Als Lily genauer hinhörte, bemerkte sie, dass er nicht mit dem Schwein sprach, sondern ihm

etwas vorsang. Noch schlimmer. War er jetzt völlig bescheuert? Potter hatte sie gehört und

sah auf. Als er Lily entdeckte, wurden seine Augen groß und sein Gesicht wurde rot. Ihm

wurde klar, dass sie ihn gehört hatten. Sirius schien nichts daran zu finden, dass sein Freund

kleinen Ferkeln Schlaflieder vorsang. "Lily bleibt für den Rest der Ferien!" verkündete er und

feixte angesichts James völlig verwirrten Gesichts. "Aber." begann er und fuhr sich unruhig

durch die Haare. Er war offensichtlich sprachlos. Lily konnte sich vorstellen, wie er sich

fühlte. Sie hätte auch nicht gewusst, was sie tun würde, wenn er plötzlich in ihrem Zimmer

stehen würde und verkünden würde, die Ferien bei ihr zu verbringen.

"Lil's hat im Tropfenden Kessel gewohnt. Heute Nachmittag haben ein paar Todesser da

drinnen alles demoliert", erklärte Sirius. "Dein Dad hat mich da rausgeholt. Dumbledore

wollte gerne, dass ich hier bleibe", fügte Lily hinzu, um klarzustellen, dass sie nicht auf

eigenen Wunsch hier war. James nickte langsam. "Okay." begann er unsicher. "Weißt du,

wo dein Zimmer ist?" "Sirius hat mir eben alles gezeigt," sagte sie entschieden. Sie musste

sich erst daran gewöhnen, "Sirius" und "James" zu sagen, da sie vorher nur als "Potter" und

"Black" von ihnen gesprochen hatte. Aber so konnte sie die beiden ja schlecht anreden.

Nervös sah sie sich in dem Zimmer um. Von der vorbeirasender Landschaft am Fenster wurde

ihr schlecht. James bemerkte es und machte eine kleine Handbewegung.

Plötzlich stand der Raum still, die Rauchschwaden entschwanden und die blitzenden Sterne

zogen sich an die Zimmerkuppel zurück, wo sie sich zu den blauen Blasen gesellten.

"Besser?" fragte er höflich. Im gleichen Moment gab das kleine Ferkel vor ihm ein lautes

Wimmern von sich und fing an, seine Hände mit seiner kleinen rosa Schnauze anzustupsen.

Lily entdeckte jetzt erst, dass es in einer Art Hundekorb lag. "Das ist Mad Mag, oder einfach

nur Maggie", stellte James vor und strich über den rosa Kopf. "Äh- wieso hast du denn ein

Schwein in deinem Zimmer?" fragte Lily vorsichtig. Dieser Junge wurde ihr immer

unheimlicher. Es reichte nicht schon, dass er urplötzlich verschwinden konnte und an den

unmöglichsten Orten in Hogwarts wieder auftauchte und eine krähende Schildkröte besaß,

nein, er hatte auch ein verrücktes Schwein!

"Oh, eigentlich gehört sie in den Stall. Ma will nicht, dass sie im Haus ist, aber sie fühlt sich

hier so wohl. Sie war das Schwächste von allen und musste deshalb mit der Flasche

aufgezogen werden. Sie schläft hier bei mir." Fast trotzig starrte James sie an, als wolle er

allen Zweifel an Maggies Berechtigung, hier zu sein, beseitigen. Lily zwang ihre

Gesichtsmuskeln zu einem Lächeln. "Schon okay." "Gehst du jetzt auspacken?" wollte Sirius

wissen. Lily nickte und drehte sich um. "Bis später", warf sie den Jungen zu, bevor sie

verschwand. James starrte ihr nach.

"SIRIUS!!!" Nur wenige Augenblicke später hallte James Schrei durch das Haus. Lily hielt in

ihrer Tätigkeit inne und seufzte. Das würde doch wohl bitte nicht die ganzen Ferien über so

gehen! Irgendetwas krachte. Es hörte sich nach einer zerbrochenen Fensterscheibe an. Danach

rannte irgendwer mit Hochgeschwindigkeit die Treppe herunter und knallte unten gegen die

Wand. Von irgendwo kam ein heller Pfeifton etwas Schweres schleppte sich die Stufen hoch.

