Hallo Leuts! Ja, mehr Futter. Hoffentlich auch für mich. :) Und guckt bei RISO vorbei. Ich danke herzlich!
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Kapitel 6Keine drei Stunden später, als es draußen schon wieder hell war und die Vögel begannen zu zwitschern, wachte Draco wieder auf. Er blinzelte. Wo war er? Ach ja, im DADA-Raum. Er wollte sich strecken, hielt aber ganz plötzlich ins einer Bewegung inne. Moment mal! Vorsichtig drehte er den Kopf nach links - und sah Harrys Halsbeuge vor sich. Er fuhr hoch. Tatsächlich war er in der Nacht mit dem Kopf auf die Schulter des Gryffindors gerutscht. Draco begann hektisch zu atmen, als er nun auch noch seine Hand auf seinem Bauch bemerkte. Zögernd griff er danach und legte sich auf Harrys eigenen Bauch. Der dunkelhaarige Junge bewegte sich leicht und Draco erstarrte. Doch da Harry nicht aufzuwachen schien, rutschte der Slytherin zaghaft von ihm weg und stand auf. Dann schlich er zum Tisch, auf dem sein Umhang und sein Zauberstab lagen, nahm sie an sich und verließ auf Zehenspitzen den Raum.
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Noch mal drei Stunden später öffnete Harry zum zweiten Mal an diesem Tag seine Augen. An diesem Tag war er wohl der unausgeschlafenste Gryffindor.
Eine halbe Stunde nachdem Draco den Raum verlassen hatte, war auch Harry aufgewacht. Dass der Slytherin nicht mehr da war, überraschte ihn nicht groß. Schnell ließ er also die Decken verschwinden und schlich sich zurück in seinen Turm. Dort fiel er dann noch einmal vollkommen übermüdet in seine Kissen.
Als er nun mit den anderen ins Badezimmer und danach zum Frühstücken ging, musste er feststellen, dass er sich komisch fühlte. Ihm fehlte etwas. Zum einen war es natürlich der Schlaf. Außerdem hatte er Rückenschmerzen. Aber da war noch etwas Anderes. Hätte Harry es beschrieben müssen, hätte er wohl gesagt, er würde sich leer fühlen. Doch das traf die Sache nicht ganz. Er seufze. Da lag wohl ein grandioser Tag vor ihm.
In der Großen Halle setzte er sich zu seinen restlichen Freunden. Hermine begrüßte sie freundlich. Harry grüßte zwar zurück, blieb aber den Rest des Morgens ziemlich wortkarg. Er hatte keine Lust zu reden, ihm ging schon wieder zuviel durch den Kopf.
In den knapp drei Stunden Schlaf, die er in seinem Bett noch bekommen hatte, war Draco wieder aufgetaucht. Er hatte wieder von ihm geträumt. Es bestand kein wesentlichen Unterschied zu dem Traum der Vornacht, doch das kleinen Detail beschäftigte Harry gerade. Draco hatte geweint, in seinem Armen. Der Traum war aus einer ähnlichen Situation entstanden wie der in der Nacht. Und nachdem Draco sich beruhigt hatte, hob Harry sein Kinn sanft an, sah ihm tief in die Augen und flüsterte noch etwas, bevor er Draco zaghaft küsste. Daraufhin hatte Harry dann das Gefühl gehabt, er ließe alles mit sich machen. Doch Harry hatte mehr gegeben als genommen. Und mit Dracos glücklichem Lächeln war er schließlich wieder aufgewacht.
„Harry?"., erklang plötzlich eine Stimme.
„Hm?" Er sah von seinem Teller auf.
Ron sah ihn fragend an. „Wo warst du denn gerade in Gedanken? Muss ja weit weg gewesen sein."
Harry machte eine abwertende Handbewegung. „Schon okay, ist nicht wichtig."
„Haste wieder geträumt?", grinste Ron anzüglich.
Zu seiner Überraschung wurde Harry rot.
Hermine wandte sich an Ron: „Wovon sprichst du?"
