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Rote Vögel

#Teil II - Tränen des Schicksals


Sie rannte. Rannte durch unbekannte Wälder, große und bedrohliche Bäume rauschten an ihr vorbei.
Alles war in ein so helles Licht getaucht, dass ihr Tränen in die Augen stiegen und sie acht geben musste nicht über eine der zahlreichen Wurzel zu stolpern.
Kein vertrautes Geräusch war zu hören, kein Vogelgezwitscher und kein entferntes Rauschen eines Flusses...




Es war später Abend als Galadriel und ihre fünf Begleiter weiterzogen. Ihr Reiseziel war Oropher, der König des Düsterwaldes. Galadriel verabschiedete sich von den Bewohnern Pelthaes und gab ihnen ihren Segen.

Ein letztes Mal wandte sie sich zu Eithel und sprach: "Du erinnerst dich noch an das, was ich dir sagte, heute morgen?" Eithel nickte leicht und Galadriel fuhr fort: "Im estel le coeliaor hen pith."

Die beiden Frauen schauten sich wieder tief in die Augen, bis Galadriel sich zu Aduial wand, die die ganze Zeit interessiert und neugierig neben den beiden gewartet hatte.

"Und du kleine Aduial, pass schön auf dich auf!" sprach Galadriel und lächelte Aduial zärtlich an. "Ich denke du wirst heute Nacht einen schönen zwanzigsten Geburtstag feiern und es ist Sitte unseres Volkes, dass ich dir etwas schenke. Jedoch besitze ich nichts was für dich von Wert seien könnte - jedenfalls jetzt noch nicht!" und Galadriel hob die Hand um ihre Worte zu unterstreichen.

Aduial konnte nur nicken, sie zu hatte zu große Ehrfurcht vor der Hohen Frau aus Lórien.

Galadriel beugte sich vor um sich mit Aduial auf gleicher Augenhöhe zu befinden. "Ich freue mich jetzt schon auf unser Wiedersehen, auch wenn es von Dunkelheit überschattet werden wird.
Namarië Aduial!" und Galadriel gab ihr einen Kuss auf den Haaransatz, bestieg ihr Pferd und ritt mit ihren fünf wartenden Gefolgsleuten weiter.

Aduial sah ihr lange nach und erst als Eithel sie sanft mit sich zog, schreckte sie wieder aus ihren Gedanken auf.

Während Mutter und Tochter gemütlich unter sternenklarem Himmel nach Hause schlenderten, viel es Aduial wieder ein:
"Naneth, was hatte dir Galadriel gesagt? Was meinte sie mit ihren Worten zu dir?"

Eithel kam nicht umhin ihrem Gesicht, trotz der traurigen und verzweifelten Stimmung, ein Lächeln zu verleihen. Ihre Tochter entgang aber auch nichts, sie schien genauso aufgeweckt wie ihr Vater es gewesen war.

"Sag schon Naneth!" drängte Aduial weiter. Eithel drückte aber nur die Hand ihres einzigen Kindes und strich ihr dann gedankenversunken eine Strähne ihres Haares aus dem Gesicht.

"Naneth! Du weinst ja!" Aduial schaute ihre Mutter erschrocken und besorgt an. Eithel konnte ihr nichts erwidern und drückte ihre Tochter einfach ganz fest an sich, während ihr tiefliegende Schluchzer entwichen.
Aduial ließ es mit sich geschehen und versuchte scheu zu ihrer in Tränen aufgelösten Mutter aufzusehen.

Da standen sie nun. Ungezählte Minuten strichen dahin und Eithel klammerte sich immer noch krampfhaft an ihre Tochter.



"Es ist bald soweit, Herr! Die Menschen und ein paar informierte Elben rüsten bereits für den Krieg, meine Späher haben sie beobachtet!"

"Gut... es wird also bald der Tag gekommen sein, an dem ich Mittelerde unter meine Gewalt gebracht habe."

"Ja mein Herr!



