17.Kapitel: Erster Brief

Leise fiel der erste Schnee und bedeckte Hogwarts unter einer weißen Schicht. Kalt stachen die kahlen Äste in den Himmel und Stille breitete sich aus. Doch im Innern des großen Schlosses summte es geschäftig. Überall redete man nur noch davon, was man seinen Freunden, seinen Eltern oder sogar seinen Haustieren zu Weihnachten schenken wollte. Und da war noch ein großes Thema und zwar der Schulball. Mädchen kicherten, wenn ihnen ein Junge über den weg lief und schüchtern wurde gefragt, wer denn mit wem und ob man doch nicht mit ihm hingehen wolle. Kleider, Make up, Schuhe und Frisuren... Anzug oder leger, Gel oder nicht, das waren die größten Probleme der Schüler und verdrängte für kurze Zeit den Gedanken an Voldemort. Harry hasste es! Das weibische Gekicher, wenn er kam. Die gestotterten Fragen, ob er denn auch da sei. Was ging es sie überhaupt an? Weihnachten konnte seiner Meinung nach einfach ausfallen und wie er bemerkt hatte, ging es Severus ähnlich. Doch ein gutes hatte das ganze dann doch. Er konnte Severus wundervoll damit ärgern, dass in seinem Spint ein Bh von einer Schülerin gelandet ist. Harry musste immer noch lachen, wenn er an das empörte Gesicht seines Freundes dachte. Wie er mit spitzen Fingern, die Unterwäsche rausholte und dann angewidert weg warf. Und wie er von „kein Respekt mehr" und „Unerhört" gesprochen hatte. Die ganze Schule stand Kopf!

Harry klopfte an die schwere Eichentür, um dann gleich einzutreten. „Severus, ich hab ein Problem." Mit hochgezogener Augenbraue musterte ihn der Angesprochene. Harry senkte den Blick. „Ich kann nicht tanzen." „Hä?" „Ich sagte, ich kann nicht tanzen." „So alt bin ich nun doch nicht, dass ich dich nicht mehr verstehe, aber das nennst du Problem? Ich dachte schon sonst was." „Ich möchte nicht an eine gewisse Phobie erinnern," erwiderte Harry im säuerlichen Tonfall. „Ich meine, kannst du... na ja du weißt schon... ich möchte mich ja an Weihnachten nicht blamieren und so..." Hoffnungsvoll sah er ihn an. Severus seufzte. „Also gut. Was kannst du denn tanzen, damit wir darauf aufbauen können?" „Ähm ... nichts?" Eine halbe Stunde später schrie Severus laut auf und rieb sich den Fuß. „Du bist echt ein hoffnungsloser Fall. Mein Fuß ist bestimmt schon ganz blau." Traurig sah ihn Harry an. „Ich gebe es ja zu, Longbottom hätte es wahrscheinlich sogar geschafft, dass ich gar keinen Fuß mehr hätte. Ich bin dir wohl auf sämtliche Hühneraugen getreten mit meinem kleinen Ausbruch." „Ich habe keine Hühneraugen," erwiderte Harry so würdevoll wie möglich. „Nein, du nicht. Aber ich bald, wenn du so weiter machst."

Harry schlenderte langsam zu seinen Räumen. Er war total erledigt und nach knapp vier Stunden, hatte er es sogar geschafft, einen halbwegs akzeptablen Walzer hinzulegen. An die Füße von Severus mochte er lieber nicht denken. Er schloss die Tür auf und ein paar Sekunden später ließ er sich in sein Bett fallen, um gleich darauf einzuschlafen. Er bemerkte nicht mehr, wie Hedwig mit einem Brief für ihn ankam...

Mit angespanntem Gesicht las Harry den Brief. Seine Hände zitterten stark und erschwerten es ihn noch mehr, den Inhalt des Briefes zu entziffern. Unsicher blickte er sich um, als ob er erwartete, dass aus der nächsten Ecke jemand hervor springen würde. Am liebsten hätte er den Brief als einen Scherz angesehen, aber zu viel hatte in ihm mitgeschwungen, als das er es gekonnt hätte. Im ersten Moment nur verwirrt, kroch langsam die Angst in Harry hoch. Sieben Jahre hatte er geschwiegen und nur Severus und er wussten von damals... hatte Severus ihn verraten? Das konnte er sich eigentlich nicht vorstellen, aber woher wusste der Anonyme Briefschreiber davon? Wussten es noch mehr?

Unsicher ging Harry in die große Halle und blickte in die fröhlich schnatternde Menge der Schüler. Niemand beachtete ihn und doch kam es Harry so vor, als würde ihn jeder mit Abscheu anstarren. Denn er war Abschaum, einfach nur Dreck unter den Füßen anderer. Langsam ging er zu seinem Platz und versuchte jemand verdächtigen zu sehen. Sein Blick glitt über den Gryffendor- zum Rawenclav- und dann zum Hufflepufftisch. Niemand! Er wollte sich gerade dem Slytherintisch zuwenden, als ihn jemand von der Seite anstieß. Erschrocken sprang Harry auf und ließ sich erleichtert wieder auf seinen Stuhl fallen, als er Severus erkannte. „Hey, was ist denn mit dir los? Ist etwas passiert?" Neugierig blickten ihn die faszinierend schwarzen Augen an. Harry schüttelte unsicher den Kopf. "E... es ist nichts. Alles in Ordnung, nur etwas übermüdet." Stirnrunzelnd sah ihn der Ältere an, aber gab sich dann mit der Antwort zufrieden. „Hast du schon von diesem neuem „Gesetz" gehört?" Nun war es an Harry, neugierig zu blicken. „Fudge hat ein Verbot „erlassen", dass besagt, das, wenn man Öffentlich seine Meinung kundtut man mit einer Gefängnisstrafe zu rechnen hat. Ich meine, wo sind wir denn? Im Mittelalter?" Harry konnte es nicht glauben. Vor kurzem war es die Pressefreiheit und nun sogar die Redefreiheit, die ihnen genommen wurde. Leise ließ er sich mit Severus aus und dachte gar nicht mehr an den Brief und bemerkte auch nicht, dass er aus kalten Augen von Seiten des Slytherintisches gemustert wurde...