Der rothaarige Gryffindor lächelte. „Das ist nichts für Mädchen."
Hermine verdrehte nur die Augen und schlürfte weiter ihre Milch aus der Schüssel mit dem Müsli.
„Was wolltest du eben?", fragte nun Harry.
„Nichts Wichtiges.", antwortete Ron. „Du solltest dich nur beeilen, wir müssen zu Wahrsagen."
Harry seufzte und stand auf. „Lass uns gleich gehen, ich hab eh keinen Hunger."
Sie verabschiedeten sich von Hermine, die nun erst einmal Muggelkunde hatte.
Auf dem Weg zur Tür drehte Harry sich dann plötzlich noch einmal um. Die ganze Zeit hatte er schon diesen Blick im Rücken gespürt. Als er zurück sah, blickte er wieder direkt in Dracos graue Augen. Sie funkelten böse wie immer. Doch Harry war sich sicher, dass er ihn beobachtet hatte.
„Alles in Ordnung?", fragte Ron, als sie die Halle verlassen hatten.
„Klar.", meinte Harry, doch für Ron klang es nicht sehr überzeugend. Trotzdem fragte er nicht mehr nach. Vielleicht hatte sein Freund einfach nur schlecht geschlafen.
Harry versank gleich wieder in seinen Gedanken. Er wusste nicht wieso, aber er wollte herausfinden, warum Draco in dieser Nacht so seltsam gewesen war. Und wenn er sich dafür doch noch mit ihm prügeln musste.
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In den nächsten Tagen liefen sich die zwei Jungen kaum über den Weg. Wenn alle zu den Mahlzeiten in der Großen Halle zusammentrafen, ignorierten sie sich. Im Unterricht war es nicht anders. Trafen sich ihre Augen durch Zufall, warfen sie sich vernichtende Blicke zu.
Draco trat auf, als wäre nie etwas geschehen. Er verhielt sich Harry gegenüber kühl und arrogant wie eh und je. Die Vorfälle der Nacht ignorierte er. Das Durcheinander in seinem Kopf verstand er als eine Spätfolge der vorübergehenden Unzurechnungsfähigkeit, die er sich selbst bescheinigt hatte und die Potter ausgenutzt hatte. Obwohl er ihm zugute halten musste, dass Potter ihm nichts weiter getan hatte. Nur warum denn bitte? Wollte er sich einschleimen? Verfolgte er damit irgendeinen Zweck? Potter durfte doch wissen, dass ihn Schmeicheleien nicht interessierten. Und er wusste auf jeden Fall, dass man ihn nicht hintergehen konnte. Außer Potter war dümmer, als er aussah.
Draco überlegte immer wieder, was der Gryffindor erreichen wollte und fragte sich ständig, warum in dieser Nacht nichts passiert war. Dass er absolut nicht er selbst gewesen war, dessen war er sich bewusst. Und Potter? Tja, der hatte sich auch sehr seltsam verhalten. Erst hatte er ihn am Mittag angegriffen und herausgefordert und dann saß er im DADA-Raum auf dem Tisch und erklärte ihm, keine Lust mehr auf ein Duell zu haben. Ach, und dann noch die Sache mit den Decken...
Der Slytherin fragte sich ernsthaft, was ihn dazu bewegt hatte, sich zu Potter zu setzen. Mit seinem Feind, oder zumindest dem ihm lästigsten Menschen auf der Welt, die ganze Nacht in einem Raum zu verbringen und dass eigentlich freiwillig, grenzte für einen Malfoy an eine Schande. Was hatte er sich nur gedacht? Trotz aller Nachsicht wegen des seltsamen Tages - so gehen lassen hätte er sich nicht dürfen.
Draco hoffte inständig, Potter würde den Mund halten, denn sein Vater durfte von alle dem nichts erfahren.
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Im Gegensatz zum Slytherin war Harry nach ein paar Tagen fast schon tödlich genervt davon, dass er Draco nicht sah. So hatte er keine Gelegenheit, irgendwie mit ihm in Kontakt zu kommen.
