Licht & Schatten

von Molly

Was verbindet zwei solch unausstehliche Menschen wie Lucius und Narcissa Malfoy miteinander?

Diese Frage stellte ich mir und begann zu schreiben – eingebettet in den Rahmen meiner Mammutfic „Die wahre Geschichte von der Vertreibung der Dunkelheit (Wahrheit)", aber auch ohne Kenntnisse dieser zu lesen (einige Anspielungen könnten unter den Tisch fallen).

Warnung: Diese Fic beinhaltet auch Spoiler zu HP5 und unweigerlich Gewaltszenen wegen der Mitgliedschaft der beiden Hauptprotagonisten in Lord Voldemort's Todesserclub... Freigabe ab 13 ca.

Disclaimer: Alle wiedererkannten Figuren gehören JKR, Warner Bros, nur Florence, die gehört ganz allein mir =)

Ich verdiene mit dieser Fanfiction kein Geld sondern strebe nur unsterblichen Ruhm an... *gacker*

Prolog

‚Sind es wirklich schon 5 Jahre?', fragte sich Narcissa Black und schüttelte leicht den Kopf, als die Kutsche, die sie zum Bahnhof in Hogsmeade bringen sollte, anfuhr. Sie seufzte und ihre Freundin Doreen Shaw schaute sie verwundert an: „Was ist? Hast du etwa noch nicht genug von Hogwarts?"

„Nein, das ist es nicht... Ich bin genauso froh wie du, endlich Ferien zu haben!", erwiderte Narcissa und dachte: ‚Ferien sind okay... Wenn es nur nicht hieße, IHN nicht sehen zu können..."

Sie wußte, ein paar Kutschen weiter vorn fuhren die Sechstklässler ihres Hauses Slytherin und darunter auch ein Junge, der ebenso blondes Haar hatte wie sie selbst.

Es war dieses helle Haar, daß sie an ihrem ersten Schultag zuerst gesehen hatte von ihm. Wie er am Slytherintisch saß und aufmerksam die Auswahlzeremonie durch den Sorting Hat beobachtete. Mit seinen grauen Augen. Kalten grauen Augen. Selten erreichte ein Lächeln diese und Narcissa hatte sich in den vergangenen 5 Jahren immer wieder gefragt, warum das so sei.

Sie hatte keine Antwort gefunden. Vielleicht hätte sie das, wenn sie ihn nur etwas besser kennen würde. Narcissa wußte, daß er an den freien Tagen immer erst am späten Vormittag aufstand, was er am Liebsten aß und daß er eine sehr feine, fast weibliche Schrift hatte. Auch sonst wußte sie viel über ihn, aber sie hatte noch nie mit ihm gesprochen. Er wußte wahrscheinlich gar nicht, daß es sie gab, obwohl sie seit 5 Jahren im gleichen Haus in Hogwarts waren.

Aber das würde sich ändern, es mußte sich einfach ändern!

Nächstes Schuljahr war ihre letzte Chance, ihn auf sich aufmerksam zu machen.

1. Kapitel

„LUCIUS!"

„JA DOCH!!!", brüllte Lucius Malfoy entnervt seiner Mutter zurück. ‚Acht Wochen in diesem Haus sind einfach sechs zuviel!', dachte er und stopfte seine restlichen Bücher in den Koffer. Er war froh, daß die Schule wieder begann, in den letzten Ferienwochen war die Stimmung zwischen ihm und seinen Eltern immer gereizter geworden und es war nur eine Frage der Zeit, bis es zur Explosion kam.

Die meisten Unstimmigkeiten hatten zwei Gründe: erstens wollte Lucius nach der Schule im Ausland studieren, was seine Eltern nicht wollten und zweitens bestanden seine Eltern darauf, daß er möglichst bald heiratete -–selbstverständlich ein Mädchen, daß ihm seine Eltern aussuchen würden – was Lucius nicht wollte.

‚Wenn sie in der Kutsche wieder anfangen, werde ich sie in Ratten verwandeln!', schwor sich der gerade 17 Gewordene und zerrte den sperrigen Koffer die Treppe in die Eingangshalle von Malfoy Manor hinunter.

„Warum hat denn das so lang gedauert? Hattest du nicht gesagt, du hättest gestern schon gepackt?", fragte ihn seine Mutter und ihre Stimme hatte diesen schrillen Unterton, der Lucius in Alarmbereitschaft versetzte.

„Ich hatte auch alles gepackt, bis heute Morgen unser schlauer Hauself mit meinen restlichen gewaschenen Sachen ankam. Darum mußte ich noch einmal auspacken..."Das war eine glatte Lüge, aber besser Dobby bekam den Ärger ab als er.

