Als erstes möchte ich mich an dieser Stelle für die beiden allerersten Reviews von Ciriana und Liesel bedanken! Und dann waren sie auch gleich so lieb *sich freut* Ich wußte bisher nicht, dass es so "erhebend" sein kann, Rückmeldung zu kriegen. Sogar so erhebend, dass ich alle fünf Minuten verstohlen nachgucke, ob noch eine Review gekommen ist *gggggg* Und jetzt kommt schon das zweite Kapitel, welches wieder der älteren Generation gewidmet ist. Viel Vergnügen!
Disclaimer: Alle Personen und Orte, auf denen die Handlung basiert, gehören JK Rowling
Kapitel 2 - Vergangenes ist vergangen
Minerva McGonagall ging den langen Gang hinunter, an dessen Ende sich der alte Wasserspeier befand, hinter dem eine lange, enge Wandeltreppe zu dem Büro des Schulleiters hinaufführte. In ihrer Hand hielt sie den Notizzettel, den ihr eine der Schuleulen wenige Minuten zuvor gebracht hatte. Es hatten nur wenige Zeilen auf dem Papier gestanden, ganz so, wie sie es seit Jahren von Albus Dumbledore gewohnt war, wenn er sie - was häufig vorkam- in sein Büro einlud, um bei einer Tasse Tee über die Angelegenheiten der Schule zu sprechen. Als seine Stellvertreterin gehörte sie zu seinen engsten Vertrauten und geschätzten Beratern, und im Laufe langer Jahre hatte sie fast ebensoviel Zeit in seinem Büro wie in ihrem eigenen verbracht.
Ihre regelmäßigen Treffen bei einer heißen Tasse Tee waren darüber hinaus jedoch auch zu einem Ritual geworden. Einem Ritual zwischen zwei engen Freunden, die einander so gut kannten und vertrauten wie kaum zwei andere Menschen. Sie waren zusammen alt geworden, hatten gemeinsam das Schicksal der Schule miterlebt, hatten Seite an Seite gegen die Dunkelheit unter der Herrschaft von Lord Voldemort gekämpft und taten dies nun erneut.....
Durch die hohen Fensterbogen drang das Licht eines verhangenen, kalten Nachmittags.Dunkle Wolken ballten sich über den Baumwipfeln des Verbotenen Waldes, und in der Entfernung konnte sie die Schüler erkennen, die von der letzten Unterrechtsstunde des Tages- Pflege Magischer Geschöpfe- kamen und in Richtung Eingangstor strömten. Alle trugen Mützen und Handschuhe, und Professor McGonagall konnte an den vielen hochgezogenen Schultern und verschränkten Armen erkennen, wie kalt es nun - kurz vor der Dämmerung- sein musste.
Nachdem sie dem Wasserspeier das Passwort gesagt hatte, stieg sie die schmale Treppe hoch und klopfte wenige Augenblicke später an die Bürotür von Dumbledore. Als sie in dessen freundlichen, warmen Raum trat, stand der alte Zauberer über einen dampfenden Teekessel gebeugt und hatte ihr den Rücken zugewandt. Er drehte sich jedoch sofort zu ihr um und lächelte.
"Ah, Minerva. Schön, Sie doch noch zu sehen. Ich glaube, das war das allererste Mal in all den Jahren, dass ich Ihnen eine zweite Eule schicken musste, um Sie an unseren Tee zu erinnern." Er wölbte seine weißen Augenbrauen. "Sie hatten es doch nicht vergessen?"
Die Lehrerin schüttelte den Kopf. "Gewiss nicht, Albus." seufzte sie. "Es muss an der Weihnachtszeit liegen, denke ich. Ich habe zuviel um die Ohren." Sie machte es sich in einem der Lehnstühle bequem und nahm die Teetasse entgegen, welche ihr Dumbledore entgegenhielt. Sie nippte vorsichtig an dem heißen Getränk und sah dann den Schulleiter erstaunt an. "Ich muss sagen, dass Sie mittlerweile ziemlich genau wissen, wie viel Honig ich in meinem Tee haben möchte, mein Lieber", stellte sie fest, und ihre Lippen zeigten die Andeutung eines Lächelns. Dumbledore hatte sich ihr gegenüber in einen Sessel sinken lassen und rührte bedächtig seinen Tee um. "So lange, wie wir uns bereits kennen, wäre es schon höchst ärgerlich, wüsste ich nicht, womit ich Ihnen eine Freude bereiten kann." erwiderte er schmunzelnd.
