Kapitel Sechs (Wieder daheim)
Als Obi-Wans Gedanken sich langsam aus der tiefen Dunkelheit lösten, fühlte er sich, als ob er einen langen Kampf hinter sich hätte. Er war so unendlich müde und sein Körper schmerzte bei der kleinsten Bewegung. Trotzdem fühlte er sich irgendwie besser, obwohl er im Moment nicht wusste, was vorher gewesen war. Ohne die Augen zu öffnen griff der junge Jedi nach der Macht, um zu spüren, was um ihn herum vorging. Er stiess auf eine Welle grosser Zuneigung und Liebe, die ihn wie eine Mutter in den Armen hielt und seine Schmerzen etwas linderte. Es dauerte eine Weile bis er sich überwunden hatte und sich zwang, die Lider zu heben. Grelles Licht stach ihm in die Augen und liess ihn blinzeln.
"Obi-Wan. Zum Glück bist du wach, ich habe mir Sorgen gemacht."
Eine helle Frauenstimme klang ihm im Ohr und etwas später beugte sich das dazugehörige Gesicht über ihn. Obi-Wan blinzelte noch mal verwirrt und wollte sich etwas aufrichten, doch da schoss ein stechender Schmerz durch seine linke Schulter und mit einem unterdrückten Stöhnen liess er sich ins Kissen zurück sinken. Lichtpunkte flimmerten vor seinen Augen und für einen Moment versank die Welt wieder in der Dunkelheit.
"Atme ruhig durch und entspann dich. Du solltest etwas vorsichtiger sein, die Wunde ist noch sehr empfindlich."
Wieder öffnete Obi-Wan zögernd die Augen und atmete tief durch. Die Lichtpunkte verschwanden und er konnte jetzt Kerinas Gesicht klar erkennen.
"Wie fühlst du dich?"
Der junge Jedi wollte antworten, aber seine Zunge war schwer und sein Hals war wie ausgetrocknet. Kerina verstand und holte ihm ein Glas Wasser, welches sie ihm behutsam an die Lippen führte. Das kühle Wasser wirkte wie Balsam auf seinen schmerzenden Hals und mit jedem Schluck fühlte er die Kraft in ihn zurückkehren.
Nachdem Obi-Wan getrunken hatte, startete er noch einmal einen Versuch, sich ein wenig aufzurichten, diesmal aber langsam und vorsichtig.
"Ich glaube, es geht mir besser."
Seine Stimme zitterte ein wenig und sie klang sehr müde, aber Obi-Wan war etwas erstaunt, dass er überhaupt etwas herausbrachte. Langsam kehrten seine Erinnerungen zurück und siedend heiss fiel ihm das Zusammentreffen mit Qui-Gon wieder ein. Versagen, Schuld und Scham überkamen ihn.
"Wo ist Meister Qui-Gon?"
Kerina hatte beobachtet, wie ein Schatten über sein Gesicht huschte und sie ahnte seinen Gedankengang.
"Ich weiss es nicht, vielleicht ruht er sich ein wenig aus, wir sind seit zwei Tagen im Hyperraum."
"Er will mich nicht mehr, stimmt's? Er hat Recht, ich verdiene es nicht, sein Schüler zu sein. Ich..."
"Hör auf, Obi-Wan! Das stimmt nicht, er hat gesagt, dass es ihm leid tut, was er gesagt und getan hat."
Kerina sah, dass er Tränen in den Augen hatte, gegen die er verzweifelt ankämpfte. Sie setzte sich zu ihm, griff nach seiner Hand und streichelte sie.
"Er liebt dich, mehr als du dir vorstellen kannst. Und er hasst sich für das, was er getan hat."
Scheu wanderten ihre dunklen Augen zu seinen Augen hinauf.
"Und er ist nicht der einzige, der dich liebt..."
In Obi-Wan bereitete sich wieder dieses schützende Gefühl von Wärme aus. Lächelnd führte er ihre Hand zum Mund und seine Lippen berührten sanft ihre Finger.
Einen Moment lang genoss Kerina diese Berührung, doch dann zog sie fast erschrocken ihre Hand zurück. Warum machte sie es sich selbst und ihm bloss so schwer? Sie hatte sich doch bereits mit ihrer Trennung abgefunden.
Verwirrt blickte Obi-Wan sie an, doch plötzlich verstand er.
"Du hast Recht, Kerina. Wir sollten damit aufhören, wir tun uns bloss selbst weh."