„DOBBYYYYY!!!!!!", schrie seine Mutter schrill, doch sein Vater faßte sie an die Schulter: „Laß gut sein, Schatz, dafür ist nachher noch Zeit! Wir müssen erst nach Kings Cross, danach werden wir etwas einkaufen, und dann wird der Hauself bestraft."

Lucius bewunderte seinen Vater aufrichtig. Aristokratisch und elegant war er immer Herr der Lage, niemals ließ er sich von seinen Gefühlen übermannen, ganz im Gegensatz zu seiner Frau. Lucius' Mutter war eine nervöse, zarte und empfindliche Frau, die in ihrer Rach- und Herrschsucht eine unglaubliche Brutalität an den Tag legte. Auch sein Vater konnte brutal werden, allerdings wirkte er dabei immer äußerst kühl und berechnend. Und das machte ihn weit gefährlicher als seine Frau.

Die Fahrt nach London dauerte trotz einiger magischer Nachhilfe noch über eine Stunde in der Kutsche von Essex aus und Lucius Malfoy hatte Mühe, sein Temperament zu zügeln. Immer wieder nahm er sich vor, wie sein Vater zu werden, doch der Erbteil seiner Mutter schlug zu oft hoch, so daß der Junge zum Schluß gar nichts mehr sagte oder nur noch mit Kopfnicken antwortete, wenn er etwas gefragt wurde. Natürlich war auch das Grund für seine Mutter, ihn heftig anzufahren – bei ihr lagen die Nerven mittlerweile blank.

„Entschuldige, ich war in Gedanken... Ich bin sicher, ich habe alle Hausaufgaben gemacht, aber ich kann mich nicht mehr so recht an Zaubertränke erinnern... Ich glaube, Professor Salve wollte noch etwas außerdem...", sagte er entschuldigend mit einem honigsüßen, sehr reizendem Lächeln und seine Mutter gab Ruhe. Dafür sah ihn sein Vater kalt und abschätzend an und Lucius wußte, daß dieser ihn durchschaut hatte. ‚Bei Merlin, laß uns bald da sein...'

~~~

Narcissa Black hatte sich über die Ferien sehr verändert. Hübsch war sie schon immer gewesen, doch in den letzten zwei Monaten war sie zu einer wahren Schönheit geworden. Die Pubertät tat ihre Wirkung und sie wirkte nun nicht mehr wie ein 16jähriges Mädchen, sondern wie eine sehr junge Erwachsene. Sie war noch etwas gewachsen im letzten Schuljahr, darum mußte ihre Mutter ihr eine völlig neue Garderobe erstehen – ihre alten Sachen konnte nun ihre jüngere Schwester Andromeda auftragen, die nun ihr drittes Jahr in Hogwarts beginnen sollte.

Bellatrix, ihre jüngste Schwester kam dieses Jahr nach Hogwarts und nervte schon den ganzen Sommer die beiden älteren mit ihren ewigen Fragen über die Schule – Unterstützung dabei bekam sie von ihrem Cousin Sirius - die gesamte Familie Black pflegte sich bei Tante Adolfina und Onkel Ernest eine Woche vor Ferienende im Stammhaus der Familie in London einzufinden.

Und diese letzte Woche war für Narcissa wie immer ein Graus gewesen.

„Dromi, kümmere dich um Sirius! Er nervt mich!", fauchte Narcissa ihre Schwester an. Andromeda war die Einzige in der Familie, die Geduld mit dem ungestümen Elfjährigen hatte – allerdings war sie mit ihrer Aufnahme in das Haus „Hufflepuff"auch der Schandfleck der Familie. Bei Bellatrix war man sich sicher, daß sie in Slytherin aufgenommen werden würde, bei Sirius stand noch alles offen. Allerdings hatte er gute Chancen, noch vor dem Eintreffen am Bahnhof von Kings Cross auf dem Friedhof zu landen. Zumindest, wenn es nach Narcissa ging.

~~~

„Malfoy! Hier sind wir!", rief Walden Mcnair, der neben Bobby Travers stand und winkte fröhlich zu Lucius und seinen Eltern hinüber.

„Meine Güte, wie ungeschickt sich der junge Mcnair benimmt...", frotzelte seine Mutter und Lucius verdrehte die Augen: „Ich komme ab hier allein zurecht – wolltet ihr nicht einkaufen gehen?"

„Junger Mann, wir gehen erst, wenn dein Gepäck verladen ist. Solang wirst du uns noch ertragen können!", schaltete sich sein Vater ein, bevor Mrs. Malfoy aufbrausen konnte.

