

Sam nahm die Hand und schüttelte sie leicht: "Samantha Blue und wie du siehst, bin ich eine Ravenclaw - ebenfalls einen guten Morgen"

"Hey, hier findet ein Gespräch unter Frauen statt? Darf ich mitmachen?", ertönte es plötzlich vor den beiden Erstklässlern und sie blickten auf. Vor ihnen stand die Austauschschülerin aus Amerika.

Daeva sah Sam groß an - es war ja ihr Haustisch.

"Klar, setz dich ...", meinte diese und Cherry nahm sofort gegenüber Platz.

"Du bist doch eigentlich eine Slytherin, oder?", fuhr Sam fort, "darf ich fragen, warum du nicht an deinem Tisch frühstücken, sondern mit zwei Erstklässlern reden willst?"

"Natürlich darfst du fragen ...", sagte Cherry und holte sich ein Brötchen, "lieber sitze ich mit euch hier zusammen, als mir die ekelhaften Anmachen dieser Melonenköpfe da hinten anzuhören."

"Was starren die denn alle so?", fragte Daeva auf einmal und schaute sich verunsichert um. Alle Augen waren auf die drei Mädchen gerichtet und es war totenstill im Saal.

"Was ist denn los?", stellte Sam die Frage laut in den Raum, "habt ihr noch nie jemanden frühstücken sehen?"

Da räusperte sich Dumbledore am Lehrertisch: "Das schon, aber es ist ungewöhnlich zu sehen, dass sich drei Schüler aus verschiedenen Häusern zum Frühstück zusammen an einen Tisch setzen."

"Ist das denn nicht erlaubt, Professor?", fragte Cherry verwirrt.

Dumbledore fing an zu lächeln: "Nein, nein, im Gegenteil, nur es hat so eine Verständigung zwischen den Häusern seit Jahren - wenn nicht schon seit Jahrzehnten - nicht mehr gegeben."

Dass der Schulleiter damit insbesondere die Verständigung zwischen Slytherin und den anderen Häusern meinte, verschwieg er lieber und nachdem er die Schüler dazu aufgefordert hatte, weiter zu frühstücken, wurden die Blicke auf das für Hogwarts ungewöhnliche Trio auch weniger.



Dumbledore freute sich über die positive Entwicklung, die er gerade beobachtet hatte. Wenn sich nun noch ein Gryffindor an diesen Tisch gesetzt hätte, wäre es perfekt gewesen, aber man durfte ja nicht zuviel auf einmal verlangen.

"Meinen sie, dass Miss ed Din verschlafen hat?", fragte Professor Chung, der sich zu Professor McGonagall herüber gebeugt hatte und riss den Schulleiter somit aus seinen Gedanken. Tatsächlich war der Platz von Khair ed Din zwischen Professor Argent und Professor Flitwick noch immer leer, doch dieses Rätsel blieb nur wenige Sekunden ungelöst, denn genau in diesem Moment kam eine schwarz gekleidete Gestalt mit wehendem Umhang durch die große Eingangstür gelaufen.

Ein wenig außer Atem setzte sich Khair auf ihren Platz und fing sofort an sich ein Brötchen zu schmieren.

"Wo waren sie, meine Liebe?", fragte Professor Flitwick besorgt.

"Wenn ich das wüßte ...", antwortete Khair, während sie Käse auf die Brötchenhälften legte, "Hogwarts hat sehr viele Treppen und Gänge ..."

"Sie haben sich verlaufen ...", stellte Professor Argent mit einem scharfen Ton fest.

"Haargenau!", meinte Khair und biss herzhaft in ihr Frühstücksbrötchen.



"Meine ersten zwei Stunden sind Verwandlung", erklärte Daeva, nachdem sie ihren Milchbecher abgesetzt hatte.

"Meine ebenfalls, das Fach haben sie für die Erstklässler aus Ravenclaw und Hufflepuff zusammengelegt", sagte Sam und schaute mit dem Was-für-ein-Fach-hast-du-gleich-Blick zu Cherry.

"Zaubertränke - Doppelstunde", war ihre Antwort, "zusammen mit den Gryffindors und wie ich das mitbekommen habe auch mit den zwei Lehrern in Ausbildung."

***

Nach dem Frühstück beeilten sich alle Schüler so schnell wie möglich in die Klassenräume zu kommen. Als Daeva und Sam das Zimmer mit ihren Klassenkameraden betraten, wartete nur eine grau getigerte Katze auf dem Lehrerpult. Daeva ging nach vorne und kraulte die Katze am Kopf.

"Sie sind aber ein hübsches Tier ...", meinte sie, "... Professor McGonagall."

Ein Raunen ging durch die Klasse und Daeva trat einen Schritt zurück. Sekunden später verwandelte sich die Katze in die Professorin.

"Respekt, Miss Red", meinte McGonagall und strich sich ihren Dutt glatt, den Daeva durch ihre Kraulaktion durcheinander gebracht hatte, "bis jetzt hat noch kein Erstklässler meine Animagus Gestalt durchschauen können. Damit sichern sie Hufflepuff zehn Punkte."

Daeva grinste.

"So", fuhr die Professorin fort, "wenn sich jetzt alle auf ihre Plätze begeben würden, dann können wir auch mit dem Unterricht beginnen."

Sam und Daeva waren sich sofort einig, dass sie sich während des Unterrichts zusammensetzten.

"Woher wusstest du DAS denn?", flüsterte Sam.

"Ich kenne mich ein wenig mit Tieren aus ...", erklärte Daeva leise.



Während Professor McGonagall den Erstklässlern die Grundlagen zur Verwandlung erklärte, spielte sich in den Kerkern Hogwarts etwas ganz anderes ab, nämlich der Zaubertrankunterricht!

***

Khair hatte sich gerade noch das berühmte Gryffindortrio schnappen können, bevor diese den großen Saal verließen. Um einer weiteren unfreiwilligen Besichtigungstour durch Hogwarts zu entgehen, bat sie die drei, ihr den Weg zum Zaubertrankunterricht zu zeigen. Gesagt - getan.