Der junge Jedi wollte noch mehr sagen, aber in diesem Moment ging die Türe auf und Qui-Gon trat herein. Obi-Wan zuckte unwillkürlich ein wenig zurück, worauf seine Schulter mit heftigem Schmerz antwortete.
Der Jedi-Meister hatte die Bewegung wahrgenommen und seufzte innerlich auf.
‚Was hast du nur getan, Qui-Gon?', dachte er bei sich.
Auch Kerina spürte die plötzliche Spannung und verliess leise den Raum.
Als der Schmerz etwas nachliess, schaute Obi-Wan zögernd auf, direkt in die Augen seines Meisters. Sofort blickte er wieder weg und suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Er hatte Qui-Gon so viel zu sagen, aber er konnte die Worte nicht richtig fassen.
"Du hast noch immer Schmerzen, Padawan?"
Padawan! Die geliebte Anrede war wieder da! Ermutigt blickte Obi-Wan seinem Meister in die Augen und antwortete fest: "Ein wenig, aber das ist nichts im Vergleich zu dem Schmerz, den ich euch zugefügt habe. Es tut mir so leid! Es tut mir leid, dass ich euch nicht vertraut habe. Es tut mir leid, dass ich euch enttäuscht habe und es tut mir leid, dass ich nicht ein besserer Schüler bin."
Es war raus, endlich!
Qui-Gon lächelte schmerzlich und trat näher an Obi-Wans Bett.
"Oh Padawan. Viel würde ich geben um rückgängig zu machen, was ich bei unserem Wiedersehen getan habe. Nur ein kleiner Teil des Geschehenen ist deine Schuld. Auch mir tut es leid. Dass du überhaupt in diese Lage gekommen bist und dass du dies hier durchstehen musst ist grösstenteils meine Schuld.
Du bist ein guter Schüler, du bist vielmehr als nur das für mich, ich habe dich sehr gerne und das war auch der Grund weshalb ich so verletzt reagiert habe. Du bedeutest mir sehr viel, Padawan. Wenn du noch willst, wäre ich sehr glücklich, dich weiterhin ausbilden zu dürfen."
Ungläubig hörte Obi-Wan seinem Meister zu, dann fing er sich allmählich und antwortete dann beinahe feierlich: "Ich wäre sehr glücklich, auch in Zukunft meinen Weg zum Jedi-Ritter mit euch gehen zu dürfen, Meister."
Das Lächeln des Jedi-Meisters wurde wärmer. Er setzte sich zu Obi-Wan ans Bett und rubbelte ihm sanft durchs kurze Haar. Dann wurde seine Mine wieder ernster.
"Weisst du, was mich am meisten verletzt und enttäuscht hat? Dein fehlendes Vertrauen. Ich dachte bis jetzt, dass wir über alles reden könnten und so haben mich deine Abblockungen tiefer verletzt als dein Verstoss gegen die Regeln. Diesen Verstoss empfinde ich als nicht so schlimm, denn Liebe kann wunderschön sein. Das möchte ich dir auf keinen Fall vorenthalten. So schwer es am Anfang auch sein würde, ich würde deine Entscheidung für Kerina respektieren."
"Meister, ich sehe nun auch, dass die Abschirmung mein grösster Fehler war. Ich weiss jetzt selbst nicht mehr genau, warum je an eurem Verständnis gezweifelt habe. Nicht viele Padawane haben einen solch verständnisvollen und liebevollen Meister, dafür bin ich sehr dankbar. Trotz aller Liebe zu Kerina würde ich euch nie verlassen, nie im Leben..."
Meister und Schüler schauten sich an und beide konnten bis auf den Grund der Seele des anderen sehen. Sie waren tief verbunden und sie würden es auch weiterhin bleiben.
"Meister?"
"Ja?"
"Auch Kerina bedeutet mir sehr viel und es ist schwierig, eine Wahl zu treffen, da das eine das andere ausschliesst. Es ist wie bei der Sonne und beim Mond. Beide haben wundervolle Seiten, aber sie können nicht gleichzeitig nebeneinander existieren. Ich habe mich für euch entschieden, nicht wegen meiner Zukunft als Jedi-Ritter, sondern nur wegen euch. Ihr seid mein Vater und die Person, die mir am meisten bedeutet."
"Ich danke dir für dein Vertrauen, Padawan. Ich hoffe, ich kann deinen Anforderungen auch weiterhin gerecht werden."