Lily überlegte, ob sie einen Blick hinauswagen sollte, ließ es dann aber bleiben. Kein

Wunder, dass James so komisch geworden war, in so einem Haus! Sie hatte schnell

herausgefunden, dass sich das Zimmer von alleine aufräumte, dass es anscheinend keine

Lampen gab und dass offensichtlich die innere Türklinke fehlte. Als sie es zuerst bemerkte,

hatte sie begonnen, hektisch an der Tür herumzufummeln, kurz vor einer Panikattacke.

Erst als sie klar und deutlich dachte, sprang die schwere

Holztür auf wie von Geisterhand. Danach hatte sie sich wieder abgeregt und begonnen, ihre

Sachen auszupacken. Der Schrank erschien ihr zuerst etwas klein, aber es war viel mehr Platz

darin, als es von außen erschien. Während sie ordentlich eine Hogwartsuniform faltete, sang

sie leise vor sich hin.

"I'm all alone, and finally I'm getting stronger If you come to see just what I can be I'm getting stronger"

Ihr fiel auf, wie wenig Kleidung sie im Grunde hatte. Der große Koffer mit ihren Schulsachen

beinhaltete alles, was sie besaß, außer dem Gold in Gringotts. Dieser kleine Haufen war ihr

ganzes Sein.

In die hinterste Ecke legte sie die wenigen Muggelkleider, die sie hatte. Eine Jeans, Zwei

Blusen und einen Rock. Davor kamen ihre Hogwartssachen; Schwarze Umhänge aus dickem

Stoff für den Winter und etwas dünnere für den Sommer, darunter ebenso schwarze Roben

mit dem Hogwartswappen darauf. Außerdem gab es noch den grauen Pullunder über der

weißen Bluse und den schwarzen Rock, alles ebenfalls mit Hogwartswappen. Letztes Jahr

hatte sie sich einen Schal in den Gryffindorfarben gestrickt: Rot-gold. Das einzige, was Farbe

in den Schrank brachte.

Alles andere war schwarz, schwarz und - oh Überraschung- schwarz. Das hatte nichts mit

Trauer zu tun. Schwarz war einfach nur dunkel, unauffällig, und, wie Lily fand, eine der

schönsten Farben, die es gab.

Sie räumte ihre Schulbücher in das kleine Regal und stellte die übrigen Geräte, die sie für den

Unterricht brauchte, daneben. Dann zog sie sich das dicke Buch über Keltenmagie heraus und

begann zu lesen. Fast hätte sie den Ruf zum Abendessen überhört.

"Und, was hast du heute vor?" Sally wandte sich freundlich Lily zu, die gerade die letzten

Krümel ihres Frühstücks vom Teller beseitigte. James und Sirius waren sofort nach dem

Essen aufgesprungen und verschwunden, mit leuchtenden Augen in grinsenden Mündern.

Offensichtlich wieder irgendeine Dummheit im Sinn. Lily zuckte die Schultern. "Ich weiß es

noch nicht", gab sie zu, "Vielleicht etwas lesen." "Du kannst dich gerne an unserer Bibliothek

bedienen. Sie ist natürlich lange nicht so groß und vielfältig wie die von Hogwarts, aber

einige interessante Bücher sind schon dabei." Sally deutete auf eine große Regalwand im

Wohnzimmer, die voll gefüllt mit dicken, Ledergebundenen Büchern stand. Lilys Blick

huschte hinüber und wieder zurück. "Und falls du dich für Verwandlungszauber und alles,

was mit Regelbrecherei zu tun hat, interessierst, dann wirf mal ein Blick in James

Sammelung. Ich will lieber gar nicht wissen, was er sich da oben alles an Zauberformeln

angesammelt hat." Sally nickte mit dem Kinn zur Decke.

"Ich wird's mir überlegen. Dankeschön für das Angebot." Lily lächelte sie an und ging dann

hoch in ihr Zimmer. Dort setzte sie sich an den kleinen Schreibtisch und überlegte, was sie

jetzt anfangen sollte. Sonst war sie immer in die Winkelgasse gegangen, dann hatte sie sich in

ihrem kleinen Zimmer im Tropfenden Kessel verkrochen und gelesen, weil es draußen zu

gefährlich war. Hier hatte sie keine Winkelgasse vor der Tür, dafür aber auch keine Gefahr.