Nun standen die Schüler allesamt an ihren Kesselplätzen im Kerker und sowohl Khair als auch ihr Kollege Kalidor wussten nicht, wo sie hin sollten. Einzig Cherry hatte noch keinen Partner an ihrem Kessel. In Snapes Unterricht wollten die Herren ihr nicht unbedingt den Hof machen, soviel Hirn hatten sie anscheinend doch noch behalten. Sheila hatte sich zu Parvati gesellt.

"Drei ...", hörte man Ron flüstern.

"Zwei ...", folgte es von Harry.

"Eins!", beendete Hermine die Zahlenreihe.

Im gleichen Augenblick wurde die Tür aufgeschmettert und ein mies dreinblickender Professor Snape trat mit großen Schritten ein. Er stellte sich neben sein Pult und musterte die "Neuen" abwertend: "Durch unsere vier Neuankömmlinge für dieses Jahr werde ich die Gruppen an den Kesseln abändern. Mr. Malfoy, sie werden ab sofort mit Miss Threethousand zusammenarbeiten."

Man sah beiden sofort an, dass sie von dieser Idee nicht sehr viel hielten, trotzdem folgte Draco der Anweisung und stellte sich neben Cherry.

"Mr. Baka, sie werden sich zu der Gruppe bei Mr. Longbottom einfinden!"

Kalidor setzte sein Perlweißlächeln auf: "Professor, sie wollen doch nicht allen Ernstes von mir verlangen, dass ich mit diesen Kindern zusammenarbeite. Ich kann jeden Zaubertrank auch allein brauen ..."

Ein unheimliches Schlucken bei den Gryffindors und ein fieses Grinsen bei den Slytherins lies Khair ahnen, dass ihr Kollege gerade etwas falsches gesagt hatte.

"Sie widersprechen mir, Mr. Baka?", fragte Snape in einem Ton, dass jeder glaubte, er versuche Kalidor allein mit seiner Stimme umzubringen.

"Ja, das tue ich!", war die Antwort.

Khair konnte fast hören, wie da gerade ein Geduldsfaden riss.

"Entweder sie folgen meinen Anweisungen, Mr. Baka", meinte Snape mit einem gefährlich klingenden Flüstern, "oder ich werde persönlich dafür sorgen, dass ihre vorher gegangenen Lehrjahre umsonst waren!"

"Das würden sie nicht wagen", grinste Kalidor.

Einige Schüler waren der Meinung, dass in dieser Situation jetzt nur noch das "Lied vom Tod" gefehlt hätte.

"Stellen sie mich doch auf die Probe, Mr. Baka", kam es von Snape.

Es folgte Totenstille. Anscheinend war bei Kalidor etwas namens Gehirn angesprungen und er überlegte, was das bessere Übel war. Dann hob er beschwichtigend die Hände und ging auf den ihm zugewiesenen Platz.

"Da es hier wohl offensichtlich an Respekt gegenüber dem Lehrkörper mangelt, werden die Lehrer in Ausbildung in meinem Unterricht ab sofort den Häusern zugeteilt. Mr. Baka wird nun mit seinem Handeln den Punktestand von Gryffindor bestimmen und Miss ed Din, die sich langsam in Bewegung setzen und sich neben Miss Bulstrode stellen sollte, tut das gleiche für Slytherin ... und ehe ich es vergesse, Mr. Baka, mit ihrer kleinen Diskussion gerade eben haben sie Gryffindor um zwanzig Punkte erleichtert."

Khair hütete sich auch nur ein Wort zu sagen. Mit diesem Lehrer war wirklich nicht gut Kirschen essen, aber sie wurde ja gewarnt.

Die Aufgabe für diese Stunde war ein Trank gegen Erkältungen und alle begannen damit, die Zutaten zurecht zu schneiden.

***

Im Verwandlungsunterricht verlangte Professor McGonagall nun erste Versuche. Die Schüler sollten einen Silberlöffel in eine Weinbergschnecke verwandeln. Bei Daeva kräuselte sich der Stiel des Löffels in die Form eines Schneckengehäuses, aber es blieb ein Löffel. Sam hatte mit ihrem Löffel mehr Erfolg. Bereits beim ersten Versuch saß vor ihr auf dem Tisch eine Schnecke, die sich eiligst in ihr Haus zurück zog.

"Sehr gut, Miss Blue", lobte McGonagall die erfolgreiche Verwandlung, "das sind zehn Punkte für Ravenclaw. Anscheinend haben wir dieses Jahr ein paar sehr talentierte Schüler bekommen."

Sam versuchte ihren rot werdenden Kopf hinter einem Schulbuch zu verstecken. Daeva probierte sich immer noch an ihrem Löffel. Wenigstens hatte er nun bereits zwei Fühler.

***

Im Kerker waren die Kessel am brodeln.

"Mit was für unfähigen Kindern muss ich hier eigentlich zusammenarbeiten?", fuhr Kalidor Neville an, der ängstlich zusammen zuckte. Seit Beginn des Brauens war Kalidor nur am meckern und hatte kurz danach den Kessel in Beschlag genommen, damit NUR ER den Trank fertigen konnte.

Snape saß an seinem Pult und korrigierte Hausaufgaben. Der Direktor hatte allen Lehrern - besonders ihm - mitgeteilt, dass sie sich erst einmal ein Bild von den zweien machen sollten. Für den Zaubertranklehrer bedeutete dies, die Lehramtsanwärter für den Anfang in Ruhe zu lassen und ihnen nicht schon gleich das letzte bisschen Selbstvertrauen zu rauben, aber das Schuljahr hatte ja auch erst heute begonnen und es konnte sehr lang werden ... aus den Augenwinkeln beobachtete er jeden Handgriff der beiden. Von Kalidor hatte er bereits einen Eindruck und der war mehr als schlecht. Er erinnerte den Zaubertranklehrer an einen blonden Lockenkopf, der alles besser wusste und sein ekelhaftes Grinsen war ebenfalls das gleiche. Nur die Tatsache, wie Kalidor mit den Schülern umging, unterschied ihn von Lockhart. Er fügte sich nicht, wie Snape befohlen hatte, als Gryffindorschüler ein, sondern dachte allen Ernstes er sei besser und höhergestellt. Und Khair? Bis jetzt tat sie das, was ihr gesagt wurde. Snape konnte sich von

ihr noch kein Bild machen, also beobachtete er weiter, wie sie den Zaubertrank zusammenbrauten.



