DISCLAIMER: Figuren, Ort und Geschichte gehören JK Rowling
Kapitel 1 - Beschwerden
"Mr.Potter, wenn ich Sie noch einmal dabei erwische, dass Sie in meinem Unterricht Briefe schreiben, halse ich Ihnen eine Strafarbeit auf, an der Sie das gesamte nächste Wochenende sitzen werden, haben Sie mich verstanden?" Professor McGonagalls Stimme klang schneidend, und eilig ließ Harry den Bogen Papier unter seinem Tisch verschwinden. Er straffte seinen Oberkörper und blickte in die dunklen, strengen Augen der Lehrerin.
"Professor, ich habe nur -" begann er, doch sie hob sofort ihre Hand, und Harry verstummte wieder. "Sie erledigen Ihre private Korrespondenz ausschließlich, und zwar ausschließlich, in Ihrer freien Zeit." "Aber- " versuchte Harry es erneut, doch es war vergebens "Ich darf Sie wohl daran erinnern, dass das nächste Wochenende Hogsmeade auf dem Programm steht, und sicherlich wollen Sie sich nicht von den allgemeinen Aktivitäten ausgeschlossen sehen?"
Im Klassenraum war es mucksmäuschenstill, als alle ihre Augen auf Harry richteten. Einige Gesichter hatten einen mitleidigen Ausdruck , andere einen eher schadenfrohen. Harry konnte die unterdrückte Neugier spüren, und errötete ein wenig. Nicht wenige unter seinen Mitschülern erinnerten sich noch immer lebhaft an das vorangegangene Schuljahr und die Art und Weise, mit der Harry mehr als einmal der damaligen Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste, Professor Umbridge, die Stirn geboten hatte.
Er warf Professor McGonagall einen wütenden Blick zu und setzte zu einer weiteren Entgegnung an, doch im selben Moment spürte er Rons Ellenbogen in seiner Rippe. " Harry, reiß dich zusammen." flüsterte er, "Du kannst das letzte Hogsmeade-Wochenende vor Weihnachten nicht sausen lassen, denk doch an die ganzen Weihnachtsgeschenke, die du kaufen wolltest." "Du meinst wohl, DEIN Weihnachtsgeschenk, was?" entgegnete Harry bissig, und einige der Mitschüler, die seine Bemerkung gehört hatten, grinsten. Ron sah ihn entrüstet an. "Natürlich nicht. Ich meine, nicht nur. Denk doch an Hermine und " Hier machte er eine dramatische Kunstpause, bevor er seine Stimme senkte, damit niemand sonst seine Worte hören konnte," Ginny." Harry wölbte die Augenbrauen, doch bevor er antworten konnte, unterbrach Professor McGonagall die beiden. "Wenn Mr.Potter und Mr. Weasley damit fertig sind, ihre Weihnachtsangelegenheiten zu diskutieren, würde ich gerne mit dem Unterricht fortfahren. Und ich warne Sie-" Ihr Augen blitzten bedrohlich. " Beim nächsten Brief oder einer privaten Unterhaltung werde ich Ihnen Hauspunkte abziehen und Sie außerdem an jedem Abend dieser Woche eine Strafarbeit schreiben lassen."
***
"Alte Hyäne!" schäumte Ron, als sie nach dem Unterricht den Klassenraum verlassen und zwischen sich und ihrer Verwandlungslehrerin einen angemessenen Abstand gelegt hatten. "Es wird immer schlimmer mit ihr. Es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn Sie eines morgens mit Hakennase und schwarzem Umhang vor die Klasse treten würde..." Harry mußte trotz seines Ärgers grinsen. "Ich habe auch schon überlegt, ob Snape seit kurzem auch Verwandlungen unterrichtet. Streng war sie schon immer, aber so wie im Augenblick habe ich sie selten erlebt."
Hermine, die schweigend neben den beiden hergegangen war, wandte ihren Kopf zu ihm um. "Das stimmt nicht ganz." sagte sie nur, doch bevor Ron und Harry die Bedeutung ihrer kryptischen Worte enträtselt hatten, wurden sie von Ginny und Luna unterbrochen, die ihnen auf der Treppe entgegenkamen. "Hallo Sechstklässler." sagte Luna mit gleichgültiger Stimme und drückte sich sofort an ihnen vorbei. Harry entging nicht, dass sie die neuste Ausgabe des Quibblers gegen ihre Brust drückte. Ron zwinkerte ihr zu. " Schön dich zu sehen, Kampfgefährtin." Dann entdeckte er ebenfalls das zusammengerollte Magazin in ihrer Hand und zog eine Augenbraue nach oben. "Na, gibt es wieder irgendwelche spektakulären Entdeckungen, über die sie berichten?" fragte er leicht hämisch." So etwas wie Bubbolierende Riesenmegatubbler oder Siebenschwänzige Siffelknuffler?" Harry und Ginny lachten, selbst auf Hermines Gesicht war die Andeutung eines Lächelns zu sehen, doch Luna schnaubte nur, strich ihre langen Haare zurück und stolzierte davon.
