Disclaimer : Wie immer - Ich = keine Rechte

Rote Vögel

#Teil IV - Missverständnisse und Suche


Sie rannte weiter, ohne sich ein einziges Mal umzusehen.

Plötzlich war der Wald von schaurigen Rufen erfüllt. Sie wusste von wem sie stammten und was es für sie bedeutete.
Ihr Lauf wurde hastiger und ihre Schritte raumgreifender.
SIE durften sie nicht finden! Nein! Das wäre das Ende.

Auf einmal stolperte sie über eine der zahlreichen Wurzeln und verlor den Halt unter ihren Füßen, verzweifelt versuchte sie sich mit den Händen aufzufangen. Doch sie stürzte immer tiefer und tiefer und wurde in einen Strudel von vergangen und kommenden Zeiten gerissen. Viele tausende Jahre sah sie vorüber ziehen und tausende Gefühle drangen auf sie ein.

Sie landete unsanft auf der bräunlich gefärbten Erde. Seltsam roch es, so ungewohnt...
nach Blut!
Schnell blickte sie auf und was sie sah, ließ sie für einen Moment den viel zu schnell gehenden Atem stoppen.

TOD.




"Überall Schreie... überall Blut... Leichen...
So ein gräßlicher Gestank... Ich hatte Angst eure Hoheit! So grausame Angst...
sie lähmte mich so... und doch habe ich überlebt..."

Eithel begann immer mehr zu stocken, bis ihre schmerzerfüllte Stimme gänzlich abbrach und sie mit einem Tuch vor den Mund, auf ihrem Stuhl erregt hin und her wippte.

Der große und schlanke Elb, Oropher - ihr Gegenüber - musterte sie eingehend.
Diese Elbe war eine der hübschen, jungen Waldelben, mit ihren langen, braunen und welligen Haar und den grünen Augen. Doch sie hatte ein ungewöhnlich zierliches Gesicht und ihre Haut war sehr blass, was auch an der aktuellen Situation liegen konnte.
Sie schien etwas Besonderes zu sein, denn die Herren Lóriens pflegten eine enge Freundschaft zu der Elbe.

Wieso? Oropher wusste es nicht.

Eithel studierte den Elbenkönig wie er es mit ihr tat.
Warum schwieg er nur? Hatte sie irgendetwas Unhöfliches gesagt? Vielleicht sollte sie sich entschuldigen, obwohl sie nicht einmal wusste wofür.

Eithel räusperte sich vorsichtig und leise, doch für einen Elb hörbar, sodass der König aufschreckt und sein Blick - eben noch weit in die Ferne gerichtet - fixierte Eithel abermals.

"Entschuldigen Sie, Hoheit!
Aber habe ich irgendetwas Falsches gesagt?" fragte Eithel vorsichtig.

"Nein natürlich nicht..." sagte Oropher hastig, "Ich war nur in... Gedanken!
Entschuldigen Sie mein Verhalten, bitte!"

Eithel nickte schnell und eine beklemmende Stille trat ein.

Bis Oropher das Wort ergriff : "Sie haben Schreckliches durchmachen müssen... doch ich kann nichts weiter für ihre geplagte Seele tun als dass sie doch bitte in die Eingangshalle des Palasts wieder zurück gehen mögen und sich an Narwain, der Elb der gerade Aufsicht hat wenden und ihm sagen, dass ich ihnen aufgetragen habe ihm Auszurichten dass er ein eigenes Zimmer für sie herrichten lässt."

"Danke sehr, mein König! Doch ich habe noch eine Tochter unter den Überlebenden..."
"Für sie haben wir selbstverständlich auch ein Zimmer!" unterbrach Oropher Eithel's Ausführungen. Er hatte an diesem Tag noch viel zu tun und durfte sich nicht lange mit einem seiner Termine aufhalten.

Eithel, die den abschließenden Ton in Oropher's Stimme hörte antwortete abermals "Danke Hoheit" und verließ dann das Zimmer.

Oropher lehnte sich kurz zurück, er musste seine vielen Gedanken noch schnell ordnen.

Er schreckte auf, als sich plötzlich leise die Tür öffnete und sein Sohn herein schaute.

Oropher konnte sich ein glückliches und stolzes Lächeln nicht verkneifen.



Aduial stolperte Sûlion mühsam hinter her, er hatte einen sehr schnellen und zügigen Schritt eingelegt, sodass sie ihm fast nachrennen musste.

"Wohin führst du mich den überhaupt?" fragte sie die Frage schon zum sechsten Mal stellend, entnervt. Aber diesmal bekam sie eine Antwort, wenn auch nicht eine die sie in Betracht gezogen hatte.

"Direkt zum König!" und Sûlion lächelte sie an, als Aduial vor Überraschung stehen geblieben war und ihn mit leicht offen stehenden Mund anstarrte.

Auch wenn ihre Augen nicht mehr von einem zarten Schleier überzogen waren, er machte sich immer noch Sorgen um sie. Die Elbe musste wahrlich Schreckliches erlebt haben, das war Sûlion sich sicher und er wollte den König über sie informieren oder vielleicht traf er auch dessen Sohn, auf dessen Freundschaft zu ihm, Sûlion besonders stolz war.

