Kapitel Vier
„Ich fang am Besten von vorne an:
An dem Tag, wo ich mir den Fuß verstaucht hatte, war ich in der Früh mit einer Gruppe Händler nach Lorien gekommen, um meine Eltern zu suchen. Gegen Mittag wurde mir mitgeteilt, dass diese auf einer Reise nach Bruchtal ums Leben gekommen sind. Orcüberfall." Soreya begann wieder zu weinen und nach ein paar Minuten hatte sie sich wieder soweit gefangen, dass sie weitererzählen konnte. „Na ja, und dann hab ich dich, besser du mich gefunden und... es ist alles so toll gelaufen bis jetzt... und ich komm mir vor wie in einem Traum... mein bisheriges Leben war eine reine Katastrophe... ich hatte kaum Geld, wurde von menschlichen Pflegeeltern aufgezogen... mit 1600 Jahren bin ich ausgezogen... ich wurde von meinen Pflegevater geschlagen und einmal hat er sogar versucht… und seit dem irre ich umher, auf der Suche nach meinen richtigen Eltern und das hatte sich dann hier in Lorien auch erledigt... und dann warst du da und hast mich aufgenommen und mir geholfen... und... ich bin´s einfach nicht wert... ich hab das alles nicht verdient... dich auch nicht."
Soreya wollte schon aufstehen und gehen, aber Haldir hielt sie zurück und suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Ihre knappe Erzählung über ihr Leben und ihre Lebensweise hatte ihn doch etwas mitgenommen. Er wollte ihr helfen, aber nicht weil sie ihm leid tat. Nein, er hatte sich in sie verliebt, aber wie könnte er ihr das am Besten sagen.
Langsam richtete er sich im Bett auf und setzte sie so hin, dass sie ihn ansehen musste. „Jetzt hör mir mal zu, was ich dir zu sagen habe und dann kannst du, wenn du es wünscht, noch immer gehen und Lorien verlassen oder was auch immer du dann vorhast. Aber tue mir den Gefallen und hör mir zu." Soreya wischte eine Träne bei Seite und wartete gespannt darauf, was er ihr jetzt sagen würde.
„Wie fang ich jetzt am Besten an" murmelte er vor sich hin und sie lächelte etwas. „Na, was hab ich denn da gerade gesehen? War das ein Lächeln?" zog er sie auf. Soreya musste jetzt erst Recht lachen und wollte schon wieder aus dem Bett fliehen. „Nichts da. Hier geblieben."
„Was ich dir schon länger sagen wollte" begann Haldir ernst „ist, dass ich mich in dich verliebt habe." Er machte eine Pause und beobachtete sie dabei sehr genau. Sie sah ihn doch etwas verdutzt und mit großen Augen an. „Aber... ich" stotterte sie los. Er legte einen Finger auf ihren süßen Mund und brachte sie zum Schweigen. „Ich hab dir damals gerne geholfen und das nicht nur aus Mitleid und wenn ich dir jetzt anbiete, das du hier bleiben kannst, dann das auch nicht aus Mitleid. Sondern wenn ich dich bitte bei mir zu bleiben, für immer, dann nur, weil ich dich liebe."
Das hatte sie jetzt überhaupt nicht erwartet und sah ihn verwirrt an. Haldir beugte sich langsam nach vorne und küsste sie auf den Mund. Nach dem er sich wieder zurückgelehnt hatte sagte er „Schlaf heute Nacht darüber und sag mir morgen, wie du dich entschieden hast." Er strich ihr noch mal sanft über ihre Wange, stand auf und verließ das Zimmer.
Insgeheim hoffte er, dass sie bei ihm bleiben würde und dass sie seine Gefühle erwiderte, aber er wollte sie nicht zum Bleiben zwingen. Haldir ging in sein Zimmer und machte sich fürs Bett zurecht. Er wusste, dass er heute Nacht keinen Schlaf finden würde, solange er nicht ihre Antwort kannte.
Im Zimmer neben an saß Soreya noch immer auf ihrem Bett und dachte über seine Worte nach. Sollte sie hier bleiben, bei ihm? Ist sie auch in ihn verliebt? Oder sollte sie doch lieber ihres Weges ziehen und ihn hier in Lorien zurücklassen. Langsam und noch etwas benommen von seinen Worten der Zuneigung legte sie sich ins Bett und starrte an die Decke. Heute Nacht konnte sie auf jeden Fall nicht schlafen, dass wusste sie. Zu viele Gedanken schwirrten momentan in ihrem Kopf herum. Zu viele Fragen, die einer Antwort bedurften.
Die Stunden vergingen und Soreya hatte noch immer nicht die Ruhe gefunden, um zu schlafen. Leise stand sie auf und schlich hinüber in Haldirs Zimmer. Sie wollte nicht alleine sein und irgendwie ahnte sie, dass auch er nicht schlafen konnte, geschweige denn alleine sein wollte.
