5. Vom unverzeihlichen Umgang mit den Unverzeihlichen Flüchen
Sie befand sich in einem großen Raum, voller kunstvoll gearbeiteter alter Möbel und kostbarer Teppiche. Auf der rechten Seite stand neben einem hohen Schrank ein großes Bett mit Baldachin, an der Wand ihr gegenüber verdeckten schwere dunkle Samtvorhänge ein großes Fenster. An den Seitenwänden waren Kandelaber angebracht, deren Kerzen den Raum in ein diffuses flackerndes Licht tauchten. Auf der linken Seite befand sich ein Kamin, in dem ein Feuer brannte. Über dem Kaminsims hing ein großer Spiegel mit goldenem Rahmen. Vor dem Fenster stand ein Sekretär, davor ein Stuhl, und neben dem Kamin saß Lucius in einem Armsessel. Er hatte sich bequem zurückgelehnt, die Beine ausgestreckt und stützte sich auf seinen Stock mit dem Schlangenknauf.
„Du wirst nun tun, was ich dir befehle."
Sie wandte sich ihm zu. Ihr Kopf fühlte sich leer an, und eine Welle der Leichtigkeit erfasste sie. Alles war einfach und überschaubar geworden, sie brauchte sich keine Gedanken mehr zu machen, einfach nur das zu tun, was er von ihr verlangen würde…..
Sie sah ihn an: „Ja, Lucius, ich tue alles, was du willst."
„Als erstes", sagte er mit kühler Stimme, „wenn ich mit dir spreche, hast du gefälligst den Blick zu senken, und du nennst mich ‚Herr' oder ‚Gebieter'"
Sie senkte die Augen. „Ja, mein Herr."
Sie wartete, fragte sich, was er wohl als nächstes befehlen würde, aber es herrschte Stille im Raum. Sie wagte nicht aufzublicken.
Lucius liebte es, den Imperius-Fluch anzuwenden, er genoss es, wenn jemand ihm so völlig ausgeliefert war und alles tun musste, was er verlangte. Schon oft hatte er Mitarbeiter des Ministeriums dazu gezwungen, Informationen für die Todesser zu liefern, und wichtige Entscheidungen in seinem Sinne zu beeinflussen, und jedes Mal hatte er dieses Gefühl der Macht in vollen Zügen ausgekostet.
Nun also war Aurora ihm ausgeliefert, er würde ihr Respekt beibringen und sie würde es gründlich bereuen, dass sie ihn mit diesem dämlichen Wahrheitszauber belegt hatte… Sie würde ihm zu Willen sein. Er würde sie auf das Bett werfen und…
Nein, so ging das nicht. Er stellte sich vor, wie Narcissa ihn verspotten würde: „Musst du jetzt schon die unverzeihlichen Flüche bemühen, nur um eine Frau ins Bett zu kriegen?" Nicht, dass sie etwas dagegen gehabt hätte, er und sie gingen seit langem getrennte Wege. Trotzdem war es praktisch, dass sie jetzt gerade für einige Tage verreist war.
Sein Blick fiel auf einen Haufen Wäsche in einer Ecke des Zimmers. Das durfte doch nicht wahr sein! Narcissa hatte immer noch keinen neuen Hauselfen gefunden. (Gesucht hatte sie wahrscheinlich nicht, denn das letzte, was sie zu dem Thema zu sagen gehabt hatte, war: „Such doch selber einen, du hast dir ja schließlich unseren Dobby vor der Nase wegschnappen lassen, von diesem Schuljungen!")
„Aurora", sagte er, „du wirst jetzt erst mal diese Wäsche da waschen, bügeln und in den Kleiderschrank legen, dann machst du die Küche sauber, spülst das Geschirr ab und räumst alles auf."
„Jawohl, mein Gebieter", sagte sie, dann, nach einem Zögern, setzte sie hinzu: „Dürfte ich wohl meinen Zauberstab…"
„Nein, kommt nicht in Frage."
Den Zauberstab hatte er ihr gleich als erstes weggenommen.
„Ich gebe untertänigst zu bedenken, dass allein das Waschen dieser Wäsche mehrere Stunden dauern wird, wenn man es ohne Hilfsmittel macht."
Lucius sah sie verwundert an. Konnte das sein, oder log sie ihn an, nur um an den Zauberstab zu kommen? Andererseits wäre es wirklich Zeitverschwendung, und er konnte sich etwas Besseres vorstellen, als ihr stundenlang beim Wäschewaschen zuzusehen.
„Na gut." Er reichte ihr den Zauberstab, hielt seinen eigenen gleichzeitig auf sie gerichtet und warnte: „Aber mach keine Dummheiten."