Außer vielleicht, Ziel eines von Sirius und James Scherzen zu werden. Aber damit konnte sie

leben. Sie hatte auch die letzten sechs Jahre in unmittelbarer Nähe der beiden überlebt, warum

sollten ein paar Ferienwochen Tür an Tür das ändern? Ihr Blick schweifte aus dem Fenster

über die Hügelige grüne Landschaft. Sich draußen mit einem Buch in die Sonne legen.

endlich mal wieder in aller Ruhe die Freizeit genießen können, ohne Prüfungsstress und

Todessergefahr. Kurz entschlossen schnappte sie sich ihr Buch über Keltenmagie und ging

wieder die Treppe hinunter. Sie fand Sally ihn einem Raum hinter dem Spiegel im Flur im

Erdgeschoss. Sirius hatte gesagt, er wäre ihr "Arbeitszimmer".

Tatsächlich lagerten sich an der einen Seite Stoffe und Garne, an der anderen Seite hingen

Pergamente mit Zeichnungen an der Wand. Ein großer Schreibtisch stand dort, und eine

elegante weiße Feder war dabei, von alleine etwas aufs Pergament zu pinseln. Sally stand in

der Mitte des Raumes und drapierte mit Hilfe ihres Zauberstabs eine moosgrüne Stoffbahn

über einen Holztorso. "Äh." begann Lily. Sally sah auf. "Oh Lily", lächelte sie, "Was kann

ich für dich tun?" "Ich wollte nur fragen, ob ich draußen irgendwo lesen kann. ist das hier

ihre Arbeit?" fragte sie neugierig. Sally lächelte noch breiter, diesmal mit deutlichem Stolz.

"Ja. Ich arbeite für einen internationalen Modeverband als Designerin. Das hier ist die neuste

Mode aus Salem, für die Englische Durchschnittshexe etwas umgestaltet." Sie deutete auf den

Stoff über der Puppe.

Lily konnte jetzt erkennen, dass es sich hierbei um eine Robe handele, allerdings eine, wie sie

sie noch nie gesehen hatte. Der Schnitt war viel freizügiger und lockerer, als sie es gewöhnt

war, und alles in allem schien es sich mehr um ein Kleid als denn um eine Robe zu handeln.

Trotzdem war sie wunderschön, und das sagte Lily auch. Sally bedankte sich lachend. "Hier,

dass ist mein neuster Entwurf, aber ich habe ihn bis jetzt nur auf Papier." Sie ging herüber

zum Schreibtisch und holte ein Stück Pergament. Lily betrachtete es interessiert. "Wow!"

entfuhr es ihr. "Aber das ist wahrscheinlich ziemlich teuer, oder? Ich könnte es mir nie

leisten, so etwas zu tragen. In Echt muss es noch beeindruckender sein." "Wenn du einen

Augenblick wartest, kannst du es sehen." Sally zwinkerte ihr verschwörerisch zu und deutete

auf einen Sessel neben der Tür. Lily ließ sich darauf nieder, ihr Vorhaben zu lesen ganz

vergessen.

Sally ließ den Holztorso mit der Salemrobe durch ein Schnippen ihres Zauberstabes zur Seite

gleiten und wandte sich dann dem Schrank mit den Stoffen zu, das Pergament in der Hand.

Lily erwartete, dass sie jetzt verschiedene Bahnen herausholen würde und anfangen würde, zu

nähen, aber da hatte sie sich getäuscht. "Das hier ist mein ganz spezieller Zauber für die

ersten Entwürfe. Die Roben in den Geschäften werden aber von Hand gemacht." Sally machte

eine komplizierte Bewegung mit ihrem Zauberstab und deutete dann auf das Pergament mit

dem Entwurf, während sie leise eine Zauberformel sang. Die Spitze ihres Stabes berührte das

Pergament, als sie ihn wieder erhob, schienen schwarze Fäden daran zu kleben. Mit einem

Heftigen Ruck löste sie sie vom Papier und deutete mit dem Stab auf die Stoffe. Wie lange,

dünne Schlangen schossen die Fäden auf sie zu. Ein Weinroter Stoff schob sich hervor und

breitete sich auf, und die Fäden schossen darauf zu. Fasziniert beobachtete Lily, wie sie im

Stoff verschwanden und ordentliche Nähte bildeten.