Harry nutzte die Zeit, um sich Gedanken darüber zu machen, wie er Draco noch mal alleine erwischen konnte. Er hielt es zwar für ziemlich unwirksam, beschloss aber dennoch, den Slytherin erst ganz normal um ein weiteres nächtliches Treffen zu bitten. Es war zwar mit Überwindung und Aufwand verbunden, doch dass sie sich tagsüber trafen, war eigentlich ausgeschlossen. Das Risiko, friedlich zusammen gesehen zu werden, war doch zu groß. Selbst Harry, der sonst lieber Freunde als Feinde hatte, war nicht wild darauf, blöde Fragen beantworten und gegen seltsamen Gerüchte kämpfen zu müssen.
Falls Draco dem Treffen nicht zustimmen würde, musste Harry sich halt was Neues einfallen lassen. Er würde sicher ein Mittel finden, den Slytherin zu überreden.
Als er den Plan fertig geschmiedet hatte, fragte er sich plötzlich, warum ihn Draco überhaupt interessierte. Was gingen ihn Malfoys Probleme an? Warum war er nicht zufrieden mit der momentanen Situation, in der alles in Ordnung zu sein schien? Entspannte es nicht das ganze Schulgeschehen, wenn beide sich ruhig verhielten? Sei es beim Quidditch oder im Unterricht. Die Lehrer strebten doch schon immer ein gutes Klima zwischen den Häusern an, sollte dann gerade er dagegen arbeiten? Andererseits, wenn Malfoy mit ihm sprach, dann würde er ihn ja wahrscheinlich wieder in Ruhe lassen. Außer Malfoy bat ihn um Hilfe - was aber sehr unwahrscheinlich war.
Harry nahm sich vor, Draco so schnell wie möglich zu erwischen, um die Sache zu klären. Die Frage, warum ihn Dracos Sorgen plötzlich interessierten, schob er erst mal beiseite. Vielleicht hatte er einfach nur Langeweile.
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Frustriert warf Harry sich auf sein Bett. Es war wie verhext! Wieder waren zwei ereignislose Tage vergangen. Immer wieder hatte er versucht, irgendwie an unauffällig an Draco heranzukommen, sei es in Verwandlung, nach Zaubertränke oder den anderen Fächern, die sie zusammen hatten. Ergebnislos! Nicht mal in Pflege magischer Geschöpfe, wo sie gelegentlich zum angeblichen besseren Verständnis untereinander sehr provokant in Zweiergruppen zusammengesteckt wurden, hatte Harry keinen Chance. Genau in dieser Woche bildeten sie natürlich keine Gruppen. Welch Zufall!
Der Gryffindor war wirklich genervt von seiner Pechsträhne. Wenn man diese überhaupt als eine solche bezeichnen konnte.
Ron und Hermine bekamen den Stimmungsabfall, der immer besonders nach den Stunden zusammen mit den Slytherins eintrat, natürlich mit. Sie persönlich genossen es, dass Draco in einem Loch zu hängen schien und keine bösen Kommentare abließ. Harrys schlechte Laune fanden sie deswegen auch recht seltsam. Ron fragte seinen besten Freund spaßeshalber sogar, ob ihm der Streit fehlte. Harry versuchte daraufhin möglichst ruhig zu erläutern, dass dies ganz und gar nicht der Fall war. Eine Erklärung lieferte er seinen beiden Freunden allerdings auch nicht.
Ron hatte nicht ins Schwarze getroffen, doch natürlich hatte er Recht, denn Draco war für Harrys miese Laune verantwortlich, obwohl er überhaupt nichts tat.
Stöhnend drehte Harry sich auf den Rücken und starrte auf die Zimmertür. Das Leben war manchmal echt kompliziert! Krampfhaft überlegte er, wie er Draco erreichen konnte.