Vorsichtig öffnete sie die Tür zu seinem Zimmer, trat ein und schloss diese wieder. So leise wie möglich ging sie zu seinem Bett und schlüpfte unter seine Decke. Er hatte ihr den Rücken zugekehrt und schien zu schlafen. Soreya legte sich neben ihn und strich sanft mit ihren Fingern über seinen Rücken. Kurz darauf drehte sich Haldir um und lächelte sie an. „Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr rüber" meinte dieser nur und nahm sie in den Arm. „Ich konnte nicht schlafen und da hab ich mir gedacht, dass" begann sie, aber Haldir ließ sie nicht mehr weiterreden sondern küsste sie. Soreya erwiderte seinen Kuss und so zog er sie näher an sich heran. Seine Lippen wanderten über ihr Gesicht hinüber zu ihrem Hals, während er sie weiterhin zärtlich küsste. „Ich liebe dich über alles" flüsterte er ihr ins Ohr. „Ich liebe dich auch" antwortete sie und hielt ihn fest in ihren Armen.
Aneinander gekuschelt und erschöpft von dem langen und ereignisreichen Tag schliefen beide kurz darauf ein.
Am nächsten Tag stand die Sonne schon hoch, als Soreya aufwachte. Das Bett neben ihr war leer. Anscheinend war Haldir schon aufgestanden und seiner Arbeit nachgegangen. Langsam setzte sie sich auf und streckte sich ausgiebig. Als sie sich im Zimmer umsah, entdeckte sie einen Teller mit Essen auf dem Tisch neben dem Bett und Kleidungsstücke auf einem Stuhl. ´Ach wie süß´ dachte sie sich und angelte sich den Teller, um zu Frühstücken. Nachdem sie sich angezogen hatte, bummelte sie langsam durch das große Haus. Hier und da hörte sie schon, das Gäste erwartet werden. Sie überlegte, wer wohl kommen könnte und ging langsam aus dem Haus hinaus, um einen kleinen Spaziergang zu machen. Sie war schon sehr nah an die Grenzen Loriens gekommen, als sie fremde Stimmen hörte. Schnell versteckte sie sich und suchte die Umgebung nach möglichen Gefahren ab. Bald entdeckte sie einen komisch zusammengewürfelten Haufen Wanderer, unter denen sich ein Elb, ein Zwerg, vier Hobbits und zwei Menschen befanden. Neugierig beobachtete sie diese eine Zeit lang, wie sie sich einen Weg durch den Wald bahnten. Ein Räuspern hinter ihr ließ sie zusammen und herum fahren. „Was… Hast du mich erschreckt. Musst du dich so heranschleichen?" schimpfte sie los, als sie Haldir entdeckte. „Entschuldigung, aber ich gehe nur meiner Arbeit nach. Was machst du eigentlich so weit draußen? Solltest du nicht…" erwiderte Haldir. Soreya ließ ihn nicht ausreden, sondern legte ihre Hand auf seinen Mund. „Leise" flüsterte sie. „Hier laufen komische Leute herum. Sie sind gerade hier vorbeigekommen." „Ich weiß" antwortete er. „Ich verfolge sie schon seit längerem, aber bis jetzt hat man mich noch nicht bemerkt." Haldir sah sich kurz um und nahm Soreya bei der Hand. „Jetzt komm mit. Wollen wir mal sehn, was die überhaupt hier in Lorien wollen."
So lautlos wie möglich schlichen beide hinter der Gruppe her und nach wenigen Metern schlossen sich noch zwei weitere Elbenkrieger, Rúmil und Orophin, ihnen an.
Die kleine Elbengruppe machte einen kleinen Bogen um den Trupp Wanderer, um ihnen weiter vorne entgegen zu treten. „Der Zwerg atmet so laut, man hätte ihn im Dunkel erschießen können" sagte Haldir und der Zwerg begann in seinen Bart zu schimpfen. Soreya musste sich ein Grinsen verkneifen und auch die Hobbits konnten gerade noch so ein Lachen unterdrücken. „Mein Name ist Legolas Grünblatt und mit mir reisen" sprach der Elb und trat vor, aber weiter kam er nicht, da er von Haldir unterbrochen wurde. „Wir haben Gerüchte gehört, dass ihr kämt, denn die Boten von Elrond sind auf ihrem Heimweg über den Schattenbachsteig durch Lorien gekommen. Da ihr mit einem Elben von unserer Sippe gekommen seid, sind wir bereit, euch zu helfen, wie Elrond gebeten hat; obwohl es nicht unsere Gewohnheit ist, Fremde durch unser Land zu geleiten. Doch kommt rasch, der Herr und die Herrin erwarten Euch schon." Nachdem er geendet hatte, drehte er sich um und ging voraus. Soreya stolperte noch immer grinsend hinter ihm her und den Schluss der Gruppe bildeten Rúmil und Orophin.
Bevor der kleine Trupp vor Herrn Celeborn und Lady Galadriel geführt wurden, gab Haldir Soreya ein Zeichen, sie soll schon mal ins Haus gehen und dort auf ihn warten. Ohne ein Murren bog sie ab und ließ die neun Gefährten hinter sich, was Haldir doch etwas verwunderte. Verstohlen blickte sie sich nach ein paar Metern um und konnte einen Blick von dem Kriegermenschen erhaschen.
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