Als die drei Slytherins endlich im Zug waren, trat Lucius heftig gegen einen Papierkorb, der sich daraufhin fast aus seiner Verankerung löste.

„Na, du hast ja ´ne Laune!", kommentierte Mcnair und öffnete die Tür zu einem leeren Abteil.

„Halt du das mal acht Wochen mit denen aus! Und wenn dieses Schuljahr vorbei ist, werde ich ständig mit ihnen zusammen sein..."

„Ich dachte, du wolltest studieren – in Frankreich oder so...", fragte Travers unschuldig und setzte sich ans Fenster.

„Studieren werde ich, aber wohl nur in London. Sie haben sich nicht mehr eingekriegt, als ich sagte, daß ich nach Frankreich wollte.", schnaubte Lucius und ließ sich auf den Platz neben Travers fallen. „Und von London aus könnte ich ja jeden Abend nach Haus apparieren, wenn ich die Prüfung gemacht habe..."

„Oha, klingt nach interessanten Ferien...", meinte Mcnair und setzte sich auf der anderen Seite ans Fenster des Abteils.

‚Der Kandidat hat 100 Punkte...', dachte Lucius Malfoy und starrte finster auf den Gang hinaus, wo sich die anderen Hogwartsschüler aller Jahrgänge an einander vorbei drängelten, auf der Suche nach freien Sitzplätzen.

~~~

„Ist in diesem verfluchten Zug denn nirgendwo mehr was frei?", fragte Narcissa Black genervt. Sie und Doreen Shaw waren fast als Letzte in den Zug eingestiegen, als die meisten Plätze bereits vergeben waren. Mit ihrer aufgedrehten Familie hatte sie einfach zu lang gebraucht, um zum Bahnhof zu kommen und Doreen hatte auf dem Bahnsteig auf sie gewartet, anstatt einen Sitzplatz frei zu halten. Und Narcissa hatte nach den anstrengenden Familienferien keine Lust, auch noch die Fahrt nach Hogwarts mit ihren Schwestern zu verbringen. Sirius hatte sich gleich zu einigen Jungen begeben, die er von der Grundschule kannte – definitiv nicht ihre Altersklasse.

„Warte, hier sind noch drei Plätze frei – bei einigen Siebtklässlern!", sagte Doreen, die vorausging, während Narcissa mit einem sperrigen Katzenkorb hinterher kam. Der Kater fauchte und miaute vor Unmut über das Geruckel.

„Siebtklässler?", fragte Narcissa und guckte vorsichtig durch die verglaste Tür zum Abteil hinein.

‚Oh nein! Nicht ER!'

Lucius Malfoy hatte mittlerweile den Tagespropheten aus seinem Umhang gekramt und las mißmutig darin, weshalb er die beiden Schülerinnen nicht bemerkte, die vor dem Abteil stehengeblieben waren.

Narcissa sprang etwas zurück und lehnte sich mit laut pochendem Herzen an die Wand vom Gang. „Doreen... Ich kann da nicht rein!"

„Bitte? Weshalb denn nicht! Es sind welche aus unserem Haus, was ist denn... oh... ah... entschuldige..."

Doreen war die einzige Person auf der Welt, der Narcissa jemals gegenüber angedeutet hatte, daß sie Lucius Malfoy für recht attraktiv hielt. Welches Ausmaß ihre ‚Schwärmerei' für den Jungen aus dem höheren Jahrgang hatte, hatte sie ihr natürlich verschwiegen.

„Aber sonst ist alles belegt! Bei Ginger im Abteil ist nur noch ein Platz frei und zu den Gryffindors setze ich mich auf keinen Fall rein! Und DU willst ja nicht zu deinen Schwestern!", erklärte Doreen fest und rümpfte die Nase.

Langsam nahm das Herzklopfen ab und Narcissa dachte kurz nach: ‚Wenn ich mich zu ihm ins Abteil setze, MUSS er mich bemerken... Dies ist sein letztes Jahr in Hogwarts!'

„Okay, aber du fragst!"

Mit einem siegesgewissen Lächeln öffnete Doreen die Tür zum Abteil und steckte den Kopf etwas hinein: „Entschuldigt, habt ihr noch zwei Plätze frei?"

Die Jungen schreckte hoch und Lucius ließ die Zeitung sinken. ‚Mädchen?' Er erkannte Doreen als Slytherin und nickte Mcnair kurz zu, der daraufhin sagte: „Klar! Setzt euch!"

