A/N : Dieses neue Kapitel ist eines meiner persönlichsten. Es ist ernst und sehr... depressiv. Es geht um die verschiedenen Reaktionen und Verarbeitungen von großen Verlusten, was ich selbst in einem unvorstellbaren Maße schon erleben musste.

Ich hoffe dass es Euch trotzdem gefällt und Ihr sogar etwas in Form eines Reviews da lasst.

Disclaimer : Keinerlei Rechte meinerseits.

Rote Vögel

#Teil VI - Das wahre Glück

„Legolas"

Ihre Stimme war nicht mehr als ein sanfter Hauch der durch die Lüfte streicht.

„Was... Wie kommst du hier her?" Verwirrt blickte ihr Sohn sie an. „Du..."

„Legolas, ich bin nicht hier... Ich bin überall."

Und der Schmerz. Er war greifbar nahe.


„Was ist passiert? Sag mir was passiert ist!"

König Oropher war außer sich... ein Elb war verstorben, einfach so. Einfach so? Nein. Gebrochene Herzen können nicht geheilt, Verluste nicht wettgemacht werden und die Liebe ist machtlos dagegen.

Thranduiel beobachtete seinen Vater ruhig doch in seinem inneren tobte ein Sturm. Es war noch nicht allzu viel Zeit verstrichen, seit die Elbe tot zusammengesagt war und sie hatte ihn angeblickt.

Ihn.

Er versuchte seine Augen zu schließen doch sie zitterten unter der Anstrengung. Immer wieder, immer wieder und immer wieder sah er sie vor sich.

Diese Augen. Diesen Schmerz.

„Nein."

Stille.

„Nein."

Stille.

„Nein!"

Stille.

Er merkte wie er fast wahnsinnig wurde.

„Ada! Sag mir warum! Oh Ada..." Er brach zusammen doch der Druck blieb und die Augen schauten ihn an, blickten durch ihn hindurch. Er konnte sie nicht verbannen.

„Thranduiel... Ganz ruhig...Shhh"

Oropher wusste mit dem plötzlichen Gefühlsausbruch seines Sohnes nicht umzugehen, noch nie hatte er ihn so ... unbeherrscht erlebt. Er liebte sein Kind doch Zärtlichkeit war keine Häufigkeit.

Er konnte sich nichts vorstellen, was seinen Sohn zum Weinen brachte, wie ein kleines Kind.


Kälte. Zittern.... Schmerz? Nein.

Das ist kein Schmerz, es ist etwas viel Größeres. Etwas was man nicht fassen kann. Etwas was da ist. Etwas was man nicht beherrschen kann. Etwas was man nicht hehr werden kann.

Eithel möchte weinen, schluchzen, das befreiende Gefühle einer Emotion spüren.

Doch da ist nichts. Einfach Leere. Starrsinn.

Vor ihr liegt Luinilwen aufgebahrt, auch im Tode noch schön.


Es riecht gut... Die Blumen blühen, das Gras unter ihren Füßen ist weich. Sie lacht. Sie ist frei.

Dort! Dort oben, da segelt einer der Fürsten des Windes. Ein Adler mit großen Schwingen.

Fröhlich beobachtet sie ihn, wie er große Kreise zieht, seine Schwingen ihn höher treiben. Höher! Weiter! Immer weiter! Bis er in der Ferne als winziger Punkt am Horizont verschwindet.

Die Sonne scheint warm und sie muss bald nach hause. Ihr Mann wartet dort auf sie, und ihre kleine Tochter Luinilwen. Sie werden zusammen frühstücken, er wird ihr etwas über seine Tätigkeit erzählen und ihr Kind wird strahlen, wie die Sonne.

Vielleicht werden sie später Beeren pflücken gehen, das macht sie gern.

Wieder schaut sie auf, dort wo das Licht der Welt strahlt.

Sie rennt los.

Die Blumen blühen, das Gras unter ihren Füßen ist weich. Sie lacht. Sie ist frei.


„Das ist nicht die Wahrheit... nein, du erzählst Lügen... Du gemeiner... Du... Schuft! Du Lügner! Du Verräter! Was fällt Dir ein?"

Sie stand vor ihm mit geröteten Augen und vor Wut erhobenen Händen.

Sie wollte es ihm nicht glauben. Nicht ihm. Nicht hier. Nicht jetzt.

„Aduial..."

„Nein, nein, nein!" Sie stampfte mit ihren Füßen auf, gab sich wie ein jähzorniges Kind.

Es konnte nicht wahr sein. Es war alles eine Lüge. Dieser verdammte Sinda wollte sie reinlegen... wollte ihr Dinge glauben machen, die nie geschehen könnten.

Luinilwen.