Andere Stoffe kamen hinzu, weitere Fäden. Sie änderten ihre Farbe, und an einer Stelle

begannen sie eine Goldstickerei. In der Luft drehte und wendete sich das irre Gebilde wie ein

lebendes Tier. Schon nach kurzer Zeit konnte Lily die Form der Robe erkennen; und nach

kaum Zehn Minuten hing das fertige Kleidungsstück faltenlos und ordentlich in Sallys

Händen, als ob sie es gerade gebügelt aus dem Schrank genommen hätte. "Möchtest du es

anprobieren?" fragte sie. Lily registrierte zuerst überhaupt nicht, dass sie gemeint war. "Wie,

ich? Aber. ich kann doch nicht." entgeistert starrte sie auf den leichten Stoff, der sich

plötzlich in ihre Hände schmiegte. "An einem Lebenden Modell sehen sie immer besser aus,

als an diesem leblosen Holzding. Komm schon!" Sally schob sie aufmunternd zu einem

Wandschirm. Lily gab jeden Widerstand auf und zog sich ihre schwarze Hogwartsrobe aus.

Dann schlüpfte sie in das neue Gewand, welches immer noch von der Magie leicht warm war.

Es passte perfekt. Schüchtern trat sie hervor.

Sally klatschte beigeistert in die Hände. "Liebling, du siehst wundervoll aus. Warte mal

kurz." Sie wirbelte herum und schnippte mit dem Finger. Ein Nadelkissen kam angeflogen,

dazu noch ein mit Stoff bespanntes Kästchen. "Hier stimmt noch was nicht." Sally kniete sich

vor sie hin und steckte an ihrem Rock herum. "Marvellous, so Schatz, schau dich im Spiegel

an." Ein Vorhang rauschte beiseite, und Lily erblickte sich selbst. Und fiel fast in Ohnmacht.

"Das- das bin doch nicht ich, oder?" Unsicher betrachtete sie sich. "Ich habe doch gesagt,

dass du gut aussiehst!" freute sich Sally. "Hier, wenn du deine Haare noch so." Sie hob

ihren Zauberstab. "Darf ich?"

Sie ließ Lily keine Zeit zum Antworten. Eine kreiselnde Stabbewegung. Ihr Rotes Haar

schlang sich plötzlich elegant um den Kopf. "Schau, wenn ich noch ein kleines Accessoire

hinzufüge, könnte es glatt die Frau von Minister tragen." Sally öffnete das Kistchen und

fischte etwas heraus. Im Nächsten Moment fühlte Lily, wie sich eine kühle Kette um ihren

Hals schlang und sich etwas in ihr Haar wickelte. Ihre Augen wurden noch größer. Um ihren

Hals wand sich zarter Goldschmuck, elegant wie Efeuranken, und die Blätter bestanden aus

schimmernden Bergkristallen. In ihrem Haar glänzte es ebenfalls Golden; Perlen fasten ihre

Haare zu einem Knoten am Hinterkopf zusammen, während einige rote Strähnen sich um

ihren Hals ringelten. Sally war hingerissen. "Hast du schon mal über eine Modelkarriere

nachgedacht?" fragte sie, während Lily sich immer noch bestaunte. "Obwohl. das ist ein

hartes Geschäft, Das würde ich dir nicht zumuten wollen."

Sie schüttelte den Kopf. "Trotzdem. hättest du was dagegen, wenn ich ein Foto mache? Das

würde die Präsentation um einiges erweitern." Lily nickte nur stumm und machte ein paar

Schritte vor dem Spiegel hin und her. Der Stoff war schwer und schlug gegen ihre Beine.

"Okay, komm her." Sally führte sie vor einen neutralen Hintergrund und posierte sie. Dann

schoss sie ein paar Bilder von ihnen mit einer Polaroidkamera. "Eine Magische Natürlich."

Erklärte Sie auf Lilys fragenden Blick hin. Dann musste Lily die Robe wieder ausziehen.

Doch bevor sie wieder in ihre eigenen Steigen konnte, kam Sally mit unschuldigem

Gesichtsausdruck und einem weiteren Stoff überm Arm an. "Würdest du vielleicht.?" Lily

lächelte und griff zu. Diesmal handelte es sich um eine Hellgrüne, glitzernde Robe, die um die

Taille mit einem schmalen, silbernen Gürtel gerafft wurde.