Doreen bedeutete Narcissa, ihr zu folgen und betrat dann breit lächelnd das Abteil. Nach einem kurzen Blick in die Runde setzte sie sich Lucius gegenüber neben die Tür. Narcissa konnte sich so nun nur noch entweder neben Lucius oder direkt ihm gegenüber hinsetzen, wofür diese Doreen im ersten Moment am liebsten gekillt hätte. Sie entschied sich dafür, sich zwischen Mcnair und Doreen ihm gegenüber zu setzen und versuchte, den Katzenkorb irgendwie ins Handgepäckfach zu quetschen, was allerdings fehlschlug.

Sie fluchte kurz und drehte sich dann zu Lucius um: „Kann ich meinen Kater neben dir auf den Sitz stellen?"– ‚Prima. Das erste Mal, daß du mit ihm sprichst und dann so was...'

Lucius blickte kurz von seiner Zeitung auf und... „Sicher...", dann senkte er den Blick wieder auf den Artikel, den er bis dahin gelesen hatte.

Narcissa seufzte und stellte den sperrigen Katzenkorb auf dem Sitz ab. „Danke.", flüsterte sie fast und Lucius machte eine abwehrende Geste, während er sie aus den Augenwinkeln genau beobachtete.

Narcissa setzte sich ihm gegenüber und zog ihr Kleid zurecht, damit ihre Knie bedeckt blieben. Doreen kicherte kurz – im Gegensatz zu Narcissa war sie schon immer etwas freizügiger mit ihren Reizen umgegangen. Und doch war es genau dieses Verhalten von Narcissa, das Lucius davon abhielt, sich weiterhin auf die Zeitung zu konzentrieren. Er blätterte um und schüttelte die Zeitung kurz glatt, um sich dahinter etwas zu verbergen, während er aufmerksam der folgenden Unterhaltung lauschte.

Mcnair und Travers hatten seit dem Eintreten der beiden Mädchen von einem Ohr zum anderen gegrinst und sich vielsagende Blicke zugeworfen. Travers startete nun die Konversation: „Ihr seid doch auch Slytherins, nicht wahr? Sechste Klasse oder so..."

Doreen lächelte. „Ja. Und ihr siebte, stimmt's?"

„Ja. Ich heiße Walden Mcnair, das ist Bobby Travers. Und der Blonde hinter der Zeitung ist Lucius Malfoy.", antwortete Mcnair und lächelte noch breiter.

„Doreen Shaw."

Narcissa atmete tief durch, dann: „Narcissa Black."

Lucius reagierte nicht.

‚Mist! Er hätte mich wenigstens anschauen können!', fluchte Narcissa innerlich und kramte ein Buch aus ihrer Tasche. Sollte Doreen doch flirten mit den beiden anderen. Sie war wütend und das Gegrinse von Mcnair ging ihr auf die Nerven.

Während der nächsten Stunden unterhielten sich Doreen, Bobby und Walden höchst angeregt, während Narcissa und Lucius vorgaben, zu lesen. Beide blickten allerdings immer wieder kurz auf und beobachteten ihr Gegenüber verstohlen, ohne etwas davon mitzubekommen, daß der andere es auch tat. Narcissa's Kater Jason gab kurz vor Ende der Fahrt ein markerschütterndes Miaue von sich, das alle im Abteil zusammenzucken ließ. Narcissa klappte ihr Buch zusammen und öffnete den Katzenkorb.

„Wir sind ja bald da, mein Süßer...", flüsterte sie ihm beruhigend zu und setzte sich den Kater auf den Schoß, der wohlig anfing zu schnurren.

Lucius mußte lächeln und ließ die Zeitung sinken. Seit er denken konnte, wollte er eine Katze, doch seine Mutter verabscheute diese Tiere. Er besaß eine Schleiereule, die im Gepäckfach über ihm in ihrem Käfig schlummerte. „Ein schönes Tier. Perser, oder?", fragte er und Narcissa nickte.

„Jason. Nach dem griechischen Sagenheld."

Lucius nickte nun seinerseits und faltete die Zeitung zusammen. Er beugte sich zu Bobby Travers hinüber und unterhielt sich leise mit ihm über irgendetwas, daß Narcissa nicht verstehen konnte. ‚Hat er dich gefragt, wie dein Kater heißt? Nein. Und warum hast du es ihm dann auf die Nase gebunden?', sie hätte sich ohrfeigen können!

Stattdessen sprach nun Walden Mcnair sie an: „Interessierst du dich für Mythologie?"

Narcissa nickte kurz und sah dann hilfesuchend ihre Freundin an, die breit grinste und in die Bresche sprang: „Narcissa hat Mythologie belegt. Ich bin ja mehr für Runenkunde..."