Eine Weile tranken beide schweigend ihren Tee. Im Kamin knackte und knisterte es, und die Flammen tanzten um die großen Holzscheite. Fawkes, Dumbledores Phoenix, saß auf seiner Stange und döste vor sich hin. Der Widerschein des Feuers tauchte sein glänzendes Gefieder in goldenes Licht und ließ ihn im diffusen Licht des Spätnachmittages fast unwirklich erscheinen. Minerva lehnte ihren Kopf nach hinten und schloß kurz die Augen. Die Ruhe hier oben, weitab von der hektischen Betriebsamkeit der Unterrichtsräume, empfand sie als wohltuend.
Dann räusperte sich Dumbledore und stellte seine Tasse neben sich auf den Tisch. "Ich würde gerne wissen, Minerva, wie es Harry im Augenblick geht." sagte er dann unvermittelt, und die Realität kehrte zurück. Er verschränkte die Finger in seinem Schoß und schaute sie nachdenklich an. "Besonders das letzte Jahr war sehr schwierig für ihn. Und ich bin mir weiß Gott darüber bewusst, dass dies nicht zuletzt an den Entscheidungen lag, die ich damals getroffen habe..." Er zögerte, während Minerva ihn aufmerksam musterte. "Ich habe Ihnen niemals wirklich erzählt, worüber ich mit Harry damals gesprochen habe, an jenem Abend, als Voldemort im Ministerium aufgetaucht ist. Er war zutiefst verstört, gab sich die Alleinschuld an Sirius Blacks Tod.." Er lächelte, doch es war ein trauriges Lächeln. "Es war kurz davor, mein Büro in sämtliche Einzelteile zu zerlegen, und ich konnte es ihm nicht verdenken. Ich dachte, er würde daran zerbrechen."
"Mr. Potter geht es gut, soweit ich das beurteilen kann." sagte Minerva brüsk, doch ihre dunklen Augen ruhten auf dem alten Mann, und leichte Sorge lag in ihnen. "Hängt mit seinen Freunden zusammen, schenkt dem Unterricht nur beiläufig Aufmerksamkeit, nimmt aber wenigstens das Quidditchtraining ernst." Sie seufzte resigniert. "Er nutzt sein Potential nicht vollständig aus, fürchte ich." Dumbledore sah sehr ernst aus. "Davon spreche ich unter anderem, Minerva. Ich vermute, er WILL seine Möglichkeiten nicht ausschöpfen, da er vielleicht Angst hat, seine Freunde damit erneut in Gefahr zu bringen. Ich glaube, Harry wenigstens ein bißchen zu kennen. Seine Schuldgefühle beschäftigen ihn zu stark, als dass er in nächster Zukunft weitere Risiken eingehen würde.
"Eine sehr vernünftige Idee."entgegnete Minerva trocken, doch Dumbledore schüttelte den Kopf. "Voldemort wird erneut versuchen, Harry in seine Gewalt zu bringen." sagte er leise. "Und jetzt wünschte ich, ich wäre viel früher Harry gegenüber offen gewesen, ich alter Narr." Minerva starrte ihr Gegenüber einen Moment lang stumm an. "Sie werden in nicht geringerem Maße von Schuldgefühlen geplagt." sagte sie dann seltsam sanft.
Dumbledore erwiderte ihren forschenden Blick und nickte dann. "Ich kann es nicht verleugnen." sagte er und sah plötzlich sehr müde aus. "Ich habe diesem Jungen gegenüber immer eine besondere Verbundenheit verspürt, die mein Handeln bestimmt hat. Ein Fehler, wie es sich ja in diesem Jahr herausgestellt hat. Meine Subjektivität - " "Ihre FÜRSORGE" unterbrach ihn Minerva energisch, um dann in leiserem Tonfall fortzufahren: "Albus, da ist nichts Falsches an Mitgefühl oder Liebe. Dies waren, soweit ich mich erinnern kann, Ihre eigenen Worte. Sie wollten Mr.Potter nur vor weiterem Leid schützen, wer kann Ihnen daraus einen Vorwurf machen? Nach allem, was bereits vorher passiert war?"
Dumbledore stand auf, um sich eine weitere Tasse Tee einzuschenken. " Harry mußte sehr schnell erwachsen werden, zumindest schneller als seine Freunde. Er hat mir letzten Juni unmissverständlich klargemacht, dass ich dies respektieren soll. "Er drehte sich zu Minerva um. "Und dies werde ich auch tun. Ich werde ihm jeden nur erdenklichen Schutz und jeden Rat geben, den die Situation verlangt -aber auch, was Harry verlangt. Das bin ich ihm schuldig." Er ließ sich wieder in seinem Sessel nieder und trank einige Schlucke. Minerva musterte ihn verstohlen. Die alten Hände, die die Teetasse hielten, zitterten nicht. Seine Bewegungen waren ruhig und klar, und dennoch.............Es gab Momente, in denen sein Alter unvermittelt zum Ausdruck kam, in denen seine noch immer so klaren Augen müde und abwesend wirkten. Ihr Herz krampfte sich zusammen. Und dann tat sie etwas, das sie seit Jahren nicht mehr getan hatte. Sie beugte sich ein wenig vor und legte ihre Hand auf die seinige. Ein wenig überrascht hob er den Kopf und begegnete ihrem Blick. In ihren Augen las er Verständnis, Mitgefühl und -etwas, das nicht zu deuten war. Etwas Neues und gleichzeitig Altvertrautes.
