Eine unerklärliche Krankheit

Obwohl ich mich in den nächsten Tagen wieder meinen normalen Tätigkeiten widmete, war ich die ganze Zeit furchtbar müde und traurig.

Mir taten meine Glieder weh, ohne dass ich mich groß bewegt hatte und morgens wachte ich immer öfter mit Kopfschmerzen auf.

Arwen sah sich meinen Zustand mit besorgter Miene an und hielt es für besser, wenn ich im Bett bleiben würde, doch auch dort verschlechterte sich meine Gesundheit.

Eines nachts wachte ich Schweiß bedeckt auf und hustete Blut. Die Heilerin, die mich beobachtet hatte, holte meine Eltern.

An ihren Gesichtern merkte ich, dass sie keine Ahnung hatten, was ich für eine Krankheit hatte, doch sie versuchten immer so positiv wie möglich darüber zu reden.

Ich musste mich unzähligen Untersuchungen unterziehen und trotzdem fanden die Heiler kein Mittel, dass mir half, damit es mir besser gehen würde. Einige Tage ließ ich alles mit mir machen, obwohl ich in den Untersuchungen keinen Sinn sah, doch irgendwann hatte auch ich keine Geduld mehr.

Drei Heiler standen um mein Bett herum und wollten mich beruhigen.

„Lasst mich in Ruhe! Ich will endlich wieder ausschlafen und nicht mit den Hühnern aufstehen!" schrie ich die drei an.

„Aber Euer Hoheit, ihr seid ernsthaft krank. Wir müssen nach einem Heilmittel suchen..." weiter ließ ich den Heiler nicht sprechen.

„Ich will aber nicht, dass ihr ein Heilmittel findet! Lasst mich endlich in Ruhe!" ich drängte die drei zur Tür und schlug sich krachend ins Schloss.

„Verschwindet!" schrie ich durch die geschlossene Tür und schloss zweimal ab, damit mich in den nächsten Stunden niemand mehr stören konnte.

Ich lief niedergeschlagen zu meinem Bett und warf mich darauf.

Erst jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Ich weinte leise in mein Kissen und wünschte mir Athaniel her. Er würde mich verstehen. Er war der einzige, der mich jemals richtig verstehen würde.

Die einzige, die ich in von diesem Tag an in mein Zimmer ließ, war Assentia. Nach einigen Tagen, in denen ich mich beruhigt hatte, ließ ich auch meine Familie wieder eintreten, doch die Heiler durften auch mit guten Zureden nicht mehr in mein Zimmer.

Assentia leistete mir Gesellschaft, las mir etwas vor, erzählte mir von Elnahir und Ilia und den anderen Geschehnissen in der Stadt.

Da niemand die Ursache meiner Krankheit kannte, wurde Ilia und Elnahir nicht zu mir vorgelassen. Ich vermisste ihre Anwesenheit, doch mit ihren selbstgemachten Bildern wollten sie mich aufmuntern.

Auf meinen Wunsch hin, wurde Athaniel nichts von meinem Zustand geschrieben. Er hatte genug Probleme mit seiner Mutter, deshalb wollte ich nicht, dass er sich meinetwegen Sorgen machte.

„Willst du nicht noch etwas essen?" fragte Assentia mich.

„Bloß nicht", sagte ich schnell, da mir, wenn ich nur ans Essen dachte, sofort übel wurde.

„Willst du, dass ich dir etwas vorlese?" fragte sie wieder.

Ich murmelte eine Zustimmung, hielt meine Augen jedoch geschlossen.

Obwohl mein Zimmer in völliger Dunkelheit lag, war es so, dass, wenn ich meine Augen öffnete, die Helligkeit sofort in meinen Augen brannte.

Ich lag bewegungslos auf meinem Bett, während Assentia begann, mir etwas vorzulesen.

Ich konnte meine Gedanken einfach nicht bei der Geschichte lassen und schweifte zu Athaniel ab. Ich würde ihn so gerne noch einmal sehen. Ich merkte, dass die Heiler und meine Familie nicht mehr viel Hoffnung hatten, dass ich diese Krankheit überleben würde.