~~~

‚Mein Leben ist eine Katastrophe! Mein Leben ist eine Katastrophe! Mein Leben ist...'

„Zis, hast du was?"

‚...eine Katastrophe! Mein Leben ist eine Katastrophe und meine beste Freundin eine Blitzmerkerin! Mein Leben ist eine...'

„Och Mensch! Ich für meinen Teil habe mich gut amüsiert!", konstatierte Doreen und schaute ihrer Freundin mißbilligend zu, wie diese ihren Katzenkorb mit etwas zu viel Schwung zu dem restlichen Gepäck in der Eingangshalle von Hogwarts stellte.

„Doreen, das war mit Abstand die schlimmste Zugfahrt meines Lebens!", erklärte Narcissa und gab vor, das Fauchen ihres beleidigten Katers zu überhören. „Diese Jungs waren die schlechtesten Gesellschafter, die ich mir nur vorstellen kann! Travers ist dämlich, Mcnair aufdringlich und Malfoy ein kalter Fisch. Ein kalter, zeitungslesender Fisch! Auf der Rückfahrt werde ich eher im Gang stehen bleiben, als mich noch einmal zu denen zu setzen!"

„Oha..."

„Nix ‚oha'! Und wenn du es genau wissen willst: ich habe nicht vor, jemals wieder ein Wort mit einem von denen zu wechseln! Gestorben – aus und vorbei!", fauchte Narcissa und zog ihr Kleid und ihren Umhang glatt. „Und nun komm, ich will nicht auch noch beim Essen neben denen sitzen, weil es die einzigen freien Plätze sind!"Hocherhobenen Hauptes stolzierte sie in die Große Halle und Doreen folgte verwirrt.

Im Gegensatz zu Narcissa hatte sie eine Gruppe Erstklässler bemerkt, von denen einer aus der Nase blutete, ein Mädchen in giftgrün erstrahlte und - wie konnte es anders sein – Narcissa's nerviger Cousin Sirius dabei war.

Narcissa wirkte in diesem Augenblick unglaublich arrogant und unterkühlt, daß sich Doreen nicht ganz wohl in ihrer Nähe fühlte – geschweige denn, sie auf den höchst seltsamen Anblick in der Eingangshalle aufmerksam zu machen. War Malfoy nicht ihr großer Schwarm gewesen? Zugegeben, er hatte nicht wirklich Interesse an Narcissa gezeigt – eigentlich hatte er nur Zeitung gelesen die meiste Zeit, aber daß ihre Freundin so wütend darüber war, konnte Doreen nicht fassen.

Völlig desillusioniert bahnte sich Narcissa Black mit einem neuen Selbstbewußtsein ihren Weg durch die Große Halle und zog viele bewundernde Blicke auf sich – sie hatte sich über die Ferien extrem verändert. Ihre einzige Unsicherheit war nur noch Lucius Malfoy gewesen, und die hatte sie nach den etlichen Stunden im Zug verloren. Glaubte sie. Im Grunde war sie nur in ihrer Eitelkeit gekränkt worden und das war etwas, das sie sich nicht eingestehen wollte.

„Also, diese Narcissa ist echt...", begann Bobby Travers, als die beiden Sechstklässlerinnen an dem Trio vorbei rauschten, „...nicht von schlechten Eltern?", fragte Walden Mcnair ergänzend und grinste breit.

„´ne harte Nuss, würde ich sagen!", sagte Bobby und grinste noch breiter, „Hat im Zug kaum was gesagt und beachtet uns jetzt auch kein Stück!"

Lucius Malfoy schaute zu, wie sich Doreen und Narcissa zu den anderen Mädchen aus der sechsten Klasse setzten und mußte sich selbst eingestehen, daß er fasziniert war. Wenn er geahnt hätte, daß das Mädchen, daß heute beschlossen hatte, ihm die kalte Schulter zu zeigen, seit 5 Jahren versuchte, von ihm bemerkt zu werden... hätte er sich genau dasselbe gefragt wie jetzt: wie konnte er sie bisher übersehen?

„Malfoy? Hallo?"

Lucius schreckte aus seinen Gedanken hoch und sah seine Freunde erstaunt an: „Hm?"

„Wir wollen wetten, wer sie als erster von uns knacken kann!", erklärte Mcnair, „Machst du mit?"

„Wen knacken?"

„Na, die harte Nuss! Narcissa Black!"

„Bitte? Habt ihr sie noch alle?", empörte sich Lucius – aus irgendeinem Grund fühlte er sich persönlich beleidigt.