Sie machte sich an die Arbeit, ließ die Wäsche einige Male in der Luft herumwirbeln, wobei sie mit dem Zauberstab eine weiße schaumige Substanz verteilte, aus der bunte Blasen in die Luft stiegen, dann blies sie einen leichten Wind hindurch, und schließlich strich sie noch ein paar Mal über jedes Wäschestück, bis es glatt war und begann, sich von selbst zusammenzufalten. Mit einem Wink ihres Zauberstabs öffnete sie den Kleiderschrank, und die fertige Wäsche flog hinein. In der Küche hatte sie ebenfalls schnell Ordnung geschaffen.
Als sie wieder in Lucius' Zimmer zurückkam, inspizierte er gerade die frischgewaschenen Socken im Schrank.
„Da sind ja Löcher drin", sagte er vorwurfsvoll.
Sie warf einen Blick darauf und sagte: „Die sind hinüber."
„Meine schönen seidenen Slytherin-Socken…"
„Na gut", sagte sie. „REPARO!"
„Das sieht ja unmöglich aus!" Er betrachtete die Verdickungen an den Fersenteilen, wo die Fäden wild durcheinander liefen.
„Leider habe ich mit den Stopf-, Strick- und Häkelzaubern immer Schwierigkeiten gehabt, besser kann ich es einfach nicht!"
Er schaute sie scharf an, und sie setzte hastig hinzu: „Ich bitte um Verzeihung."
In ihrem Hinterkopf regte sich ein leiser Ärger. Vielleicht war es an der Zeit, gegen den Imperius-Fluch anzukämpfen. In ihrer Ausbildung hatte sie eine Taktik erlernt, die darin bestand, sich zunächst gefügig zu zeigen, ungefährliche Befehle zu befolgen, aber gleichzeitig in einem Winkel des Geistes den Widerstand aufzubauen, so dass man sich mit geballter Macht gegen die wirklich schweren Eingriffe in die eigene Integrität wehren konnte.
In diesem verborgenen Teil ihres Bewusstseins regte sich aber auch noch etwas anderes als der aufkeimende Widerstand gegen den Fluch, nämlich eine kleine vorwitzige Stimme, die fragte, was Lucius denn eigentlich mit ihr vorhatte, offenbar nicht unbedingt, sie in den Dienst von Du-weißt-schon-wem oder seiner Todesser zu stellen ---------
„ACCIO", sagte Lucius, und Auroras Zauberstab landete wieder in seiner Hand. Er legte ihn auf dem Schreibtisch ab und setzte sich wieder in seinen Sessel, von dem aus er Aurora betrachtete. Sie hatte die langen roten Haare unter ihrem Hut aufgesteckt, um den Hals hatte sie einen bunten Schal geschlungen, unter dem Umhang trug sie eine enganliegende Jacke und dazu einen weiten langen Rock.
„Nimm deinen Hut ab", sagte er. Sie tat es.
„Nimm die Haarnadeln heraus." Die roten Locken fielen über ihre Schultern und ihr Gesicht.
„Den Umhang." Sie nahm ihn ab.
„Du könntest einen Striptease machen", überlegte er.
„Was ist das bitte, Herr?" fragte Aurora.
Gütiger Merlin, jetzt musste er das erklären! Na ja, egal, wenn er mit ihr fertig wäre, würde er sie einer kleinen Gedächtnisveränderung unterziehen, und sie würde sich an nichts erinnern…
„Also, da ist eine Bühne, Musik, und eine Frau, sie bewegt sich zu der Musik und zieht dabei ihre Kleider aus, - es ist, äh, aufregend, sinnlich, verführerisch…"
Aha, dachte Aurora. Wie die Tänze der Veela vielleicht. Aber ich bin keine Veela, schön wär's, als Veela wäre ich den Imperius-Fluch in Sekundenschnelle los!
Da fiel ihr etwas ein. Als sie einmal in Ägypten gewesen war, hatte sie dort Muggelfrauen und Hexen gesehen, die einen sehr schönen Tanz beherrschten, und sie hatte damals auch versucht, ihn zu erlernen.
„Mein Herr und Gebieter, darf ich bitte noch einmal meinen Zauberstab benutzen, ich werde dann sogleich Ihren Wunsch erfüllen."
„Wenn's unbedingt sein muss." Er warf ihr den Stab zu.
Sie beschrieb mit dem Zauberstab einen Kreis in der Luft, sagte: „SONORUS", und sogleich erklang Musik im Raum.
„PROYECTIO!" Sie richtete den Stab auf die Zimmerdecke. Buntes Licht ergoss sich wie ein schillernder Wasserfall in den Raum und ließ kleine glitzernde Sternchen auf den samtenen Vorhängen und den Wänden tanzen.