Sie war viel einfacher geschnitten als die erste, im Prinzip nicht viel anders als ihre

Hogwartsuniform. Allerdings etwas mehr figurbetont. "Und noch ein Foto?..." Strahlend

zückte Sally die Kamera. Am Ende führte Lily fast Zehn verschiedene Roben vor, in denen

Sally sie mehrmals in verschiedenen Posen fotografierte, bis schließlich beide erschöpft in

ihre Sessel sanken. "Was hältst du von einem Tee?" fragte Sally müde. "Die Robe hier kannst

du anbehalten." Lily nickte dankbar. Das jetzige Stück bestand aus einem Hellblauen Nichts

von Stoff und reichte ihr nicht mal über die Knie, hatte aber weite Trompetenärmel. Nur dadurch, dass mehrere Lagen Stoff übereinander lagen, war es nicht durchsichtig. Zusammen

gingen sie in die Küche, wo ein Hauself mit dem Mittagessen beschäftigt war.

"Das Essen ist gleich fertig, Mylady!" quiekte er und verbeugte sich. Sally nickte mit einem

kleinen Lächeln und brühte den Tee auf, während Lily sich auf einen Stuhl fallen ließ. Ein

Zweiter Hauself erschien wie aus dem nichts und begann den Tisch zu decken. Sally ließ sich

kurz darauf ebenfalls am Tisch nieder und reichte Lily eine Tasse. "Master James und Sirius

Black haben gesagt, sie essen später", informierte einer der Hauselfen sie. Lily war darüber

etwas erleichtert. "Dann essen wir also zu zweit. David kommt erst heute Abend wieder. Die

Schweinerei von Gestern muss zu Papier gebracht werden." Sally seufzte und ließ sich von

dem kleineren der Hauselfen etwas auffüllen. "Ich hoffe nur, dass das nicht öfter vorkommt.

Die Welt ist auch nicht mehr das, was sie mal war."

Lily kam schließlich doch noch dazu, im Garten zu lesen. Sully, der Elf der gekocht hatte,

führte sie auf die Terrasse. Begeistert sah Lily sich um. Die Terrasse war erhöht angelegt und

fiel in einer kleinen Steinwand ab, die mit blühenden Pflanzen bewachsen war. Eine schmale

Steintreppe führte hinab. Das Gras wuchs bestimmt hüfthoch und voll mit interessanten

Sträuchern und Blumen. Hunderte von Schmetterlingen tummelten sich an einem großen,

violett blühenden Gewächs in der Mitte des Gartens. Weiter hinten erhoben sich unglaublich

dicke Kiefern. Ein süßer, sommerlicher Duft erfüllte die Luft. Irgendjemand hatte sich durch

das Gras einen Weg gebahnt. An der Stelle waren die hohen Halme beiseite gedrückt und der

Erdboden war durchgetreten, als ob der Pfad oft benutzt wurde. An der Linken Seite wurde

die Wiese durch große graue Felsen begrenzt. Sully zeigte Lily einen gemütlichen Lehnstuhl,

der halb ihm Schatten unter einer Ringelweide stand, welche am rechten Rand der Terrasse

wuchs, wo eine Weitere Treppe hinunterführte und ein kleiner Kiesweg hinterm Haus

verschwand. Entzückt sah Lily sich um und versank dann zwischen den Seiten.

*****

Dieser Stuhl war für die gesamte nächste Woche Lilys Zuhause. Sie gewöhnte sich langsam

daran, mit Sirius und den Potters zu essen, ohne vorher ein flaues Gefühl im Magen zu

bekommen. Ein Wunder, dass James und Sirius ihr noch keinen Streich gespielt hatten. Nun

ja, zumindest noch keinen Ernsthaften. Sie hatte das Gefühl, dass sie nicht ganz unbeteiligt

daran waren dass ihre Haarbürste sich am zweiten Morgen so fest in ihrer Roten Mähne

verfangen hatte, dass Sally ein Stück abschneiden musste.

Meistens trieben die beiden sich draußen herum oder verschlossen sch in James Zimmer. Oft

kamen unheimliche Geräusche und lautes Krachen hervor und ließen das Haus beben.

Meistens folgte dann ein Schrei ["SIIIIIIRIIUUUUUUUS!!!"] oder ohrenbetäubende Stille,

gefolgt von gackerndem Gelächter. Man gewöhnte sich mit der Zeit daran. Lily ging ihnen die

meiste Zeit aus dem Weg. Nur zum Frühstück und zum Abendessen bekam sie sie zu sehen,

und auch dann nicht immer. Zumindest James nicht. Sirius schien fürs Essen zu leben.