Die anderen sahen ihr nach, dann wandte sich Ron an seine jüngere Schwester. "Habt ihr jetzt nicht gleich Verwandlungen?" Als Ginny nickte, fügte Ron hastig hinzu: "Dann sei bloß vorsichtig und schreib keinen zweiten Brief an Harry. Die McGonagall ist in einer Stinklaune, und wenn sie dich erwischt, kannst du dir Hogsmeade für das nächste Wochenende von der Backe putzen." Harry spürte zu seinem großem Ärger, wie seine Wangen heiß wurden, als er Hermines forschenden Blick auf sich ruhen spürte. Ginny sah Ron verstört an. "Ist sie schon wieder in dieser Stimmung?" seufzte sie und Harry entging nicht, dass sie und Hermine einen schnellen Blick wechselten. Ron sah die beiden Mädchen verwirrt an. "Wieder? Was soll das heißen, wieder?"
Doch Ginny gab keine Antwort auf diese Frage, nachdem sie einen Blick auf ihre Uhr geworfen hatte. "Muß jetzt los, ich sehe euch beim Abendessen." Mir einer schnellen Bewegung griff sie nach ihrer Schultasche und lächelte ihnen ein letztes Mal zu, bevor sie sich auf den Weg zu ihrem Unterreicht machte. Harry, Ron und Hermine gingen den langen Weg hinunter zu den Kerkern, wo eine Doppelstunde Zaubertränke auf sie wartete.
***
Beim Abendessen saß Hermine neben Ginny und hörte nur mit halbem Ohr zu, wie Ron, der ihr am Tisch gegenübersaß, sich mit einer zunehmend lauter werdenden Stimme darüber echauffierte, dass Professor Snape ihm an diesem Nachmittag zehn Punkte für einen einzigen Nieser abgezogen hatte.
"Wegen Störung des normalen Unterrichtsablaufes." knurrte Ron. "Stell dir das einmal vor! Du hast es doch gehört!"
"Offensichtlich hat es dich nicht daran gehindert, den halben Abendbrottisch abzuräumen." entgegnete Hermine sarkastisch, während sie beobachtete, wie Ron den vierten Teller mit Kartoffelbrei und Gemüse füllte. Ron schnaubte nur, und Hermine schüttelte seufzend den Kopf. "Du könntest zur Abwechslung mal an andere Dinge denken als an die nächste Mahlzeit oder die Ungerechtigkeiten von Professor Snape." sagte sie mit ungewöhnlich sanfter Stimme. Ihr seltsamer Tonfall weckte Rons Aufmerksamkeit. Er ließ den Löffel sinken und schaute sie an. "Wie meinst du das?" fragte er. Zu seiner Verwirrung zuckte Hermine nur mit der Schulter. "Ich weiß nicht genau, ich meine das allgemein." gab sie zurück. Ron hatte sein Abendessen endgültig vergessen. " Allgemein." wiederholte er langsam. Harry neben ihm registrierte, wie Rons Ohren sich allmählich rot verfärbten, ein untrügliches Anzeichen dafür, dass er entweder verlegen oder wütend wurde.
Doch zu seinem Erstaunen bewahrte Ron dieses Mal eine ungewöhnliche Ruhe, als er sich an Hermine wandte. "Für den Fall, dass ich nicht ganz so vertrottelt bin, wie du offensichtlich annimmst, gehe ich davon aus, dass du mit "allgemein" die Tatsache meinst, dass ich mich nicht der allgemeinen Weihnachtsstimmung anschließe und das Gebot der Nächstenliebe nicht ganz so einhalte wie du? Das war es doch, was du meintest?" Harry warf seinem Freund einen verdutzten Blick zu, während nun Hermine an der Reihe war, heftig zu erröten. "So wollte ich es nicht ausdrücken, aber-" "Im Grunde ist es das doch, was du denkst, richtig?" unterbrach Ron sie. "Es tut mir leid, wenn ich deine weihnachtlichen Gefühle nicht teilen kann, Hermine. Auch nicht dein Verständnis für alles und jeden auf dieser Welt. Und ganz besonders nicht für gewisse Lehrer, die mit dem Weihnachtsgeist ungefähr soviel gemein haben wie ein Weasley mit einem Malfoy." Ron holt tiefe Luft. "Verzeih mir Hermine, wenn ich nicht über die gleichen Fähigkeiten verfüge wie du. Über deine Intelligenz, oder deine Art, sich in andere Leute einzufühlen." Er zuckte hilflos mit den Schultern. "Ich weiß es eben nicht besser."