Schließlich strich sie mit dem Zauberstab über ihre Kleidung:
Nun hatte sie weite grüne Hosen aus einem glänzenden Stoff an, die über den Knöcheln in mit feiner Borte bestickten Bündchen zusammen gehalten wurden. Um ihre Hüften lag ein breiter Gürtel aus feinziseliertem Gold. Sie trug eine kurze Jacke mit angesetzten Ärmeln, die ihren Bauch freiließ und ebenfalls kunstvoll bestickt und mit Goldfäden durchwirkt war. Viele glänzende Armreifen schlangen sich um ihre Handgelenke und Arme. Um den Kopf war ein buntes Seidentuch gebunden, und über ihre Stirn wand sich ein grünes, mit glänzenden Steinen besetztes Band. An den Füßen hatte sie spitz zulaufende reich mit Stickereien verzierte Pantoffeln, und auch ihre Knöchel waren mit goldenen Reifen geschmückt.
Sie begann zu tanzen, wie sie es in Ägypten gelernt hatte und beobachtete Lucius verstohlen. Es schien ihm zu gefallen. Die überhebliche Arroganz war fast ganz aus seinem Gesicht verschwunden, und er hatte nicht einmal gemerkt, dass sie diesmal den Zauberstab behalten und unauffällig hinten in den Gürtel gesteckt hatte.
Nach einer Weile aber sagte er mit seiner üblichen Ungeduld in der Stimme:
„Jetzt fang schon an!"
Sie nahm das Band von der Stirn und löste das Kopftuch.
„Weiter!"
Sie streifte die Pantoffeln ab.
„Weiter!"
Sie knöpfte die Jacke auf. Darunter trug sie ein mit Pailletten besticktes Oberteil aus grünem Satin. Zögernd zog sie die Jacke aus und ließ sie zu Boden fallen.
„Weiter!"
Die weite Hose glitt zu Boden. Nun war sie nur noch mit der Unterwäsche, - das Höschen, passend zum Oberteil, war ebenfalls aus grünem glänzendem Stoff, - und dem Gürtel bekleidet.
„Das Oberteil!"
Sie öffnete den Verschluss am Rücken, streifte die Träger herunter…
„Zieh es ganz aus!"
Sie ließ das Oberteil fallen.
Immer noch fühlte sich ein Teil von ihr angenehm schwerelos, bereit, sich weiter einfach treiben zu lassen, aber in dem abgetrennten Winkel ihres Bewusstseins sagte eine Stimme immer deutlicher: „Das muss ein Ende haben."
Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Lucius, wie er, ohne eine Regung zu zeigen, in seinem Sessel saß, angetan mit seinem schwarzen Umhang, darunter der Jacke und der roten Weste mit den silbernen Knöpfen, dann die schwarze Hose, Schuhe und Socken (silberne Schlangen auf grünem Grund…)
Sie nahm ihre Kräfte zusammen. Dann blickte sie auf und sah ihm direkt in die Augen.
„Was habe ich gesagt?" fuhr er auf.
„Den Blick senken", antwortete sie und schaute wieder zu Boden.
„Genau!"
„Verzeihung, mein Gebieter."
„Weiter jetzt!"
Sie tat, als suchte sie den Gürtelverschluss und tastete dabei unauffällig nach ihrem Zauberstab. Blitzschnell zog sie ihn heraus und richtete ihn auf Lucius, den ihr Angriff völlig unvorbereitet traf.
„DIFFINDO!"
Die Spange, die seinen Umhang zusammenhielt, sprang auf, der Stoff glitt von seinen Schultern, während gleichzeitig mit einem Schlag, wie in einer kleinen Explosion, die unzähligen Knöpfe von seiner Kleidung absprangen, in die Luft flogen und dann wie ein silberner Regen zu Boden prasselten. Lucius sprang auf und zückte seinen Zauberstab…
„EXPELLIARMUS!" rief Aurora, und während der Stab in hohem Bogen durch das Zimmer flog, rutschte seine Hose, deren Knöpfe ebenfalls abgesprungen waren, langsam über seine Hüften und Beine herunter.
„IMPERIO!" schloss Aurora ihre Salve von Zaubersprüchen ab.
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Lucius fühle sich leicht, unbeschwert, losgelöst. Es war schön, einmal keine Entscheidungen treffen zu müssen. Aurora würde alles in die Hand nehmen.
Wie bitte? fragte eine leise Stimme in seinem Hinterkopf, was ist hier eigentlich los?
Aurora schaute sich ihn in aller Ruhe an. Der Mann war ein echter Slytherin-Fan! Dabei musste es doch 20 bis 25 Jahre her sein, seit er die Schule verlassen hatte. Er trug doch tatsächlich grüne Boxershorts mit silbernen Schlangenmotiven, passend zu den Socken.