"Was kommt als nächstes?", fragte Khair ihre Kesselgenossin.

"Die Augen von einem Aal", antwortete Millicent Bulstrode.

Khair schaute sich auf der Arbeitsoberfläche um: "Liegt das Vieh vielleicht bei dir?"

"Ja, einen Augenblick, ich gebe ihn gleich rüber, dann können sie die Augen entfernen."

Millicent schnappte sich den Aal und warf ihn Khair zu. Diese versuchte ihn mit beiden Händen zu fangen, doch kaum hatte sie ihn gepackt, entglitt er ihr wieder durch die Finger. Khair packte noch einmal zu und wieder glitschte der Aal weg. Ein verzweifeltes "Bleib hier!" kam von der Juniorlehrerin und dann machte es "Platsch!"

"Oh, oh ...", war Khairs nächstes Kommentar. Der gesamte Aal war in den Zaubertrank gefallen und dieser fing an grüne Blasen zu schlagen. Millicent hatte alles mit angesehen und fragte unsicher: "Und jetzt?"

Khair schaute noch einmal auf den nun schäumenden Trank und meinte dann: "RUNTER!"

Beide gingen in Deckung, bevor sich eine Sekunde später der gesamte Inhalt des Kessels im Umkreis von fünf Metern verteilte. Zurück blieb ein stark rauchender Topf und zwei doch etwas verstört aussehende Zaubertrankbrauerinnen, die vorsichtig über die Tischkante lugten. Nun sah Snape von seinen Papieren auf. Er hatte auch dieses Schauspiel beobachtet, doch bevor er etwas dazu sagen konnte, wurde der Raum von einem schrecklich psychopathisch klingenden Lachen erfüllt. Kalidor stand an seinem Tisch und amüsierte sich anscheinend köstlich: "Und du willst Lehrerin werden?"

Er wischte sich eine Lachträne aus dem Gesicht: "Das ist ja mal wieder typisch Weiber, obwohl ich das nicht verstehe. Zaubertränke brauen ist doch fast wie kochen. Das solltest du als Frau doch können ..."

Bei diesen Worten hatte sich Khair wieder zu ihrer vollen Größe aufgerichtet. Seit dem kleinen Kesselunfall hatte keiner der Schüler auch nur einen Mucks von sich gegeben. Ihre Blicke wechselten nun zwischen Kalidor, Snape und Khair, in deren Augen ein mörderisches Blitzen erschien, dass Kalidor aber nicht sah. Er posaunte laut weiter: "Tja, dann wirst du deinem angeborenen Job nachgehen und diese Sauerei beseitigen müssen. Worauf wartest du? Mach sauber!"

"Warum greift Snape da nicht ein?", flüsterte Hermine Ron und Harry zu. Beide zuckten mit den Schultern. Snape hatte sich erhoben, stand nun am Pult und beobachtete immer noch. Das war eine sehr interessante Situation.

Khair schnappte sich etwas von ihrem Tisch und ging auf Kalidor zu. Direkt vor ihm und seinem Kessel blieb sie stehen.

"Bei so einer kleinen Unordnung lohnt sich das Aufräumen doch noch nicht", meinte sie mit knirschenden Zähnen und schaute beiläufig in den Zaubertrank, "übrigens ... da fehlt Salz!" Mit diesen Worten lies sie einen kleinen Beutel in das Gebräu fallen, kehrte an ihren Platz zurück und setzte sich wieder unter den Tisch. Als Kalidors Trank anfing gefährlich zu blubbern, taten es ihr alle Schüler gleich, bis auf Kalidor selbst, der nur blöd in den Kessel starrte und herauszufinden versuchte, was Khair da gemacht hatte. Snape legte seine Papiere in eine Schublade des Pults und trat einige Schritte zurück. Er wusste ganz genau, was passieren und wie weit die Katastrophe den Klassenraum in Mitleidenschaft ziehen würde. Dann ertönte ein lauter Knall und nachdem sich der Rauch gelichtete hatte, sah man, dass fast das gesamte Zimmer mit einer klebrigen rosa Substanz befleckt war. Es hing an der Decke, am Fußboden, an den Wänden und überzog einen sehr dämlich aus der Wäsche schauenden Kalidor Baka.

"NUN lohnt sich das Saubermachen!", kam es von Khair, die sich wieder erhoben hatte. Langsam folgten ihr die anderen Schüler.

"Ich fang dann schon mal mit dem Aufräumen an", meinte sie und versuchte ein ziemlich fieses Grinsen zu unterdrücken, was ihr aber nicht sehr gelang.

"Ich denke, dass Mr. Baka die heutige Putzaktion übernehmen wird. Schließlich ist diese Situation nur wegen seines losen Mundwerkes entstanden", erklärte Snape, "ach ja ... und nochmals zwanzig Punkte Abzug für Gryffindor!"

Kalidor hob den Zeigefinger und wollte protestieren, als ein dumpfes "Klong" erklang.

"NEHMT MIR DAS DING AB!", schrie Draco, der panikartig mit einem Kessel auf dem Kopf seinen Platz verließ und versuchte wild umher zu rennen, bis er auf der rosa Substanz ausrutschte und mit lautem Scheppern zu Boden fiel. Crabbe und Goyle eilten zu ihm, um ihn von dem Kessel zu befreien.

Snape musste ein Aufseufzen unterdrücken: "Und was sollte das werden, Miss Threethousand?"

Cherry stand an ihrem Platz und kreuzte mit wütendem Gesicht die Arme: "Er hat mich eine blöde Kuh genannt, Professor!"

Was für ein Tag, dachte Snape: "Die Stunde ist beendet. Verschwindet aus meinem Blickfeld. SOFORT! Bis auf Mr. Baka, er hat hier noch etwas zu erledigen."

"Wie keine Hausaufgaben?", flüsterte Ron beim Hinausgehen.