Tarawien hörte wie jemand in sein Arbeitszimmer trat, auch ohne sich umzusehen, wusste er sogleich wer es war.

"Papa?" - Luinilwen.

"Ich... ich wollte mit dir noch einmal wegen heute morgen reden."

Langsam drehte sich Tarawien um und sah wie seine Tochter betreten zu Boden schaute.
Eine peinliche Stille trat ein, keiner der beiden wollte den nächsten Schritt wagen.

"Hmm... ich glaube, Luinilwen, dass wir beide einfach ein wenig Abstand voneinander brauchen. Schließlich ist das nicht das erste Mal, dass wir uns wegen einer solchen Lappalie streiten." - Tarawien fuchtelte dramatisch mit seinen Händen hin und her und Luinilwen musste sich ein Grinsen verkneifen - "Ich denke wirklich das wir eine Zeit lang unsere eigenen Wege gehen sollten!"

Luinilwen sah Tarawien finster an und ihr lang zurückgehaltener Zorn brach aus ihr heraus:
"Du meinst wohl von Mama und mich?!"
"Luinilwen ich weiß nicht was..."
"Das weißt du ganz genau! Ich habe euch doch beobachtet, habe gesehen wie gekünstelt ihr miteinander umgeht und vor ein paar Tagen habe ich Mutter weinen gehört!"
Immer blasser werdend hörte Tarawien seiner sich in Rage redende Tochter zu. Er konnte zu ihren Anschuldigungen nichts sagen. Tarawien sah wie Luinilwen vor Wut den Tränen nah war, er spürte wie es aus ihr herausdrang, wie etwas lang Verdrängtes.

Níniel war unbemerkt von Vater und Tochter in den Raum eingetreten und hatte mit Entsetzen die letzten Worte ihrer wutentbrannten Tochter Luinilwen mitgehört. Níniel sah wir ihr Mann sein Kind hilflos anstarrte und nichts erwidern konnte.

"Es hat alles seinen Grund und seine Richtigkeit, Luinilwen."
Erschrocken sah diese sich um und erblickte das Gesicht ihrer Mutter, auch Tarawien hatte Níniel entdeckt und kämpfte immer mehr um seine Fassung. Nervös knetete er seine Hände als abermals eine peinliche Stille den kleinen Arbeitsraum beherrschte.

Luinilwen hatte beobachtet wie sich die Gesichtszüge ihres Vaters verhärtet hatten und seine Augen kalt worden, als ihre Mutter gesprochen hatte.

"Ich werde dann mal einen Spaziergang durch den Wald machen." meinte Tarawien angespannt in die grausame Stille sprechend, mit einer flüchtigen Handbewegung fügte er hinzu: "Steine und andere Materialien für meine Arbeiten sammeln." Mit dieser lapidaren Begründung durchquerte er das kleine Zimmer und ging hinaus. Mit einem geräuschvollen Knall hörten die beiden verbliebenen Elben die zarte Haustür zuschlagen.

Luinilwen beobachte wie ihre Mutter ein unkontrollierbares Zittern erfasste und sich hastig mit ihren Händen über die müden Augen fuhr.

Níniel versuchte dem forschen Blick ihrer Tochter mit einem Lächeln zu begegnen, was aber nur recht gequält und mühsam gelang. Sie spürte wie sie kaum noch ihre Tränen zurückhalten konnte, doch sie wollte nicht noch mehr Schwäche ihrer Tochter gegenüber preisgeben und so drehte sie sich um und verließ wie ihr Mann zuvor, fluchtartig das Zimmer.

'Man sind DIE feige! Wollten nicht mal mit ihrer eigenen Tochter darüber reden!' Luinilwen wollte vor Wut mit ihrem rechten Fuß aufstampfen, doch stattdessen merkte sie, wie auch ihr Tränen in die Augen traten.

'Oh verdammt!' war Luinilwens letzter klarer Gedanke bevor sie zitternd und weinend auf die Knie sank.