Ich hatte kaum genug Kraft um mich in meinem Bett aufzusetzen, geschweige denn nach Edoras zu reiten, um meinen Geliebten zu besuchen.

Ich seufzte, merkte jedoch sofort, dass Assentia mich prüfend ansah.

„Möchtest du etwas Wasser trinken?" fragte sie mich.

Ich hatte nichts dagegen einzuwenden, denn mein Mund war wie ausgetrocknet. Vorsichtig stützte sie meinen Kopf und legte mir das Glas an die Lippen. Gierig trank ich ein paar Schlucke.

„Hast du wieder an deinen Verlobten gedacht?"

„Ja. Ich würde ihn so gerne noch einmal in meine Arme schließen, Asti", sagte ich traurig.

„Aber das wirst du. Ihr werdet eine wunderbare Hochzeit feiern und ein langes, glückliches Leben gemeinsam führen."

Assentia stellte das Glas wieder weg. Es kam mir so vor, als ob alles, was ich aß und trank einen komischen Beigeschmack hatte. Am Anfang war ich mir sicher, dass es an meiner Krankheit lag, dass ich alles etwas anders wahrnahm, doch ich hatte auch herausgefunden, dass, wenn ich lange nicht gegessen oder getrunken hatte, es mir etwas besser ging.

Es war mir in den Sinn gekommen, dass man mich versuchte zu vergiften, doch ich selbst wusste, wie absurd dieser Gedanke war.

Wenig später suchte mich Eldarion auf. Mein Bruder setzte sich ganz behutsam auf die Bettkante und sah mich an.

„Du siehst heute schon viel besser aus", sagte er, doch ich hatte mein Gesicht im Spiegel gesehen. Ich sah aus wie ein Gespenst, doch darüber, dass Eldarion versuchte mich aufzumuntern, war ich glücklich.

„Wie geht es Dahea, Ilia und Elnahir?" fragte ich ihn.

„Ich soll dich ganz herzlich von ihnen grüßen lassen. Die beiden Kleinen vermissen dich furchtbar. Hier, sieh mal. Sie haben dir ein Bild gemacht." Er rollte das Papier, das auf meinem Nachttisch gelegen hatte, aus und reichte es mir.

„Halt du es bitte für mich", sagte ich müde.

Ich sah mir das liebevoll gemalte Kinderbild genauer an. Es zeigte Ilia und Elnahir, wie sie mit einer anderen Person in einem Garten spielten.

„Soll ich das sein?" fragte ich meinen Bruder.

„Ja, sie wollten dir zeigen, dass du ganz schnell wieder gesund werden sollst, damit ihr zusammen spielen könnt."

„Das ist lieb von ihnen. Sag ihnen, dass ich mich sehr gefreut habe und ich versuche ganz schnell wieder gesund zu werden."

„Das mache ich", sagte Eldarion und legte das Bild weg.

Ich zögerte kurz, bevor ich anfing zu sprechen.

„Eldarion, ich weiß selbst, wie unlogisch mein Verdacht ist, doch ich habe das Gefühl, dass mich jemand vergiften will", sagte ich leise.

„Warum hast du dieses Gefühl?"

„Das Essen schmeckt so komisch. Ich habe das Gefühl, als ob es metallisch schmeckt."

„Nia, wer sollte dich denn töten wollen? Du bist so liebenswürdig und hast keine Feinde. Außerdem wäre es für jemanden einfacher dir ein Messer ins Herz zu rammen, als dich langsam zu vergiften. Du machst dir zu viele Gedanken, wenn du alleine bist. Ich bin sicher, dass du bald wieder auf den Beinen sein wirst." Zerstreute er meine letzten Zweifel. Es war verständlich, dass man auf komische Ideen kam, wenn man den ganzen Tag alleine in einem großen Zimmer lag.

Ich war trotzdem froh, mit ihm darüber geredet zu haben. Es gab mir ein Gefühl der Sicherheit.

Assentia hatte die ganze Zeit unbemerkt daneben gestanden, doch auch sie pflichtete ihm bei.

Ich war unendlich froh, eine solche Familie zu haben.