Einen Augenblick herrschte gespannte Stille. Hermines Wangen waren noch immer rot, doch um ihre Mundwinkel zuckte es merkwürdig. "Das stimmt nicht, Ron." sagte sie leise, und Harry bemerkte, dass sie nun Rons Blick vermied. "Deine Ehrlichkeit ist ...ist..." Sie hielt inne, die Augen noch immer auf die Tischplatte vor ihr gerichtet. " Aber du machst es dir zu einfach Ron. Du ..du bist bestimmt nicht dümmer als ich. Aber weil du das immerfort denkst, gibst du dir..keine richtige Mühe, finde ich..." "Vielen Dank." schnappte Ron. Doch auch sein Gesicht zeigte eine verdächtige Rotfärbung.
Harry beschloss, dass es besser war, das Thema zu wechseln. "Da fällt mir gerade ein."sagte er und sah Hermine an. "Was hat Ginny heute Nachmittag gemeint, als sie fragte, ob Professor McGonagall schon wieder in dieser Stimmung sei?" Er runzelte die Stirn. Ron, der noch immer Hermine angestarrt hatte, schien sich aus seiner Gedankenwelt zu lösen. "Gute Frage." warf er ein. "Ich kann mich erinnern, dass du eine ähnliche Bemerkung darüber gemacht hast, Hermine."
Hermine, offensichtlich dankbar für diese Wendung in ihrer Unterhaltung, stützte ihr Gesicht gedankenvoll auf ihre Hände. "Ginny und ich haben damit lediglich angedeutet, dass es nicht das erste Mal vorkommt, dass Professor McGonagall so unglücklich ist." Ginny, die eben noch in ein Gespräch mit Neville vertieft gewesen war, wandte ihre Aufmerksamkeit den anderen drei zu. "Hermine und mir ist es bereits letztes Jahr aufgefallen." sagte sie ruhig. "Und im Jahr davor auch."ergänzte diese, und Ron und Harry starrten die beiden verblüfft an. "Wollt ihr damit sagen." fragte Harry stirnrunzelnd.," dass -" Doch schon war er von Ron unterbrochen worden. "Unglücklich?" rief er und sah abwechselnd Hermine und seine Schwester an. "Das könnt ihr unmöglich ernst meinen? Dieser Drachen?" Hermine verdrehte die Augen. "Siehst du, Ron? Genau das habe ich gemeint. Du gibst dir nicht im geringsten die Mühe, dich in andere Leute hineinzuversetzen..." "Ach ja?" sagte Ron giftig. "Und du willst immer die ganze Welt verstehen müssen, ungeachtet der Tatsache, dass vielleicht nicht jeder von dir verstanden werden möchte!"
Doch jetzt wirkte Ginny verärgert. Sie sah Hermines betroffenen Gesichtsausdruck und fuhr Ron an: "Kannst du es nicht mal stecken lassen?"Sie schüttelte den Kopf. "Eure ständigen Stänkereien können einen wirklich auf die Nerven gehen. "Hört, hört!" warf Harry ein und grinste. Ginny lächelte ihm flüchtig zu. Ron sah etwas versöhnlicher drein. "Also gut." sagte er. "Schön. Nehmen wir an, Eure Hypothese stimmt. Die gute McGonagall ist unglücklich und deswegen besonders rachsüchtig gestimmt -" "Der Punkt ist, dass dies offenbar vor allem in der Weihnachtszeit geschieht.."sagte Hermine leise. Ron stieß ein Schnauben aus. "Das wäre nichts ungewöhnliches. Wie viele Leute hassen Weihnachten, weil sie niemanden haben, weil sie kein Geschenk bekommen oder diese ganzen Sentimentalitäten hassen?" "Ich denke, damit kommst du der Wahrheit vielleicht schon sehr nahe." entgegnete Hermine, und Ginny nickte zustimmend.