"Ich glaube, das war sogar für Snape zu viel des Guten ... so was hat sich bestimmt noch niemand in seinem Unterricht getraut ...", antwortete Harry leise.

"Ach, Miss Threethousand, sie möchte ich heute abend um 19.30 Uhr in meinem Büro sprechen und sie, Miss ed Din, um 20.00 Uhr. Verstanden?", kam es noch laut von Snape.

"Ja, Sir!", antworteten beide gleichzeitig und verließen den Raum.

***

Oje, dachte Khair, da hab ich wohl doch etwas überreagiert. Sie schaute auf ihren Stundenplan. Ihr nächstes Fach war eine Doppelstunde Zauberkunst mit den Siebtklässlern aus Ravenclaw. Sie atmete erleichtert auf. Das war ein Fach, in dem eigentlich nicht sehr viel explodieren konnte. Die nächste Frage, die sie sich jedoch stellte, war: Wo war dieses Klassenzimmer?

Auch Sams und Daevas Unterricht war zu Ende. Das nächste Fach hatten beide wieder zusammen: Flugstunde!

Cherry dagegen wurde nun zusammen mit den Gryffindors in "Pflege magischer Geschöpfe" unterrichtet.

***

Während Khair durch die Gänge irrte, um ihren Zauberkunstunterricht zu finden, sammelten sich die Erstklässler von Hufflepuff und Ravenclaw zu ihrer ersten Flugstunde.

Sie stellten sich in zwei Reihen vor den schon bereitliegenden Besen auf, so dass sie immer einem Mitschüler gegenüberstanden und eine Gasse bildeten. Madam Hooch kam mit schnellen Schritten über den Rasen: "Guten Morgen, Kinder - willkommen zum Flugunterricht! Stellt euch bitte neben eure Besen, streckt die Hand über ihn aus und sagt "Auf!". Los, versucht es!"

Die Schüler taten, was ihnen gesagt wurde.

"AUF!", meinte Daeva mit piepsiger Stimme und ihr Besen reagierte sofort. Schon beim ersten Versuch hielt sie ihn in der Hand und versuchte ihn zu bändigen.

"AUF!", sagte auch Sam laut, doch ihr Besen rührte sich gar nicht. "AUF!", wiederholte sie noch einmal und als er immer noch nichts tat, setzte Sam ihren Willst-du-mich-verarschen-Blick auf und murmelte ihm zu: "Wenn du nicht sofort tust, was ich sage, dann mach ich Zahnstocher aus dir!" Sekunden später hielt auch Sam ihren Besen in der Hand: "Na bitte, es geht doch ..."

Nachdem es dann mehr oder weniger alle Schüler geschafft hatten, fuhr Madam Hooch fort: "So, und nun setzt ihr euch auf eure Besen. Bei meinem Zeichen stoßt ihr euch vom Boden ab, schwebt ein paar Sekunden und kommt dann wieder sanft runter."

Sie nahm ihre Pfeife in den Mund und das Signal ertönte. Einige Schüler zögerten noch, andere wiederum fassten sich ein Herz und hüpften einmal mit ihrem Besen zwischen den Beinen in die Luft, um mit einem "Woah" dort schweben zu bleiben.

Auch Sam war eine der ersten, die sich traute, aber sie hielt sich doch sehr wackelig auf dem Besen und versuchte nur geradeaus zu schauen. Madam Hooch eilte herbei, als Sam drohte herunter zu fallen.

"Miss Blue, was ist denn mit ihnen?", fragte die Lehrerin, als sie Sam dabei half, wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen.

"Ich bin nicht schwindelfrei ...", antwortete sie mit laut klopfendem Herzen, "wäre ich ein Vogel, wäre es einfacher."

"Dann bleiben sie jetzt auf dem Rasen und beruhigen sich", meinte Madam Hooch.

Dankbar, nun nicht noch einmal mit dem Brennholz in die Luft zu gehen, lies sich Sam auf dem Rasen nieder und beobachtete die anderen bei ihren Flugversuchen.

"Ist das langweilig ...", ertönte es vor Sam.

Gegenüber räkelte sich Daeva auf ihrem Besen. Sie saß nicht, sondern lag auf ihm und machte einen sehr unterforderten Eindruck.

"Miss Red, was tun sie da?", kam es von Madam Hooch.

Sofort richtete sich Daeva zur korrekten Haltung auf: "Nichts ..."

Die Lehrerin schaute in die Runde: "Anscheinend sind hier einige Schüler der Meinung, dass diese Anfängerübungen unter ihrer Würde sind. Nun gut, dann haben diejenigen jetzt die Möglichkeit das zu beweisen!"

Madam Hooch griff in ihren Umhang und holte eine kleine silberne Kugel hervor.

"Das ist ein Vorläufer des goldenen Schnatzes, er wird für Erstklässlerübungen nach dem Halbjahr benutzt und ist nicht so schnell wie der eigentliche Schnatz. Die Schüler, die der Meinung sind, ihre Besen bereits so gut zu beherrschen, dass sie diese Kugel fangen können, haben nun die Chance. Also los!" Mit diesen Worten warf sie die Kugel in den Himmel, die dort ihre kleinen Flügel ausbreitete und davon schwirrte.

Zwei Ravenclaws und ein Hufflepuff machten sich sofort zur Verfolgung auf. Der Hufflepuffschüler musste jedoch nach etwa sieben Metern wieder landen, da sein Besen ihm nicht mehr gehorchte. Daeva schaute derweil nur suchend nach oben.

