@ Mädel: Wie immer bedanke ich mich für die Reviews - und entschuldige mich, dass ich die Spannung nach etwas halten muss. *g*

Kapitel 17

In die Nacht

Glorfindel und sein Leute, unter ihnen Berenon, waren kurz nach Mitternacht aufgebrochen und einige Stunden in gemächlichem Tempo geritten. Sie hatten keine besondere Hast, da sie ahnten, dass der Feind noch ein Stück entfernt war und sie nicht die Absicht hatten, in ihn hineinzupreschen.

Glorfindel hing seinen düsteren Gedanken über den Niedergang seines geordneten Lebens nach und überließ hauptsächlich seinem Pferd die Orientierung durch die Landschaft, die von den Bergen abwärts flacher und grüner wurde. Sanfte Hügel, bewachsen mit niedrigen Bäumen und Sträuchern, erhoben sich immer nur für wenige Schritt über die Ebene und ein leichter Wind wirbelte den Staub auf - noch war Spätsommer und die reinigenden Herbststürme, wie sie Bruchtal unlängst erreicht hatten, waren an diesem Ort noch nicht vorgekommen.

Sterne glitzerten am Firmament, das langsam den Ton des nächtlichen Schwarz abwarf und sich Grau färbte, Boten einer Sonne, die sich noch nicht über den Horizont gewagt hatte.

Plötzlich scheute Glorfindels Hengst und er griff energisch in die Zügel. Berenon neben ihm hob den Kopf und lauschte in den Wind.

"Irgendetwas...", begann er, doch er wurde jäh unterbrochen. Von einem Geräusch, dass jeder von ihn schon einmal gehört hatte. Trommeln klangen über die Ebene, dumpf dröhnend. "Orks. Nahe. Zu nahe."

Denn das rhythmische Schlagen erklang nicht nur vor, sondern auch hinter ihnen. Irgendwie war es ihnen gelungen, die feindlichen Truppen in ihren Rücken zu lassen, ohne etwas zu merken.

"Verdammt", fluchte Glorfindel leise. "Zurück. Wir müssen bis Bruchtal durchkommen und Elrond warnen."

Er gab seinem Pferd die Sporen, in dem Moment, als die ersten schwarzen Gestalten in ihrem Sichtfeld auftauchten und die ersten Speere in ihre Richtung geschleudert wurden. Die Pferde wieherten erschrocken und Glorfindel beugte sich tief über den Hals seines Hengstes, um ein möglichst kleines Ziel abzugeben.

Vor sich bemerkte er Bewegungen in der Nacht und das heisere Grunzen verkündete ihm, dass sie eingeschlossen waren. Den Speeren folgten Pfeile die Reiter drängten sich dicht zusammen, um der Übermacht der Gegner zu trotzen.

***

Tîriel hetzte ihr keuchendes Pferd durch die Nacht, grub ihm immer wieder die Fersen in die Flanken, um es noch mehr anzutreiben.

Ihr anfänglicher Schrecken über das Bild von einem verwundeten Glorfindel hatte sich in furchtbare Gewissheit verwandelt. Die seltsame Verbindung, die zwischen ihnen zu bestehen schien, sandte ihr immer neue Impressionen eines Kampfes.

Orks. Überall Orks. Tîriel spürte ihr Gebrüll und das Klingen von Waffen, das Schwirren von Pfeilen, bevor sie sich überhaupt dem Ort der Auseinandersetzung näherte. Sie roch Blut und Schweiß und ihre Nackenhaare stellten sich auf.

Und dann, nach einer schieren Ewigkeit, nur erfüllt von dem Stampfen von Aglars Hufen und dem Wind, der über das Land pfiff, hörte sie es und ihre Hand fuhr zum Schwert. Sie zog die schimmernde Klinge, hielt sie mit der rechten Hand neben dem Pferdekörper, mit der Linken di Zügel fassend.

Es war nicht mehr weit. Aglar stürmte über eine kleine Anhöhe und vor Tîriels Augen bot sich nun die Szenerie, die sie sich ausgemalt hatte, in ihrer Gänze dar. Umzingelt von etwa fünfzig Orks standen die vier Elben Rücken an Rücken und versuchten sich der Angriffe zu erwehren, die auf sie hernieder prasselten wie blutiger Regen. Ihre Pferde lagen verletzt am Boden oder waren geflohen.

Sekunden später fielen die ersten zwei Orks unter Tîriels Elbenklinge, die dünn und geschwungen war und wie der Mond in der finsteren Nacht leuchtete. Blut spritzte und einem der sterbenden Ungeheuer entrang sich ein hoher, klagender Ton, der die anderen darauf aufmerksam machte, dass etwas nicht nach ihren Vorstellungen lief.

Verklebte, blanke Augen wandten sich zu Tîriel um und die ersten Schultern, in schwarzen Panzer stecken, ruckten herum. Sie hob die Klinge, um ein weiteres Mal blutige Ernte zu halten.

***

Glorfindel merkte, dass etwas geschah. Er wusste nicht, was es war, aber die Laute der Orks und ihre Stimmung schienen sich zu ändern. Vor dem Körper seines Pferdes dicht bei Berenon, teilte er nach allen Seiten Hiebe aus und bemerkte verzweifelt, wie der junge Elb in seinem Sichtfeld taumelte und fast zu Boden gegangen wäre. Er blutete aus einigen tiefen Wunden und war geisterhaft bleich.

Das Singen einer elbischen Klinge aus einer Richtung, die er nicht erwartete ließ ihn aufhorchen und er riskiert einen Blick über seine linke Schulter. Bei dem Anblick krampfte sich sein Herz zusammen. Tîriel schlug sich durch die Reihen der Orks und immer wieder kamen ihr die todbringenden Waffen der Gegner gefährlich nahe.

Für einen Moment dachte er darüber nach, sich zu ihr durchzukämpfen, doch er entschied sich dagegen. Sie war eine erwachsene Frau und musste wissen, was sie tat. Den Blick wieder seinen Gegnern zuwendend, warf er sich erneut mit aller Kraft in den Kampf.

Die Zeit verging mit quälender Langsamkeit und irgendwann bemerkte Glorfindel, wie ihn seine Kraft zu verlassen begann. Der sarkastische Gedanken, dass er alt wurde, drängte sich ihm auf, als er einen weiteren Ork enthauptet und an seine Stelle zwei weitere traten.

In diesem Moment spürt er einen brennenden Schmerz an seiner rechten Seite. Etwas verdutzt blickte er zu der schmalen Lücke, die sich in den Reihen der Orks gelichtet hatte und in der ein grinsender, abgrundtief hässlicher Bogenschütze stand. Dann zuckte Glorfindels Blick zu dem schwarz gefiederten Pfeil, der in seiner Seite steckt und er schluckte kurz.

Bevor er begriff. Bevor seine Knie nachgaben und sich sein Bewusstsein in absolute Dunkelheit verwandelte.