14.Harte Worte
„Aber sie ist ein Muggel, sie kann doch nicht apparieren", sagte Harry laut in die Stille hinein, als müsse er sich selbst davon überzeugen, dass Andrea tatsächlich verschwunden war.
Aber noch eh er sich weiteren Gedanken hingeben konnte, klopfte es an der Zimmertür und als Harry öffnete, erwartete er fast Andrea davor stehen zu sehen, aber es waren nur Ron und Hermine.
„Oh, da bist du!", sagte Hermine überrascht und sah sich nach Andrea um. „Mrs. Weasley schickt uns, wir sollen euch zum Mittagessen…wo ist Andrea?"
„Äh…sie sagte, sie…kommt… kommt… gleich wieder", stotterte Harry und sah unwillkürlich auf den Fleck an dem Andrea noch kurz zuvor gestanden hatte.
Ohne seine Freunde ansehen zu müssen, wusste er, dass seine Stimme ihn verraten hatte. Hermine wäre nicht Hermine, wenn sie nicht sofort Verdacht geschöpft hätte und so überraschte es ihn auch nicht im Geringsten, als sie sofort nachhakte.
„Was heißt gleich wieder? Wo ist sie hin?"
„Das weiß ich auch nicht so genau", antwortete Harry nun in festeren Ton. „Ich denke wir sollten zum Mittagessen gehen, Andrea wird bestimmt gleich nachkommen."
Hermine und Ron zogen fast synchron eine Augenbraue nach oben und tauschten einen bedeutungsvollen Blick, ehe Ron scharf die Luft ausstieß und widerstrebend nickte.
„Gut lasst uns um Essen gehen", sagte er resignierend, doch Hermine gab nicht so schnell auf.
„Harry, bitte…."
„Ich werde es euch nach dem Essen erzählen. Versprochen!", unterbrach Harry sie entschieden. "Jetzt würde es zu lange dauern und Rons Mutter wartet bereits auf uns."
„In Ordnung", gab Hermine widerwillig nach, ehe sie einen letzten misstrauischen Blick in den Raum warf und Harry zur Tür hinaus folgte.
Während des Mittagsessens wartete Harry ungeduldig auf Andrea, aber sie kam nicht. „Sicher hat sie einfach die Zeit vergessen", versuchte er sich selbst zu beruhigen, doch der nagende Zweifel machte bald dem Gefühl der Sorge Platz. „Was, wenn ihr in dem alten Haus etwas zugestoßen war?" Harrys Magen zog sich bei dem Gedanken schmerzhaft zusammen und so wartete er ungeduldig, bis das Essen endlich beendet war und er ohne Aufsehen zu erregen, nochmals nach Andrea sehen konnte. Eine halbe Stunde später klopften sie an ihre Tür und als sie nichts hörten, öffneten sie unbehaglich die Tür, doch auch jetzt war das Zimmer leer und nichts deutete darauf hin, dass Andrea zwischenzeitlich zurückgekehrt war. Mit einem unguten Gefühl blieb Harry neben dem Tisch stehen, auf dem noch immer die Bücher lagen, in denen sie zuletzt geblättert hatte.
„Sagst du uns nun was eigentlich los ist?", fragte Hermine ungeduldig und so blieb Harry nichts anderes übrig, als seinen Freunden zu erzählen, worum er Andrea gebeten hatte.
„Wir haben vermutet, dass du so etwas in der Richtung vorhast", seufzte Hermine, doch der von Harry erwartete Widerspruch blieb aus. Stattdessen begann sie unruhig im Zimmer auf und ab zu gehen. „Aber wo ist sie hin? Niemand sah sie das Haus verlassen."
„Sie ist einfach verschwunden, vermutlich ins Haus ihrer Urgroßeltern", antwortete Harry zögernd. „Ich kann es auch nicht genau erklären. Sie sagte nur, dass sie nach dem richtigen Buch suchen wollte und ich könne hier solange warten. Danach war sie einfach verschwunden, als wäre sie appariert."
„Aber sie kann nicht apparieren", stöhnte Ron und ließ sich ratlos in einen der Sessel fallen.
„Vielleicht ein Portschlüssel", grübelte Hermine, was Harry sofort an das Pentagramm erinnerte, das Andrea kurz vor ihrem Verschwinden aus der Schublade geholt hatte.
