KAPITEL 2

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Im Zelt der Wahrsagerin war es dunkel und es roch nach abgebrannten Kerzen. "Wer ist da?", hörten sie eine rauchige Stimme. "Sie sind die Wahrsagerin, warum fragen sie?", antwortete Cassandra. "Pssssst!", Henny stieß ihr den Ellbogen zwischen die Rippen. "Ah Königin, euch habe ich bereits erwartet...", lachte die Stimme. "Kommt näher..." "Wenn es denn sein muss..." Beide Mädchen gingen tiefer ins Zelt hinein, hinter duzenden von verschiedenfarbigen Schleiern entdeckten sie eine Frau die in Unmengen von Kissen saß. "Setzt euch." "Was denn keine Kristallkugel? Keine Karten?", Cassandras Laune sank rapide. "Seid Still, Königin und setzt euch." Die Mädchen gehorchten. Die Frau nahm Cassandras Hände und fuhr mit den Fingern die Linien auf ihnen nach. "Nun erzählen sie mir nicht, dass ich eine weite Reise machen werde...", spottete Cassandra. "Oh doch, dass werdet ihr. Ihr werdet eine Reise in eure Vergangenheit machen, denn dort liegt eure Zukunft. Ihr müsst beenden was begonnen wurde. Ihr werdet eine Liebe töten, um eine andere zu bewahren. Lasst euch jedoch nicht von Falschheit täuschen, nur in den Saphiren werdet ihr die Wahrheit erkennen." "Ja sicher...", stöhnte Cassandra ungläubig. Mit einem Mal packte die Wahrsagerin ihr Handgelenk. "Nein, Königin. Glaubt nicht der Lüge. Nur die Saphire können euch geben was ihr sucht! Ich weiß wer ihr seid. Denn ich weiß wo euere Wurzeln liegen." Gebannt starrte Cassandra die alte Frau an. Langsam entblößte sie mit der anderen Hand ihr rechtes Ohr. Dort schlängelten sich die selben weißen Linien, wie auch auf den ihrigen. Von Entsetzen gepackt riss sich Cassandra los und rannte hinaus.

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'Ich werde sterben...ich werde sterben...' Dieser Gedanke raste quasi durch seinen Kopf. Doch warum störte ihn diese Tatsache so? Er wusste, dass auch Elben sterben können. Er hätte während des Ringkriegs so viele Mal sterben können, doch kein einziges Mal hatte es ihn der Maßen beschäftig. War es vielleicht die Gewissheit, dass es geschah oder die Tatsache, dass er sich nicht wehren würde? Thranduil hatte seinen Sohn die ganze Zeit über aus der Entfernung beobachtet, wie dieser ruhelos durch die angrenzenden Baumreihen strich. "Was hast du ihm erzählt?", der König des Düsterwaldes wandte seinen Blick zu Galadriel. "Nur was die Zukunft ihm bringt.", erwiderte sie, wobei sich ihre Augen in der Ewigkeit zu verlieren schien. "Und was wird sie ihm bringen...so wie ich es sehe, kann es nichts gutes gewesen sein." "Nun nicht alle Dinge sind so wie man sie sich wünscht." "Aber nicht alle deine Weissagungen sind gewiss.", meinte er hoffnungsvoll.

Sie sah ihm nun direkt in die Augen und ihre Stimme hätte in seinen Ohren nicht härter klingen könne. "Nun, diese ist gewiss!" Mit einem Mal fühlte sich der König der Waldelben schrecklich alt. Er ahnte welche Weissagung sie seinem Sohn gemacht hatte. "Willst du mir verraten, wann deine Weissagung geschehen wird?" "Noch vor dem nächsten Neumond!", damit wandte sie sich um und verschwand in den fahlen Gängen. Besorgt suchte er nach seinem Sohn. Dieser jedoch war bereits außerhalb seiner Sicht und näherte sich einem kleinen Bach, der sich gemächlich durch den Wald schlängelte. Er ließ sich langsam zu Boden sinken und spielte Gedankenverloren mit einem Blatt, das im Wasser trieb.

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'Glaubt nicht der Lüge.... . Ihr müsst beenden was begonnen wurde.... Ihr werdet eine Liebe töten...töten...töten...' "NEIN!", schrie sie sich in Gedanken an, während sie immer noch kopflos durch die Straßen ihrer Heimatstadt rannte. 'Ich soll töten? Niemals...ich werde nicht töten...Sie spinnt...die alte ist doch völlig meschugge! Aber was wenn es wahr ist...', sie blieb stehen. "Was wenn es wirklich wahr wird?", flüsterte sie zu sich selbst. Cassandra blickte in das Schaufenster eines Cafés. Sie betrachtete ihr Spiegelbild. 'König...', erklang die Stimme der Wahrsagerin in ihren Kopf. Was sollte das bedeuten, sie war keine Königin, sie sah ja noch nicht mal wie eine aus. Sie war groß, fast schon zu groß und gertenschlank. Ihre Haare waren pechschwarz und kurz und wie immer völlig strubbelig. Sie fand sich selbst viel zu blaß und überhaupt das einzige was sie an sich selbst mochte waren ihre Augen. Sie waren von einem unglaublich intensiven grün und erinnerten sie an ihre Katze Snow, die vor ein paar Jahren verschwand. Sie war beim besten Willen nicht hässlich, aber eine Königin, das war einfach absurd. Plötzlich verschwamm ihr Spiegelbild im Schaufenster und sie sah einen Wald bei Nacht. Es war dunkel und doch erkannte sie jede Einzelheit. Die Rinde der Bäume, sowie einzelne Blätter in den hohen Ästen und sie sah Personen die auf den Bäumen standen. Nein, sie standen nicht wirklich auf den Bäumen, sondern auf hölzernen Plattformen, welche auf den Ästen der Bäume ruhten. Wieder änderte sich das Bild, doch dieses Mal wurde es noch seltsamer. Sie hatte das Gefühl unter Wasser zu sein und gen Himmel zu blicken. Sie sah einen Schatten über sich, der die Form eines Blattes hatte. Der Schatten verschwand plötzlich und gab die Sicht auf einen Mann frei, der sie direkt an sah. Erst erstaunt und ungläubig, doch dann änderte sich sein Blick. Er streckte die Hand aus und... "Cassandra, Gott sei dank, hab ich dich gefunden!", keuchte Henriette. Wieder in die Realität zurückfinden, blinzelte die Angesprochene und starrte ihre Freundin an. "Henny..." "Komm, ich bring dich lieber nach Hause, du siehst gar nicht gut aus...", damit packte sie Cassandra am Ellbogen und zog sie mit.