„Du kannst jetzt deine Sachen ausziehen", sagte sie, „bis auf das da."
Sie zeigte auf seine Shorts.
Er streifte seine Lederhandschuhe ab und zog dann folgsam Jacke, Weste, Hemd, Hose, Strümpfe und Schuhe aus.
„Lucius, was soll ich nur mit dir machen? Vielleicht willst du all die Knöpfe wieder annähen? Ach, ich bezweifle, dass man dir jemals auch nur den einfachsten Haushaltszauber beigebracht hat….Also, komm her!" Sie winkte ihn zu sich.
Nun stand er in der Mitte des Raumes. Immer noch tanzten die bunten Lichter durch das Zimmer, immer noch erklang die ägyptische Musik. Mit einem Wink ihres Zauberstabs löschte sie die Beleuchtung, und nur noch die Kerzen und das Feuer des Kamins erhellten den Raum. Die Musik wurde leiser.
Sie betrachtete ihn, seine silberblonden Haare, die jetzt auf seine bloßen Schultern fielen. Sie trat auf ihn zu und drehte eine Strähne zwischen ihren Fingern. Sie fühlte sich weich und seidig an.
Der Spiegel über dem Kamin warf ihrer beider Bild zurück. Kerzenschein auf nackter Haut, ihre Hände auf seinem Haar, seinen Schultern, seiner Brust.
Er spürte ihre Berührung, kühl fühlten sich ihre Hände an, auf seiner Haut, die plötzlich wie Feuer brannte.
Er schaute sie an.
Sie ließ von ihm ab. „Du kennst doch die Spielregeln", sagte sie und warf ihm einen strengen Blick zu.
Er senkte die Augen.
Ich sollte jetzt disapparieren, dachte sie, ihn einfach da stehen lassen… Es wäre das Vernünftigste…
Während ihrer Ausbildung hatte sie gelernt, den Imperius-Fluch abzuwehren, und ihn zur Übung auch anwenden müssen. Im Ernst aber hatte sie ihn niemals ausgesprochen; schließlich war es verboten, sich der unverzeihlichen Flüche zu bedienen….Und so hatte sie nicht wirklich gewusst, wie es sich anfühlte, einen anderen Menschen so völlig unter ihrer Kontrolle zu haben, und konnte der Versuchung nicht widerstehen, diese Macht ein wenig (nur ein klein wenig, sagte sie sich…) auszukosten.
„Leg dich aufs Bett!"
Moment, das war doch meine Idee gewesen, dachte er.
Er legte sich aufs Bett. Sie setzte sich neben ihn. Wieder spürte er ihre Hände, die jetzt über seinen ganzen Körper glitten.
„Schließ die Augen!"
Sie betrachtete sein Gesicht. Seine Mundwinkel waren nun nicht mehr spöttisch nach oben gezogen, und sie fuhr leicht mit dem Zauberstab die Konturen seiner Lippen nach. Dann beugte sie sich über ihn und küsste ihn.
Er begann, ihren Kuss zu erwidern, da berührte sie mit dem Zauberstab seine Stirn und sagte sanft:
„IMPERIO. Ich habe dir nicht erlaubt, irgendetwas zu tun, außer ich befehle es ausdrücklich."
Sie fuhr fort, ihn zu küssen, und nun spürte er nicht mehr nur ihre Hände, sondern ihren ganzen Körper, sie hatte sich neben ihn auf das Bett gelegt und tat mit ihm, was sie wollte…
Ich muss etwas unternehmen, dachte er, ich muss mich befreien, aber es gelang ihm nicht, einen klaren Gedanken zu fassen, schon wieder küsste sie ihn, spürte er ihr Haar auf seiner Haut, ihren Körper über sich…
Aurora hielt inne. Wie weit wollte sie eigentlich gehen? Sie betrachtete ihn, und da sah sie es: Auf seinem linken Unterarm hatte er einen dunklen Fleck, wie eine Tätowierung, eine Schlange oder so etwas. Das Dunkle Mal! Jetzt verfärbte es sich, wurde erst feuerrot, dann blauschwarz. Sie berührte es mit dem Zauberstab und murmelte einige Worte. Das Mal verblasste.
Lucius hatte nichts gespürt, außer dieser unerträglichen Spannung… Warum hat sie aufgehört? fragte er sich, und er konnte nur an eines denken: endlich Aurora an sich zu ziehen. Er nahm all seine Kraft zusammen und fragte:
„Aurora, Liebste, Gebieterin, hast du vielleicht einen Befehl, einen Wunsch, den ich erfüllen kann?"
Aurora überlegte einen Moment und antwortete dann:
„Ja, allerdings", und sie berührte sie mit dem Zauberstab wieder seine Stirn, diesmal, um den Imperius-Fluch aufzuheben….