Kurze Zeit später

"Caran!"

Der Gerufene drehte sich schlagartig um und sah seine Mutter fragend an. "Was ist?"
"Wolltest du nicht zu Aduial's Geburtstagsfeier gehen? Wenn ja, dann solltest du wirklich langsam aufbrechen!"
"Ja Mama." antwortete Caran nicht ohne die Augen zu rollen.

"Hast du denn ein Geschenk für das Geburtstagskind?" Caran verstand nicht mal die Hälfte von dem, was seine Mutter sagte, denn sie war begeisterte Bildhauerin und beschäftigte sich in diesem Moment besonders eingehend mit ihrer derzeitigen Arbeit. "Wie bitte Mama?" fragte Caran deshalb sicherheitshalber gegen den Lärm anschreiend, nach.

"WAS?!? Du hast nichts für sie?" Seine Mutter ließ entsetzt ihre Hände samt Mörtel sinken und sah ihn eindringlich an.
"Also Caran, das hätte ich nicht von dir gedacht! Du darfst dir bei mir ja vieles erlauben, aber du weißt wie schwer ich es hier habe! Was denken die Leute jetzt erst von mir, wenn ich meinen eigenen Sohn zu einer Geburtstagsfeier OHNE Geschenk schicke!!!"

"Mama! Beruhige dich doch wieder! Ich habe dich doch nur nicht verstanden bei diesem Geräuschpegel hier!" Entgegnete der Sohn seiner entrüsteten Mutter, diese beruhigte sich tatsächlich wieder und nahm wieder ihre Arbeit auf.

Caran wusste was für ein hartes Los seiner Mutter zuteil war. Sie war keine "Ureinwohnerin" des Dorfes, sie stammte aus dem einem Dorf in den Eisenbergen. Schon immer hatte sie in Pelthaes gegen Vorurteile gegen ihre Person zu kämpfen gehabt, nicht zuletzt das sie allein sthend war. Carans Eltern hatten sich schon vor seiner Geburt getrennt und seine Mutter musste sich alleine durch's Leben schlagen. Deshalb hatte sie sich wahrscheinlich auch eine äußerst burschikose Art zu eigen gemacht.
Doch trotz allem vergötterte Caran seine Mutter, sie war selbstbewusster als die anderen Elbinnen, hatte ihre eigenen Ziele und Verpflichtung.
Ja, Caran war wirklich stolz auf sie.

Caran begann das Thema seiner Philosophie zu beobachten, wie sie sich wieder in ihre Arbeit vertieft hatte und gegen äußere Einflusse immun war.

"Was schenkst du ihr eigentlich?" fragte sie plötzlich, das Gespräch wieder aufnehmend.



Aduial rannte von Zimmer zu Zimmer und versuchte ihre immer stärker werdende Nervosität abzubauen.

Immer packte Aduial dieser fiebrige Zustand an diesem Tag, den sie erst nach Beendigung des Geburtstagszeremoniells los wurde. Was würde sie nur alles bekommen?

Aduial stürmte wieder auf den Flur und rannte fast die ihr entgegen kommende Luinilwen um.

"Lui?" "Adu!" und die beiden Freundinnen fielen sich zur Begrüßung um den Hals.
"Ich hab' dich heute noch gar nicht zu Gesicht bekommen!"
"Ist doch alles halb so wild. Schließlich hast du heute Geburtstag!" und während Luinilwen das sagte, huschte ein dunkler Schatten über ihr Gesicht, doch Aduial bekam davon nichts mit, sie war inzwischen weitergerannt um die Ankunft weiterer Gäste zu sehen.

'Das kann heute abend noch heiter werden!' dachte Luinilwen und rannte ihrer unter stressstehenden Gastgeberin so schnell sie ihre Beine trugen, hinter her.