Bald hatte sich Lily an die Bibliothek der Potters herangemacht und sich die interessantesten

Bücher herausgepickt.

Neben ihrem Liegestuhl stapelten sich die Seiten. Heute war es besonders heiß, und ihre Robe

klebte am Körper. Lily stand auf und ging ins Haus, um einen Schluck zu Trinken. In der

Küche traf sie Sally. "Na, macht die Hitze dir auch so zu schaffen?" Sie drückte ihr ein Glas

Kürbislimonade mit Eiswürfeln in die Hand. "Du könntest zur Abkühlung Schwimmen

gehen." "Schwimmen?" Lily horchte interessiert auf. Sie liebte es zu schwimmen, allerdings

hatte sie in letzter Zeit nur das Bad der Vertrauensschüler benutzen können, richtig weit

geschwommen war sie seit dem Tod ihrer Eltern nicht mehr. "Links neben dem Haus liegt ein

See- hast du ihn noch nicht gesehen?" Sally sah sie verwundert an. Lily schüttelte beschämt

den Kopf. Sie hatte sich natürlich schon im Garten umgesehen; aber hinter die Steine war sie

nicht gegangen. "Außerdem habe ich kein Schwimmzeug", bemerkte sie bekümmert. "Als

wenn das ein Problem wäre!" winkte Sally empört ab. Eine kurze, schnappende Bewegung;

Und Lily hielt einen Dunkelvioletten Bikini in der Hand.

" Ganz normaler Muggelstandart", bemerkte Sally zwinkernd. "In der Beziehung sind die

Zauberer etwas prüde; entweder nackt unter Freunden oder gar nicht." Sie verschwand und

kehrte mit einem Handtuch zurück. "Hinter dem Dritten Felsen fällt das Gelände weiter ab, da

unter kommt man gut ins Wasser." Lily bedankte sich artig und verschwand, um sich

umzuziehen. Dann suchte sie sich ihren Weg zu der Wiese. Vorsichtig schob sie sich am

dritten Felsen vorbei und kraxelte den steinigen Weg hinunter ans Wasser. Die Landschaft

überraschte sie. Hier unten war der Boden übersät mit Felsbrocken und Gestein. Graue

Findlinge ragten aus dem Wasser auf. Der See lag schimmernd grün vor ihr. Am anderen Ufer

standen ein paar Trauerweiden. Grüne Hügel und raue Felsen schlossen das Tal mit dem See

ein.

Dann, gerade als sie ihr Handtuch auf einem Stein ausgebreitet hatte, hörte Lily ein Platschen.

Neugierig glitt sie ins Wasser und schwamm um den Felsvorsprung herum, der ihr die Sicht

verdeckt hatte. Ihre Augenbrauen schossen in die Höhe, als sie James Potters Kopf nicht weit

vor sich aus dem Wasser auftauchen sah. Er blickte nach oben zu dem dritten Felsen. Auch

Lily sah auf. Im gleichen Augenblick sprang Sirius von eben dort oben herunter und landete

mit einem lauten klatschen im Wasser. Springen! Ohne groß darüber nachzudenken, zog Lily

sich zurück und stieg aus dem Wasser. Dann kletterte sie den steinigen Pfad wieder hinauf.

Von oben konnte sie durch das glitzernde Wasser bis zum Grund sehen. Keine Felsen; James

und Sirius hatten sich abgewandt und waren ein paar Meter weiter geschwommen. Sie ging

leicht in die Knie und stieß sich vom Boden ab. In der Luft drehte sie sich noch und tauchte

dann kopfüber und ziemlich lautlos ins Wasser. James und Sirius fuhren herum. "Was

war." begann James.

Er brach ab, als nur einen halben Meter vor ihm plötzlich Lily aus dem Wasser auftauchte.