Die Lehrerin überwachte die fliegenden Schüler am Himmel mit strengem Blick. Diese suchten verzweifelt nach der kleinen silbernen Kugel, die aber nirgends zu finden war. Daeva verengte ihre Augen. Plötzlich war am Himmel eine kleine Eule aufgetaucht, die hinter irgendetwas her flog. Dann blitzte es hell vor dem Tier und Daeva erkannte den silbernen Schnatz. Die kleine Elbin stieß sich so fest sie konnte noch einmal mit den Füßen vom Boden ab und raste mit einer unglaublichen Geschwindigkeit nach oben. Diese seltsame Eule hatte eine ebenso nicht zu verachtende Geschwindigkeit drauf und so wie es aussah, versuchte auch sie die kleine Kugel zu fangen. Daeva merkte, dass sie mit dem Tier zusammenstoßen würde, wenn sie nach dem silbernen Schnatz griff. Also versuchte sie es anders. Auf der gleichen Höhe wie die Kugel und die Eule fegte sie beiden entgegen, stellte sich mit den Beinen auf den Besenstiel und lies die Hände los. Kurz bevor sie die Eule rammte, die gerade dabei war den Schnatz mit ihrem Schnabel zu fangen, sprang sie vom Besen hoch und schlug über der Eule einen Salto. Der Besen flog unter dem Tier durch. Gegenüber landete Daeva wieder sicher auf dem Stiel und setzte sich ordentlich hin.

Die Eule schüttelte sich, um ihre Federn wieder in die richtige Reihenfolge zu bringen und schaute sich verwundert um. Der silberne Schnatz war verschwunden, dann sah sie zu der Elbin. Mit einem breiten Grinsen zeigte sie dem Tier die kleine Kugel, die sie in ihrer Hand hielt. Sie hatte sie während des Saltos schnappen können.

"Ich würde wieder zurück fliegen, bevor man dich vermisst", sagte Daeva zu der Eule und schon machte sich das Tier auf den Rückweg. Dann hörte die kleine Elbin das Klatschen einer einzelnen Person. Sie sah nach vorne und dort stand, etwa fünfzehn Meter vom Boden entfernt, ein Mann mit einem Spitzbart und langen roten Haaren, die zu einem Zopf gebunden waren.

"Beeindruckend, meine Kleine", meinte er.

"Miss Red, kommen sie wieder auf den Rasen!", ertönte es von Madam Hooch und Daeva schaute kurz runter, dann wieder zu der Stelle, an der der Mann gestanden - oder geschwebt - hatte, doch dieser war verschwunden. Sie schüttelte verwundert den Kopf und machte sich zum Rückflug auf.

Stolz übergab sie der Fluglehrerin den silbernen Schnatz.

"Alle anderen trainieren das Schweben weiter!", sagte Madam Hooch laut und wandte sich an Daeva: "und sie sagen mir, woher sie das können."

Diese zuckte mit den Schultern.

"Haben sie vorher schon einmal auf einem Besen gesessen?"

Daeva schüttelte den Kopf.

"Woher können sie den Salto?"

"Ich war mal Funkenmariechen", piepste die kleine Elbin.

"Aha", war Madam Hoochs Kommentar, deren Tonfall aber verlauten lies, dass sie mit diesem Begriff nicht sehr viel anfangen konnte, "haben sie schon einmal daran gedacht Quidditsch zu spielen?"

Wieder schüttelte Daeva den Kopf.

Die Lehrerin seufzte, das Mädchen war in Gegenwart von Erwachsenen anscheinend nicht sehr gesprächig: "Vielleicht versuchen sie es mal. So wie es aussieht, sind sie nämlich ein Naturtalent. Melden sie sich doch zu der Bewerbungsveranstaltung in zwei Wochen an."

Die Elbin überlegte kurz: "Ok ..."

"Sehr schön. Da wird sich Professor Sprout sicher freuen und jetzt überlegen wir, was wir einem Fliegeras wie ihnen noch so alles beibringen können."

***

Die Fünftklässler der Gryffindors und Slytherins waren unterdessen bei Hagrid. Der Halbriese führte die Schüler zu einem hölzernen Schuppen.

"So, Kinder", meinte er, "das Wesen, um was wir uns die nächsten Wochen kümmern werden ist ein Sashquatsch. Im Gegensatz zum sogenannten Bigfoot oder zum Yeti, mit denen man übrigens sehr nette Gespräche führen kann ... der Yeti hat jedoch einen schwer verständlichen Dialekt, ist aber ein Meister im Herstellen von Softeis ... ähm ... oh, ich bin abgeschweift ... also, im Gegensatz zu den anderen beiden ist der Sashquatsch ein Tier. Er ist sehr selten geworden und wir haben das große Glück ein Exemplar für einige Wochen zu betreuen."

Parvati hob ihre Hand: "Und von was ernährt sich ein Sashquatsch?"

Hagrid setzte ein nachdenkliches Gesicht auf: "Zwar gehört er mit dem Wendigo, einem Pflanzenfresser, zur gleichen Familie, aber er ernährt sich hauptsächlich von frischem Fleisch."

Ein Raunen ging durch die Schülerschaft.

"Keine Sorge", meinte der Halbriese, "solange es noch lebendig ist, frisst er es nicht"

"Wie beruhigend ...", kam es abwertend von Draco.

"Es gibt keine Berichte darüber, dass ein Sashquatsch mal einen Menschen getötet hat. Es ist ein recht niedliches Tierchen", erklärte Hagrid.

Was er niedlich fand, wussten die Schüler bereits und auch dieses Mal sollten sie nicht enttäuscht werden. Als er das Tor des Schuppens öffnete, blickten die Kinder auf ein Wesen, das genauso groß war wie Hagrid, jedoch sehr viel schlanker. Sein ganzer Körper war mit langen hellbraunen Haaren bedeckt und seine Arme reichten ihm bei aufgerichteter Haltung bis an die Knie.

Kaum bemerkte der Sashquatsch die Schüler, fing er laut an zu brüllen und zerrte an der Kette, die um seinen Hals gelegt wurde.

"Warum ist er denn angekettet, wenn er doch so harmlos ist?", fragte Ron.

"Tja, er hatte eine lange Reise von Nordamerika bis hier her und der Transport hat ihn wohl etwas mitgenommen. Er muss sich noch eingewöhnen", antwortete Hagrid etwas bedrückt.

"Wieder so eine Bestie ...", murmelte Draco.

"Also ich find ihn niedlich!", kam es auf einmal aus der Menge.

Selbst Hagrid schaute erstaunt und versuchte den Schüler auszumachen, der das gesagt hatte. Cherry drängte sich nach vorn und sah den Halbriesen mit einem faszinierenden Blick an: "Wie heißt der Süße denn?"