„Das wäre möglich", nickte er bedächtig. „Doch muss man zum Aktivieren eines Portschlüssels nicht Magie benutzen?"
„Hm, normalerweise schon", seufzte Hermine zweifelnd und hob resignierend die Hände.
„Meinst du, es ist ihr etwas passiert?", fragte nun Ron zaghaft und blickte unsicher zu Harry. "Rasul behauptete, dieses Hause stecke voller schwarzer Magie."
Harry wurde jedoch einer Antwort entbunden, als genau dort wo Andrea verschwunden war, die Luft zu flimmern begann. Im nächsten Augenblick wurde ihre Gestalt, mit einem dicken Buch in den Armen, sichtbar und Harry atmete erleichtert aus.
„Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber…Oh, Hallo Ron! Hallo Hermine!"
„Ich habe es ihnen erzählt", sagte Harry, noch ehe Andrea eine Frage stellen konnte.
„Gut", nickte Andrea mit einem leisen Lächeln. „Ich möchte euch nur bitten, dass ihr mein kleines Geheimnis vorläufig für euch behaltet."
Ron und Hermine nickten eifrig, was Andrea mit einem erleichterten Lächeln zur Kenntnis nahm, ehe sie das von ihr mitgebrachte Buch auf den Tisch legte.
„Wie haben Sie das gemacht?", drängte die Frage aus Hermine heraus. „Sie können doch nicht apparieren."
„Nun, ich war nicht immer das brave folgsame Mädchen, das Francesco gerne gesehen hätte", erzählte Andrea mit einem Gesichtsausdruck, der deutlich zeigte, dass sie dies nicht im Geringsten bereute. „Auch wenn ich nicht die magischen Fähigkeiten meines Ururgroßvaters geerbt hatte, dann doch seine Neugier. Ich begann Fragen zu stellen und kam sehr schnell dahinter, dass man auch als Muggel bestimmte magische Dinge benutzen kann. Es ist bei weitem nicht so effektiv wie normale Zauberei, aber es zeigt dennoch Wirkung. Die Kinder meiner Urgroßmutter wurden ebenfalls als Muggel geboren und ich vermute, dass sie deshalb einige Gegenstände verzaubert hat, um ihnen, wenn auch nur zu einem geringen Teil, die Magie nutzbar zu machen. Lange Rede kurze Sinn – diese Gegenstände wurden seit Generationen weitervererbt, unter anderem auch ein Portschlüssel, der es mir ermöglicht, jederzeit in das Haus meiner Urgroßeltern zu gelangen."
„Und Ihr Freund Rasul…weiß er von diesen Portschlüssel?", fragte Harry zaghaft.
„Nein, und er muss es vorläufig auch nicht wissen", grinste sie mit einem verschwörerischen Zwinkern. „Vermutlich ahnten nicht einmal meine Eltern davon und ich muss gestehen, es war auch eher ein Zufall der mich das erste Mal unfreiwillig dorthin katapultierte. Ich saß ganze drei Tage in diesem Haus fest, bis ich herausfand was geschehen ist und wie ich zurückkommen konnte" lächelte Andrea, als sie in die neugierigen Gesichter der Drei sah. Für einen kurzen Augenblick sah es so aus, als wollte sie ihnen noch mehr erzählen, doch dann schüttelte sie mit einem leisen Seufzen den Kopf. „Nun zu dem Buch. Wenn ich Anastasias Ausführungen hier richtig verstanden habe, dann hielt sie dieses Ritual, salopp ausgedrückt, für Quatsch. Sie schrieb, dass es eine rein hypothetische Überlegung ist."
„Können…können wir es trotzdem probieren?", fragte Harry und sah Andrea bittend an.
„Wir können es versuchen, doch ich bezweifle, dass es funktioniert", seufzte sie und zog einen kleinen Gegenstand aus der Hosentasche. „Ich habe vermutet, dass du es trotzdem probieren möchtest, darum habe ich dir das Amulett mitgebracht."
Andrea legte ihm einen kleinen Anhänger in die Hand, der etwa die Größe eines Hühnereis hatte. „Laut der Beschreibung soll es bei Neumond in eine Silberschale mit Wasser gelegt werden, aber das hast du ja selbst gelesen."