Im nächsten Moment flog die Antwort zum offenen Fenster herein. Hedwig, Harrys Schnee-Eule, zischte durch den Raum und landete auf der Lehne eines Stuhles. Um Harry zu zeigen, dass sie Post für ihn hatte, streckte sie ihr Bein vor.
Der dunkelhaarige Junge sprang auf und band den Brief vom Bein der Eule. „Danke, Hedwig.", sagte er und kraulte das Tier kurz am Hals. Dann faltete er das Blatt auseinander und las, während Hedwig sich wieder davonmachte.
Hagrid bat Harry, sich mal wieder bei ihm blicken zu lassen. Verdammt, ihn hatte er wirklich total vergessen in den letzten Tagen! Was musste Hagrid jetzt denken? Bestimmt würde er lästige, wenn auch gutgemeinte Fragen stellen. Harry seufzte und beschloss, später gleich einen extralangen Besuch bei Hogwarts' Wildhüter zu machen.
Zuvor musst er aber noch etwas Wichtiges erledigen.
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Draco brütete gerade in der Bibliothek über einem Buch für Arithmantik, als eine der Schuleulen vor ihm auf dem Tisch landete. Überrascht blickte der Slytherin auf und löste dann die kleine Pergamentrolle vom Bein des Tieres. Die Frage, wer ihm innerhalb der Schule mit einer Eule Post schickte, beantwortete sich bei einem Blick auf das Briefende.
Draco zog die Augenbrauen hoch. Was wollte Potter denn jetzt von ihm?
Hi Draco, las er, um es gleich auf den Punkt zu bringen, ich wollte dich bitten, heute Nacht um zwölf Uhr noch mal in den DADA-Raum zu kommen. Ich hab dich was zu fragen. Harry
Der blonde Junge lachte in sich hinein. Potter war wirklich naiv! Glaubte er denn allen Ernstes, er würde das Ganze noch mal wiederholen? Wahrscheinlich hatte er Spaß daran gefunden, ihn zu piesacken. Aber ohne ihn!
Er nahm seine Feder und schrieb auf die Rückseite des Pergaments: Träum weiter, mein Lieber! Noch mal tu ich mir das nicht an. Ich lerne aus meinen Fehlern.
Dann band er das zusammengerollte Papier wieder an das Bein der unruhig mit dem Schnabel klappernden Eule und sie flog ab.
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Wie er es erwartet hatte, saß die Eule auf seinem Nachttisch, als Harry von seinem Besuch bei Hagrid zurückkehrte. Er las die Antwort und musste widerwillig schmunzeln. Das war so typisch Draco!
Aber eine Chance wollte er ihm noch lassen. Er beschloss, die nächste Nachricht nach dem Abendessen zu versenden und schickte die Eule erst mal wieder fort.
Als Harry in die Große Halle kam, huschte sein Blick kurz hinüber zu den Slytherins. Er entdeckte Dracos blonde Haare sofort. Mit einem leisen Lächeln setzte er sich zu seinen Freunden.
„Hey, Harry hat wieder gute Laune.", meinte Ron sogleich fröhlich.
Einige am Tisch schauten zu Harry, der seinen Freund irritiert ansah.
„Ja, tu nicht so scheinheilig, in den letzten Tagen hattest du ziemlich miese Laune.", grinste Ron.
„Jeder hat mal schlechte Laune.", meinte Harry entschuldigend und häufte sich Brot und kalten Braten auf den Teller.
Das Abendessen verlief allgemein heiter.
Harry hatte wirklich wieder gute Laune. Nachdem er Dracos Antwort erhalten hatte, war ihm nämlich etwas eingefallen, mit dem er Draco sicher erpressen konnte.
Nach dem Essen, als alle zusammen noch im Gemeinschaftsraum saßen, schnappte er sich dann Papier und Feder und kritzelte schnell ein paar Zeilen.
„Spielst du mit mir ne Runde Schach?", fragte Ron plötzlich hinter ihm.
Er erschrak so sehr, dass er einen kleinen Tintenkleckser auf dem Pergament hinterließ.