Ihre Augen funkelten so grün wie der See; Das Haar war vom Wasser glatt nach hinten

gedrückt worden, und in ihren Wimpern hingen kleine Tropfen. "Morgen, Jungs!" sagte sie

unschuldig. Beide starrten sie einen Augenblick verblüfft an. Dann grinsten sie. "Hey Lil's,

dich sieht man auch mal!" freute sich Sirius. "Sonst lässt du dich ja nie blicken!" "Was heißt

hier, ich lasse mich nicht blicken? Ihr verschwindet doch immer sofort nach dem Frühstück!"

entrüstete sich Lily. Sirius grinste nur frech und schlug mit der flachen Hand aufs Wasser,

sodass Lily und James einen Schwall ins Gesicht bekamen. "HEY!" brüllten beide

gleichzeitig. Im nächsten Moment hatte sich James auf seinen Freund gestürzt und Lily

begrub beide unter einer welle, die sie mit ihren Händen hervorgebracht hatte.

Beide wandten sich ihr zu, und ihr kam der Gedanke, dass sie es vielleicht doch lieber hätte

bleiben lassen sollen. Quietschend machte sie einen Hechtsprung und verschwand im grünen

Nass. Als sie sich unter Wasser über die Schulter blickte, konnte sie verschwommen sehen

wie die beiden Jungen ihr folgten und nach ihren Füßen griffen. Hastig schwamm sie weg, so

schnell sie konnte, aber irgendwann musste sie wieder auftauchen um zu atmen. Gerade, als

sie die Decke durchbrach und nach Luft schnappte, spürte sie, wie jemand sie an den

Fußgelenken packte und wieder nach unten zog. Zornig wand sie sich und befreite sich mit

einem heftigen Ruck aus ihren Griffen.

Dann tauchte sie unter Sirius durch und schoss wieder an die Oberfläche. Neben ihr tauchten

zwei verstrubbelte, schwarze Köpfe auf. "Eins muss man dir lassen, schnell schwimmen

kannst du!" keuchte James. Lily grinste und strich sich das Wasser aus dem Gesicht.

"Jahrelange Übung", meinte sie todernst. Sirius ließ sich auf dem Rücken treiben. James ließ

sich auf einem Felsbrocken im Wasser nieder, sodass nur seine Schultern und sein Kopf

hervorschauten. Sein Haar war, wie immer eigentlich, total wirr und zerzaust. Lily hätte

erwartet, dass es ausnahmsweise einmal glatt am Kopf liegen müsste, nachdem er im Wasser

war, aber da er sich beim auftauchen wie ein Hund geschüttelt hatte (ebenso Sirius), war die

ganze Pracht dahin. Ohne Brille sah er ganz anders aus, als würde in seinem Gesicht etwas fehlen. Lily betrachtete ihn einige Sekunden lang, bevor er es bemerkte und wandte sich dann

ab. Schließlich tauchte sie unter Wasser bis auf den Grund und sah sich dort um.

Faszinierende Wasserpflanzen, von denen sie sich sicher war, dass sie sie in keinem

MuggelPflanzenkundebuch finden würde, umwogten Steine und Felsen. Die Sonne malte

Muster auf die grünen Gräser und Blätter, die durch die Wellenbewegungen hin und her

schwangen. Lily sah Sirius von unten und den sitzenden James auf den Stein und hatte damit

die seltene Gelegenheit, die viel umschwärmten Körper der beiden Rumtreiber zu

begutachten. Wie viele abendliche Schwärmereien im Schlafsaal hatte sie schon ertragen

müssen? "Hast du mal seinen Bauch gesehen?" "Und seine Armmuskeln?" "Der

durchtrainierte Rücken?" Tatsächlich musste sie zugeben, dass die beiden wirklich keine

Schlechte Figur abgaben. James war jetzt seit zwei Jahren Kapitän der Quidditchmannschaft

und spielte seit der zweiten Klasse regelmäßig; Er war schlank und schien kein Gramm Fett

am Körper zu haben. Sirius sah um einiges Muskulöser aus, obwohl er (soweit Lily wusste)

keinen Sport betrieb, ausgenommen vielleicht Leute zu verarschen und waghalsige Ausflüge

in den verbotenen Wald.

Sie musste grinsen, als sie daran dachte, wie viele Mädchen sie jetzt beneiden würden. Wer

konnte schon von sich sagen, Sirius Black und James Potter in Badehosen gesehen zu haben?

Und dann auch noch gemeinsam mit ihnen zu baden? Auch wenn es ihr eigentlich egal war.

und wenn da jetzt Snape und Rookwood im Wasser säßen, das ließ Lily, die Eisblume völlig

kalt.

So nochmals vielen herzlichen Dank für die Reviews *froi* ich hoffe euch gefällt dieses Chap!