„Danke", sagte Harry mit einem dankbaren Lächeln, ehe er nachdenklich die seltsame Musterung des Amuletts betrachtete.
„Der nächste Neumond ist in zwei Tagen. Was brauchen wir außer der Silberschale noch?", fragte Hermine und sah entschlossen zu Andrea.
„Kreide, Kerzen und ein paar Tropfen Wermut. Die Zauberformel steht in dem Buch", gab Andrea bereitwillig Auskunft, dennoch sah sie ungewohnt bedrückt aus.
„Ich komm schon damit klar", sagte Harry. „Auch damit, wenn es nicht funktioniert."
Andrea nickte, auch wenn ihr Gesicht die Zweifel an Harry Worten verrieten.
* * * *
Die nächsten beiden Tage verbrachten Harry, Ron und Hermine fast ausschließlich damit, zusammen das Ritual durchzugehen. Für Ron und Hermine schien es selbstverständlich, dass sie an diesem Ritual teilnahmen und obwohl Harry seinen Freunden nicht widersprochen hatte, so war er sich selbst nicht sicher, ob er sie wirklich dabei haben wollte. Es war seine private Angelegenheit, die er gleichermaßen herbeisehnte wie fürchtete. Was wenn es funktionieren würde…. hatte er genügend Kraft Sirius Geist zu begegnen? Immer wieder drehten sich seine Gedanken um den gleichen Punkt, bis es endlich Neumondabend war und er sich schließlich in seinem Schicksal ergab.
Die Drei gaben vor zeitig schlafen zu gehen, krochen jedoch um Mitternacht wieder aus den Betten. Sie hatten sich für das Ritual einen kleinen unbenutzten Raum im Dachgeschoss ausgesucht, in dem sie bereits am Nachmittag alle Vorbereitungen getroffen hatten. Wenige Minuten nach Mitternacht schlichen sie auf Zehenspitzen die Treppen noch oben. Sie hatten gerade die vorletzte Etage erreicht, als sie Schritte hörten, die ihnen direkt entgegen kamen.
„Verflixt, auch dass noch!", fluchte Harry leise und sah sich nervös nach einem geeigneten Versteck um.
„Hier hinein!", flüsterte Hermine und zog die beiden Jungs energisch in das nächstgelegene Zimmer, als auch schon die Schritte beängstigend nahe kamen.
„Wo sind wir hier?", fragte Ron und sah sich hektisch in dem kleinen, schwach beleuchteten Raum um.
„Sieht aus wie ein Gästezimmer", sagte Harry mit einem leichten Anflug von Panik in der Stimme.
„Ja, und noch dazu eines, dass zur Zeit benutzt wird", hauchte Hermine und deutete auf das benutzte Bett und den Schreibtisch, auf dem mehrere Rollen Pergament lagen.
„Lasst uns hier so schnell wie möglich wieder verschwinden. Wenn uns hier jemand findet, können wir das Ritual vergessen."
Harry hatte, um besser hören zu können, ein Ohr an die Tür gelegt, als er plötzlich entsetzt zurücksprang. „Schnell verstecken!", flüsterte er atemlos, während sich bereits die Klinke der Tür bewegte.
Keine Sekunde zu früh flüchteten sie unter das Bett, denn einen Augenblick später öffnete sich bereits die Tür. Kerzen wurden in Brand gesetzt und zu ihrem Entsetzen erkannten sie die Stimmen von Snape und Silver, die sich nun gedämpft unterhielten.
„Das hier sind die Angaben, die Rasul uns gegeben hat", hörten sie Silvers Stimme während sie sich unter dem Bett dicht zusammenquetschten und die Luft anhielten. Papier raschelte und für einen Moment erschienen Snapes Füße neben der Bettkante.
„Nicht gerade sehr aufschlussreich", knurrte Snape, nach einer kurzen Pause. „Diese Standpunkte sind mehr als vage angegeben, da könnten wir genauso gut ins Blaue hinein suchen."
„Ja, wird ziemlich mühsam werden", seufzte nun Silver, während Harry bemüht war, Hermines Haare aus seinem Gesicht zu bekommen.
„Unsere Zeit ist in dem Fall jedoch sehr knapp bemessen; laut unseres Informanten soll der Angriff in drei Tagen stattfinden."