"Äh ... er hat noch keinen Namen - jedenfalls nicht das ich wüßte ...", kam es von dem immer noch überraschten Hagrid.

"Darf ich ihm dann einen Namen geben? Bitte, bitte ...", bettelte Cherry.

"Wenn du willst ..."

"Oh, das ist super", jubelte sie und wandte sich an den Sashquatsch, "dann heißt du ab sofort CHEWIE!"

"Oje", seufzte Hermine leise, "noch so jemand mit dieser Vorliebe für blutrünstige Monster."

"Wenn das Ding einen Namen hat, sieht es irgendwie gar nicht mehr so gefährlich aus ...", meinte Ron und Harry nickte zustimmend.

Hermines Blick hätte töten können: "Seid ihr immer noch auf diesem Trip? Halloooooooooo! Sie ist eine Slytherin und das bestimmt nicht ohne Grund!"

"Na und?", kam es verträumt von den beiden Herren.

"Harry, was ist mit Cho Chang?", fragte Hermine, um ihn aus der Reserve zu locken.

"Wer?", war dessen Kommentar dazu und sie schüttelte genervt den Kopf.

"Ich glaube, ich frag sie, ob sie mit mir zusammen arbeiten will ...", flüsterte ein Slytherin und schon entstand ein Streit unter den Jungen, denn jeder wollte bei Cherry sein. Alle, bis auf Draco, der mit einem zornigen Blick auf das Mädchen an der Wand des Schuppens lehnte und irgendetwas vor sich hin murmelte. Dann musste er sich plötzlich ducken, damit der Blecheimer, der auf ihn zuflog, nicht seinen Kopf traf. Scheppernd landete er an der Wand.

"Ich habe sehr gute Ohren, Blondie!", keifte Cherry.

"Beruhigt euch, Kinder", versuchte Hagrid zu schlichten, "ihr regt Chewie nur noch mehr auf. Ich weiß nicht, ob die Ketten das aushalten."

Schlagartig wurde es still.

"Was sollen wir jetzt tun?", unterbrach Harry das Schweigen.

"Ihr werdet drei Gruppen bilden, die sich in ihren Aufgabenbereichen jede Woche abwechseln. Die erste Gruppe wird Chewie zweimal am Tag füttern. Die Nahrung ist zwar schon tot, muss aber noch zerteilt werden, außerdem braucht er täglich frisches Wasser. Die zweite Gruppe kümmert sich um sein Quartier. Es muss regelmäßig ausgemistet und frisches Stroh verteilt werden. Die dritte Gruppe ist für den theoretischen Teil zuständig. Sie werden Informationen zusammentragen, was Chewie sonst noch gerne isst, in welcher Umgebung er sich wohl fühlt. Also alles, was man über Sashquatschs herausfinden kann. Ich werde mich dann die erste Zeit um Chewies Fellpflege kümmern, bis er sich beruhigt hat, dann kann das ebenfalls eine Gruppe übernehmen. Nun, wer will was machen?"

Fast einstimmig meldeten sich alle Schüler für Gruppe drei.

Hagrid grinste: "Das wird euch nichts nutzen. Wie schon gesagt, die Gruppen wechseln wöchentlich ihre Arbeitsbereiche."

Cherry zupfte zaghaft an Hagrids großem Mantel: "Kann ich ihnen bei Chewies Fellpflege helfen?"

"Na, wenn du willst, aber die anderen Aufgaben sind leichter zu bewältigen", meinte der Halbriese verwundert.

"Das macht nichts. Ich will Chewie näher kennen lernen und das wäre perfekt dafür!", erwiderte Cherry.

Bei den anwesenden Herren machte es fast hörbar "Klick", als ihnen ein Licht aufging. Wenn Cherry in Chewies Nähe war und sie selber in der Nähe dieses Sashquatsch sein mussten, dann waren sie gleichzeitig in Cherrys Nähe.

Am Ende sah es dann so aus, dass die ersten zwei Gruppen nur aus Jungen bestanden und die dritte Gruppe, die die erste Woche in der Bibliothek forschen sollte, nur mit Mädchen und Draco Malfoy besetzt war. Selbst Crabbe und Goyle waren Cherry verfallen und hatten Draco im Stich gelassen. Cherry bekam von Hagrid sogar fünfzehn Punkte für das herausragende Interesse an dem Sashquatsch.

***

Am Ende der Stunde machten sich die Fünftklässler von Gryffindor und Slytherin wieder auf den Rückweg zum Schloss.

Während der Pause wandte sich ein herum schleichender Professor Chung an eine Siebtklässlerin aus Ravenclaw: "Tagchen, mein Kind. Sag mal, hast du zufällig Muggelkunde gewählt?"

"Ja, Professor", antwortete die Schülerin etwas verdutzt.

"Schön, wenn du was nicht verstehst, dann kann ich auch gern Privatunterricht ..."

Weiter kam der alte Mann nicht, denn ein schwerer Gegenstand landete auf seinem Kopf. Hinter ihm hatte sich eine launisch dreinblickende Professorin Argent aufgebaut und wirkte fast doppelt so groß (und etwa sechsfach so breit). Sie hatte ihm eine eiserne Kiste auf den Kopf geschlagen, in der wohl das Material für die nächste Unterrichtsstunde war.

"Machen sie, dass sie wegkommen, sie Lustmolch! Wenn ich noch einmal sehe, dass sie eine Schülerin belästigen, dann werde ich persönlich ihren Rausschmiss übernehmen!", keifte sie Professor Chung brach der Schweiß auf der Stirn aus, versuchte ein Lachen zu künzeln und machte sich schnell aus dem Staub.

"Eine Ravenclaw?", fragte Argent in einem herrschenden Tonfall.

"Ja, Professorin", meinte diese eingeschüchtert und senkte den Kopf.

"Zwanzig Punkte Abzug für ihr Haus wegen unsachlichem Gespräch mit einem Lehrkörper!"

Mit diesen Worten lies sie die Ravenclaw stehen und walzte den Gang hinunter.

