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"Das ist ein Scherz, oder?" hakte Orophin sanft nach, und hob eine Augenbraue.

Asathil lachte nervös.

"Ganz und gar nicht! Sein exzellenter Ruf hat mich gewissermaßen hergeführt! Ich war völlig verrückt danach ihn kennen zu lernen!"

Noch immer schienen die zwei Elben nicht überzeugt, und Haldir nun völlig perplex.

In dem Moment schlich Amrîl vorbei.

"Haltung," knurrte sie, "Stell dich gerade hin. Arme neben den Körper, spann die Schultern ein wenig an, aber nicht zuviel."

Asathil starrte sie an.

"Du beobachtest mich?!"

Amrîl lächelte mysteriös. "Nicht starren," sagte sie noch, und verschwand. Bevor Asathil sich vor den Elbenmännern rechtfertigen konnte, ritt Calanin vorbei.

"Morgen bei Sonnenaufgang an den Ställen," befahl sie, und ritt wieder davon. Asathil konnte auch ihr nur hinterherstarren.

"Aber du, du scheinst ja schon Freunde zu haben!!" rief Rûmil freudig, und Asathil atmete hörbar aus. Zumindest er hatte keinen Verdacht geschöpft.

Er nicht.

"Seltsame Freunde, findet ihr nicht?" sagte Haldir langsam, und sah Asathil direkt in die Augen. Diese spürte wie sie rot wurde. "Fürwahr... Manchmal sind sie schon ein wenig durchgeknallt!" Die Elbenmänner hoben wieder die Augenbrauen.

Asathil wartete förmlich darauf, Amrîl aus irgend einer Ecke hervortreten zu sehen.

"Wir müssen weiter, schätze ich," lachte Rûmil, und klopfte Haldir auf die Schulter.

Als die beiden Brüder weitergezogen waren, sah Haldir Asathil wieder mit seinem durchdringlichen Blick an.

"War das der Grund, warum ich nicht bei der Beratung zugelassen wurde?" fragte er, und klang verwirrt, obwohl sein Blick Asathil überlegen erschien.

Sie nickte. "Es war mir peinlich..." flüsterte sie, "Ich dachte, wenn die Lady Galadriel es befiehlt, würdet ihr es tun, ansonsten nicht."

"Wie recht ihr habt!!" rief Haldir, packte Asathil am Arm und zog sie wortlos mit sich.

Vor der Treppe zu ihrem Talan ließ er sie wieder los, und während die Elbin sich noch die Handgelenke rieb, zischte er: "Meine Brüder könnt ihr täuschen, mich allerdings nicht! Sagt, seid ihr ein Mensch? Ihr verhaltet euch keinesfalls wie eine unseres Volkes!! Ihr kommt ohne Grund hierher, und nehmen Rechte für euch in Anspruch, die einer Fremden nicht zustehen! Wer seid ihr?!"

Für Asathil war diese Bekundung wie ein Schlag ins Gesicht. Sie war erst einen kurzen Tag in Lothlorien, doch schon war sie gewissermaßen enttarnt.

Sie wollte gerade etwas erwidern, als Amrîl ein weiteres Mal zu ihr trat.

"Was für eine Unverschämtheit! Ich muss euch bitten, nicht so unhöflich zu unseren Gästen zu sein, Haldir, Wächter des goldenen Waldes. Die Arme hat es bestimmt nicht einfach gehabt, nicht wahr?"

Sie lächelte die verwirrte Asathil an und flüsterte ihr etwas zu.

"Die Lady sagte, das ihr an Haldir testen müsst ob wir etwas erreicht haben, er darf den Grund für euer Kommen also auf gar keinen Fall erfahren..."

Asathil's Augen weiteten sich. Sie nickte.

"Kann ich euch noch nach oben begleiten?" fragte Amrîl, und warf ihre braunen Haare über die Schulter zurück.

"Natürlich, aber..." stammelte Asathil. Es machte ihr wirklich nichts aus, da sie nach all der Aufregung nicht im Geringsten müde war, aber die Aussicht auf weitere Diskussionen mit außerordentlich gebildeten Elben war einfach zuviel für sie.

"Du fürchtest dich," stellte Amrîl fest, als sie oben in Asathil's Talan saßen. "Wovor?"

Asathil erwiderte nichts, da ihr nichts Passendes einfiel.

"Du brauchst dich nicht vor der Lady und dem Lord zu fürchten, vor uns Dreien auch nicht. Und..." Sie zwinkerte, "Auch nicht vor Haldir."

Asathil sah erschrocken drein.

"Ich fürchte mich nicht vor ihm!" beeilte sie sich zu sagen, "Aber er ist so... Ernst. Er erinnert mich nicht an die edlen Elben, die ich in Bruchtal sah, Elben, die Eindringlinge behandelten wie Gäste, die nie laut wurden, und ihre Erhabenheit ohne Worte zum Ausdruck bringen konnten... Wie konnte Haldir an einem Ort wie diesem, mit einer Herrscherin wie Galadriel... wie konnte er so werden wie er jetzt ist?"

"Die Menschen," sagte Amrîl leise, "Der Grund, warum wir Mittelerde verlassen." "Haldir hatte immer den Wunsch, Galas Galadhon so lange zu verteidigen und zu lieben, wie es bestehen würde. Jetzt aber merkt er, dass dies nicht möglich ist. Er muss loslassen und kann es nicht."

"Hmm..."

Asathil senkte den Kopf.

"Ich würde lieber nach Valinor gehen als bei den Menschen zu bleiben, die Haldir so hasst," murmelte sie, und seufzte.

Amrîl stand auf, lächelte, und zog Asathil an den Schultern nach oben.

"Stelle dich gerade auf, und sage deinen Namen," befahl sie sanft, und Asathil tat wie ihr geheißen. "Wie klingt dieser Name in deinen Ohren?" fragte die braunhaarige Elbin, und Asathil zuckte mit den Schultern.

"Schwach, denke ich," gab sie kraftlos zurück.

"Denke niemals so. Lächle, wenn du deinen Namen aussprichst. Unser Strahlen, unsere Kraft, kommt nicht von den Gewändern, die wir tragen, nicht von der Art wie wir reiten oder schießen, sie kommt von der Kraft unserer Zuversicht. Wir waren immer stolz auf das, was wir sind," erklärte Amrîl geduldig.

"Ich weiß aber nicht, was ich bin," sagte Asathil, und setzte sich wieder.

"Was wärest du gern?"

"So wie du..."

"Du wirst es schaffen, ganz du selbst zu werden."

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