„Ich weiß, doch möglicherweise finden wir in den Verhörungsprotokollen noch Hinweise."
Die Matratze über ihnen kam beängstigend nahe, als Silver sich auf das Bett setzte, dennoch blieben sie unbemerkt. Mehrere Minuten sprach niemand, nur das Knistern von Pergament war zu hören, bis Silver wieder aufstand.
„Hier ist auch nichts", hörten sie ihn resignierend sagen. „Vielleicht hatten Moody und Tonks inzwischen mehr Glück. Sie müssten bald zurücksein."
„Solange Tonks sich auf ihre Aufgabe konzentriert und nicht wieder Hirngespinsten hinterher jagt", folgte Snapes zynischer Kommentar.
„Seien Sie ein bisschen nachsichtig mit ihr, sie braucht Zeit, um mit Blacks Tod klarzukommen."
„Wir sind hier aber nicht im Kindergarten! Ihre Weigerung der Realität ins Auge zu sehen, ist mehr als kindisch und blockiert unsere Arbeit."
„Es ist immer schwer Menschen zu verlieren, die man sehr gern hatte und jeder hat seine eigene Art damit umzugehen. Der Eine zieht sich zurück und lässt keinen mehr an sich heran, ein Anderer stürzt sich in die Arbeit und Tonks klammert sich eben an einen Strohhalm."
„Das hört sich fast so an, als teilten Sie ihre Ansicht." Während Snape bisher in dem typisch öligen Ton gesprochen hatte, wurde seine Stimme plötzlich scharf, als wolle er Silver davon abhalten, Tonks Meinung zu teilen, aber offensichtlich zeigte diese Stimmlage auf Silver keine Wirkung.
„Ich kann nicht abstreiten, dass die Sache mit den Schutzzaubern merkwürdig ist. Von der Theorie her müssten sie auf den Tod des letzten Familienmitglieds reagieren, doch das tun sie nicht, daher kann ich Tonks Zweifel teilweise verstehen. Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass Black im Ministerium ihren Kampf mit Bellatrix fortgesetzt hat. Möglicherweise macht sie sich nun Vorwürfe, dass Black durch ihre Schuld von dem Fluch getroffen wurde und durch dieses Tor fiel. Menschen reagieren…"
„Black starb durch seine eigene Unvernunft und Arroganz. Er hätte im Grimmauld Place bleiben sollen, ich hatte in ausdrücklich darum gebeten."
„Ich kannte Black nicht, doch halte ich es für mehr als unwahrscheinlich, das jemand wie er zurückbleiben könnte, wenn sein Patensohn in Gefahr schwebt. Das hätte sicher nicht seinem Wesen entsprochen."
„Genauso wenig wie es Potters Wesen entspricht, einmal seinen Kopf zu benutzen. Die beiden sind sich in mancher Weise erschreckend ähnlich. Nichts von dem, was in jener Nacht geschehen ist, hätte sein müssen, wenn nur einer von den Beiden bereit gewesen wäre, von seinem hohen Ross zu steigen; doch sie mussten ja Beide den glorreichen Helden, den unentbehrlichen Retter spielen, ohne den der Rest der Welt nicht auskommen könnte. In ihrer Überheblichkeit sahen sie nicht, den Schaden, den sie dabei anrichten konnten und, dass die Welt manchmal ohne diese Art von Heldentum besser dran wäre."
„Das sind harte Worte."
„Es ist die Wahrheit! Black hat das bekommen, was er durch seine Arroganz selbst herauf beschwor. Offengestanden, gehöre ich nicht zu den Leuten, die ihm nachtrauern, im Gegenteil, sein Einfluss hat den Jungen mehr geschadet, als dass es ihm gut getan hätte."
Snapes Worte trafen Harry wie Pfeile und hätten Ron und Hermine ihn nicht gleichzeitig die Hände auf die Schultern gelegt, so wäre er wahrscheinlich unter dem Bett hervor gesprungen um Snape an die Gurgel zu gehen. Obwohl Silver Sirius Black nie kennen gelernt hatte, schien es ihm jedoch ähnlich wie Harry zu ergehen, denn seine Stimme klang zum zerreißen gespannt, fast so, als würde es ihm große Mühe kosten, weiterhin ruhig zu bleiben.