***

Der Rest des Tages war dann mehr oder minder normal verlaufen.

Draco versuchte so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Cherry zu bringen, um weitere auf ihn fliegende Gegenstände zu vermeiden.

Daeva und Sam stellten fest, dass sie jede einzelne Unterrichtsstunde im ersten Jahr zusammen hatten. Nach Sams Meinung lag das an den mangelnden Lehrern. Hogwarts hätte einfach zu wenige.

Kalidor verbrachte den Vormittag damit Snapes Klassenzimmer zu putzen - ohne Magie natürlich - während dieser darin unterrichtete. Danach folgte er wieder seinem Stundenplan und im Laufe des Tages kehrten auch seine schmierigen Eigenschaften zurück. Den meisten älteren Schülerinnen war das jedoch egal. Sie schmachteten ihn an.

Khair fand wunderlicher Weise die Wege zu ihren Stunden, was auch daran liegen konnte, dass sie alle zwei Meter nach dem Weg fragte.

***

Gegen 18.00 Uhr trafen alle wieder zum Abendessen im großen Saal ein.

Hermine setzte sich neben Sheila, die während des gesamten Tages nichts gesagt und sich im Hintergrund gehalten hatte.

"Hi! Ich bin Hermine Granger", fing sie an, "von wo aus Indien kommst du genau her?"

"Aus der Nähe von Delhi, aber die Schule, die ich besuche, liegt sehr weit im Süden am Meer", kam die Antwort in einer weichen, fließenden Stimme.

"Dein Englisch ist ja einwandfrei. Warum sagst du denn im Unterricht nichts?", war Hermines nächste Frage.

Sheila lächelte: "Das mit dem Englisch kommt wohl daher, dass in Indien neben Hindi auch diese Sprache oft gesprochen wird und wegen meiner mündlichen Beteiligung ... naja ... ihr habt hier Themen, die kenne ich noch gar nicht ..."

"Hey, Hermine!", ertönte es auf einmal am Gryffindortisch und Ron und Harry, die gerade erst den Saal betreten hatten, setzten sich neben die beiden Mädchen, "willst du unsere Austauschschülerin ganz allein in Beschlag nehmen?"

Hermine grinste: "Nein, natürlich nicht ... Sheila? Das sind Ron Weasley und Harry Potter, zwei gute Freunde von mir!"

Sheila hätte sich beinahe zu Boden geworfen, um Harry auf Knien zu begrüßen und ihm für seine große Tat zu danken. Zum Glück konnte er es ihr noch rechtzeitig ausreden, bevor er wieder Mittelpunkt der gesamten Schülerschaft wurde.

Dann kamen Fred und George an den Tisch. Beide machten ein schlecht gelauntes Gesicht.

"Und was ist mit euch los?", wollte Hermine wissen.

Fred nickte mit dem Kopf zum Lehrertisch und wies die Richtung zu Professor Argent: "Die alte Schachtel da ... die ist schlimmer als Snape ..."

"Geht das überhaupt?", kam es von Harry.

"Ich wünsche euch viel Spaß bei eurer ersten Stunde mit ihr. Wir hatten sie heute vormittag. Wir Siebtklässler aus Gryffindor haben durch sie siebzig Punkte verloren", erklärte George.

"So schlimm?", fragte Sheila und sie klang etwas eingeschüchtert.

"Ach was ...", versuchte Hermine sie zu beruhigen, "die beiden übertreiben sicherlich. Niemand ist schlimmer als Snape!"

Alle fünf sahen zum Lehrertisch und selbst Hermine musste sich eingestehen, dass Professor Argent heute abend eine noch schrecklichere Visage zog als Snape.

Will man daraus jetzt eine Sportart machen, fragte sie sich in Gedanken.



Sowohl Snape als auch Argent konzentrierten sich ausschließlich auf ihr Essen und vermieden Konversationen jeglicher Art. Im Gegensatz zu Snapes Teller war der von Argent prall gefüllt. Dass sie gerne aß, bewies allein schon ihre Körperfülle.

Professor Chung sprach gerade mit Professor Trelawney, wobei sein Blick jedoch eindeutig auf etwas unter ihrem Mund gerichtet war.

Khair rührte in ihrem Kakao und stützte den Kopf auf ihren Arm. Ihr war langweilig und das Gespräch mit Snape heute abend bereitete ihr auch Kopfschmerzen. Sie konnte die Moralpredigt bereits jetzt hören.

Kalidor hingegen zeigte wieder Zähne und zwinkerte den Mädchen im Saal grinsend zu.



Daeva, Sam und Cherry hatten sich am Rand des Hufflepuff Tisches zusammen gefunden. Sam hatte Rasputin mitgebracht. Da er erhebliche Schwierigkeiten mit der englischen Sprache hatte, fungierte sie nun als Übersetzer.

"Texas?", fragte Sam, "dann muss es dir ja hier wie in Sibirien vorkommen."

"Yo, die Temperaturunterschiede sind zwar nicht von schlechten Eltern, aber man gewöhnt sich an alles, außerdem ist es mal schön, nicht bei 42 Grad im Schatten Moskitos erschlagen zu müssen", antwortete Cherry.

Während sich Sam und Cherry unterhielten, kritzelte Daeva mit ihrem Federkiel etwas auf ein Pergament. Rasputin beobachtete das Ganze mit wachsendem Interesse. Dann schob die Elbin ihm das Pergament hin und der junge Mann fing zuerst an zu grinsen, bis er in schallendem Gelächter ausbrach.

"Was ist das?", fragte Cherry und drehte das Pergament in ihre Richtung. Sam blickte über ihre Schulter. Da Daeva bis auf "Njet" kein einziges Wort russisch konnte, sich aber mit Rasputin unterhalten wollte, hatte sie ihren heutigen Tag einfach aufgemalt. Die Zeichnungen zeigten unter anderem Professor McGonagall, die sich von einer Katze in einen Menschen verwandelte, Daevas missglückter Verwandlungsversuch, ihre Flugstunde und auch eine zitternde Sam auf dem Besen. Auch Cherry fing an zu lachen. Ein Musste-das-sein-Blick von Sam traf Daeva.