„Oh, ich ahne was...", kicherte Travers albern und Mcnair grinste noch breiter.

„Das Mädel hat nicht ganz eure Kragenweite!", raunzte Lucius, „Die würde euch beiden Idioten nicht mal wahrnehmen, wenn ihr die letzten Kerle auf der Welt wäret!"

„Ach! Und wie kommst du darauf?", fragte Mcnair nun sichtlich beleidigt und Travers stimmte ihm nickend zu.

„Schaut sie euch doch mal an: erstens ist sie zu gut erzogen, um sich von euch beeindrucken zu lassen und zweitens viel zu hübsch, als daß sie es nicht gewohnt wäre, eine Abfuhr nach der nächsten zu erteilen!", erklärte Lucius seinen Freunden und hatte das Gefühl, es mit völligen Hohlköpfen zu tun zu haben.

„Und du bist der Einzige von uns, der es schaffen könnte, ja?", frotzelte Travers eingeschnappt und Lucius schüttelte den Kopf.

„Na, das werden wir ja sehen!", beschloß Mcnair wütend und Lucius verzweifelte innerlich.

‚Nun werde ich wochenlang zusehen müssen, wie die beiden sich zum Narren machen – bin ich nicht so schon gestraft genug?', fragte er sich und seufzte.

~~~

„DU BIST IN GRYFFINDORE???" Sirius schwieg.

„WIE KONNTE DAS NUR PASSIEREN! DU BIST EIN BLACK!!!"

Sirius grinste: „Andromeda...", begann er, doch Narcissa schnitt ihm das Wort ab: „ANDROMEDA TUT HIER NICHTS ZUR SACHE! HAST DU ÜBERHAUPT EINE AHNUNG, WIE DEINE MUTTER SICH JETZT FÜHLEN MUSS?"

Narcissa und Bellatrix (Slytherin wie erwartet) hatten Sirius einige Tage nach der Auswahlzeremonie bei den Gewächshäusern erwischt und an die Seite gezogen.

„Hey, laß ihn in Frieden!", mischte sich ein schwarzhaariger Junge in das Gespräch ein und zwängte sich zwischen Narcissa und ihren kleinen Cousin.

„So so, einer deiner Freunde?", zischte Narcissa und ihre Augen, erst weit aufgerissen, nun zu schmalen Schlitzen verengt, stoben Funken.

„Laß gut sein, James! Das ist meine Cousine – mit der werde ich allein fertig!", grinste Sirius und sein Grinsen wurde noch breiter als er sah, wie die sonst meist so unterkühlt wirkende Narcissa vor Wut und Empörung ziegelrot anlief. Weniger witzig jedoch fand er, daß sie urplötzlich zum Schlag ausholte.

„Nicht!", rief Bellatrix und zog ihre große Schwester zur Seite, „Er gehört dort anscheinend hin! Bei seinem Benehmen kein Wunder!", fügte sie noch hinzu und Narcissa atmete tief durch.

„Nun gut. Was mich angeht, haben wir nichts mehr miteinander zu schaffen.", sagte sie wieder etwas gefasster und fügte an Bellatrix gewandt fort: „Und das Gleiche erwarte ich von dir. Arme Tante Adolfina. Dagegen verblasst Andromeda's Schande ja!"

Die Gryffindor-Jungs lachten vor sich hin, doch es blieb dabei: weder Bellatrix noch Narcissa sprachen jemals wieder auch nur ein überflüssiges Wort mit ihrem Cousin.

~~~

„Miß Black?"

Narcissa schreckte hoch und versuchte schleunigst, den Zettel, mit dem sie sich seit Beginn der Unterrichtsstunde mit ihren Freundinnen Ginger und Doreen verständigt hatte, unter dem Pult verschwinden zu lassen.

„Ja, Professor McGonagall?", antwortete sie und lächelte aufreizend ihre Lehrerin an.

„Ich beobachte Sie nun schon eine ganze Weile – sie drei – und ich mußte feststellen, daß Ihr Interesse anscheinend immer mehr Ihrer privaten Kommunikation zukam, als dem Unterrichtsstoff.", erklärte sich Minerva McGonagall und mit einem Wink ihres Zauberstabs flog der über und über mit kurzen Notizen bekritzelte Zettel aus Narcissa's Hand in die ihre.

Doreen und Ginger quiekten kurz, Narcissa jedoch hob nur die Augenbrauen und ihr Mund verzog sich unwillkürlich zu einem leichten Schmollen.

