Disclaimer : Mir gehört nichs.

Rote Vögel

#Teil V - Kaltes Herz und Gedanken


TOD.

Überall.

Überall grausamer, blutiger und unerbittlicher Tod.

Sie ließ ihren schmerzerfüllten Blick über das Schlachtfeld gleiten, ein riesiges Gemetzel hatte hier stattgefunden.
Ein Windhauch trug ihr einen bekannten Duft entgegen und sie schreckte aus ihren schwarzen Gedanken

Sie sah sich um und Angst umschloss ihr Herz. War ER dabei gewesen, hatte ER all' das Leid ertragen müssen? Und lebte er überhaupt noch oder war dieser vom Wind herangetragene Duft nur eine Erinnerung?
Eine Welle der Angst erfasste sie, sie richtete und abermals verlor' sie den Halt unter den Füßen. Wieder reiste sie durch Raum und Zeit, ihr Geist war völlig frei von allen Schmerz und Leid.

Sie spürte wieder den Boden und mit Entsetzen vernahm sie wieder das grausige Geschrei ihrer Verfolger.

Sie war wieder im Wald... und auf der Flucht...




"Mein Herz ist voller Freude erfüllt, das du noch auf dieser Welt weilst, liebste Eithel!
Ich hatte das Schlimmste erwartet..."

Die Angesprochene sah zu Galadriel auf, brach aber nicht ihr Schweigen.

"Es muss schrecklich gewesen sein und ich weiß daß es dir sicher schwer fällt darüber zu berichten... doch reden ist Hilfe... sprich' mit mir darüber, lass' mich an deinem Schmerz teilhaben..., du weißt doch daß du mir vertrauen kannst!"
Galadriel's letzte Worte besaßen einen kleinen Hauch von Verzweiflung... und Sorge.

Langsam strich ihre Hand über Eithel's Stirn und glitt zu ihrer Wange hinab, auf der sie verweilte. Aber Eithel verharrte weiter still bis sie spürte wie die Hand auf ihrer Wange zitterte und ihre eigenen Gefühle sie übermannten.

"Ach, du kannst mir nicht helfen, niemand kann es...

nicht einmal du....

Seelenschwester."



Aduial blickte ihren König neugierig an, er musste einmal ein sehr schöner und stolzer Elb gewesen sein, doch als Aduial ihn das erste Mal sah, war sein innerer Glanz verloschen.
Zu viel Zweifel und Ängste plagten ihn und seine Stirn war von Falten durchzogen.

Oropher hatte der Elbe Fragen gestellt, wie zuvor ihrer Mutter und war wieder in Gedanken versunken - was konnte er nur für diese Elben tun? Für sie und tausend weiter, die sich in den Schutz Dol Guldurs flüchteten.

Oropher wusste, daß sie hier nicht bleiben konnten, aber erst musste er sich mit dem König der Menschen treffen, verbünden und um seine Hilfe bitten.

Bei diesem Gedanken verzog der König Düsterwald's missmutig sein Gesicht, doch er und sein Volk befanden sich in einer verzweifelten Lage und er brauchte diese Unterstützung.

Sûlion beobachtete seinen König mit kaum verhohlener Skepsis, er wusste von dessen Nöten und ahnte daß er daran zu zerbrechen drohte.
Sein Freund Thranduiel hatte ihn darüber unterrichtet. Sûlion war stolz auf seine Freundschaft mit dem Königssohn, doch manchmal war ihm all' das geheime Wissen um die Herrscherfamilie zuwider. Dann wünschte er sich nichts sehnlicher, als ein einfacher, normaler Waldelb zu sein und andere Sorgen zu haben.

Sûlion schreckte auf, als er merkte wie Aduial in Richtung Tür lief um das Arbeitszimmer zu verlassen.

Als er sich ebenfalls zum Gehen wenden wollte und seinem König demütig zunickte, bewegte dieser ihn mit einer Handbewegung zu bleiben.

"Ich habe dir noch eine kurze Anweisung zu erteilen!" Sûlion sah seinen Oropher mit abwartenden Blick an, "Ich möchte, daß du auf Aduial und ihrer Mutter einen Blick hast und ihnen zur Seite stehst, wann immer sie deine Hilfe brauchen."

"Entschuldigen Sie, Eure Hoheit. Aber wieso? Wenn ich ihnen auf Schritt und Tritt folge, kann ich meinen Pflichten nicht nachkommen..." Sûlion schrak ein wenig vor seiner eigenen Dreistigkeit zurück, doch gesagt blieb gesagt.

"Tu was man dir befiehlt, Sûlion und schütze die beiden Elben. Ich habe meine Gründe und von deinen Pflichten wirst du entbunden." sagte Oropher bestimmt und trat aus dem Zimmer, auf seinen Balkon.

Sûlion ging leicht verwirrt nach draußen um Aduial zu suchen.