"Wenn ihr so weitermacht wie bisher, werdet ihr mich nie enttäuschen."
Auf einmal fühlte sich Obi-Wan sehr erleichtert. Es tat so gut, wieder bei Qui-Gon zu sein, er fühlte sich bei ihm so sicher und verstanden. Würde er ihm aber je das bieten können, was Kerina ihm gegeben hatte? Würde er überhaupt leben können ohne ihre Zuneigung und Anwesenheit? Würde er je wieder Derselbe sein wie zuvor? Nein, das ganz sicher nicht. Aber diese Änderung war nicht unbedingt negativ. Er hatte das Gefühl, ein ganzes Stück gewachsen und erwachsener geworden zu sein. Aber seine Erfahrungen hatte er mit viel Schmerz und Leid bezahlt. Und noch lag ein langer Weg vor ihm.
Mit der Erleichterung kam auch die Müdigkeit zurück und Obi-Wan fühlte, wie auch die Schmerzen wieder zugenommen hatten.
Qui-Gon merkte, dass sein Padawan erschöpft war und dass er Ruhe brauchte.
"Ich bin froh, dich wieder bei mir zu haben. Ruhe dich jetzt aus, Padawan, Schlaf wird dir gut tun."
Obi-Wan nickte müde, aber glücklich, und nur einige Augenblicke später war er bereits eingeschlafen.
Als Obi-Wan das nächste Mal die Augen aufschlug, stand Qui-Gon neben seinem Lager und ein sanftes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht seines Meisters aus. Qui-Gon spürte, dass sein Schüler stärker geworden war. Obi-Wan hatte die Schmerzen akzeptiert und hatte damit schon einen grossen Schritt Richtung Besserung getan.
"Wir haben es bald geschafft, Padawan. In wenigen Minuten werden wir Coruscant erreichen."
Der junge Jedi schenkte seinem Meister ein dankbares Lächeln, dann sah er zu Kerina herüber, welche schweigend und in Gedanken versunken auf einem Stuhl in einer Ecke sass. Er wunderte sich, weshalb Kerina noch nichts gesagt hatte und sie ihm nicht einmal einen Blick zugeworfen hatte. Plötzlich traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag. Lorino und Teani! Wegen seinen Verletzungen und seinen eigenen Problemen mit Qui-Gon hatte er Kerinas Familie ganz vergessen. Augenblicklich stieg die Hitze in seinen Kopf und er fühlte sich schuldig.
"Gib die Hoffnung nicht auf! Wir werden schon einen Weg finden, Lorino und Teani zu befreien", versuchte er Kerina ein wenig Trost zu spenden.
Als sie seine Stimme hörte, schaute Kerina auf. Ihr Blick war traurig und in ihren Augen spiegelte sich Verzweiflung.
"Das hoffe ich auch, ich weiss sonst nicht, wie mein Leben weiter gehen soll. Es ist so viel geschehen in solch kurzer Zeit, die Ereignisse haben mich geradezu überrannt."
"Wir werden dir helfen, auch wenn der Rat gegen uns ist. Verida ist zwar nicht in der Republik, aber wir werden nicht zulassen, dass die Organisation weiterhin über der Gerechtigkeit steht. Die Probleme, die sie verursacht, gehen nämlich nicht nur deinen Heimatplaneten etwas an", versuchte Qui-Gon Kerina noch einmal zu überzeugen. Er wollte seine Stimme entschlossen klingen lassen, aber Kerinas zweifelnder Blick sagte ihm, dass er wohl nicht halb so entschlossen geklungen hatte, wie er es gerne gehabt hätte.
Tatsächlich gab es einige Probleme mit der Befreiung von Lorino und Teani. Ihr Besuch auf Verida war kein Auftrag des Rates gewesen, streng genommen hatten sie gar nicht das Recht gehabt, dort zu sein. Es würde schwer werden, dem Rat zu erklären, was sie dort zu suchen gehabt hatten, geschweige dann um Hilfe für Kerinas Familie zu bitten. Qui-Gon würde Kerina helfen, egal was der Rat sagte und auch Obi-Wan wäre sicherlich bereit, ihr zu helfen sobald es ihm wieder besser ging.