"Caran! Alter Freund!" rief Aduial ihrem dazugekommenen Gast sarkastisch zu und bequemte sich ihn mit offenen Armen zu entfangen.
"Selten so herzlich begrüßt worden, liebste Aduial! Ach! Da kommt ja schon unsere holde Luinilwen angeschwebt!" Angeschwebt war wohl der falsche Ausdruck um zu beschreiben wie Luinilwen angestampft kam, dementsprechend warf sie ihrem morgendlichen Korbpeiniger einen finsteren Blick zu.
"Na dann, ich muss weiter!" meinte Aduial, den finsteren Blick Luinilwens missachtend und lief wieder ins Haus.

'Schön wie du dir den Hals gerettet hast!' dachte Luinilwen verärgert.

"Lui, alte Kumpeline, verzeih' mir meinen Ausrutscher heute morgen! Bitte!" wagte Caran den ersten Schritt in Richtung Versöhnung, doch Luinilwen sah den alten Schalk in seinen grünen Augen blitzen. "Ach, du!" und sie stemmte ihren rechten Arm in die Hüften, während sie ihm mit drohender Faust vor der Nase herumfuchtelte.



"AAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHHH!!!!!!!!!!!!!"

Ein markerschütternder Schrei durchschnitt die kalte Nacht.
"RENNT! FLIEHT!" schrie eine hysterische Stimme und augenblicklich schauten ein paar verwunderte Elben aus den Fenstern ihrer Häuser und schauten verwirrt auf die Straße. Dann sahen sie es... besser gesagt ihn...

Ein Elb mit zerissener Kleidung stolperte aus dem angrendzenden Düsterwald, das Gesicht schmerzverzerrt und schrie sich die Seele aus dem Leib.
"ORKS!" kreischte er mit letzter Kraft und brach dann mitten auf dem Dorfplatz zusammen - in seinem Rücken steckten drei Pfeile. Orkpfeile.

Es war Tarawien, Luinilwens Vater, der tot auf dem Platz lag.

Vereinzelte Elben stürmten aus ihren Häusern und begannen sich langsam panisch umzusehen. Eine plötzliche Furcht ergrief sie.
Auf einmal rasten Massen nach allen Richtungen, immer mehr strömten hastig und drängend nach draußen. Manche griffen nach ihren Waffen und schossen blind und unsicher in den schwarzen Wald.

Nach wenigen schrecklichen Sekunden füllte sich die Luft mit fürchterlichen Geschrei und die Dunkelheit offenbarte die Angreifer.
Orks zu Hunderten strömten in das kleine Handelsdörfchen und verwüsteten alles, auf dass sie stießen.

Sie schossen mit Feuerfeilen auf die luftig und zart gebauten Häuser der Elben, sie fingen Feuer und fielen wie aus Pergament gebaut zusammen; die Orks stachen Elbenfrauen und ihre Kinder vor den Augen ihrer geschockten Männer nieder.
Die Elben von Pelthaes waren für solch einen Angriff nicht gerüstet. Nur Wenige beherrschten das Kriegs- und Waffenhandwerk und so war es für die angreifenden Orks ein leichtes sie niederzumetzeln, da sie auch deutlich in der Überzahl waren.

In ganz Grünwald sah man die Flammen des Feuers, die hochzüngelten und hungrig Büsche und Bäume verschlangen.



Diese grausame Nacht ging in die Geschichte der freien Völker Mittelerdes ein, als 'Erynaur amarth' - 'Waldfeuer des Verderbens'.
Dieser Angriff war einer der blutigsten und der erste der Orks in diesem Zeitalter. Es sollte nicht der Letzte sein und mit ihm begannen die Elben sich abermals zu schwören, die Orks für immer zu hassen und zu vernichten.

Das Feuer wurde von einem kurzen, heftigen Regenschauer gelöscht und somit größere Vernichtung der Wälder Grünwaldes nicht möglich.

Diese Nacht überlebten nur siebenundzwanzig von etwa zweihundert Elben in Pelthaes, sie waren über den Celduin mit ihren dort festgeankerten Booten entkommen.