„Ähm, ja...klar.", antwortete er, das Schriftstück trocken pustend. „Nachdem ich schnell noch eine Eule verschickt habe."
„An wen denn?", fragte der Rothaarige neugierig.
Harry sah seinen Freund tadelnd an. „Frag nicht, sonst gibt's kein Spiel."
„Ja, ja.", murmelte Ron und ging zu seinem Tisch. „Aber beeil dich."
Harry folgte ihm, blieb aber bei Hermine stehen, die sich hinter einem Buch vergraben hatte. „Ich bin mir sicher", meinte er und nahm seiner Freundin das Buch weg, „Hermine wird dir gerne solange als Ersatz bereitstehen." Grinsend sah er auf das verdatterte Mädchen vor ihm im Sessel. „Nicht wahr, du wirst Ron solange Gesellschaft leisten?"
„Wo willst du denn hin?", fragte die Sechstklässlerin misstrauisch.
„Nur schnell in die Eulerei."
Seufzend erhob sich Hermine aus ihrem Sessel. „Aber nur weil du mich so nett gebeten hast.", zischte sie ihrem besten Freund zu, denn er wusste genau, dass sie Zauberschach für barbarisch hielt.
„Danke.", strahlte Harry und verschwand aus dem Raum.
Seine beiden Freunde sahen ihm stirnrunzelnd hinterher. Dieser Stimmungsumschwung ging doch nicht mehr mit rechten Dingen zu.
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Nach dem Abendessen war Draco gemächlich in den Gemeinschaftsraum spaziert, hatte den Brief an seine Eltern beendet und war nun auf dem Weg zur Eulerei, um den Brief noch schnell loszuschicken.
Als er den schummrigen Raum durch die kleine Holztür betrat, sah er eine Gestalt am Fenster stehen. Erst auf den zweiten Blick erkannte er Harry. Potter hatte ihm gerade noch gefehlt! Für diesen Tag hatte er schon wieder genug von dem Gryffindor.
Harry sah den Eintretenden erst überrascht an, dann lächelte er seltsam. „Ah, Malfoy, wie praktisch, dass du gerade jetzt auftauchst. Dann kann ich der Eule den Weg ersparen." Er ging ein paar Schritte auf Draco zu und hielt ihm die Schriftrolle hin.
Mit bösem Blick griff der Slytherin danach. Was wollte Potter denn nun schon wieder? Er würde sich nicht noch mal mit ihm alleine treffen und schon gar nicht nachts!
Nachdem er den Brief zweimal gelesen hatte, sah er wieder auf. Harry stand wartend vor ihm.
Das musste ein Scherz sein! „Soll das eine Drohung sein, Potter?", fragte er und lachte gekünstelt. So ganz sicher fühlte er sich in diesem Moment nicht.
„Wenn man's genau nimmt, ja.", antwortete Harry direkt.
Draco sah ihn irritiert an. Seit wann erpresste Potter Mitschüler?
„Und was soll das sein, womit du mich rankriegen willst?", wollte er wissen. Nein, eigentlich wollte er es nicht wissen.
„Och, weißt du, unsere Mitschüler fänden es sicher sehr interessant, was wir in der nacht da unten gemacht haben."
Harry grinste gemein, als dem blonden Jungen die Gesichtszüge entglitten. „Du kennst vielleicht Carla aus dem vierten Jahrgang? Sie ist wohl die größte Tratschtante in ganz Hogwarts. Es würde ihr sicher gerade recht kommen, etwas Neues zu erfahren. Heute Nacht wüssten es sicher noch alle Gryffindors, morgen früh beim Frühstück erfahren es alle Hufflepuffs und Ravenclaws, und auch deinen Hausmitgliedern wird es zu Ohren kommen. So rechne ich damit, dass du dir spätestens morgen Mittag wünschst, dieses kleine Opfer gebracht zu haben."
Fassungslos über diese Erpressung starrte Draco sein gegenüber an. Er war nicht in der Lage, etwas zu sagen. Erst mal musste er das verdauen. Das wagte Potter doch nicht wirklich, oder?