Der Jedi-Meister hatte Kerina lieb gewonnen. Während sein Schüler bewusstlos gewesen war, hatten sie lange miteinander gesprochen und er schätzte ihr freundliches und intelligentes Wesen. Beim Gedanken an seinen Padawan drehte er sich wieder zu ihm und schaute ihn an. Dieser erwiderte seinen Blick und der Jedi-Meister spürte trotz der momentanen Schwäche Obi-Wans die Entschlossenheit, die sich hinter seinen blau-grün schimmernden Augen verbarg.
Das Schiff steuerte auf den Raumhaufen zu und landete schliesslich mit einem sanften Ruck.
Qui-Gon hatte bereits vorher den Jedi-Rat kontaktiert und nach Heilern gefragt. So warteten zwei Heiler auf dem Flugplatz von Coruscant auf ihre Ankunft. Sobald das Schiff gelandet war, kamen sie herein und bahnten sich ihren Weg zu Obi-Wan. Dieser fühlte bereits, wie sie sich durch die Macht zu ihm hindurch tasteten und so öffnete er sich ihnen, damit sie seine Verletzungen schneller erkannten. Er spürte auch, wie sich eine kühle Hand auf seine Stirn legte. Von der Hand ging eine grosse Kraft aus und augenblicklich durchströmten ihn Ruhe und Linderung. Entspannt schloss der junge Jedi die Augen, während die Heiler leise miteinander sprachen und ihn schliesslich aus dem Raumschiff hinaus trugen.
Qui-Gon, Kerina und Keraf, welcher das Schiff fast während der ganzen Zeit geflogen hatte, traten nach den Heilern ins Freie und folgten ihnen. Kurze Zeit später tauchte der vertraute Umriss des Jedi-Tempels zwischen den hell erleuchteten Wolkenkratzern auf.
Schweren Herzens verliess Qui-Gon seinen verletzten Schüler und machte sich auf den Weg zum Rat. Eine Erklärung für das Vorgefallene war unausweichlich, aber dafür liess er Kerina und Keraf bei Obi-Wan zurück.
Der Jedi-Meister atmete tief durch und strich mit einer nervösen Bewegung seinen Umhang glatt, dann trat er in den Saal, wo bereits alle Mitglieder des Rates versammelt waren. Er spürte die Macht, die in diesem beeindruckendem Raum mit hoher Intensität gebündelt war nicht zum ersten Mal, aber er wurde immer wieder davon überwältigt. Es schien, als wäre die Macht von jedem Mitglied mit der Macht von allen anderen verbunden und der ganze Saal schien verknüpft und verflochten zu sein durch diese Verbindung. Und in der Mitte, und somit im Zentrum der verflochtenen Macht, stand er nun und alle Augen waren auf ihn gerichtet.
"Wieder einmal nicht an die Regeln gehalten du dich hast. Damit andere Personen in Gefahr gebracht du hast. Was genau auf Verida geschehen ist?"
Meister Yoda sah Qui-Gon mit einem leisen Vorwurf an und in seiner Stimme schwang ein tadelnder Ton mit. Der Jedi-Meister fühlte sich unbehaglich unter all den wachsamen Augen des Rates, dennoch richtete er sich zu seiner vollen, beachtlichen Grösse auf und fing mit ruhiger Stimme an zu erzählen, was alles auf Verida geschehen war.
Kerina schritt neben Keraf einen langen Gang im Jedi-Tempel herab. Dieses immense Gebäude und die vollkommene Stille schüchterten sie ein wenig ein und sie kam sich unendlich klein und bedeutungslos vor.
Vor ihr gingen die zwei Heiler mit der Bahre, auf der Obi-Wan lag. Er schlief, wahrscheinlich hatten sie ihm ein Beruhigungsmittel verabreicht. Sein Gesicht war entspannt und das erste Mal seit ihrer Flucht von Verida war darauf kein Schmerz, sondern nur eine tiefe Ruhe erkennbar.
Schliesslich kamen sie in der Heilung an und Kerina und Keraf wurden angewiesen, im Wartesaal zu bleiben während Obi-Wan untersucht und behandelt wurde. Kerina schaute zu Keraf hinüber und bemerkte, dass sein Gesicht nachdenklich und in Gedanken versunken war. Es schien ihr, als ob er nicht das erste Mal hier im Tempel war und dass ihn irgendeine Erinnerung gefangen hielt. Sie fragte nicht danach, denn sie ahnte, dass er es ihr von sich aus erzählen würde, wenn er dazu bereit wäre. Tatsächlich löste sich sein Blick nach einer Weile von dem Punkt im Nichts, auf den er bis jetzt gestarrt hatte, und er schaute Kerina an.