Inzwischen färbte sich der Himmel golden, der Morgen brach an, doch Sûlion konnte es nicht sehen.

Aduial hatte sich auf den Boden gehockt und ihre Beine angezogen.
Sie fror', der Winter nahte. Aber nicht nur die kalte Jahreszeit entzog ihr die Wärme ihres Körpers.

Auch ihr erkaltetes Herz.

Und so fand' Sûlion sie, eingekauert, an einer Wand hocken und die Augen trüb und glasig. Sie schien ihn nicht zu bemerken und so nutzte er die Gelegenheit für eine eingehende Betrachtung.

Ihre Haut schien ihre übliche Blässe zu besitzen doch war sie immer noch sehr bleich im Gesicht. Ihren zarten Finger schmückte ein schwarzer, tropfenförmiger Ring - Sûlion wusste nicht, daß er ihre Stimmung widerspiegelte.

Sûlion sah wie dünn und zart sie war - und jung!

Wie viele Sommer hatte sie wohl schon miterlebt? Er konnte es nicht einschätzen, ihr Körper war noch so jung, doch ihre gemarterte Seele schien steinalt.

Aduial hatte durchaus Sûlion's Herantreten bemerkt, ebenso seinen Blick auf ihr. Doch es zog an ihr vorbei und ihr Herz blieb leer.



Thranduiel schritt aufrecht durch die Halle.

Er machte sich Sorgen um seinen Begleiter Asto. Seitdem ihnen Caran nicht hatte weiter helfen können, schien Asto immer verzweifelter.
Thranduiel blieb am Rande der Halle stehen und ließ seinen Blick über die elbischen Flüchtlinge schweifen. Sein Auge blieb an zwei Elbinnen hängen.
Es schien als wären sie Mutter und Tochter, sie klammerten sich hilflos an die jeweils andere.

Dieser herzzereißende Anblick zog Thranduiel magisch an und er konnte seinen Blick nicht abwenden.

Plötzlich sah die jüngere Elbe auf und erwiderte seinen Blick. Thranduiel brachen diese kummervoll blickenden Augen fast das königliche Herz.

Er sah wie sich die Augen der Elbe mit Tränen füllten und sie anfing zu zucken, doch sie starrte ihn unverwandt an. Da wurde Thranduiel bewusst, daß ihr Blick nicht ihm galt, er war nach innen gerichtet und völlig leblos.

Mit Entsetzen sah der Prinz, wie der Elbe die Tränen an den Wangen herunterliefen - ohne Halt und ohne mit der Wimper zu zucken.

Doch der ältere Elbe schien dies nicht mitzubekommen, sie war mit ihren eigenen Schmerz zu sehr beschäftigt und klammerte sich weiterhin an - wahrscheinlich - ihre Tochter.

Mit schrecklicher Erkenntnis stürzte Thranduiel vor und rief des Palastwache etwas zu, doch es war bereits zu spät... die junge Elbe war zusammen gesunken und die Mutter hatte einen lauten Schrei ausgestoßen.

Als Thranduiel zu ihr gelangte und sich über sie beugte, sah er ihr ihm ins Gesicht.....

dem Tod...

Leblos und unbeschreiblich schon lag sie da. Er konnte nichts tun, war wie gelähmt. Nur halb nahm er die aufgewühlten Stimmen anderer Elben um sich war.
Thranduiel hatte die Elbe nicht gekannt und doch schien ihm ein großer Teil seines Herzens brutal herausgerissen zu sein.

"Mein Kind..." schluchzte die zweite Elbe laut auf...

"Luinilwen!" presste sie mühsam hervor und sackte schließlich auch zusammen - die Ohnmacht hatte sie ergriffen.



Sie konnte nicht aufstehen.
DAS konnte doch nicht das Ende sein... nein! Nicht so...
Verzweifelt versuchte sie sich aufzurichten, doch sie sackte immer wieder zusammen wie ein mit Wasser vollgesaugter Sack Mehl.

Die Schreie kamen unerbittlich näher und sie gab es auf. Wenn sie nicht mehr mit ihrer Körperkraft fliehen konnte, so doch mit ihrer Seele.
Mühsam versuchte sie alle Gedanken und ihren Geist zu befreien.

Die Urheber der Schreien waren vielleicht nur noch ein paar Meter von ihr entfernt und sie schaffte es einfach nicht sich zu konzentrieren... Die Angst war zu groß... Gleich waren sie da!

Mit einem plötzlichen Ruck fing sie wieder an zu fallen und wurde wieder in den Strudel der Erinnerung gerissen...

Sie landete diesmal auf weichem und frisch duftenden Gras. Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen :

Sie war eine rastlose Seele, verbannt auf alle Ewigkeit.

Eine ihr völlig fremde Kraft durchströmte sie und sie konnte sich aufrichten.

Sie sah direkt in zwei blaue Augen, die sie überrascht anschauten : "Mutter!"