„Schön, schön... Nun, vielleicht habe ich ja nun endlich Ihre volle Aufmerksamkeit für meinen Unterricht... Und das bisher Versäumte werden Sie und ihre Freundinnen heute Nachmittag dann auch gleich noch nachholen, nicht wahr, Miß Black?"Die Lehrerin ging wieder zurück zu ihrem Pult und ließ die stumm protestierenden Slytherinmädchen sitzen.

Beim Mittagessen in der Großen Halle machten Doreen und Ginger ihrem Unmut allerdings etwas lauter Luft: „Diese Zicke! Wenn wir Gryffindors wären, hätte sie uns nur verwarnt!"

Narcissa seufzte und versuchte, die Kartoffeln auf ihrem Teller zu zerdrücken, bevor sie Sauce darüber goß. Sie hatte bisher noch nie nachsitzen müssen – und wenn sie an den Grund dachte, weshalb das Zettelchen heute so oft zwischen ihr und ihren beiden Freundinnen kursiert war, hätte sie schreien können vor Wut. Doreen und Ginger waren nämlich der Überzeugung, daß Walden Mcnair und Bobby Travers aus der Siebten hinter ihr, Narcissa, her waren und sie sich künstlich zierte... Und Narcissa zierte sich überhaupt nicht künstlich: sie konnte die beiden beim besten Willen nicht ausstehen.

In einem Punkt hatten Ginger und Doreen allerdings recht: die beiden Jungs waren tatsächlich hinter ihrer Freundin her – allerdings aus weit weniger romantischen Motiven, als die Mädchen vermuteten.

Lucius Malfoy hatte mit seinen Befürchtungen am ersten Schultag ebenso Recht gehabt: seit fast zwei Monaten nun machten sich seine Klassenkollegen nun schon zum Narren, Halloween stand vor der Tür und Mcnair und Travers hatten bisher nur erreicht, daß etliche andere in den höheren Klassen aufmerksam die verschiedenen Anmachversuche der beiden beobachteten – eine Gruppe Fünftklässlerinnen sollte sogar angeblich schon ein Notensystem zur Bewertung eingeführt haben...

Entsetzt lauschte er während des Essens den neuesten Plänen seiner Freunde: „... Sie muß heute bei McGonagall nachsitzen, das ist doch die Chance!", meinte Bobby Travers und grinste breit.

„Wie meinst du das? Sollen wir sie danach abfangen, oder wie?", fragte Mcnair und langte nach dem Brot.

„Nein, ich meine, wie werden auch nachsitzen! Wir haben doch nachher bei der Ziege, also machen wir etwas Blödsinn und..."

„Ihr seid vollkommen schwachsinnig, wenn ihr mich fragt.", mischte sich Lucius ein und machte Anstalten, vom Tisch aufzustehen, ohne den Nachtisch auch nur eines Blickes gewürdigt zu haben. Mcnair hielt ihn allerdings am Umhang fest. „Na, dann erzähl uns doch mal, wie DU es anstellen würdest!"

Und genau das war der Punkt, auf den Lucius keine Antwort wußte. Narcissa hatte ihn weit tiefer beeindruckt, als er am ersten Schultag dieses Jahr gedacht hatte. Immer wieder erwischte er sich dabei, wie er an sie dachte: wie sie ihren Perserkater im Zugabteil gestreichelt hatte, wie sie mit hoch erhobenem Haupt durch die Große Halle gerauscht war – und natürlich auch an ihre Contenance, die ungeschickten Versuche seiner Freunde, ins Gespräch mit ihr zu kommen, abzuwehren oder zu übersehen. Erst vor zwei Tagen hatten sie sich in ihrer Plumpheit selbst übertroffen: Bobby hatte Walden im Gemeinschaftsraum der Slytherins einfach zu ihr hinüber geschubst, damit sie angerempelt wurde. Und Narcissa hatte nur die Augenbrauen hochgezogen und war wortlos in den Mädchenschlafsaal gegangen. Ja, dieses Mädchen war etwas ganz Besonderes, das wußte Lucius – nur nicht, wie er sie selbst ansprechen sollte. „Wieso sollte ich überhaupt versuchen, sie anzusprechen?", antwortete er auf die Frage seiner Klassenkollegen und warf ein wenig den Kopf in den Nacken, bevor er nun endgültig den Mittagstisch verließ.