„Sie fällen hier ein verdammt hartes Urteil."
„Meinen sie? Potter hat das großspurige Wesen seines Vaters geerbt, das ihn herumstolzieren ließ, als könnte ihm niemand das Wasser reichen, doch seit er mit Black Kontakt hat, wurde dies noch schlimmer. Noch nicht mal die Tatsache, dass Black seinetwegen starb, brachte Potter zum Nachdenken. Kaum drei Wochen später rennt er blindlings davon, ohne zu überlegen, was dies für Konsequenzen haben könnte und wir anderen dürfen die Suppe auslöffeln, die uns der werte Mr. Potter einbrockt. Seinetwegen haben wir nun diese Muggel am Hals, obwohl wir durchaus Wichtigeres zu tun hätten."
Silver wurde einer weiteren Entgegnung entbunden, da es nun an der Tür klopfte und Tonks herein kam.
„Hallo Clark", sagte sie launig und Harry gewann den Eindruck, dass sie bewusst Snapes Anwesenheit ignorierte. „Dumbledore ist eben mit Rasul zurückgekommen und möchte uns in einer Viertelstunde sprechen."
„Schläft dieser Mann eigentlich nie?", stöhnte Silver.
„Es scheint wichtig zu sein."
„Schon gut, wir kommen gleich."
Die Tür ging erneut und Harry hatte bereits die stille Hoffnung, dass Snape und Silver ebenfalls das Zimmer verlassen hatten, als erneut Papier raschelte und wieder Schritte zu hören waren. Mit quälender Langsamkeit schlichen die Minuten dahin, bis Silver endlich Snape aufforderte mit nach unten zu gehen.
„Ich verspreche euch, irgendwann wird diese miese Schlange an ihrem eigenen Gift ersticken", zischte Ron, als er mit hochrotem Gesicht unter dem Bett hervor krabbelte und Hermine auf die Füße half. Im Gegensatz zu Ron, dessen Gesicht fast die Farbe seiner Haare angenommen hatte, war Hermine kalkweiß. Vor Zorn bebend und mit zerzausten Haaren, hatte sie die Fäuste geballt und erinnerte stark an eine Nemesis, die bereit war augenblicklich das Schwert der Rache zu ziehen.
„Du wirst hoffentlich kein Wort von dem was Snape da von sich gab, ernst nehmen?", keuchte sie zitternd und schweratmend.
„Nein, die Zeiten in denen ich Snape ernst nahm, sind schon lange vorbei", log Harry, während er sich den Staub von der Kleidung klopfte. „Außerdem habe ich keine andere Reaktion von ihm erwartet."
In Wirklichkeit aber brannten Snapes Worte in seinem Inneren, als würde jemand mit einer glühenden Klinge in seinen Eingeweiden wühlen und brennender Hass auf seinen Zaubertranklehrer stieg in ihm hoch. Es kostete ihn ungeheure Energie nur halbwegs ungerührt zu wirken, während er vorsichtig auf die Tür zuging, um zu lauschen. Als von Draußen nichts mehr zu hören war, drückte er sie behutsam auf und spähte hinaus.
„Sie sind weg", flüsterte er. „Nun lasst uns hier verschwinden! Andrea wird sicher schon auf uns warten."
Hermine nickte, auch wenn die Sorgenfalten in ihrem Gesicht verrieten, dass Harrys Verhalten sie nicht wirklich beruhigt hatte. Auf leisen Sohlen schlichen sie aus dem Zimmer und gelangten wenig später unbemerkt in den Raum, den sie für das Ritual vorgesehen hatten. Auf dem Tisch brannte bereits eine Kerze, aber von Andrea war nichts zu sehen.
„Man könnte fast meinen, er wusste, dass wir unter dem Bett liegen und hat deshalb seine Worte so gewählt", grübelte Ron, dessen Gedanken noch immer bei Snape waren.
„Das ist doch Unsinn, oder glaubst du Snape hätte sich die Chance entgehen lassen uns in die Pfanne zu hauen?", widersprach Hermine kopfschüttelnd, während Harry näher an den Tisch herantrat und etwas Weißes hochhob.
„Hier ist ein Brief von Andrea!", sagte er und entfaltete das Papier.