Ein Herzschlag. Ein Leben.

Plötzlich spürte wie die Anspannung aus ihr wich und ein seliges Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Nein, Sûlion, sie ist nicht tot. Das geht gar nicht."

Sie schaute ihm in die blauen Augen, hoffte dort sehnlichst auf Bestätigung zu stoßen.

„Sie ist an gebrochenem Herzen gestorben. Wir wissen nicht weshalb."

Da war soviel Ehrlichkeit in seinen Worten... Nein. Sie glaubte ihm nicht.

„Weshalb? ... Ach, wir haben nicht ganz zufällig gesehen wie unsere Freunde, unsere Verwandten unsere Familie niedergemetzelt worden sind!

Nein, wir haben noch nie diese Todesangst verspürt... wir sind glücklich!"

Hysterie und Furcht. Eine gefährliche Mischung. Zu gefährlich für Aduial.

Ihr Brustkorb war auf einmal wie zugeschnürt, der schwere Gürtel zog sich immer fester zusammen. Fester, fester, fester.

Sie dachte schon sie höre ihre Rippen knacken. Jede einzelne, nacheinander und knack! knack! knack!

Vorbei. Tod.

Tod?

Was ist das überhaupt?


Er half ihr auf, trotz ihrer Worte, trotz ihrer Taten.

„Selbst du hast es nicht verdient so zu enden."

Hass. - Zorn. - Mitleid. - Sorge. - Verzweiflung. - Hass. - Zorn. - Mitleid. - Sorge. - Verzweiflung.

Exquisiter Schmerz.


Blumen. Sie hatte noch immer den Geruch von zarten Veilchen in der Nase. So unschuldig, so rein.

Doch es war stickig... die warme Luft drückte sich schwer auf Níniels Gemüt, auf ihre Seele und kreiste sie ein. Da! Da stand etwas...

Sie bewegte sich, zuckte überrascht zusammen als sie eine warme Decke um ihren Körper geschlungen, spürte. Mühsam richtete sie sich auf und vor ihren Augen verschwamm abermals ihre Umgebung...

Ein Messer! Sie brauchte ein Messer. Oder irgendetwas Spitzes... Irgendetwas womit sie ihr Blut zum Rinnen bringen konnte.

Die Freiheit. Sie verlangte ihre Freiheit zurück.

Ihr Leben.


Er drückte sich enger an den warmen schützenden Körper, hoffte so allem zu entkommen.

Weggehen! Wegrennen! Weglaufen!

Weit, weit weg.

Fort. Dort wo alles anders ist. Alles besser. Sichere. Wo er kein Gedanke mehr an etwas verschwenden muss was ihm so viel... Schmerz bereitet.

„Mama" Carans Stimme klang erstickt, als würde er aus weiter Ferne zu ihr sprechen.

„Wo ist unser Leben hin?"

Sie konnte nicht antworten. Konnte ihn nur anschauen und seine Hände sanft streicheln.

...

Irgendwann, es schien eine lange Zeit vergangen zu sein, findet sie eine Antwort.

„Es liegt hinter uns Caran. Doch es ist noch hier, ich höre es. Ich rieche es. Ich spüre es. Wir müssen es nur noch festhalten und es wird uns auch weiter begleiten."

„Ja. Vielleicht hast du recht.

Ich würde gerne woanders sein. Dort wo ... niemand... gestorben ist, den ich mag."

„Das wünschen sich viele in solchen Situationen. Es gehört zu unserem Weg, zu unserer langen Reise, die das Leben selbst ist.

Über die Zeit kann viel vergehen - Liebe und Hass, Schmerz und Hoffnung. Doch die tiefsten Wunden wird sie uns nie heilen können. Wir leben sehr einseitig, erleben wir einen Rückschlag so beschäftigt er uns mehr und bleibt in unserer Erinnerung erhalten.

Doch wenn wir glücklich sind, es uns gut geht... dann wissen wir nicht wie dieses Glück richtig zu genießen ist. Zu schnell scheint das Gute wieder vorbei und bleibt uns kaum im Gedächtnis haften."

Caran blickte erstaunt zu seiner Mutter auf, ihre Augen glänzten, doch sie lächelte :

„Ich erinnere mich an einen bestimmten Morgen, ich war schon früh wach und es war so ungeheuer Vieles möglich.

Kennst du dieses Gefühl?

Und ich weiß noch, ich dachte so bei mir : So... so ist es wenn das Glücklichsein beginnt. So fängt es an und natürlich kommt noch viel mehr."

Sie lachte leise auf... und man spürte die Erinnerung, die Vergangenheit.

„Eins hätte ich niemals gedacht, das war nicht der Anfang...

Es war das wahre Glück. Das war der Moment.

Dieser eine."