Manche Knuts fallen langsam, aber irgendwann kommen auch sie unten an – und Walden Mcnair und Bobby Travers hatten seit diesem Tag das Gefühl, daß Lucius Malfoy in gewisser Weise das gleiche Ziel verfolgte, wie sie.

~~~

„Ruhe!"

Professor McGonagall hatte für den heutigen Tag mehr als genug von den Eigenheiten der Schüler aus dem Hause Slytherin. Erst die Mädchen aus der sechsten Klasse, dann die Jungs aus der Siebten – und nun noch alle Störenfriede zusammen in ihrem Klassenzimmer beim Nachsitzen.

Lucius Malfoy war stocksauer auf seine Freunde Mcnair und Travers, die ihm freundlicherweise die Teilnahme an der „Nachhilfestunde"ermöglicht hatten. Sie hatten so viel Blödsinn gebaut, bis Malfoy sich entrüstete – und damit endgültig die Aufmerksamkeit der Professorin auf sich zog.

„Wir können das hier auch bis zum Abendessen ausdehnen, meine Herrschaften! Im Gegensatz zu Ihnen habe ich heute sonst keine Verpflichtungen!", ließ sich die Lehrerin schroff vernehmen und die Schüler schauten betreten auf ihre Pulte. Die täglichen Hausaufgaben in den höheren Klassen waren schon Belastung genug und selten konnten die Schüler sich einen ganzen Nachmittag frei davon nehmen.

Doreen und Ginger kicherten beizeiten hemmungslos auf und Walden und Bobby flüsterten beständig vor sich hin. Die einzigen, die tatsächlich konzentriert arbeiteten, waren Lucius und Narcissa – beide hatten es eilig, das Nachsitzen so kurz wie möglich zu halten. Fast wie ein Wink des Schicksals schien es, als sie beide gleichzeitig mit ihren Aufgaben fertig wurden und zum Pult der Lehrerin vorgingen, um sie abzugeben.

Professor McGonagall blickte beide versöhnlich an: „Schön. Ich werde Ihre Arbeiten korrigieren und sie Ihnen zu Ihrer nächsten Stunde bei mir zurückgeben. Und nun können Sie beide gehen, wenn Sie es möchten!"

Und ob die beiden mochten! Schnell griffen sie nach ihren Sachen und verließen das Klassenzimmer. Kaum auf dem Gang, atmete Lucius erleichtert auf: „Ich könnte die beiden umbringen! Wenn meine ‚Freunde' nicht gewesen wären, hätte ich mir die ganze Veranstaltung hier sparen können."

Narcissa erwiderte nichts, jedoch flog ein Lächeln über ihr Gesicht – sie hatte ungefähr das Gleiche über ihre Freundinnen gedacht gehabt.

„Wollen wir?", fragte Lucius und deutete an, ihr den Vortritt auf dem Weg zum Slytherinbereich zu lassen. „Weswegen warst du heute hier, Narcissa... das war doch dein Name, nicht wahr?"

Narcissa nickte und spürte, wie das Blut ihr ins Gesicht schoß – er hatte sich also tatsächlich ihren Namen gemerkt! „Ich bin auch nur Dank meiner ‚Freundinnen' in diesen unvergleichlichen Genuß geraten..."

Lucius lächelte breit – Erscheinung, Auftreten, Wortwahl: perfekt. Und nun hatte er heute sogar schon mehr Sätze mit ihr gewechselt, als Walden und Bobby in den letzten Monaten! „Ich heiße Lucius Malfoy, falls du dich erinnerst. Wir saßen zusammen im Zug..."

Natürlich erinnerte sich Narcissa: „Ja... Du warst der Junge hinter der Zeitung, den ich fast für stumm gehalten hätte. Im Gegensatz zu deinen ‚Freunden'..."Sie kicherte und Lucius grinste noch breiter. „Ja, die beiden können eine Plage sein... Sie verehren dich übrigens sehr!", sagte Lucius und biß sich sofort auf die Zunge – dummes Thema, ganz dummes Thema...

„Ach? Ist dem so? Hätte ich kaum bemerkt...", frotzelte Narcissa und lächelte höhnisch.

„Ich könnte ein Wörtchen mit ihnen reden, wenn sie dir zu aufdringlich werden. Ob sie dann allerdings aufhören, kann ich nicht versprechen...", versuchte er die Situation zu retten.

Narcissa blickte stur geradeaus und blieb vor der Geheimtür zum Gemeinschaftsraum der Slytherins stehen. Lucius beeilte sich, die Tür zu öffnen und überließ ihr wieder den Vortritt.

Sie war schon an dem Treppenaufgang zu den Mädchenschlafsälen angekommen, als sie sich noch einmal umdrehte: „Wenn du das tun könntest, wäre das sehr nett von dir. Sie nerven mich nämlich ziemlich."

Lucius nickte und schaute ihr noch eine Weile hinterher, als sie bereits um eine Ecke verschwunden war. ‚Beeindruckend. Wirklich und wahrhaftig beeindruckend!'