"Albus." sagte sie leise. "Es ist ein Glück für die ganze Schule, dass Sie hier sind." Seine Hand umfasste ihre Finger und drückte sie sanft. Minerva spürte, wie ihr plötzlich ein Kloß in der Kehle saß. Sie hatte vergessen, wie warm sich seine Haut anfühlte. Sie sah die kleinen Venen, die sich unter der Haut entlangzogen, sah die Altersflecken hier und da. Ja, es waren alte, doch sehr starke Hände. Und sie spürte das lebendige Blut, dass in ihnen pulsierte. `Seine Hände sind schön..´ dachte sie. `Lieber Gott, sie sind es wahrhaftig.` Doch sie hütete sich, diesen Gedanken auszusprechen. "Ich danke Ihnen, Minerva." sagte Dumbledore sanft. Sie räusperte sich kräftig, um diesen Kloß, der so hartnäckig in ihrem Hals saß, zu vertreiben. "Ich meine es ganz ernst, Albus." erwiderte sie leise. " Sie haben ein gütiges Herz. Sie machen, dass alles um uns herum weniger...weniger.... kalt ist." Sie senkte den Kopf und biss sich auf die Lippen. Soviel hatte sie nicht sagen wollen. Was war in sie gefahren, ausgerechnet jetzt, da sie beide derartige Themen weit hinter sich zurückgelassen hatten?
Noch immer hielt er ihre Hand fest. Er schwieg, doch ein Ausdruck lag in seinen blauen Augen, den sie kaum ertrug. Es war ein Ausdruck, den sie schon einmal in seinen Augen gesehen hatte, an einem anderen Dezembertag. Doch dies konnte nicht sein, durfte nicht sein...
Sie zog ihre Hand zurück, und augenblicklich war der schreckliche Bann gebrochen. Sie griff nach ihrer Teetasse , wobei sie sorgfältig vermied, ihm in die Augen zu sehen. Nun, da sie seine Hand nicht mehr unmittelbar auf der ihren spürte, konnte sie wieder klar denken. "Entschuldigen Sie meine Unbeherrschtheit, Albus." sagte sie kurz. "Diese Weihnachtszeit verwirrt mich." "Oh, ich denke, sie bringt uns alle ein wenig durcheinander."sagte Dumbledore fröhlich, doch als Minerva ihm flüchtig ins Gesicht sah, vermeinte sie für den Bruchteil einer Sekunde so etwas wie Schmerz in seinen Augen zu sehen. `Lass es gut sein, Minerva.´schalt sie sich selbst. `Was vergangen ist, ist vergangen.´
Dumbledore Stimme unterbrach sie in ihrem Gedankengang. "Ja" sagte er und räusperte sich kurz, "Da wäre noch etwas, worüber wir reden sollten. Noch etwas Tee, Minerva?" Sie nickte und reichte ihm ihre Tasse herüber. Er füllte sie auf und sie nahm sie zurück. "Was meinen Sie, Albus?" fragte sie und versuchte das Gefühl von Unbehagen, welches in ihr hochstieg, zu ignorieren. Doch zu ihrer Erleichterung traf ihre Befürchtung nicht zu. Dumbledores eben noch sehr nachdenklich wirkende Augen blitzen schelmisch. "Nun, wir sollten uns vielleicht über den Weihnachtsball unterhalten, den ich für dieses Jahr vorgesehen habe. Meinen Sie, die Schüler werden von dieser Idee angetan sein?" Und zum ersten Mal an diesem Nachmittag lächelte Minerva McGonagall völlig unbefangen. "Ich schätze, die Schülerinnen würden Ihnen dafür um den Hals fallen wollen. Bei den männlichen Herrschaften bin ich mir da nicht so sicher...." Dumbledore erwiderte ihr Lächeln. "Ich weiß, dass bei einigen eine gewisse Abneigung besonders gegenüber dem Tanzen herrscht, aber ich vertraue da ganz den jungen Damen. Sie werden ihren Mitschülern schon Beine machen..."
So verbrachten sie eine weitere Stunde damit, die Vorbereitungen für den Weihnachtsball zu planen, während die Flammen im Kamin kleiner wurden, und sich draußen die eisige Dunkelheit über die Schule legte. Und als in dem alten Schloß immer mehr Kamine angezündet wurden und das Licht einladend die vielen hundert Fenster erhellte, fielen draußen unmerklich und sachte die ersten Schneeflocken.