"Die sind echt gut gezeichnet. Deine Figuren sehen alle so süß aus. Kleine Körper und große Augen. Wie nennt man so was?", wollte Cherry wissen.

"Das ist eine Muggelzeichenart aus Japan, aber mehr weiß ich auch nicht", meinte Daeva.

"Manga nennt sich so was", sagte Sam.

"Weitermachen", befahl Cherry, "die sind einmalig. Wenn ich mir unseren Professor Snape so vorstelle ..."

Cherry musste sich beherrschen nicht wieder einen Lachanfall zu bekommen. Den konnte sie aber auch gut unterdrücken, als ihr bei dem Stichwort "Snape" einfiel, dass sie heute abend noch einen Termin hatte.

***

Snape schaute auf die Uhr: 20.05 Uhr. Das Gespräch mit der Austauschschülerin hatte nur fünfzehn Minuten gedauert. Die Sache mit Draco Malfoy war dabei Nebensache gewesen. Snape hatte auf seine übliche Art versucht Cherry mitzuteilen, dass sie sich gefälligst nicht mit Schülern aus anderen Häusern abzugeben hatte, denn das warf ein sehr schlechtes Licht auf das reine Slytherin. Die Unterhaltung wurde von Cherry beendet, die sagte, er könne ihr nichts verbieten, was nicht in der Schulordnung als Fehltritt geahndet werde. Das Mädchen lies sich von niemandem einschüchtern.

Nun wartete Snape auf Khair. Als die Uhr 20.15 Uhr zeigte, war Snapes Geduld am Ende. Was dachte sich diese angehende Lehrerin dabei zu spät zu seiner Besprechung zu kommen? Er verließ sein Büro, versiegelte es und machte sich auf den Weg zu Khairs Unterkunft in Hogwarts, doch auch dort traf er sie nicht an.

Das wird dann morgen geklärt, dachte Snape ärgerlich und stromerte nun durch das Schloß, um sicher zu gehen, dass alle Schüler in ihren Gemeinschaftsräumen verweilten.

Als er durch die menschenleeren Gänge wanderte, hörte er auf einmal ein: "So, nun hab ich die Bibliothek gefunden ... und wo sind die Kerker?"

Snape folgte der Stimme und entdeckte vor dem Eingang zur Bibliothek die Lehrerin in Ausbildung. Khair schien sich gerade mit der davor stehenden Ritterrüstung zu unterhalten: "Du weißt nicht zufällig, in welche Richtung ich gehen muss?" Natürlich blieb die Rüstung stumm, doch etwas anderes erklang und zwar ein Lachen, dass immer näher kam.

"Buh!", machte es und Peeves schwebte durch die Wand, "hast du dich verlaufen?"

Khair setzte einen kritischen Blick auf. Der Ton, in dem dieser Geist sprach, gefiel ihr gar nicht.

Peeves kam immer näher, bis sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Er grinste: "Soll Peeves dir den Weg zeigen?"

Khair verschränkte die Arme: "Nein danke, ich wurde schon vor dir gewarnt, du Poltergeist!"

"Pöh", machte Peeves, "dann nicht, dann poltere ich eben ..."

Mit diesen Worten rammte er die große Rüstung, die unter lautem Scheppern zu Boden fiel und verschwand mit heiterem Gelächter durch die Decke.

"Blödmann ...", meinte Khair und zückte ihren Zauberstab, "Wingardium Leviosa."

Die Rüstung schwebte wieder auf ihren alten Platz zurück.

"Sie sind nicht um 20.00 Uhr in meinem Büro gewesen, Miss ed Din", sagte Snape laut, so dass Khair erschrocken zusammen zuckte. Er hatte die ganze Zeit nur einige Meter hinter ihr gestanden.

"Tut mir leid ...", meinte Khair.

"Sie sollten sich einen Lageplan für Hogwarts zulegen", kam es von dem Zaubertränkelehrer.

"So was gibt's?", fragte die Juniorlehrerin erstaunt.

Snape verengte die Augen: "Kommen Sie, ich bringe sie zurück in ihr Quartier, sonst finden sie sich morgen vielleicht ins Hogsmeade wieder. Auf dem Weg dahin können wir ja das geplante Gespräch führen."

Oje, dachte Khair und setzte sich in Bewegung, um Snape zu folgen.

"Was haben sie sich heute morgen dabei gedacht?", fragte er.

Die Juniorlehrerin seufzte: "Was glauben sie? Der Kerl hat mich beleidigt und ich wurde sauer ..."

" ... und dafür mussten sie den ganzen Klassenraum in Mitleidenschaft ziehen ...", zischte Snape.

"Nun ja, ... wie Salz mit einem Gesundheitstrank reagiert, ist mir als allererstes in den Sinn gekommen ...", erklärte Khair die kleine Kesselkatastrophe.

"Da sie mir persönlich heute einen Gefallen getan haben, indem sie Mr. Baka mit ihrem kleinen Racheakt zum Saubermachen animierten, werde ich dieses eine Mal von einer Strafarbeit absehen, aber wenn während meines Unterrichts noch ein einziger Kessel wegen ihrer lächerlichen Emotionen in die Luft gehen sollte, dann machen sie sich auf was gefasst!"

"Ja, Sir", meinte Khair mit gesenktem Kopf.

"So und nun gehen sie bis zum Ende des Ganges und biegen links ab, dann sind sie direkt vor ihrem Quartier! Gute Nacht", sagte Snape und rauschte in die andere Richtung davon.



Khair ging bis zum Ende des Ganges und bog dann rechts ab. Bevor sie sich wieder völlig verirrte, flatterte eine Eule über ihrem Kopf hinweg und setzte sich vor eine Tür. Khair folgte ihr verwirrt und bemerkte, dass die Eule direkt vor der Tür ihres Zimmers saß.

"Danke ...", meinte sie verwundert und das Tier verschwand wieder.

"Das glaubt mir keiner, wenn ich das erzähle ...", murmelte Khair, als sie ihre Tür entriegelte und ihr Zimmer betrat, um endlich schlafen zu gehen.