"Ich wohnte auch eine Zeit lang hier, ich war ein Jedi-Padawan, so wie es Obi-Wan jetzt ist. Obwohl ich mich schlussendlich für das Leben als Ehemann und Familienvater entschieden habe, vermisse ich manchmal mein früheres Leben. Ich habe ganz vergessen, wie faszinierend diese sanfte, beruhigende Stille und die Erhabenheit des Tempels ist. Es ist ein schöner Ort voller Ruhe und Frieden."
Auch Kerina war überwältigt von der Ausstrahlung des Tempels und auf einmal verstand sie besser, woraus die Jedi ihre innere Ruhe schöpften. Dies hier war ein Ort, wo man immer gerne zurück kehrte und wo man sich geborgen fühlte.
In dem Moment trat eine Heilerin zu ihnen und führte sie zu Obi-Wans Zimmer. Mit Freude sah Kerina, dass der junge Jedi wach war und sie noch ein wenig benommen anlächelte. Seine Wunden waren mit Bacta behandelt worden, welches die Verletzungen schnell und ohne Narben heilen liess.
Obi-Wan schaute an Kerina und Keraf vorbei, als ob er erwartete, dass noch jemand das Zimmer betreten würde. Dann runzelte er die Stirn und blickte Kerina fragend an.
"Wo ist Qui-Gon?"
"Er ist beim Jedi-Rat, er muss berichten, was geschehen ist."
Obi-Wan verzog das Gesicht und meinte mitleidig: "Oh, der Arme! Der Rat wird ihn auseinander nehmen, wenn er erfährt, dass Qui-Gon schon wieder gegen die Regeln verstossen hat und dass sein Schüler ihm in dieser Sache eifrig folgt."
Der junge Jedi schaute Kerina an und grinste breit. Auch Kerinas Lippen umspielte ein Lächeln und das Glitzern in ihren Augen, welches er so an ihr mochte, war wieder zurück gekehrt.
"Was heisst denn hier ‚schon wieder'?", fragte Kerina harmlos.
Keraf versuchte ein Grinsen zu unterdrücken, aber es gelang ihm nicht. Er kannte Qui-Gon gut und schon früher, in ihrer Padawan-Zeit, hatte sein Freund nicht gerade selten die Regeln gebrochen. Keraf tauschte einen amüsierten Blick mit Obi-Wan und antwortete dann: "Qui-Gon hat nur so eine Angewohnheit, jegliche Anweisungen des Rates zu missachten und sämtliche Regeln zu brechen!"
"Jetzt übertreibst du aber!", verteidigte Obi-Wan lachend seinen Meister. "So schlimm ist es nun auch wieder nicht, in gewissen Situationen vertraut er halt lieber sich selbst, als den Anweisungen. Auf jeden Fall beneide ich ihn nicht um seine ‚Verhörung' vom Rat. Zum Glück bin ich noch zu schwach für so etwas..."
In der letzten Bemerkung sank er seine Stimme zu einem theatralischen Flüstern und sein Gesicht nahm einen übertriebenen leidenden Ausdruck an.
Kerina lachte und erwiderte dann fröhlich: "Schön zu sehen, dass es dir wieder besser geht, Obi-Wan. Es ist bloss merkwürdig, dass du gestern noch keine solchen Witze gemacht hast."
Obi-Wan hielt es für besser, zu schweigen, aber das lebendige Funkeln in seinen Augen blieb.
Sie blieben noch eine Weile bei ihm und warteten darauf, dass auch Qui-Gon noch zu ihnen stossen würde. Aber dieser kam nicht und schliesslich betrat ein Heiler das Zimmer und sagte ihnen, dass Obi-Wan jetzt Ruhe brauchte. Tatsächlich fühlte sich der junge Jedi schon wieder müde. Er hätte es zwar nie zugegeben, aber er war froh darüber, sich ausruhen zu können.
"Leider muss ich noch ein paar Tage hier bleiben, haben die Heiler gesagt. Ihr könnt jemanden von ihnen nach einer Unterkunft für euch fragen, sie haben bestimmt schon etwas für euch vorbereitet. Und kümmert euch um Qui-Gon, er wird nicht gerade bester Laune sein", sagte Obi-Wan und blinzelte, um die Müdigkeit zu vertreiben.
Kerina nickte und ging dann mit Keraf zusammen zur Tür. Bevor sie heraustrat, drehte sie sich noch einmal um und bemerkte mit einem Lächeln, dass Obi-Wan bereits eingeschlafen war.