Lieber Harry,
es tut mir leid, dass ich bei dem Ritual nicht dabei sein kann,
doch eben kam Mrs. Weasley, um mir mitzuteilen, dass
euer Direktor ein Gespräch mit mir wünscht. Keine Ahnung
was mitten in der Nacht so wichtig ist, doch ich denke,
ihr kriegt das auch ohne mich hin. Wenn die Unterredung
nicht allzu lange dauert, werde ich nachkommen. Anbei
liegt ein Amulett, das dich für den Fall der Fälle schützt.
Bitte trag es, während du die Beschwörungsformel
sprichst. Ich weiß, dass du es nicht für nötig hältst, aber
mach es einfach um mir einen Gefallen zu tun. Bitte!
Meine Gedanken sind bei euch!
Andrea
„Was für ein Amulett?", fragt Hermine sofort, nachdem Harry den Brief vorgelesen hatte.
„Das hier", sagte Harry matt und reichte ihr eine feingliedrige Goldkette, an der eine handtellergroße Scheibe baumelte. Zu Harrys Erstaunen, glich die Musterung darauf genau dem Pentagramm, das er in Andreas Wohnung gesehen hatte.
„Sieht ziemlich alt und kostbar aus", murmelte Hermine, als sie die Kette an Ron weiterreichte.
„Solch seltsame Zeichen hab ich noch nie gesehen", grübelte Ron und hielt den Anhänger hinter die Kerze um die Inschriften besser lesen zu können.
„Ich tippe auf hebräische Buchstaben. Irgendwie kommt es mir bekannt vor, vielleicht hab ich es schon mal auf einer Abbildung von diesem Amulett gesehen."
„Na los, wir sollten nicht noch mehr Zeit vertrödeln", sagte Harry ungeduldig und legte sich die Kette um den Hals. „Nach der Bedeutung können wir Andrea auch morgen noch fragen."
Hermine verschloss magisch die Tür und trat zögernd auf den am Boden aufgemalten Kreis zu, in dessen Zentrum sie bereits am Nachmittag eine silberne Schale gestellt hatte. Ron ließ sorgfältig etwas Wermut hinein tropfen und legte anschließend das Schlangenschild hinein, während Harry die Kerzen um die Schale herum anzündete.
„Seid ihr bereit?", fragte Harry heiser und setzte sich außerhalb des Symbols nieder.
„Ja", nickte Hermine und atmete tief durch. „Ich hoffe nur, wir tun das Richtige."
„Solange wir uns an die genauen Anweisungen halten, kann nichts passieren", sagte Ron betont gelassen, auch wenn er sehr wohl verstand, dass sich Hermines Bedenken nicht auf die Durchführung des Rituals bezogen.
Harry holte seinen Zauberstab und einen Papierstreifen, auf dem er die Zauberformel geschrieben hatte, aus seiner Tasche. Für einen kurzen Moment zitterte der Zauberstab in seiner Hand, doch als Harry ihn auf die Silberschale richtete, war davon nichts mehr zu bemerken. Das leise Knistern der Kerzen wurde zum einzigen Geräusch im Raum, ehe er langsam begann die Beschwörungsformel aufzusagen. Die Flammen der Kerzen begannen stärker zu flackern und plötzlich pulsierte das Wasser in der Silberschale, als würde es kochen. Weißer Dampf stieg auf, erst dünne, kaum wahrnehmbare Fäden, die sich jedoch rasch verdichteten und bald den gesamten Raum füllten. Als Harry die Zauberformel ein drittes Mal aufgesagt hatte, nannte er laut und deutlich den Namen….. „Sirius Black!"
Fortsetzung folgt………
Autornote: An dieser Stelle möchte ich mich noch mal ganz herzlich für die vielen Reviews bedanken, diese sind ein ungeheuerer Ansporn schnell weiter zu schreiben. Außerdem finde ich euere Gedankengänge dazu sehr inspirierend, also schreibt auch ihr mir fleißig weiter! *ganzliebguck*
@ mbi13 - Sorry, falls die Story teilweise etwas langatmig wird, doch für den weiteren Verlauf ist es wichtig, dass ihr als Leser ein paar Hintergrundinfos erfahrt. Kann aber versprechen, dass es bald spannender wird. *fg*