Sûlion brannte eine Frage auf der Zunge und stellte sie erst nach kurzem Überlegen :
"Hast du irgendwo noch lebende Verwandte?" fragte er vorsichtig. Zu seinem Glück und seiner Freude, nickte Aduial. Ihre Familie lebte also noch oder zumindest ein Teil.

"Meine Mutter, Eithel, sie ist in der Halle wo sich auch alle anderen Flüchtlinge befinden..." antwortete die Waldelbe langsam. "Eithel?" Bei dem Namen hatte Sûlion sie überrascht angeschaut.

"Eithel Astosell?"
"Ja, dass ist ihr vollständiger Name. Wieso fragst du? Kennst du sie?" fragte Aduial interessiert.

"Nein, nein... nur so... aber jetzt komm', wir müssen weiter!" und Sûlion zog die junge Elbe weiter durch die langen Gänge.



Er hatte seit zwei Tagen nicht mehr geschlafen.

Caran schloss die Augen und lauschte dem melodischen Summen von elbischen Stimmen. Er hockte an einer schön verzierten Säule, seine Mutter hatte ihn dort abgesetzt und ihm befohlen, er solle sich keinen Millimeter fortbewegen.

Wo war Aduial? Und vor allem Luinilwen? Sie hatte er seit sie panisch in die kleinen Boote gestiegen waren, die sie an das sichere Ostufer des Celduin tragen sollten, nicht mehr gesehen. Er machte sich Sorgen um Luinilwen, sehr große sogar.

Caran hatte gehört wie Elben, die sich in der Halle befanden, voller Vorsichte den Namen "Tarawien" aussprachen, es war als ob es etwas Verbotenes war, etwas was man Ruhen lassen sollte.
Tarawien war der Vater von Luinilwen und Caran hoffte, dass es ihm gut gin.

Der hockende Elb spürte plötzlich einen zarten Lufthauch, der über sein Gesicht strich und sah verwirrt auf. Er sah direkt in das Gesicht eines Elben mit so starken azurblauen Augen, dass Caran fasst die Tränen in die eigenen Augen stiegen.

"Wie heißt du?" fragte eine nervöse Stimme, hinter dem blauäugigen Elben hervorklingend und Caran sah einen weiter Elben mit silbernen Haar und grünen Augen, eine seltene und ungewöhnliche Kombination.

Doch Caran besann' sich der Frage die ihm gestellt worden war und flüsterte seinen Namen leise, die beiden Elben verstanden ihn trotzdem.

"Kommst du aus Pelthaes? Kennst du Eithel? Wo ist sie? Wie geht es ihr?..."
Der nervöse Elb der nach Caran's Namen gefragt hatte, zuckte nervös und stellte hastig Fragen, bis der Elb vor ihm die Hand hob und ihn somit zum Schweigen brachte.

"Entschuldige Caran, doch mein Begleiter ist auf der Suche nach seiner Tocher. Aber bevor du uns die gewünschten Auskünfte gibst, möchte ich uns beide vorstellen :
Das ist Asto Glinnarion und ich selbst bin Thranduiel Orophelion." sagte der Elb und deutete bei dem letzten Namen auf sich.

Caran starrte den Sprecher ehrfürchtig an, dass war der Thronfolger seines Königs und er wusste er hatte ihm mit Respekt zu begegnen und zu dienen.

"Es ist mir eine große Ehre mein Prinz und ich hoffe ich kann euch bei eurer Suche behilflich sein." Thranduiel nickte zufrieden. "Du kommst aus Pelthaes?" war seine erste Frage. "Ja." "Wer sind deine Eltern?" "Ich kenne nur meine Mutter, Tamin heißt sie."
Thranduiel musterte Caran überrascht mit seinen blauen Augen, als er die Antwort auf seine Frage vernahm, sagte aber nichts dazu.
"Kennst du Eithel Astosell? Befindet sie sich unter den Überlebenden?"
"Eithel kenne ich, sie ist die Mutter meiner Freundin Aduial von der ich weiß, dass sie hier ist. Doch Eithel selber habe ich noch nicht wieder gesehen, seitdem ich hier bin, mein Prinz."
"Trotzdem danke, Caran Taminion!" Thranduiel nickte ihm dankend zu und schritt weiter, gefolgt von einem nervös erscheinenden Asto.

Caran blickte ihnen versonnen und nachdenklich nach. So blaue Augen wie Thranduiel sie besaß, hatte er noch nie gesehen. Sie schauten einem so tief in die Seele und es war Einem ob wäre kein Geheimnis vor ihnen sicher.

Caran wusste dass Thranduiel ungefähr so alt wie er selbst war und doch war ihm, ob hätte er einen der Ältesten und Weisesten Elben Mittelerdes getroffen.



"Grünwald ist schwach und wird immer unvorsichtiger, mein Gebieter!"

"Jaaah... und es dauert nicht mehr lange, dann wird es nicht mehr sein und ich kann mich ganz allein den Menschen widmen!"

Ein schauriges Lachen hallte durch die unterirdischen Stollen.