Als Kerina und Keraf auf den Gang hinausgetreten waren und sich nach einem Heiler umsehen wollten, kam Qui-Gon auf sie zu. Sein Gesicht trug seinen stets ruhigen Ausdruck, aber dennoch spürten sie, dass er verärgert war.
"Wie geht es Obi-Wan?", fragte der Jedi-Meister und machte Anstalten, das Zimmer zu betreten. Kerina hielt ihn leicht am Arm zurück und antwortete: "Es geht ihm gut, aber er schläft gerade. Er schien ziemlich müde zu sein und es wäre besser, wenn er jetzt Ruhe bekäme."
Qui-Gon hielt inne, öffnete dann aber trotzdem leise die Tür und spähte ins Zimmer. Er erblickte die friedliche Gestalt seines schlafenden Padawans und wieder überkam ihn diese väterliche Liebe und er konnte sich gerade noch zurückhalten, Wellen der Zuneigung zu seinem Schüler zu senden. Es war jetzt wirklich besser, ihn ruhen zu lassen. Er schloss die Tür vorsichtig wieder und ging zusammen mit Kerina und Keraf zu einem Heiler, der ihnen den Weg zu ihren Unterkünften wies.
Kerina ging hinter dem grossen Jedi und versuchte, sich seinem weit ausgreifendem Schritt anzupassen und an seine Seite zu gelangen. Sie brannte darauf, die Neuigkeiten zu erfahren, welche er von Rat brachte. Da er keine Anstalten machte, von sich aus zu erzählen, fragte sie ihn schliesslich ungeduldig: "Was wird der Rat nun in meiner Angelegenheit tun? Werde ich Hilfe für meine Familie erhalten?"
Qui-Gon hatte diese Fragen erwartet, dennoch fiel es ihm schwer, darauf zu antworten.
"Der Rat war alles andere als begeistert von unserer Aktion auf Verida. Sie waren der Meinung, dass wir nicht das Recht gehabt hätten, in eure Geschehnisse einzugreifen. Sie sind auch nicht gewillt, vorläufig etwas gegen die Organisation zu unternehmen. Ich habe versucht, ihnen zu erklären, dass die Machenschaften der Organisation weiterreichende Folgen haben, die nicht nur Verida betreffen. Der Rat hat Ermittlungen in diesem Fall angeordnet, aber es kann sehr lange dauern, bis endlich etwas geschieht - zu lange. Die Organisation ist zu professionell, als dass sie sich so einfach etwas nachweisen lassen würden.
Ausserdem", fügte Qui-Gon nach einer kurzen Pause mit ärgerlicher Stimme hinzu, "wurden Obi-Wan und ich zu etwas verknurrt, das nahe an Hausarrest heranreicht. Der Rat hat gesagt, dass wir vorläufig auf keine Mission geschickt werden, da wir mit unserem ‚fahrlässigen Fehlverhalten' ein beträchtliches Risiko eingegangen seien. Im Moment beeinträchtigt uns das nicht gross, Obi-Wan wird noch einige Zeit brauchen, um in seine frühere Verfassung zu gelangen."
"Das heisst also, dass wir von Seiten des Rates keine Unterstützung erwarten dürfen und wir zum Nichtstun verurteilt sind", fasste Kerina niedergeschlagen zusammen.
"Es tut mir leid, Kerina. Es schmerzt mich, mit ansehen zu müssen, wie kostbare Zeit verloren geht. Aber wir werden in der Zwischenzeit nicht untätig sein. Wir müssen einen genauen Plan heraus arbeiten und alle unsere Schritte gut überdenken. Auch Obi-Wan wird sich anstrengen, so schnell wie möglich wieder gesund zu werden. Wir dürfen allerdings seine Gesundheit nicht aufs Spiel setzen und alleine werde ich es nicht schaffen."
Kerina schaute Qui-Gon tief in die Augen und entgegnete dann: "Nichts liegt mir ferner als das."
Der Jedi-Meister erwiderte ihren Blick und legte ihr in einer vertrauten Geste die Hand auf die Schulter.
"Das weiss ich. Geht jetzt und ruht euch aus, wir werden noch genügend Gelegenheiten haben um miteinander zu sprechen."
Qui-Gon liess sie vor ihren Zimmern alleine und machte sich auf den Weg zu seinem Quartier.
TBC