Harry warf einen Blick hinüber zum Lehrertisch am Ende der Großen Halle. Das Abendessen war beinah beendet, und die Reihen an den verschiedenen Schülertischen begannen, sich merklich zu lichten, doch die Lehrer waren noch immer vollständig versammelt. Am linken Ende der langen Tafel waren Hagrid und Professor Sprout in eine Unterhaltung vertieft. Der kleine Professor Flitwick war noch am essen, während die Arithmantiklehrerin und Professor Sinistra sich soeben lachend und scherzend erhoben. Daneben konnte Harry Snape erkennen, der mit seiner üblichen mürrischen Miene die noch anwesenden Schüler beobachtete. Ganz in der Mitte saß Albus Dumbledore, und neben ihm Minerva MCGonagall. Harry fand, dass diese nicht sonderlich unglücklich oder unzufrieden wirkte. In diesem Augenblick lehnte Dumbledore sich zu ihr hinüber und schien ihr etwas zuzumurmeln, was die ältliche Lehrerin mit einem kurzen Nicken quittierte.
Harry sah Hermine an. "Ich glaube, ihr reimt euch etwas zusammen, ihr beiden."sagte er mit fester Stimme. "Schön, es mag Menschen geben, die mit Weihnachten nicht viel anfangen können. Und ich denke, daran vermag keiner etwas zu ändern. Auch ihr nicht." "Wir müssen eben zusehen, dass wir dieses Jahr wieder den Quidditchpokal gewinnen."sagte Ron, und seine Augen begannen zu glänzen. "Es gibt nichts, was die McGonagall glücklicher machen würde, oder?" Grinsend sah er sich in der kleinen Runde um. "Wo Ron Recht hat, hat er Recht."pflichtete Harry ihm bei. "Nehmt es mir nicht übel, Mädels. Aber glaube einfach nicht, dass Professor McGonagalls Privatleben unsere Sache ist." Halb rechnete er damit, dass Ginny und Hermine wütend aufbegehren würden, doch dies war nicht der Fall. Stattdessen wölbte Hermine eine Augenbraue, und erhob sich dann. "Schön." sagte sie hoheitsvoll. "Ich wusste ja von Anfang an, dass so eine Sache wieder an uns Frauen hängen bleibt. Komm, Ginny! Ron, Harry - wir sehen uns dann ja oben."
"Was- " begann Ron, doch Hermine winkte ihnen kurz zum Abschied zu, dann verließen die beiden Mädchen die Halle. Harry starrte ihnen nach, während Ron den Kopf auf seine Arme sinken ließ und einen Seufzer ausstieß. "Haben wir es uns mal wieder mit den beiden vermasselt?" fragte er schwer. Harry sah ihn unsicher an. "Ich glaube nicht. Höchstens werden sie wieder denken, wie unnütz wir Jungs manchmal sein können."
Rons griesgrämige Miene hellte sich plötzlich wieder auf. Er klopfte Harry freundschaftlich auf die Schulter. "Laß uns erst mal den Quidditchpokal zum zweiten Mal in Folge gewinnen, dann werden sie auch ihrer Meinung über uns wieder ändern." "Vielleicht" sagte Harry. "Aber ich frage mich ernsthaft, was die beiden wohl aushecken." "Vielleicht Professor McGonagall ein Weihnachtsgeschenk kaufen." sagte Ron achselzuckend. "Und wenn die beiden schon die barmherzigen Samariter spielen, dann könnten sie Snape zu Weihnachten gleich ein neues Haarshampoo schenken, falls das überhaupt noch anschlägt." Er grinste schadenfroh und nahm dann einen letzten herzhaften Schluck Kürbissaft.
"Und hier kommt MEIN Weihnachtsgeschenk an Sie, Weasley." sagte eine eisige Stimme direkt hinter ihnen. Ron prustete, und der Saft spritzte über die weiße Tischdecke. " 20 Punkte Abzug für Gryffindor wegen Lehrerbeleidigung." Snapes schmale Lippen hatten sich zu einem fiesen Lächeln verzogen, doch Harry konnte den unterdrückten Ärger in seinen schwarzen Augen erkennen. Ron stöhnte. "Und wenn ich noch einmal eine ähnliche Bemerkung zu hören bekommen sollte, können Sie sich darauf freuen, die restlichen Abende vor Weihnachten in meinem Büro zu verbringen und meine spezielle Schleimkriechersammlung zu sortieren. Schönen Abend, die Herren." Er dreht sich um und verließ mit schnellen Schritten die Halle.
"Ich sehe", sagte Ron gedehnt, " dass unsere Lehrer das Fest der Liebe kaum erwarten können." Er sah Harry düster an. "Meinst du, sie werden es doch noch ganz absagen?"
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So, ich hoffe, das zweite Kapitel hat gefallen... Könnte sein, dass es etwas zu lang ist.... Was Hermine wohl vorhat? Hat sie überhaupt etwas vor? Wir werden sehen...*gg*