Nachdem er ein paar Augenblicke auf das Pergament gestarrt hatte, funkelte er Harry wütend an. „Das bringst du nicht, Potter!"
„Ich bringe noch ganz andere Sachen.", versicherte Harry ihm. „Ein kleines Banner in der Großen Halle fände ich auch keine schlechte Idee. Dann weiß dein Hauslehrer auch gleich Bescheid."
Nun kochte Draco. Potter war wirklich die Unverschämtheit in Person. In letzter Zeit nutzte er offenbar jede Gelegenheit, um ihm eine reinzuwürgen.
Blitzartig zog er seinen Zauberstab. „Du wirst keinem etwas erzählen!", rief er und hob den Stab.
Doch Harry war erneut schneller und schlug ihm das Holz aus der Hand. „Ach Draco, lass doch den Mist!", meinte er tadelnd zu seinem Rivalen.
Der Slytherin stand nun da, entwaffnet und voller Hass auf sein gegenüber.
Harry drängte ihn mit zwei Schritten an die Steinwand hinter ihm. „Opfere eine halbe Stunde heute Nacht und die ganze Sache ist vergessen.", sagte er.
Draco schluckte. Er fühlte sich ziemlich machtlos. Sagte er zu, gestand er sich damit erneut eine Niederlage ein. Und wahrscheinlich würde der Gryffindor ihn dann immer wieder erpressen.
„Warum fragst du mich nicht jetzt?", presste er zwischen zittrigen Lippen hervor.
Harry setzte eine Denkermiene auf. „Hmm, lass mich überlegen... Nein, das geht jetzt nicht!" Wieder grinste er gemein.
„Bist ganz schön tief gesunken, was Potter?", meinte der Blonde nun schon wieder etwas mutiger, wenn auch immer noch in der gleichen Lage.
„Nicht tiefer als du, mein Lieber.", säuselte der Gryffindor und stupste ihn mit dem rechte Zeigefinger an die Nase.
Draco wollte ohnmächtig werden. Warum konnte er bloß noch nicht apparieren? Potter spielte hier sein blödes Spiel und er war das wehrlose Opfer. „Lass das!", zischte er und schlug nach Harrys Hand.
Der Dunkelhaarige grinste. „So, ich wird dann mal lieber wieder gehen. Die anderen machen sich sonst noch Sorgen. Wäre ja blöd, wenn ich ihnen von unserem Treffen hier oben erzählen müsste."
Der blonde Sechstklässler sog Luft ein.
„Ich seh dich dann später.", flüsterte Harry in sein Ohr, strich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn und verließ ihn dann.
Draco hatte das Gefühl zu hyperventilieren. Er fasste sich an die Stirn. Schweißperlen hatten sich dort gebildet. Lieber Himmel, was war das?! Wollte Potter ihn mit seinem geheimnisvollen Flüsterton und mit seinen sachten Berührungen fertig machen? War das seine Art, andere gefügig zu machen? Draco holte tief Luft. Ja, verdammt, er hatte es geschafft. Aber was blieb ihm auch anderes übrig? Dies war das letzte Mal, das schwor er sich. Ansonsten würde er ernsthaft Krieg gegen Potter führen! Und dabei würde er ihm ganz sicher keine Haarsträhne aus dem Gesicht streichen.
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Zufrieden grinsend und vor sich hin pfeifend lief Harry in den Gryffindor-Turm zurück. Er hatte das Schauspiel eben doch sehr genossen. Es war schon ein wahnsinnig gutes Gefühl, Malfoy nach seiner Nase tanzen zu lassen.
Trotzdem war der Gryffindor auch froh, aus dem Raum rausgekommen zu sein. Plötzlich war ihm in Dracos Gegenwart doch sehr komisch, irgendwie heiß geworden: Es lag wohl daran, dass er gerade so in diesem Element, in einem Racherausch gewesen war, meinte Harry zu sich, als er durch das Portraitloch den Gryffindor-Turm betrat.
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